Versorgung von Menschen in einer älter werdenden Gesellschaft



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Transkript:

Versorgung von Menschen in einer älter werdenden Gesellschaft Impulsreferat Forum Versorgung der TK: Zuhause gut versorgt? Berlin, 10. September 2014 Prof. Dr. Hans-Helmut König, M.P.H. Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf Institut für Gesundheitsökonomie Hamburg Center for Health Economics

Übersicht I. Welche Auswirkungen hat der demografische Wandel auf den Pflegebedarf? II. Welche Art der Pflege bevorzugt die Bevölkerung und welche bekommt sie? III. Ist häusliche Pflege kostengünstiger als im Pflegeheim? IV. Gibt es kosteneffektive Interventionen zur Reduktion des Pflegebedarfs? V. Fazit 2

I. Welche Auswirkungen hat der demografische Wandel auf den Pflegebedarf? 3

Pflegequoten 2011, nach Altersgruppen männlich weiblich 70 60 50 Prozent 40 30 20 10 0 Unter 15 15-60 60-65 65-70 70-75 75-80 80-85 85-90 90 und mehr Altersgruppen Quelle: Statistisches Bundesamt. Pflegestatistik 2011. 4

Altersverteilung der Bevölkerung 2008, 2030, 2050 2008 2030 2050 Unter 20 Jahre 20 bis unter 65 Jahre 65 bis unter 80 Jahre 15% 5% 19% 21% 8% 17% 18% 15% 15% 80 Jahre und älter 61% 55% 52% Gesamtbevölkerung: 82,0 Mio. 77,4 Mio. 69,4 Mio. Altenquotient: 33,7 52,8 64,4 Quelle: Statistisches Bundesamt, 12. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung, 2009. Variante: Untergrenze der mittleren Bevölkerung 5

Anzahl der Pflegebedürftigen 2010, 2030 und 2050 5 4,5 4,5 4 Pflegebedürftige in Mio. 3,5 3 2,5 2 1,5 2,4 +42% { 3,4 +88% 1 0,5 0 2010 2030 2050 Quelle: Statistisches Bundesamt (2010). Demografischer Wandel in Deutschland. Auswirkungen auf Krankenhausbehandlung und Pflegebedürftige im Bund und in den Ländern. 6

Anzahl der Demenzkranken 2010, 2030 und 2050 a Anzahl Demenzkranker in Mio. 3,5 3 2,5 2 1,5 1 0,5 Mediane Zeit von Beginn der Demenz bis Aufnahme in Pflegeheim: 33 Monate b 1,45 +48% { 2,15 +108% 3,02 0 2010 2030 2050 a Bickel H (2014). Das Wichtigste: Die Häufigkeit von Demenzerkrankungen. Deutsche Alzheimer Gesellschaft. b Luck T, Luppa M, Weber S, Matschinger H, Glaesmer H, König HH, Angermeyer MC, Riedel-Heller SG (2008). Time until institutionalization in incident dementia cases - results of the Leipzig Longitudinal Study of the Aged (LEILA75+). Neuroepidemiology 31:100-108. 7

Anzahl proximaler Femurfrakturen 2010, 2030 und 2050 Anzahl Pflegeheimaufnahmewahrscheinlichkeit nach proximaler Femurfraktur (Frauen) 140.000 120.000 100.000 80.000 60.000 40.000 20.000 0 129.251 92.462 55.125 2010 2030 2050 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 3,2% 4,8% 7,8% 14,3% 20,8% 29,9% 42,7% 65-69 70-74 75-79 80-84 85-89 90-94 95+ +134% Alter Quelle: Bleibler F, Konnopka A, Benzinger P, Rapp K, König HH (2013). The health burden and costs of incident fractures attributable to osteoporosis from 2010 to 2050 in Germany A demographic simulation model. Osteoporos Int 24:835-847. 8

II. Welche Art der Pflege bevorzugt die Bevölkerung und welche bekommt sie? 9

Präferenzen für Langzeitpflege: Ergebnisse eines internationalen Literaturreviews (n=27 Studien) Grundsätzlich starke Präferenz für häusliche Pflege durch informelle Pflegekräfte In Abhängigkeit von persönlichen und kontextuellen Umständen wird diese Präferenz jedoch abgeschwächt, zum Beispiel durch: 1) antizipiert hohen und langen Pflegebedarf 2) geringe Verfügbarkeit von informellen Pflegekräften 3) persönliche Erfahrungen mit Erbringung informeller Pflege 4) hohe Verfügbarkeit von professionellen Pflegeleistungen 5) spezifische kulturelle und soziale Normen (z.b. in Skandinavien) Quelle: Lehnert T, Heuchert M, König HH (in Vorbereitung). Preferences for long-term care. A systematic review. 10

Anteil der Bevölkerung im Pflegeheim 2011 30 26,6 25 20 Prozent 15 10 14,2 6,2 5 0 0,0 0,1 0,4 0,7 1,2 Unter 15 15-60 60-65 65-70 70-75 75-80 80-85 85-90 90 und mehr Altersgruppen 2,6 Quelle: Statistisches Bundesamt. Pflegestatistik 2011. 11

Prädiktoren für die Pflegeheimeinweisung: Ergebnisse eines internationalen Literaturreviews (N=39 Studien) Starke Evidenz Hohes Alter Schlechte subjektive Gesundheit Funktionelle Einschränkungen Kognitive Einschränkungen/ Demenz Vorangegangene Pflegeheimaufenthalte Anzahl der Medikamente Keine eigene Wohnung Moderate / schwache Evidenz Wenig soziale Kontakte Geringes Aktivitätslevel Diabetes Alleinstehend Uneinheitliche Evidenz Männlich Allein lebend Geringe Bildung Geringes Einkommen Bestimmte Krankheiten Quelle: Luppa M, Luck T, Weyerer S, König HH, Brähler E, Riedel-Heller SG (2010). Prediction of institutionalization in the elderly. A systematic review. Age Ageing 39:31-38. 12

III. Ist Pflege zuhause kostengünstiger als im Pflegheim? 13

Relevanz der Perspektive der Kostenmessung Pflegeversicherung Gesamtgesellschaft Kosten = Ausgaben der Versicherung Durchschnittliche Ausgaben pro Jahr: - Häusliche informelle Pflege: ~5.500 - Pflegeheim: ~15.400 Häusliche informelle Pflege günstiger als Pflegeheimplatz Kosten = jeglicher Ressourcenverbrauch, in Geldeinheiten bewertet Berücksichtigung von privaten Zuzahlungen und von informeller Pflege (= wertvolles Substitut formeller Pflege; Bewertung mittels Substitutionskosten oder Opportunitätskosten) Verhindert unerwünschte Kostenverschiebungen zwischen Sektoren Perspektive der Wahl in der gesundheitsökonomischen Evaluation (z.b. US Panel on Cost-Effectiveness) 14

Durchschnittliche Kosten von Demenzpatienten aus gesellschaftlicher Perspektive: Häusliche Pflege vs. Pflegeheim /Jahr Häusliche Pflege Pflegeheim 25000 Gesamtkosten: 21513 20000 Zuhause lebend: 29.930 Im Pflegeheim lebend: 33.482 15803 15000 10000 7685 5669 5000 0 2909 Stationäre Versorgung 660 1044 Ambulanteärztliche Versorgung* 1478 1410 Medikamente 433 696 519 759 262 Ambulantenichtärztliche Versorgung Hilfsmittel / Zahnersatz Pflegeheim*** 112 Ambulante Pflege*** 1843 Informelle Pflege*** *p<0,05; ***p<0,001; Substitutionskostenansatz für informelle Pflege (18,69 /h) Quelle: König HH et al. (2014). The costs of dementia from the societal perspective: Is care provided in the community really cheaper than nursing home care? J Am Med Dir Assoc 15:117-126. 15

Kosten von Demenzpatienten: Häusliche Pflege vs. Pflegeheim nach Kontrolle von Confoundern a Prädiktoren: Abhängige Variable: Medizinische Kosten Formelle Pflegekosten Informelle Pflegekosten Gesamtkosten Konstante 8.762*** 11.375*** 14.165*** 34.639*** Pflegeheim (Referenzkategorie: häusliche Pflege) 1.177 7.983** -20.585*** -11.344** Barthel Index Score b (zentriert) IADL Score b (zentriert) Alter (zentriert) Männlich (Referenzkategorie: weiblich) Komorbidität (Gewichteter Score) 58 141* -75 280** 308 708 2.648** 3.672*** -14 586-458 103-2.310 2.435 484 276-77 -104 24-147 R 2 (adjustiert) N 0,06 175 0,24 175 0,17 175 0,23 175 a Multiple OLS Regression mit Bootstrap-Standardfehlern (4.000 Wiederholungen), b Barthel index Score und IADL Score: Revers kodiert; *p<0,05; **p<0,01; ***p<0,001; Substitutionskostenansatz für informelle Pflege (18,69 /h) Quelle: König HH et al. (2014). The costs of dementia from the societal perspective: Is care provided in the community really cheaper than nursing home care? J Am Med Dir Assoc 15:117-126. 16

IV. Gibt es kosteneffektive Interventionen zur Reduktion der Pflegebedürftigkeit? 17

Beispiele Spezifische Interventionen Präventive Hausbesuche Sturzprävention Neue Versorgungsmodelle Case Management Integrierte Versorgung Consumer Directed Care (CDC) 18

Beispiel präventive Hausbesuche Ziel: Frühzeitige Identifizierung und Lösung von Problemen, um möglichst lange ein Leben zuhause in Unabhängigkeit mit Lebensqualität zu ermöglichen Ergebnisse von zwei Kosteneffektivitätsanalysen Autor (Jahr), Land Melis et al (2008), NL Alter: 70 Jahre Gebrechlichkeit Brettschneider et al (2014), D Intervention Population Effektmaß Kosteneffektivität bis 6 Besuche in 3 Monaten Multidisziplinäres Team Identifizierung von Versorgungsproblemen 3 Besuche in 2 Monaten Multidisziplinäres Team Identifizierung von Risikofaktoren für ADL-Einschränkungen Alter 80 Pflegestufe 1 Erfolgreiche Behandlung (Verbesserung ADL /psych. Wohlbefind.) QALY 3.418 je erfolgreicher Behandlung (95% KI: -21.458; 45.362 ) Nicht kosteneffektiv Intensivere & auf Hochrisikogruppen gerichtete Interventionen eher kosteneffektiv? Melis RJ et al (2008). Cost-effectiveness of a multidisciplinary intervention model for community-dwelling frail older people. J Gerontol A Biol Sci Med Sci 63:275-282. Brettschneider C, Luck T, Fleischer S, Roling G, Beutner K, Luppa M, Behrens J, Riedel-Heller SG, König HH (submitted). Cost-utility analysis of preventive home visits in older adults. 19

Beispiel Sturzprävention Ergebnisse eines internationalen Literaturreviews (N=9 Studien) Einschlusskriterien: Personen über 60 Jahre, zu Hause lebend Ergebnisse: 3 Interventionen waren kostensparend: 1. Multifaktorielles Sturzpräventionsprogramm für Hochrisikopatienten 2. Ortago Bewegungsprogramm bei Personen über 80 Jahren 3. Programm zur Modifikation von Sturzfallen/-risiken im heimischen Umfeld bei Personen mit einen Sturz im Vorjahr Programme für ältere Hochrisikopatienten tendieren zu hoher Kosteneffektivität Quelle: Davis JC et al (2010). Does a home-based strength and balance programme in people aged 80 years provide the best value for money to prevent falls? A systemativ review of economic evaluations of fall prevention interventions. Br J Sports Med 44:80-89. 20

Beispiel Neue Versorgungsmodelle für zuhause lebende Ältere Ergebnisse eines internationalen Literaturreviews Case Management (14 Studien) Integrierte Versorgung (11 Studien) Consumer Directed Care (6 Studien) Definition Case Manager beurteilt individuellen Bedarf und koordiniert Versorgung Ziel: qualitativ hochwertige und kosteneffektive Versorgung Modelle der Finanzierung, Verwaltung oder Leistungserbringung Ziel: Verbesserung der Schnittstellen zwischen medizinischer und Pflegeversorgung Patient verfügt über Budget für den Einkauf von Leistungen Ziel: Kontrolle und Verantwortung für Kosten und Qualität bei Patienten Evaluationsergebnisse Verbessert Funktionsfähigkeit Adäquatere Medikamenteneinnahme Geringere Inanspruchnahme medizinischer Leistungen Kaum Auswirkung auf klinische Outcomes Uneinheitliche Auswirkungen auf Leistungsinanspruchnahme Moderate Studienqualität Kaum Auswirkung auf klinische Outcomes Höhere Zufriedenheit Geringe Studienqualität Erhöhte Inanspruchnahme von gemeindenahen Versorgungsleistungen Case Management ist vielversprechend, ggf. in Kombination mit IV und CDC Quelle: Low LF, Yap M, Brodaty H (2011). A systematic review of different models of home and community care services for older persons. BMC Health Serv Res;11:93. 21

V. Fazit 22

Fazit Aufgrund des demografischen Wandels wird sich bis 2050 die Anzahl der Pflegebedürftigen annähernd verdoppeln. Die Bevölkerung hat eine starke Präferenz für informelle häusliche Pflege; hoher Pflegebedarf, geringere Verfügbarkeit informeller Pflege, hohe Verfügbarkeit professioneller Pflege und Erfahrung als Pflegender scheinen diese Präferenz zu schwächen. Aus gesellschaftlicher Perspektive können die Kosten der informellen Pflege zuhause höher sein als im Pflegeheim. Interventionen wie präventive Hausbesuche und Sturzpräventionsprogramme sind selten kostensparend; auf Hochrisikogruppen gerichtete Interventionen weisen aber teilweise akzeptable Kosteneffektivitätsrelationen auf. Insbesondere mit Case-Management-Ansätzen wurden international gute Erfahrungen gemacht; Consumer Directed Care erhöht die Zufriedenheit. Neue Versorgungsmodelle sind angesichts des wachsenden Pflegebedarfs dringend erforderlich. 23

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! h.koenig@uke.de 24