2. Hintergrund/Entwicklung



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Merkblatt 8 2014 Umsatzsteuerrechtliche Neuregelungen bei Bauleistungen Informationen für Berater und Mandanten Nr. 1698.1 Inhalt 1. Vorbemerkung 2. Hintergrund/Entwicklung der Vorschrift 3. Steuerschuldumkehr bei Bauleistungen 3.1 Definition der Bauleistung 3.2 Definition des Leistungsempfängers als bauleistender Unternehmer 3.2.1 Rechtslage bei Bauleistungen, die vor dem 15. Februar 2014 erbracht wurden 3.2.2 Rechtslage bei Bauleistungen, die nach dem 14. Februar 2014 ausgeführt werden 4. Behandlung von Anzahlungen 5. Änderung der Umsatzsteuerfestsetzungen/ Vertrauensschutz 6. Gesetzliche Neuregelung 7. Fazit 8. Kurzübersicht 1. Vorbemerkung Inzwischen gilt bereits seit etwas mehr als 10 Jahren im Bereich der Bauleistungen die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers. Ihrer Wirkung entsprechend wird sie auch als Steuerschuldumkehr bzw. Reverse-Charge-Verfahren bezeichnet. Seit Einführung der Umkehr der Steuerschuldnerschaft hat die Finanzverwaltung mehrfach ihre Auffassung, wie die Vorschrift anzuwenden ist, konkretisiert. Die aktuelle und gleichzeitig weitreichendste Änderung beruht auf einem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 22. August 2013, Az. R V 37/10. Der BFH hat mit diesem Urteil die bisherige Anwendungspraxis der Finanzverwaltung wie sie im Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) niedergelegt war, umfassend verworfen. Aus Furcht vor erheblichen Steuerausfällen hat sich die Finanzverwaltung nahezu unverzüglich der Auffassung des BFH angeschlossen. Sie hat dazu zwei Anwendungsschreiben veröffentlicht und die langjährige Praxis zur Besteuerung von Bauleistungen grundlegend geändert. Mit dem Kroatien-AnpassungsG wird jedoch der alte Rechtszustand, wie er bis zur Entscheidung des BFH galt, ab dem 1. Oktober 2014 weitestgehend wieder hergestellt. Das vorliegende Merkblatt soll einen Überblick geben, wie Bauleistungen in Altfällen und in Neufällen umsatzsteuerlich zu behandeln sind. Zudem werden die Übergangs- und Vereinfachungsregelungen dargestellt. Am Ende werden die neuen Vorschriften aufgrund des Kroatien-AnpassungsG beschrieben, die auf Umsätze ab dem 1. Oktober 2014 anzuwenden sind. 2. Hintergrund/Entwicklung der Vorschrift Mit dem Haushaltsbegleitgesetz 2004 hat der Gesetzgeber in 13b UStG den Übergang der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger bei Bauleistungen eingeführt. Bis dahin galt die Steuerschuldumkehr nur beim Bezug von Werklieferungen und sonstigen Leistungen von im Ausland ansässigen Unternehmen. Mit der Ausdehnung der Steuerschuldumkehr auf rein inländische Umsätze sollten vor allem Umsatzsteuerausfälle im Verhältnis zwischen Unternehmer und Subunternehmer in der Baubranche vermieden werden. Entsprechend dem Wortlaut des 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG gilt der Übergang der Steuerschuld bei Werklieferungen und sonstigen Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen, mit Ausnahme von Planungs- und Überwachungsleistungen. In diesen Fällen schuldet der Leistungsempfänger (Auftraggeber) die Steuer, wenn er ein Unternehmer ist, der solche Leistungen erbringt. Eine Einschränkung auf die Baubranche enthält das Umsatzsteuergesetz mithin nicht; vielmehr können dem Gesetzeswortlaut entsprechend Unternehmen nahezu jeder Branche Steuerschuldner werden. Ein derart weiter Anwendungsbereich der Regelung war vom Gesetzgeber bei Einführung der Vorschrift nicht gewollt. Die Finanzverwaltung engte daher mit den Umsatzsteuerricht linien 2008 (UStR 2008) den Anwendungsbereich der Steuerschuldumkehr auf Leistungsempfänger ein, die nachhaltig Bauleistungen selbst erbringen. Die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers galt deshalb insbesondere nicht für Nichtunternehmer sowie für Unternehmer mit anderen als den vorgenannten Umsätzen, z. B. Bauträger, soweit sie ausschließlich Umsätze erbringen, die unter das GrEStG fallen (Abschn. 182a Abs. 17 UStR 2008). In den Jahren 2009 bis 2011 hat die Finanzverwaltung in zahlreichen Anwendungsschreiben die Auffassung vertreten, dass auch ein Bauträger, der eigene Grundstücke zum Zweck des Verkaufs bebaut, Werklieferungen i. S. d. 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG erbringt. Aus Sicht der Finanzverwaltung lag eine Werklieferung immer dann vor, wenn der Kunde auf die Bauausführung unabhängig vom Umfang Einfluss nehmen kann (z. B. durch Auswahl von Fliesen etc.; vgl. Bayerisches Landesamt für Steuern vom 23. Juni 2010, DStR 2010, 1891 sowie BMF vom 17.02.2011, DStR 2011, 1322). Das galt unabhängig davon, dass der anschließende Ver- 8/2014 DWS-Verlag Verlag des wissenschaftlichen Instituts der Steuerberater GmbH Bestellservice: Postfach 023553 10127 Berlin Tel.: 030. 2 88 85 66 Fax: 030. 28 88 56 70 E-Mail: info@dws-verlag.de Internet: www.dws-verlag.de Alle Rechte vorbehalten. Es ist nicht gestattet, die Vordrucke ganz oder teilweise nachzudrucken bzw. auf fotomechanischem Weg zu vervielfältigen. Dieses Produkt wurde mit äußerster Sorgfalt bearbeitet, für den Inhalt kann jedoch keine Gewähr übernommen werden. DWS-Verlag 1

kauf durch den Bauträger an dessen Kunden gem. 4 Nr. 9 Buchst. a UStG umsatzsteuerfrei war. Mit Urteil vom 22. August 2013, V R 37/10, hat der BFH die Regelung zur Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei Bauleistungen einschränkend ausgelegt. Dies betrifft nicht die Definition der Bauleistung als solche. Vielmehr befasst sich der BFH mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen der Leistungsempfänger als bauleistender Unternehmer i. S. d. 13b UStG anzusehen ist. Dies hat weitreichende Auswirkungen auf die Praxis, da die bisherige Verwaltungsansicht ausdrücklich verworfen wird. 3. Steuerschuldumkehr bei Bauleistungen Nach 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG unterliegt die Ausführung von Bauleistungen der Steuerschuldumkehr, wenn die Leistung an einen Unternehmer ausgeführt wird, der solche Leistungen erbringt, 13b Abs. 5 Satz 2 UStG. Abweichend vom Regelfall, in dem der leistende Unternehmer die Steuer schuldet ( 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG), geht in diesem Fall die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger über. Als Folge daraus stellt der leistende Unternehmer eine Nettorechnung aus. Diese muss die Angabe Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers enthalten ( 14a Abs. 5 UStG). Nach 14 Abs. 2 Nr. 1 UStG ist der leistende Unternehmer verpflichtet, innerhalb von 6 Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen. Der Leistungsempfänger versteuert den Leistungsbezug indem er die empfangene Bauleistung in seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung anmeldet. Gleichzeit kann er soweit er dazu nach den allgemeinen Regeln des 15 UStG berechtigt ist den Vorsteuerabzug geltend machen. Indem die Pflicht zur Umsatzsteuerabführung einerseits und das Recht auf Vorsteuer abzug andererseits in einer Hand beim Leistungsempfänger vereinigt werden, werden Umsatzsteuerausfälle vermieden. 3.1 Definition der Bauleistung Nur Leistungen (Werklieferungen und sonstige Leistungen), die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen, unterliegen der Steuerschuldumkehr ( 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG). Der Begriff des Bauwerks ist dabei weit auszulegen. Er umfasst insoweit nicht nur Gebäude, sondern sämtliche irgendwie mit dem Erdboden verbundene oder auf ihm ruhende, aus Baustoffen oder Bauteilen hergestellte Anlagen (z. B. Brücken, Straßen, Tunnel, Versorgungsleitungen). Planungs- und Überwachungsleistungen sind hingegen ausgenommen. Ausschließlich planerische Leistungen (z. B. von Architekten, Statikern, Ingenieuren), Labordienstleistungen (z. B. chemische Analyse von Baustoffen) oder reine Leistungen zur Bauüberwachung, zur Prüfung von Bauabrechnungen und zur Durchführung von Ausschreibungen und Vergaben fallen damit nicht unter den Begriff der Bauleistung. Folglich sind Leistungen von Architekten, Laboren, Ingenieuren, Statikern, Rechnungsprüfern sowie Leistungen im Zusammenhang mit Ausschreibungen und ähnliches keine Bauleistungen im Sinne dieser Vorschrift. Beispiel: Das Architekturbüro A plant für den Bauunternehmer B eine Werkhalle. Als reine Planungsleistungen handelt es sich um keine Bauleistungen im Sinne des 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG. Für die Planungsleistung bleibt es bei der Steuerschuldnerschaft des A nach 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG. Der Begriff der Bauleistung im Umsatzsteuerrecht entspricht weitgehend der Auslegung im Rahmen der Bauabzugsteuer ( 48 EStG). Zudem sind die in 1 Abs. 2 und 2 der Baubetriebe-Verordnung genannten Leistungen regelmäßig Bauleistungen i. S. d. 13b UStG, wenn sie im Zusammenhang mit einem Bauwerk ausgeführt werden. Die Einordnung als Bauleistung setzt voraus, dass die Leistung sich unmittelbar auf die Substanz eines Bauwerks auswirkt, d. h. die Substanz erweitert, verbessert, beseitigt oder erhält. Hierzu zählen Erhaltungsaufwendungen (z. B. Reparaturleistungen), künstlerische Leistungen und Reinigungsleistungen mit Substanzveränderung (z. B. Fassadenreinigung durch Sandstrahlen), der Einbau von Fenstern und Türen sowie Bodenbelägen, Aufzügen, Rolltreppen und Heizungsanlagen sowie Einrichtungsgegenständen, wenn sie mit dem Gebäude fest verbunden sind, wie z. B. Ladeneinbauten, Schaufensteranlagen, Gaststätteneinrichtungen. Sind die Einrichtungsgegenstände zwar fest mit dem Grundstück verbunden, können diese aber ohne größeren Aufwand wieder getrennt werden, liegt keine Bauleistung vor (z. B. an die Wand montiertes Regal). EDV- oder Telefonanlagen, die fest mit dem Bauwerk verbunden werden, führen zu einer Bauleistung; die Lieferung von Endgeräten ist keine Bauleistung. Zu den Bauleistungen zählen zudem Erdarbeiten im Zusammenhang mit der Erstellung eines Bauwerks, die In stallation einer Lichtwerbeanlage, Montage und Anschließen von Beleuchtungssystemen (in Kaufhäusern oder Fabrikhallen) oder die Dachbegrünung eines Bauwerks. Einzelheiten dazu, was als Bauleistung einzustufen ist, enthält Abschnitt 13b.2 UStAE. Auszug aus Abschnitt 13b.2 UStAE Exemplarische Aufzählung von Leistungen, die nicht zu den Bauleistungen i. S. von 13b Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 UStG zählen: Aufstellen von Material- und Bürocontainern, mobilen Toilettenhäusern; Entsorgung von Baumaterialien (Schuttabfuhr durch Abfuhrunternehmer); Aufstellen von Messeständen; Gerüstbau; DWS-Verlag 2

Anlegen von Bepflanzungen und deren Pflege (z. B. Bäume, Gehölze, Blumen, Rasen) mit Ausnahme von Dachbegrünungen. Nicht zu den Bauleistungen im Zusammenhang mit einem Bauwerk gehören das Anlegen von Gärten und von Wegen in Gärten, soweit dabei keine Bauwerke hergestellt, instand gesetzt, geändert oder beseitigt werden, die als Hauptleistung anzusehen sind. Das Anschütten von Hügeln und Böschungen sowie das Ausheben von Gräben und Mulden zur Landschaftsgestaltung sind ebenfalls keine Bauleistungen; Aufhängen und anschließen von Beleuchtungen sowie das Anschließen von Elektrogeräten. Dagegen ist die Installation einer Lichtwerbeanlage und die Montage und das Anschließen von Beleuchtungssystemen, z. B. in Kaufhäusern oder Fabrikhallen, eine Bauleistung; als Verkehrssicherungsleistungen bezeichnete Leistungen (Auf- und Abbau, Vorhaltung, Wartung und Kontrolle von Verkehrseinrichtungen, unter anderem Absperrgeräte, Leiteinrichtungen, Blinklicht- und Lichtzeichenanlagen, Aufbringung von vorübergehenden Markierungen, Lieferung und Aufstellen von transportablen Verkehrszeichen, Einsatz von fahrbaren Absperrtafeln und die reine Vermietung von Verkehrseinrichtungen und Bauzäunen). Dagegen sind das Aufbringen von Endmarkierungen (sog. Weißmarkierungen) sowie das Aufstellen von Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen, die dauerhaft im öffentlichen Verkehrsraum verbleiben, Bauleistungen, wenn es sich um jeweils eigenständige Leistungen handelt; Reparatur- und Wartungsarbeiten an Bauwerken oder Teilen von Bauwerken, wenn das (Netto-)Entgelt für den einzelnen Umsatz nicht mehr als 500 beträgt. Wartungsleistungen an Bauwerken oder Teilen von Bauwerken, die einen Nettowert von 500 übersteigen, sind nur dann als Bauleistungen zu behandeln, wenn Teile verändert, bearbeitet oder ausgetauscht werden; Luftdurchlässigkeitsmessungen an Gebäuden, die für die Erfüllung von 6 EnEV und Anlage 4 zur EnEV durchgeführt werden, da sich diese Leistungen nicht auf die Substanz eines Gebäudes auswirken. Zudem enthält die Verfügung der OFD Karlsruhe vom 28. Februar 2012 eine hilfreiche Aufstellung in tabellarischer Form. Die Finanzverwaltung hat eine Bagatellgrenze für Reparatur- und Wartungsarbeiten in Höhe von 500 (Netto- Entgelt) für den einzelnen Umsatz festgelegt (Abschnitt 13b.2 Abs. 7 Nr. 15 UStAE). Bis zu diesem (Netto-)Wert des einzelnen Umsatzes soll die Steuerschuldumkehr danach zwingend nicht anwendbar sein. Damit sollen Abgrenzungsschwierigkeiten bei Wartung und Reparaturen vermieden werden. Aus Sicht der Finanzverwaltung ist es danach nicht möglich, aus Vereinfachungsgründen bei der Abrechnung an Bauleistende auch unterhalb der Bagatellgrenze bei Reparatur- und Wartungsleistungen die Steuerschuldumkehr anzuwenden. Mangels einer gesetzlichen Verankerung ist diese Ansicht zweifelhaft. Die Bagatellgrenze ist grundsätzlich nicht anwendbar bei Anbauten, Neubauten, Erweiterungen, Abriss, d. h. Leistungen, die der Herstellung oder Beseitigung von Bauwerken dienen. Sie gilt zudem nicht, wenn der leistende Unternehmer im Ausland ansässig ist, d. h. unter 13b Abs. 2 Nr. 1 UStG fällt. Erbringt der Unternehmer im Rahmen eines Vertragsverhältnisses mehrere Leistungen, von denen nur ein Teil Bauleistungen i. S. d. 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG sind, ist zunächst zu klären, ob es sich um eine einheitliche Leistung (gemischte Leistung) oder unabhängige Einzelleistungen handelt. Eine gemischte Leistung fällt nur dann insgesamt unter die Steuerschuldumkehr, wenn die Bauleistung als Hauptleistung anzusehen ist, die im Vordergrund steht. Werden unabhängige Einzelleistungen erbracht, muss der Unternehmer die Leistungen aufteilen. Der Unternehmer muss die Bauleistungen grundsätzlich selbst erbringen. Es ist jedoch ausreichend, wenn er sich dabei von ihm beauftragter Subunternehmer bedient. Auch ein sog. Generalunternehmer erbringt mittels sog. Subunternehmer, die die Bauleistungen tatsächlich ausführen, gegenüber seinem Auftraggeber jeweils entsprechende Leistungen. Beispiel: Der Generalunternehmer G beauftragt den Fliesenleger F mit Fliesenarbeiten in einem seiner Bauprojekte. Da F völlig ausgelastet ist, beauftragt er wiederum den Subunternehmer S mit den Arbeiten. G, F und S erbringen jeweils steuerbare und steuerpflichtige Bauleistungen gegenüber ihrem Auftraggeber. Abzugrenzen sind Leistungen der Generalunternehmer von denen der Bauträger: Generalunternehmer führen Bauleistungen auf fremden Grundstücken aus; demgegenüber bauen Bauträger auf eigenen Grundstücken und führen anschließend i. d. R steuerfreie Lieferungen von Grundstücken bzw. Grundstücksteilen nach 4 Nr. 9 Buchst. a UStG aus. 3.2 Definition des Leistungsempfängers als bauleistender Unternehmer Der Kreis der Steuerschuldner wird beschränkt auf Unternehmer, die selbst Bauleistungen im Sinne des 13b UStG erbringen ( 13b Abs. 5 Satz 2 i. V. m. Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 UStG). Im Gesetz ist nicht abschließend geregelt, unter welchen Voraussetzungen der Leistungsempfänger als bauleistender Unternehmer anzusehen ist. Die bislang seitens der Finanzverwaltung vertretene einschränkende Auslegung hat der BFH mit Urteil vom 22. August 2013 verworfen. In der Folge muss bei der Definition des Leistungsempfängers als bauleistender Unternehmer danach differenziert werden, wann die entsprechenden Umsätze ausgeführt werden. Zwar hat der BFH die alte Rechtslage, wie sie die Finanzverwaltung im UStAE niedergelegt hatte, verworfen. Auch die Finanzverwaltung hat die Grundsätze des BFH-Urteils als in allen offenen Fällen anwendbar erklärt (BMF-Schreiben vom 5. Februar 2014). Allerdings lässt die Finanzverwaltung es durch eine Nichtbeanstandungsregelung zu, dass DWS-Verlag 3

die alte Verwaltungsauffassung auf bestimmte Altfälle weiter angewendet werden kann. 3.2.1 Rechtslage bei Bauleistungen, die vor dem 15. Februar 2014 erbracht wurden Grundsatz Das BFH-Urteil vom 22. August 2013 (Az. VR 37/10) ist in allen noch offenen Fällen anzuwenden. Nichtbeanstandungsregelung Wurde eine Bauleistung vor dem 15. Februar 2014 (Tag nach der Veröffentlichung der aufgrund der BFH-Rechtsprechung geänderten Verwaltungsauffassung) ausgeführt, so beanstandet es die Finanzverwaltung nicht, wenn die beiden Vertragspartner diese einvernehmlich anhand der bis dahin geltenden Verwaltungsauffassung abwickeln dies gilt sowohl für den Fall, dass die Leistung danach der Steuerschuldumkehr unterworfen wird, als auch dass sie mit Umsatzsteuer abgerechnet wurde. Dies gilt auch für Bauleistungen, die vor dem 15. Februar 2014 begonnen aber erst nach dem 14. Februar 2014 abgeschlossen wurden. Auch in diesen Fällen beanstandet es die Finanzverwaltung nicht, wenn die Parteien für diese Bauleistung einvernehmlich die alte Rechtslage anwenden. Definition des Leistungsempfängers als bauleistender Unternehmer nach alter Rechtslage Der Leistungsempfänger wird nur dann Steuerschuldner, wenn er den Status des bauleistenden Unternehmers erfüllt, d.h. er selbst solche Arten von Bauleistungen ausführt, 13b Abs. 5 Satz 2 UStG. Er muss mithin als Unternehmer ebenfalls Bauleistungen erbringen, die nicht ausschließlich Planungs- oder Überwachungsleistungen sind. Beispiele: Bauunternehmer B errichtet auf dem Grundstück des Privatkunden P für diesen ein Einfamilienhaus. Im Rahmen der Bauausführung beauftragt B den Fliesenleger F mit Badarbeiten. F erbringt gegenüber B im Inland steuerbare und steuerpflichtige Bauleistungen. Da der Auftraggeber des F (B) selber solche Bauleistungen an Dritte erbringt, wird B nach 13b Abs. 2 Nr. 4 i. V. m. Abs. 5 Satz 2 UStG zum Steuerschuldner für die an ihn ausgeführten Bauleistungen. Für die Werklieferung des B an P bleibt es bei der Steuerschuldnerschaft des B nach 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG. Bauunternehmer B errichtet für den Autohändler A eine Ausstellungshalle. B erbringt gegenüber A im Inland steuerbare und steuerpflichtige Bauleistungen. Da der Autohändler kein Unternehmer ist, der selbst Bauleistungen i. S. d. 13b UStG erbringt, ist 13b Abs. 5 Satz 2 UStG nicht anwendbar. B bleibt mithin Steuerschuldner für die von ihm ausgeführten Leistungen nach 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG. Achtung: Soweit eine Bauleistung von einem ausländischen Unternehmer ausgeführt wird, geht die Steuerschuld entsprechend 13b Abs. 2 Nr. 1 UStG auf den Leistungsempfänger über. 13b Abs. 2 Nr. 1 UStG geht der Regelung des 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG vor! Nachhaltigkeit Nach Ansicht der Finanzverwaltung muss der Leistungsempfänger nachhaltig Bauleistungen i. S. d. 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG erbringen oder erbracht haben. Davon ist nach damaliger Ansicht der Finanzverwaltung auszugehen, wenn im vorangegangenen Kalenderjahr mehr als 10 % seiner weltweit ausgeführten Umsätze Bauleistungen waren (Abschnitt 13b.3 Abs. 2 UStAE). Die 10 %-Grenze stellt eine Ausschlussgrenze dar. Unternehmer, die Bauleistungen unterhalb dieser Grenze ausführen, sind danach grundsätzlich keine bauleistenden Unternehmer i. S. d. 13b Abs. 5 UStG (Ausnahme: Freistellungsbescheinigung). Unerheblich ist bei dieser Betrachtungsweise, ob der Unternehmer die empfangene Bauleistung selbst unmittelbar für eine am Markt ausgeführte eigene Bauleistung an einen Dritten verwendet oder sie in den allgemeinen unternehmerischen Bereich des Leistungsempfängers eingeht (z. B. Reparatur am Verwaltungsgebäude des bauleistenden Unternehmers). Hat ein Unternehmer zunächst keine Bauleistungen ausgeführt, beabsichtigt er jedoch, derartige Bauleistungen zu erbringen, ist er u. U. auch schon vor der erstmaligen Erbringung eigener Bauleistungen als bauleistender Unternehmer anzusehen. Voraussetzung ist, dass er nach außen erkennbar mit ersten Handlungen zur nachhaltigen Erbringung von Bauleistungen begonnen hat und die Bauleistungen voraussichtlich mehr als 10 % seines Weltumsatzes betragen werden. Zum Nachweis, dass der Leistungsempfänger nachhaltig Bauleistungen erbringt, kann er dem leistenden Unternehmer eine Freistellungsbescheinigung nach 48b EStG vorlegen. Diese muss im Zeitpunkt der Ausführung des Umsatzes noch gültig sein und ausdrücklich für umsatzsteuerliche Zwecke vorgelegt werden. Ist dem leistenden Unternehmer zu einem früheren Zeitpunkt die Bescheinigung zu ertragsteuerlichen Zwecke vorgelegt worden, kann er daraus nicht den Schluss ziehen, dass sein Kunde bauleistender Unternehmer i. S. d. 13b Abs. 5 UStG ist. Legt der Leistungsempfänger seinem Auftragnehmer eine Freistellungsbescheinigung nach 48b EStG für umsatzsteuerliche Zwecke vor, geht die Steuerschuld auch dann auf ihn über, wenn er tatsächlich mangels Nachhaltigkeit kein bauleistender Unternehmer ist. Diese Vertrauensschutzregelung zugunsten des leistenden Unternehmers gilt jedoch nicht, wenn die Bescheinigung gefälscht ist und der Auftragnehmer davon Kenntnis hat. Hinweis: Das Kriterium der Nachhaltigkeit ergibt sich (bislang) nicht aus dem Gesetzeswortlaut. Es war lediglich bis zur Änderung des UStAE Mitte Februar 2014 (siehe unten) in Abschnitt 13b.3 UStAE enthalten. Bereits vor der Entscheidung des BFH vom 22. August 2013 lehnten einige Finanzgerichte deshalb dieses einschränkende Kriterium ab und erachteten es als ausreichend, wenn der Unternehmer nur gelegentlich Bauleistungen erbringt. DWS-Verlag 4

Leistungen an Bauträger Bei Leistungen an Bauträger ist nach Auffassung der Finanzverwaltung zu differenzieren, ob Bauträger den Status des bauleistenden Unternehmers erfüllen: Sofern sie lediglich eigene Grundstücke zum Zweck des Verkaufs bebauen, handelt es sich um bloße Grundstückslieferungen. Sie erbringen in diesen Fällen keine Bauleistungen. Werden die Verträge mit den Kunden jedoch zu einem Zeitpunkt geschlossen, in dem der Kunde noch Einfluss auf die Bauausführung und -gestaltung nehmen kann, liegt in der Regel ein Werk- oder Werklieferungsvertrag vor mit der Folge, dass der Bauträger eine Bauleistung erbringt. Bauträger führen meist sowohl Grundstückslieferungen aus, die unter das GrEStG fallen, als auch Bauleistungen. Sie erfüllen nur dann den Status bauleistender Unternehmer und werden somit für die von anderen Unternehmern an sie erbrachte Bauleistungen Steuerschuldner nach 13b UStG, wenn die Bemessungsgrundlage der von ihnen getätigten Bauleistungen einschließlich Grundstücksgeschäfte, soweit es sich um Werklieferungen ( 3 Abs. 4 UStG) im Sinne des 13b Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 UStG handelt mehr als 10 % der Summe ihrer steuerbaren und nicht steuerbaren Umsätze beträgt (Abschnitt 13b.3 Abs. 8 Satz 4 UStAE a. F.). Leistungen an einen Organkreis Bei Organschaften wird der Organträger nur dann zum Steuer schuldner, wenn er oder die einzelne Organgesellschaft selbst nachhaltig Bauleistungen im Sinne des 13b UStG erbringt. Für jedes einzelne Unternehmen der Organschaft ist gesondert zu prüfen, ob die Nachhaltigkeitsgrenze überschritten wird. Überschreitet ein Unternehmen die Grenze, so wird nicht die ganze Organschaft infiziert. Leistungen an Körperschaften des öffentlichen Rechts Körperschaften des öffentlichen Rechts werden nur mit ihren Betrieben gewerblicher Art zum Steuerschuldner, wenn durch diese Bauleistungen erbracht werden. Besorgungsleistungen Unternehmer, die eine Bauleistung für Dritte besorgen, erbringen selbst eine Bauleistung, es sei denn, es handelt sich um eine reine Bauträgerleistung, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fällt. Diese Unternehmer werden zum nachhaltigen Bauleistenden im Sinne des 13b UStG, wenn ihre Umsätze zu mehr als 10 % aus besorgten Bauleistungen bestehen oder sie eine Freistellungsbescheinigung vorlegen. Leistungen an Wohnungseigentümergemeinschaften Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) sind für bezogene Bauleistungen als Leistungsempfänger nicht Steuerschuldner, wenn sie Bauleistungen als steuerfreie Leistungen nach 4 Nr. 13 UStG der WEG an die einzelnen Wohnungseigentümer weitergeben. Das gilt auch dann, wenn die WEG nach 9 Abs. 1 UStG optiert, also die Umsätze als steuerpflichtig behandelt. Leistungen an den nichtunternehmerischen Bereich Gemäß 13b Abs. 5 Satz 6 UStG geht die Steuerschuld auch dann auf den Leistungsempfänger über, wenn die Bauleistung für den nichtunternehmerischen Bereich bezogen wird. Ausgenommen hiervon sind jedoch Bauleistungen, die ausschließlich an den hoheitlichen Bereich von juristischen Personen des öffentlichen Rechts erbracht werden. Das gilt auch, wenn diese im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art nachhaltig Bauleistungen erbringt. Kleinunternehmer Ein Leistungsempfänger, der eine Bauleistung von einem Kleinunternehmer bezieht, bei dem keine Umsatzsteuer erhoben wird (vergleiche 19 Abs. 1 UStG), schuldet keine Umsatzsteuer nach 13b UStG. Dagegen kann ein Kleinunternehmer, der Bauleistungen bezieht, Umsatzsteuer nach 13b UStG schulden. In Zweifelsfällen: Nichtbeanstandungsregelung Soweit im Einzelfall Zweifel bei der Abgrenzung der Leistung oder der Einordnung des Auftraggebers als Steuerschuldner entstehen, wird es seitens der Finanzverwaltung nicht beanstandet, wenn die beteiligten Unternehmen einvernehmlich die Vorschriften der Steuerschuldumkehr anwenden. Die Leistungen müssen jedoch zutreffend versteuert werden, d. h. der Leistungsempfänger muss den Leistungsbezug in seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung erklären (Abschnitt 13b.8 UStAE Stand 1. Januar 2014). 3.2.2 Rechtslage bei Bauleistungen, die nach dem 14. Februar 2014 und vor dem 1. Oktober 2014 ausgeführt werden Grundsatz Der BFH hat mit Urteil vom 22. August 2013, V R 37/10, die Regelung zur Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei Bauleistungen nach 13b Abs. 5 Satz 2 i. V. m. Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 UStG einschränkend ausgelegt. Maßgebend für die Umkehr der Steuerschuld ist danach, ob der Leistungsempfänger die an ihn erbrachte Werklieferung oder sonstige Leistung, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dient, seinerseits zur Erbringung einer derartigen Leistung verwendet. Auf den Anteil der vom Leistungsempfänger ausgeführten bauwerksbezogenen Werklieferungen oder sonstigen Leistungen im Sinne des 13b Abs. 5 Satz 2 UStG an den insgesamt von ihm erbrachten Umsätzen kommt es entgegen der ursprünglich in Abschnitt 13b.3 Abs. 2 UStAE niedergelegten Verwaltungsauffassung nicht an. Zudem hat der BFH die Vereinfachungs-/Nichtbeanstandungsregelung des Abschnitt 13b.8 UStAE als nicht entscheidungserheblich verworfen. DWS-Verlag 5

Anwendungsregelung Für Bauleistungen, die nach dem 14. Februar 2014 ausgeführt werden, gelten die Grundsätze des BFH-Urteils vom 22. August 2013 sowie die diesbezüglichen Ausführungen in den BMF-Schreiben vom 5. Februar 2014 und 8. Mai 2014 zwingend. Eine Übergangsregelung hat die Finanzverwaltung nicht vorgesehen. Bei Bauleistungen, die vor dem 15. Februar 2014 begonnen aber erst nach dem 14. Februar 2014 abgeschlossen wurden, beanstandet es die Finanzverwaltung nicht, wenn die Parteien für diese Bauleistung einvernehmlich die alte Rechtslage anwenden (vgl. 3.2.1). Definition des Leistungsempfängers als bauleistender Unternehmer nach neuer Rechtslage Die Steuerschuld geht nach der neuen Rechtslage nur noch auf den Leistungsempfänger über, wenn dieser die an ihn erbrachte Bauleistung unmittelbar für eine (Ausgangs-)Bauleistung verwendet. Somit ist eine unmittelbare Korrespondenz der Leistungen erforderlich. Auf den Anteil der vom Leistungsempfänger ausgeführten Bauleistungen an den insgesamt von ihm erbrachten Leistungen kommt es nicht an. Beispiele: Bauunternehmer B ist beauftragt in dem Einfamilienhaus des Privatkunden P für diesen das Badezimmer zu erneuen. Im Rahmen der Bauausführung beauftragt B den Fliesenleger F mit Badarbeiten. F erbringt gegenüber B im Inland steuerbare und steuerpflichtige Bauleistungen. Da der Auftraggeber des F (B) die bezogene Bauleistung verwendet, um selber eine Bauleistung an den Dritten zu erbringen, wird B nach 13b Abs. 2 Nr. 4 i. V. m. Abs. 5 Satz 2 UStG zum Steuerschuldner für die an ihn ausgeführte Bauleistung. Für die Bauleistung des B an P bleibt es bei der Steuerschuldnerschaft des B nach 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG. Bauunternehmer B lässt in seinem Baustofflager das Dach erneuern. Zwar erbringt B selbst Bauleistungen an Dritte. Die bezogene Leistung verwendet er jedoch nicht unmittelbar für eine eigene Ausgangsleistung; sie dient nur mittelbar der Erbringung künftiger Bauleistungen. Daher ist 13b Abs. 5 Satz 2 UStG nicht anwendbar. B wird nicht Steuerschuldner der an in ausgeführten Leistungen. Nachweis über Verwendung der Bauleistung Dem leistenden Unternehmer steht es grundsätzlich frei, wie er den Nachweis dafür erbringt, dass der Leistungsempfänger die erhaltene Bauleistung selbst zur Erbringung einer entsprechenden Leistung verwendet. Er kann dazu jegliche Art von Belegen verwenden. Als Nachweis erkennt die Finanzverwaltung ausdrücklich eine entsprechende schriftliche Bestätigung des Leistungsempfängers an. Diese kann beispielsweise in den Werk- oder Werklieferungsvertrag aufgenommen werden. Auch eine gesonderte Bestätigung unter Nennung des konkreten Bauvorhabens ist möglich. Bestätigt der Auftraggeber dem leistenden Unternehmer, die empfangene Bauleistung selbst für entsprechende Leistungen verwendet zu haben bzw. verwenden zu wollen, kann dieser darauf vertrauen. Auch wenn der Auftraggeber letztendlich die Leistung nicht zur Ausführung von eigenen Bauleistungen verwendet, wird er zum Steuerschuldner und der leistende Unternehmer ist insoweit geschützt. Diese Vertrauensschutzregelung gilt allerdings nicht, wenn der leistende Unternehmer wusste, dass die Bestätigung unrichtig ist (Abschnitt 13b.3 Abs. 2 Satz 3 UStAE Stand: Mai 2014). Die Freistellungsbescheinigung nach 48b EStG hat nur noch Indizwirkung. Leistungen an Bauträger Die nunmehr geforderte unmittelbare Korrespondenz zwischen Eingangs- und Ausgangsbauleistung hat insbesondere Auswirkungen für Bauträger. Diese waren bislang auch dann generell als bauleistende Unternehmer eingestuft worden, wenn sie die Voraussetzungen der 10 %-Grenze erfüllten. Nach der neuen Rechtslage gilt für Bauleistungen, die an Bauträger erbracht werden, die Umkehr der Steuerschuldnerschaft nicht, da die bezogenen Bauleistung nicht für eine (Ausgangs-) Bauleistung verwendet wird, sondern im Regelfall für eine Lieferung. Abzugrenzen sind Leistungen der Bauträger von denen der Generalunternehmer. Bauträger bauen auf eigenen Grundstücken und führen anschließend i. d. R. steuerfreie Lieferungen von Grundstücken oder Grundstücksteilen nach 4 Nr. 9 Buchst. a UStG aus, während Generalunternehmer Bauleistungen auf fremden Grundstücken ausführen. Sind Bauunternehmer sowohl als Bauträger als auch als Generalunternehmer tätig, kommt es auf die Verwendung der konkret von diesen bezogenen Bauleistung an. Maßgeblich ist dann, ob diese die Bauleistung als Bauträger für eine steuerfreie Grundstückslieferung oder als Generalunternehmer für eine eigene steuerpflichtige Bauleistung verwenden. Leistungen an einen Organkreis Bezieht ein Teil des Organkreises (Organträger oder Organgesellschaft) eine Bauleistung, so geht die Steuerschuld auf den Organträger nur dann über, wenn die Leistung unmittelbar für eine Ausgangs-Bauleistung verwendet wird. Es spielt keine Rolle, durch welchen Teil des Organkreises (Organträger oder Organgesellschaft) die Leistung verwendet wird (Abschnitt 13b.3 Abs. 7 UStAE Stand: Mai 2014). Leistungen an den nichtunternehmerischen Bereich Gemäß 13b Abs. 5 Satz 6 UStG geht die Steuerschuld auch dann auf den Leistungsempfänger über, wenn die Bauleistung für den nichtunternehmerischen Bereich bezogen wird. Der BFH knüpft die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers jedoch daran, dass die empfangene Bauleistung für eine eigene (Ausgangs-) Bauleistung verwendet wird. Eine Bauleistung, die für den nichtunternehmerischen Bereich empfangen wird, DWS-Verlag 6

kann daher nicht mehr zur Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers führen. 4. Behandlung von Anzahlungen Wurde eine Anzahlungsrechnung für eine Bauleistung vor dem 15. Februar 2014 erstellt, enthielt diese entsprechend der damaligen Verwaltungsauffassung lediglich den Nettobetrag sowie einen Hinweis auf die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers. Nunmehr ist der Leistungsempfänger nur dann Steuerschuldner, wenn er die an ihn ausgeführte Leistung selbst für eine Bauleistung verwendet. Ist dies nicht der Fall, ist der leistende Unternehmer Steuerschuldner. Die Finanzverwaltung hat sich mit dem BMF-Schreiben vom 8. Mai 2014 zur Behandlung von Anzahlungen für nach dem 14. Februar 2014 ausgeführte Bauleistungen geäußert. Danach ist wie folgt zu differenzieren: Für vor dem 15. Februar 2014 geleistete Anzahlungen, die sich auf Bauleistungen beziehen, die erst nach dem 14. Februar 2014 ausgeführt werden und somit auch die Schlussrechnung erst nach diesem Datum gestellt wird, enthält das BMF-Schreiben eine Vereinfachungsregelung. Danach wird es nicht beanstandet, wenn in der Schlussrechnung nur auf die Differenz zwischen dem Gesamtentgelt für das Projekt abzüglich der vor dem 15. Februar 2014 vereinnahmten Anzahlungen die Umsatzsteuer berechnet und ausgewiesen wird. In diesen Fällen sind weder die Anzahlungsrechnungen noch die im Rahmen der Steuerschuldumkehr angemeldete Umsatzsteuer auf die Anzahlungen zu berichtigen. Die Anwendung der Vereinfachungsregelung setzt voraus, dass sich die Vertragsparteien darauf geeinigt haben und die Anzahlungen vom Leistungsempfänger in zutreffender Höhe versteuert, d. h. in einer Voranmeldung oder in einer Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr angemeldet wurden. Weiterhin fordert die Finanzverwaltung, dass der Leistungsempfänger zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt sein muss. Beispiel: Der Bauunternehmer B beauftragt den Dachdecker D mit Dacharbeiten am Bürogebäude des B. B hat D bei Auftragserteilung eine Freistellungsbescheinigung nach 48b EStG vorleget; er ist zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt. B leistet vor dem 15. Februar 2014 eine Abschlagszahlung von 10.000, die Arbeiten belaufen sich insgesamt auf 30.000. Die Abschlagsrechnung enthält das Nettoentgelt sowie den Hinweis auf die Steuerschuldnerschaft des B. B hat die Anzahlungen ordnungsgemäß versteuert. Da B die Leistungen nicht für eigene Ausgangs-Bauleistungen verwendet, greift die Steuerschuldumkehr nicht ein. D kann in der Schlussrechnung wie folgt abrechnen, da B zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt ist: Ausgeführte Dacharbeiten 30.000 Abzgl. Anzahlung 10.000 20.000 + Umsatzsteuer (19 %) 3.800 Von B zu zahlen 23.800 Alternativ kann auch die Nichtbeanstandungsregelung angewendet werden. Danach würde sich folgende Rechnung ergeben: Ausgeführte Dacharbeiten 30.000 Abzgl. Anzahlung 10.000 20.000 Von B zu zahlen 20.000 In Beispiel 2 des BMF-Schreibens vom 8. Mai 2014 wird dazu in die Rechnung ein Passus aufgenommen, dass beide Vertragspartner einvernehmlich davon ausgehen, dass der Leistungsempfänger in Anwendung der bis zum 14. Februar 2014 geltenden Verwaltungsanweisung in Abschnitt 13b.3 und 13b.8 UStAE als Leistungsempfänger nach 13b Abs. 5 Satz 2 i. V. m. Abs. 2 Nr. 4 UStG auch Steuerschuldner der Schlusszahlung ist. Ein entsprechender allgemein formulierter Passus könnte wie folgt lauten: Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, dass die im BMF-Schreiben vom 8. Mai 2014 unter II aufgeführte Nichtbeanstandungsregelung angewendet werden soll. Entsprechend den bis zum 14. Februar 2014 geltenden Verwaltungsanweisungen in Abschnitt 13b.3 und 13b.8 UStAE ist der Auftraggeber nach 13b Abs. 5 Satz 2 i. V. m. Abs. 2 Nr. 4 UStG auch Steuerschuldner der Schlusszahlung. Wird eine Anzahlung erst nach dem 14. Februar 2014 vereinnahmt, so ist auf diese die neue Rechtslage anzuwenden. Entscheidend für die Steuerentstehung ist nicht, wann die Rechnung erstellt worden ist, sondern der Zeitpunkt, in dem das Entgelt bzw. Teilentgelt vereinnahmt wurde. Sofern für die Anzahlung bereits vor dem 15. Februar 2014 eine Anzahlungsrechnung erstellt worden ist, in der die Umsatzsteuer nicht gesondert ausgewiesen wurde, und ist nach geänderter Verwaltungsauffassung der leistende Unternehmer-Steuerschuldner, so ist die Rechnung entsprechend zu berichtigen. Beispiel: Der Bauunternehmer B beauftragt den Dachdecker D im Januar 2014 mit Dacharbeiten am Bürogebäude des B. B hat D bei Auftragserteilung eine Freistellungsbescheinigung nach 48b EStG vorgelegt; er ist zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt. B leistet am 20. Februar 2014 eine Abschlagszahlung von 10.000, die Arbeiten belaufen sich insgesamt auf 30.000. D hatte am 10. Februar 2014 eine Abschlagsrechnung erstellt, die das Nettoentgelt sowie den Hinweis auf die Steuerschuldnerschaft des B enthält. DWS-Verlag 7

Da B die Leistungen nicht für eigene Ausgangs-Bauleistungen verwendet, greift die Steuerschuldumkehr nicht ein. D muss die ursprüngliche Abschlagsrechnung berichtigen, da die Anzahlung erst nach dem 14. Februar 2014 bei ihm eingegangen ist und die Leistung auch erst nach diesem Datum erbracht wurde. Die Abrechnung muss wie folgt aussehen: Anzahlung für Dacharbeiten 10.000 + Umsatzsteuer (19 %) 1.900 Von B zu zahlen 11.900 Vereinbaren die Vertragsparteien einvernehmlich, die Nichtbeanstandungsregelung (für Bauleistungen, die vor dem 15. Februar 2014 begonnen, aber erst nach dem 14. Februar 2014 abgeschlossen wurden) anwenden zu wollen, ist eine Berichtigung der Abschlagsrechnung nicht erforderlich. 5. Änderung der Umsatzsteuer festsetzungen/ Vertrauensschutz Das BFH-Urteil vom 22. August 2013 (Az. V R 37/10) wurde am 14. Februar 2014 im Bundessteuerblatt II S. 128 veröffentlicht und ist nach dem BMF-Schreiben vom 5. Februar 2014 für alle offenen Fälle anzuwenden. Bauleistungen, die an reine Bauträger erbracht werden, fallen nach dem BFH-Urteil nicht mehr unter die Steuerschuldnerschaft gem. 13b UStG. Die Erfassung der 13b-Steuer in der Steuerfestsetzung des Bauträgers kann korrigiert werden, da der Leistungsempfänger die bezogene Bauleistung nicht für eine eigene Bauleistung verwendet hat. Die Umsatzsteuervoranmeldung führt zu einer Vorauszahlung auf die Jahresumsatzsteuer und steht automatisch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung durch das Finanzamt ( 164, 168 AO). Daher besteht grundsätzlich ein Anspruch auf Änderung der Vorbehaltsfestsetzung nach 164 Abs. 2 AO. Die von den Bauträgern als Leistungsempfänger ursprünglich abgeführte Umsatzsteuer ist nach diesen Grundsätzen an diese auszuzahlen. Mit dem Kroatien-AnpassungsG (Einzelheiten dazu siehe unter 6.) hat der Gesetzgeber in 27 Abs. 19 UStG n. F. den Vertrauensschutz des leistenden Unternehmers in diesen Fällen neu geregelt. Soweit der Leistungsempfänger die Erstattung der Umsatzsteuer fordert, ist die gegen den leistenden Unternehmer wirkende Steuerfestsetzung zu ändern. Der Vertrauensschutz nach 176 AO steht dem nicht entgegen und greift hier für den leistenden Unternehmer nicht. Zusätzlich wurde in das Gesetz eine Abtretungsregelung aufgenommen. Sie kann ausschließlich auf Leistungen angewendet werden, die vor dem 15. Februar 2014 erbracht wurden und bei denen die Vertragsparteien aufgrund der bis dahin geltenden Verwaltungsauffassung von der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers ausgingen. Macht in diesen Fällen der Leistungsempfänger von der zuvor beschriebenen Nichtbeanstandungsregelung keinen Gebrauch, sondern fordert er die Erstattung der von ihm als Steuer schuldner entrichteten Umsatzsteuer, kann der leistende Unternehmer seinen Anspruch auf Zahlung der gesetzlich entstandenen Umsatzsteuer gegen den Leistungsempfänger an das Finanzamt abtreten. Es handelt sich um eine Abtretung nach Zivilrecht; sie erfolgt durch Angebot der Abtretung seitens des leistenden Unternehmers und Annahme des Angebots durch das Finanzamt. Die Abtretung wirkt an Zahlung statt, wenn (kumulativ!) der leistende Unternehmer dem Leistungsempfänger (= seinem Auftraggeber) eine entsprechend geänderte Rechnung mit offenem Umsatzsteuer-Ausweis ausstellt, die Abtretung wirksam bleibt, dem Leistungsempfänger die Abtretung unverzüglich mit dem Hinweis angezeigt wird, dass die Zahlung an den leistenden Unternehmer keine schuldbefreiende Wirkung mehr hat, und der leistende Unternehmer seiner Mitwirkungspflicht nachkommt. Diese gesetzliche Änderung ist nach Verkündung des Kroatien-AnpassungsG zum 31. Juli 2014 in Kraft getreten. Das BMF hat mit einem Anwendungsschreiben vom 31. Juli 2014 Hinweise zur Umsetzung des neu eingeführten 27 Abs. 19 UStG gegeben. Hinsichtlich der Abtretungsregelung wird darin die Mitwirkungspflicht des leistenden Unternehmers erläutert. Diese bezieht sich zuvorderst auf den Nachweis der Richtigkeit und den Bestand der (abgetretenen) Forderung sowie die Wirksamkeit der Abtretung (Rz. 7 des BMF-Schreibens). Hinsichtlich der Nachzahlungszinsen zu Lasten des leistenden Unternehmers enthält das Schreiben die Feststellung, dass der Erstattungsantrag des Leistungsempfängers bzgl. der Steuerfestsetzung des Auftragnehmers als rückwirkendes Ereignis i. S. d. 233a Abs. 2a AO gilt. Der Zinslauf beginnt in diesen Fällen erst 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem das rückwirkende Ereignis eingetreten ist. Für die Erstattungszinsen des Leistungsempfängers gelten die allgemeinen Regeln. 6. Gesetzliche Neuregelung * Das Gesetz zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (Kroatien-AnpG) ist am 30. Juli 2014 (BGBl. 2014 Teil I Nr. 36, S. 1266) verkündet worden. Auch wenn der Name es nicht vermuten lässt, wird mit diesem Bundesgesetz die Neuregelung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei * für Leistungen, die nach dem 30. September 2014 ausgeführt werden DWS-Verlag 8

Bauleistungen umgesetzt. Damit soll der Zustand wieder hergestellt werden, der vor der Entscheidung des BFH bestand. Die Änderung betrifft lediglich die Definition des Leistungsempfängers als bauleistenden Unternehmer. Definition des Leistungsempfängers als bauleistender Unternehmer Der Leistungsempfänger wird künftig dann nach 13b Abs. 5 Satz 2 UStG n. F. zum Steuerschuldner, wenn er selbst nachhaltig Bauleistungen i. S. d. 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG erbringt. Es kommt ausdrücklich nicht darauf an, dass er die an ihn erbrachte Leistung für eine eigene Ausgangsbauleistung verwendet. Bauträger fallen lt. Gesetzesbegründung nicht unter die Steuerschuldumkehr bei Bauleistungen. Nachhaltigkeit Steuerschuldner ist, wer Bauleistungen nachhaltig selbst erbringt. Nachhaltigkeit wird angenommen, wenn der Unternehmer zumindest 10 % seines Weltumsatzes (steuerbare und nicht steuerbare Umsätze) als Bauleistungen erbringt (Gesetzesbegründung zu 13b Abs. 5 Satz 2 UStG). Davon ist entsprechend 13b Abs. 5 Satz 2, 2. Halbsatz UStG n. F. auszugehen, wenn das zuständige Finanzamt dies bescheinigt hat. Umsatzsteuerliche Bescheinigung Die zuständige Finanzbehörde stellt dem Leistungsempfänger eine Bescheinigung aus, aus der sich die nachhaltige Tätigkeit des Unternehmers ergibt. Entsprechend der Gesetzesbegründung wird bei Erteilung dieser Bescheinigung aus Vereinfachungsgründen auf den Weltumsatz des im Zeitpunkt der Ausstellung der Bescheinigung abgelaufenen Besteuerungszeitraums abgestellt. Hat der Leistungsempfänger bisher noch keine Bauleistungen ausgeführt bzw. nimmt er die Tätigkeit in diesem Bereich erst auf, stellt das Finanzamt dem Unternehmer die Bescheinigung aus, wenn er nach außen erkennbar mit ersten Handlungen zur nachhaltigen Erbringung von Bauleistungen begonnen hat und die Bauleistungen voraussichtlich mehr als 10 % des Weltumsatzes betragen werden. Das Gesetz enthält keine entsprechende Regelung, vielmehr soll eine solche nach der Gesetzesänderung in den Umsatzsteuer-Anwendungserlass aufgenommen werden (vgl. Gesetzesbegründung zu 13b Abs. 5 Satz 2 UStG). Die Bescheinigung im Sinne des 13b Abs. 5 Satz 2, 2. Halbsatz UStG n. F. ist eine von der Freistellungsbescheinigung nach 48b EStG abweichende gesonderte Bescheinigung. Sie soll zeitgleich mit Inkrafttreten der Gesetzesänderung zum 01.10.2014 herausgegeben werden. Die Bescheinigung ist auf längstens drei Jahre befristet. Damit soll für den leistenden Unternehmer sowie den Leistungsempfänger Rechtssicherheit hergestellt werden. Zudem kann sie aus Rechtsschutzgründen nur mit Wirkung für die Zukunft widerrufen oder zurückgenommen werden. Entsprechend der Gesetzesbegründung ist der Leistungsempfänger auch dann Steuerschuldner, wenn ihm das Finanzamt eine Bescheinigung im Sinne des 13b Abs. 5 Satz 2, 2. Halbsatz UStG n. F. ausgestellt hat, er diese aber gegenüber dem leistenden Unternehmer nicht verwendet. Fraglich ist allerdings, wie der leistende Unternehmer in diesem Fall Kenntnis vom Status des Leistungsempfängers als Bauleistender erlangen soll. Wirkung der Bescheinigung Der leistende Unternehmer kann die Bescheinigung als Nachweis für die nachhaltige Tätigkeit des Leistungsempfängers vorlegen. Mit der nun gesetzlich eingeführten Bescheinigungspraxis soll lt. Gesetzesbegründung für die Beteiligten Rechtssicherheit hergestellt werden. Daher muss auch in dem Fall, in dem der Leistungsempfänger die Bescheinigung gegenüber dem leistenden Unternehmer verwendet, die Steuerschuldnerschaft auf ihn übergehen, wenn die Voraussetzungen dafür aber tatsächlich nicht vorgelegen haben. Keine unmittelbare Korrespondenz der Leistungen erforderlich Zudem wird in 13b Absatz 5 Satz 2, 1. HS UStG n. F. gesetzlich klargestellt, dass der Leistungsempfänger auch dann Steuerschuldner ist, wenn er die an ihn im Einzelfall erbrachte Dienstleistung nicht zur Ausführung einer Bauleistung verwendet. Damit kommt es künftig auf die seitens des BFH geforderte unmittelbare Korrespondenz zwischen Eingangs- und Ausgangsbauleistung nicht an. Leistungen an den nichtunternehmerischen Bereich Infolge der vorgenannten Änderung kann auch 13b Abs. 5 Satz 6 UStG beibehalten werden. Dieser besagt, dass die Steuerschuld auch dann auf den Leistungsempfänger übergeht, wenn er die Bauleistung für den nichtunternehmerischen Bereich bezieht. Infolge der BFH-Rechtsprechung lief diese Vorschrift in den vergangenen Monaten ins Leere (vgl. 3.3.2). Es ist davon auszugehen, dass Bauleistungen, die ausschließlich an den hoheitlichen Bereich von juristischen Personen des öffentlichen Rechts erbracht werden, weiterhin ausgenommen sind (vgl. dazu 3.2.1). Kleinunternehmer Auch weiterhin tritt die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers in den Fällen nicht ein, in denen der leistende Unternehmer die Kleinunternehmerregelung des 19 Absatz 1 UStG anwendet. Die bisher in 13b Abs. 5 Satz 7 UStG enthaltene Vorschrift wird lediglich in Satz 8 der Norm verschoben. Demnach schuldet ein Leistungsempfänger, der eine Bauleistung von einem Kleinunternehmer bezieht, bei dem keine Umsatzsteuer erhoben wird (vergleiche 19 Abs. 1 UStG), keine Umsatzsteuer nach 13b UStG. Dagegen kann ein Kleinunternehmer, der Bauleistungen bezieht, Umsatzsteuer nach 13b UStG schulden. DWS-Verlag 9

In Zweifelsfällen: Nichtbeanstandungsregelung Das Umsatzsteuergesetz sieht in 13b Abs. 5 Satz 7 UStG n. F. nun eine gesetzliche Nichtbeanstandungsregelung vor. Danach kann die Steuerschuldumkehr auch dann beibehalten werden, wenn die Voraussetzungen dafür tatsächlich nicht vorgelegen haben. Voraussetzung ist, dass die beiden Vertragspartner davon ausgegangen sind, die Voraussetzungen des 13b UStG zu erfüllen und sich im Nachhinein nach objektiven Kriterien herausstellt, dass diese tatsächlich nicht vorlagen. Zudem muss der Umsatz vom Leistungsempfänger in zutreffender Höhe versteuert worden sein. Diese Regelung entspricht im Wesentlichen der Nichtbeanstandungsregelung, wie sie bis zur Entscheidung des BFH in Abschnitt 13b.8 UStAE a. F. auch für Bauleistungen enthalten war. Der BFH hat in seiner Entscheidung vom August 2013 die Anwendung der Nichtbeanstandungsregelung nach Abschnitt 13b.8 UStAE a. F. abgelehnt, da sie sich nicht aus dem Gesetz ergab. Ob der BFH die nunmehr gesetzlich verankerte Regelung anerkennt oder einen Widerspruch zum EU-Recht sieht, muss abgewartet werden. Inkrafttreten Die Regelung tritt am 1. Oktober 2014 in Kraft. 7. Fazit Die Besteuerung von Bauleistungen gestaltet sich für die Unternehmen und ihre Berater aktuell schwierig. Die konkrete Zuordnung von Eingangs- und Ausgangsbauleistungen wie sie der BFH und infolgedessen auch die Finanzverwaltung aktuell fordern ist oftmals nur schwer möglich. Sowohl dem leistenden Unternehmer als auch seinem Auftraggeber drohen daraus Steuerrisiken, der Berater sieht sich ggf. in der Haftung. Die gesetzliche Neuregelung, die die alte Rechtslage wieder herstellt, hilft den Betroffenen aus diesem Dilemma heraus. Dass sich daraus innerhalb kurzer Zeit eine Rückumstellung der internen Prozesse ergibt, lässt sich leider nicht vermeiden. Sicher wäre es wünschenswert gewesen, wenn die Finanzverwaltung den Betroffenen diesen doppelten Umstellungsaufwand durch eine Übergangsregelung bei der Umsetzung der BFH- Rechtsprechung erspart hätte. Aus Sicht der Finanzverwaltung standen dieser Erleichterung jedoch die drohenden Umsatzsteuerausfälle entgegen. Es bleibt zu hoffen, dass mit der gesetzlichen Neuregelung wieder etwas Ruhe bei den Bauleistungen eintritt. 8. Kurzübersicht Umsätze bis 14. Februar 2014 Umsätze ab 15. Februar 2014 Anwendung der Grundsätze des BFH-Urteils: 13b greift nur bei unmittelbarer Korrespondenz zwischen Eingangs- und Ausgangsbauleistungen 10 %-Grenze irrelevant Nachweis vom LE (Leistungsempfänger) über Verwendung der Bauleistung Anwendung der Altregelung nach UStAE möglich: 13b greift, wenn LE nachhaltig Bauleistungen erbringt Nachhaltig = 10 % des Weltumsatzes (auch Bauträger) Bescheinigung nach 48b EStG In Zweifelsfällen: Nichtbeanstandungsregelung Voraussetzung: Einvernehmliche Anwendung der Vertragsparteien Achtung: kein Vertrauensschutz bei nachträglicher Änderung durch den LE unter Anwendung der Grundsätze des BFH-Urteils Zwingende Anwendung der Grundsätze des BFH-Urteils: - 13b greift nur bei unmittelbarer Korrespondenz zwischen Eingangs- und Ausgangsbauleistungen - 10 %-Grenze irrelevant - Nachweis vom LE über Verwendung der Bauleistung Anwendung der Altregelung nach UStAE möglich: - bei Bauleistungen, die vor dem 15. Februar 2014 begonnen aber erst nach dem 14. Februar 2014 abgeschlossen wurden Anzahlungen Vereinfachungsregelung bei Vereinnahmung der Anzahlung vor dem 15. Februar 2014 Vereinnahmung der Anzahlung nach dem 14. Februar 2014: - Anwendung der Rechtslage nach BFH - Ggf. Rechnungsberichtigung Umsätze ab 1. Oktober 2014 Gesetzliche Neuregelung Rückkehr zur Altregelung : - 13b greift, wenn LE nachhaltig Bauleistungen erbringt - Nachhaltig = 10 % des Weltumsatzes (keine Bauträger) - neue umsatzsteuerliche Bescheinigung - In Zweifelsfällen: Nichtbeanstandungsregelung Autorinnen: RA Brigitte Neugebauer und StB Inga Bethke DWS-Verlag 10