Umsatzsteuer national und international



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Transkript:

Rüdiger Weimann (Hrsg.) Umsatzsteuer national und international 1. Auflage Stuttgart 2004 Update per 22. September 2004 ========================================================= 1UStG Steuerbare Umsätze Autor der Kommentierung im Print: Josef Heß Autor dieser Seite der Homepage: Rüdiger Weimann Zu Abschnitt 1.3.3 Zeitlicher Geltungsbereich Altfassungen der Vorschriften Œ... Weimann (2004) 1

Zu Abschnitt 1.3.3 Zeitlicher Geltungsbereich Altfassungen der Vorschriften (Altfassungen durch Fettdruck hervorgehoben!) 1 Steuerbare Umsätze (1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze: 1. 1 die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. 2 Die Steuerbarkeit entfällt nicht, wenn a) der Umsatz auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung ausgeführt wird oder nach gesetzlicher Vorschrift als ausgeführt gilt oder b) 1 ein Unternehmer Lieferungen oder sonstige Leistungen an seine Arbeitnehmer oder deren Angehörige auf Grund des Dienstverhältnisses ausführt, für die die Empfänger der Lieferung oder sonstigen Leistung (Leistungsempfänger) kein besonders berechnetes Entgelt aufwenden. 2 Das gilt nicht für Aufmerksamkeiten; 2. 1 der Eigenverbrauch im Inland. 2 Eigenverbrauch liegt vor, wenn ein Unternehmer a) Gegenstände aus seinem Unternehmen für Zwecke entnimmt, die außerhalb des Unternehmens liegen, b) im Rahmen seines Unternehmens sonstige Leistungen der in 3 Abs. 9 bezeichneten Art für Zwecke ausführt, die außerhalb des Unternehmens liegen, c) 1 im Rahmen seines Unternehmens Aufwendungen tätigt, die unter das Abzugsverbot des 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 7 oder Abs. 7 oder 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes fallen. 2 as gilt nicht für Geldgeschenke und für Bewirtungsaufwendungen, soweit 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes den Abzug von 20 vom Hundert der angemessenen und nachgewiesenen Aufwendungen ausschließt; 3. die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die Körperschaften und Personenvereinigungen im Sinne des 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 des Weimann (2004) 2

Körperschaftsteuergesetzes, nichtrechtsfähige Personenvereinigungen sowie Gemeinschaften im Inland im Rahmen ihres Unternehmens an ihre Anteilseigner, Gesellschafter, Mitglieder, Teilhaber oder diesen nahestehende Personen ausführen, für die die Leistungsempfänger kein Entgelt aufwenden; 4. die Einfuhr von Gegenständen aus dem Drittlandsgebiet in das Inland oder die österreichischen Gebiete Jungholz und Mittelberg (Einfuhrumsatzsteuer); 5. der innergemeinschaftliche Erwerb im Inland gegen Entgelt. (1 a) 1 Die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen unterliegen nicht der Umsatzsteuer. 2 Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. 3 Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers. (2) 1 Inland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme des Gebiets von Büsingen, der Insel Helgoland, der Freihäfen, der Gewässer und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie sowie der deutschen Schiffe und der deutschen Luftfahrzeuge in Gebieten, die zu keinem Zollgebiet gehören. 2 Ausland im Sinne dieses Gesetzes ist... Weimann (2004) 3

Zu Abschnitt 2.1.6 Gesellschaftsverhältnisse BMF-Schreiben vom 23.12.2003 im Volltext, Fallstudien mit Praxistipps etc. Das BMF-Schreiben steht auf der Homepage des BMF zum Download bereit. www.bundesfinanzministerium.de Führung der Geschäfte einer Gesellschaft als Umsatz des Geschäftsführers an die Gesellschaft 1. Bisherige Rechtsauffassung Nach bisheriger Rechtsprechung 1 und Verwaltungsauffassung 2 sowie wohl herrschender Meinung in der Literatur 3 führt die Geschäftsführung durch einen gesetzlich dazu berufenen Gesellschafter einer Personengesellschaft unabhängig von der Art der dafür vereinbarten Vergütung zu keiner gegenüber der Gesellschaft erbrachten Leistung. Ihre dogmatische Grundlage findet diese Rechtsauffassung in der Organtheorie, der zufolge die Tätigkeit des Gesellschafter-Geschäftsführers einer Personengesellschaft unmittelbar der Verwirklichung des Gesellschaftszwecks dient, damit lediglich eigene Tätigkeit der Gesellschaft darstellt und außerhalb eines Leistungsaustauschs erfolgt ( Leistungsvereinigung statt Leistungsaustausch ) 4. Die derzeit herrschende Meinung geht ferner davon aus, dass die Geschäftsführung unabhängig von der einzelvertraglichen Regelung stets dem Weisungsrecht der Gesellschafter unterliegt und damit unselbständig erfolgt 5. 2. Neue Rechtsauffassung von BFH und BMF Diese Rechtsprechung hat der BFH nunmehr aufgegeben. Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen, die eine GmbH als Gesellschafterin für eine GbR aufgrund 1 Vgl. Urteil vom 17.7.1980, V R 5/72, BStBl. 1980 II S. 622. 2 Vgl. Abschnitte 1 Abs. 8 Satz 1, 17 Abs. 1 Sätze 10 f. und 18 Abs. 4 Satz 1 UStR 2000. 3 Statt vieler Husmann und Stadie in R/D, 1 Anm. 230 ff. und 2 Anm. 428; Lippross, Umsatzsteuer, 20. Aufl. 2000, Abschn. 2.2.8.4.a.1; Tehler in R/K/L, 1 Rz. 388; kritisch und im Sinne der neuen Rechtsprechung bereits Wagner, UR 1994 S. 422, und wohl auch Klenk, UVR 1994 S. 366. 4 Vgl. Lippross, a.a.o. 5 Vgl. BFH, Urteil vom 9.10.1996, XI R 47/96, UR 1997 S. 348; Lippross, a.a.o., Abschn. 2.8.3.1.f; Stadie, a.a.o., 2 Anm. 149. Weimann (2004) 4

eines Geschäftsbesorgungsvertrages gegen Vergütung ausführt, betrachtet der BFH unter den weiteren Voraussetzungen des 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG als steuerbar 6. Auch an der Selbständigkeit einer geschäftsführenden GmbH zweifelt der BFH nicht länger. Die umsatzsteuerliche Einordnung der Geschäftsführungsleistung eines Gesellschafters an die Gesellschaft als steuerbarer Umsatz ist mithin davon abhängig, dass der Geschäftsführer die Geschäftsführungsleistung als Unternehmer selbständig erbringt (vgl. 2 Abs. 2 UStG) und hierfür ein (gesondertes) Entgelt erhält. Das BMF schließt sich der neuen Rechtsauffassung des BFH ausdrücklich an 7. 3. Selbständigkeit des Geschäftsführers Der Geschäftsführer muss zunächst selbständig tätig sein. 3.1 Natürliche Personen als Geschäftsführer einer Personengesellschaft Zunächst wurde angenommen, bei den natürlichen Personen scheide z. B. der auf Grund eines Arbeits- oder Dienstvertrages als Geschäftsführer tätige angestellte Kommanditist aus; wer aus der Tätigkeit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i.s.v. 19 EStG erziele, könne nach 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG mit derselben Tätigkeit nicht gleichzeitig Unternehmer sein 8. Nunmehr vertritt das BMF zutreffend die Auffassung, dass in diesen Fällen keine Weisungsgebundenheit im Sinne des 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG vorliegt, weil der Gesellschafter Mitunternehmer im Sinne des 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ist 9. Gemäß Abschnitt 17 Abs. 1 Satz 8 UStR 2000 ist die Frage der Selbständigkeit natürlicher Personen für die Umsatzsteuer, Einkommensteuer und Gewerbesteuer nach denselben Grundsätzen zu beurteilen. Auch ein gesellschaftsvertraglich vereinbartes Weisungsrecht der Personengesellschaft gegenüber ihrem Gesellschafter kann nicht zu einer Weisungsgebundenheit im Sinne des 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG führen. Œ... Beispiel 6 BFH, Urteil vom 6.6.2002, V R 43/01, HFR 2002 S. 923 = BStBl.2003 II S. 36. 7 BMF, Schreiben vom 13.12.2002, IV B 7 - S 7100-315 / 02, BStBl. 2003 I S. 68 und Schreiben vom 17.6.2003, IV B 7 S 7100 121/03, BStBl. 2003 I S. 68, beide ersetzt durch Schreiben vom 23.12.2003, a.a.o. 8 Berg, DStR 2002 S. 1658; vgl. auch BMF, Schreiben vom 23.12.2003, a.a.o. 9 BMF, Schreiben vom 23.12.2003, a.a.o., Abschnitt A.1. Weimann (2004) 5

Beispiel Der Komplementär einer aus natürlichen Personen bestehenden KG erhält von dieser eine Tätigkeitsvergütung für seine Geschäftsführungsleistung gegenüber der KG. Der Komplementär ist selbständig tätig. 3.2 Natürliche Personen als Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft Natürliche Personen als Gesellschafter, die Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen an eine Kapitalgesellschaft erbringen, sind unter den Voraussetzungen des 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG nicht selbständig tätig. Dies gilt vor allem dann, wenn sie für diese Tätigkeit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nach 19 EStG erzielen. Da die Frage der Selbständigkeit natürlicher Personen für die Umsatzsteuer, Einkommensteuer und Gewerbesteuer nach denselben Grundsätzen zu beurteilen ist, führt die einkommensteuerrechtliche Beurteilung (Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit) zur nicht selbständigen Ausübung der Tätigkeit im Sinne des 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG 10. Beispiel Der Aktionär einer Aktiengesellschaft (AG) erhält von dieser eine Tätigkeitsvergütung für seine Geschäftsführungsleistung gegenüber der AG. Zwischen den Parteien ist ein Arbeitsvertrag geschlossen. Der Aktionär ist nicht selbständig tätig. 4. Juristische Personen als Geschäftsführer Keinen Zweifel an der Selbständigkeit hatte der BFH im Urteilsfall 11. Eine GmbH als juristische Person verliere diese gemäß 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG nur bei finanzieller, wirtschaftlicher und organisatorischer Eingliederung in das Unternehmen eines Organträgers (= Organschaft) 12. Dem schließt sich das BMF an 13. Juristische Personen als Gesellschafter, die Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen an die Gesellschaft erbringen, werden grundsätzlich selbständig tätig. Das Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung gegenüber dem Geschäftsführer führt nicht zur Unselbständigkeit. Die Tätigkeit wird nicht selbständig ausgeübt, wenn die juristische Person im Rahmen der Organschaft nach 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG in ein anderes 10 BMF, Schreiben vom 23.12.2003, a.a.o., Abschnitt A.1. 11 Anders noch im Urteil vom 9.10.1996, a.a.o. 12 Hierzu ausführlich Kapitel 4.1.2.3. 13 BMF, Schreiben vom 23.12.2003, a.a.o., Abschnitt A.2. Weimann (2004) 6

Unternehmen eingegliedert ist. Eine GmbH, die an einer Kommanditgesellschaft als persönlich haftende Gesellschafterin beteiligt ist, kann nicht als Organgesellschaft in das Unternehmen dieser Kommanditgesellschaft eingegliedert sein 14. Beispiel 3 Die Komplementär-GmbH erbringt Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen gegen Sonderent gelt an die KG. Der Kommanditist dieser KG ist gleichzeitig Geschäftsführer der Komplementär GmbH. Die Komplementär-GmbH ist mit ihren Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen selbständig tätig. Diese werden von der Komplementär-GmbH an die KG im Rahmen eines umsatzsteuerbaren Leistungsaustausches erbracht, auch wenn z.b. die Vergütung unmittelbar an den Geschäftsführer der Komplementär-GmbH gezahlt wird. 5. Sonderleistungen des Geschäftsführers gegen Sonderentgelt Die Geschäftsführung darf nicht als Gesellschafterbeitrag durch bloße Beteiligung am Gewinn und Verlust der Gesellschaft abgegolten werden. Die Annahme eines Leistungsaustauschs setzt vielmehr grundsätzlich voraus, dass der Geschäftsführer ein grundsätzlich Sonderentgelt erhält. Auch insoweit folgt das BMF der Rechtauffassung des BFH 15. Ein Gesellschafter kann an die Gesellschaft sowohl Leistungen erbringen, die ihren Grund in einem = gesellschaftsrechtlichen Beitragsverhältnis oder = gesonderten schuldrechtlichen Austauschverhältnis haben. Die umsatzsteuerrechtliche Behandlung dieser Leistungen richtet sich danach, ob es sich um Leistungen handelt, die als Gesellschafterbeitrag durch die Beteiligung am Gewinn oder Verlust der Gesellschaft abgegolten werden, oder um Leistungen, die gegen Sonderentgelt ausgeführt werden und damit auf einen Leistungsaustausch gerichtet sind. Entscheidend ist die tatsächliche Ausführung des Leistungsaustausches und nicht allein die gesellschaftsrechtliche Verpflichtung. Umsatzsteuerrechtlich maßgebend für das Vorliegen eines Leistungsaustausches ist, dass ein Leistender und ein Leistungsempfänger vorhanden sind und der Leistung eine Gegenleistung gegenübersteht. Die Steuerbarkeit der Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen setzt das Bestehen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der erbrachten Leistung und dem empfangenen Sonderentgelt voraus 16. Auf die Bezeichnung der Gegenleistung (Aufwendungsersatz, Umsatzbeteiligung, Kostenerstattung o.dgl.) kommt es nicht an. Wird im Rahmen der Ergebnisverwendung ein Gewinnvorab aus dem Bilanzgewinn verteilt (z.b. an den geschäftsführenden Gesellschafter), ist dieser Gewinnvorab kein Sonderentgelt. Dabei ist der handelsbilanzielle Gewinn maßgebend. Ein Leistungsaustausch 14 BFH-Urteil vom 14. Dezember 1978, V R 85/74, BStBl. II 1979 S. 288; vgl. auch Abschnitt 21 Abs. 2 Satz 4 UStR 2000) 15 BMF, Schreiben vom 23.12.2003, a.a.o., Abschnitt B. 16 Vgl. BFH-Urteile vom 6. Juni 2002, a.a..o. und vom 16. Januar 2003, V R 92/01, BStBl. 2003 II S. 732. Weimann (2004) 7

zwischen Gesellschaft und Gesellschafter liegt hingegen vor, wenn der Gesellschafter für seine Geschäftsführungs- und Vertretungsleistung an die Gesellschaft eine Vergütung erhält (auch wenn diese als Gewinnvorab bezeichnet wird), die im Rahmen der Ergebnisermittlung bei der Handelsbilanz als Aufwand behandelt wird. Die Vergütung ist in diesem Fall Gegenleistung für die erbrachte Leistung. Ob ein Gesellschafter mit der Führung der Geschäfte einer Personengesellschaft zugleich auch Mitgliedschaftsrechte ausübt, ist ohne Bedeutung; die bisherige Organwaltertheorie hat der BFH ausdrücklich aufgegeben. Diese Unterscheidung des BFH entspricht der Rechtsprechung des EuGH 17. Auch gewinnabhängige Vergütungen können ein zur Steuerbarkeit führendes Sonderentgelt darstellen, wenn sie sich nicht nach den vermuteten, sondern nach den tatsächlich erbrachten Gesellschafterleistungen bemessen. Das gilt z. B. für Gesellschafterbeiträge gegenüber Arbeitsgemeinschaften des Baugewerbes 18. Wird der Gewinn einer Arbeitsgemeinschaft in vollem Umfang nach den tatsächlichen Bauleistungen ihrer Mitglieder verteilt, ist der gesamte Gewinn als Entgelt anzusehen. Wird für die Geschäftsführungs- und Vertretungsleistung neben einem Sonderentgelt auch eine gewinnabhängige Vergütung gezahlt (sog. Mischentgelt), sind das Sonderentgelt und die gewinnabhängige Vergütung umsatzsteuerrechtlich getrennt zu beurteilen. Das Sonderentgelt ist als Entgelt einzuordnen, da es einer bestimmten Leistung zugeordnet werden kann. Die gewinnabhängige Vergütung ist dagegen kein Entgelt. Auch andere gesellschaftsrechtlich zu erbringende Leistungen der Gesellschafter an die Gesellschaft können bei Zahlung eines Sonderentgelts als Gegenleistung für diese Leistung einen umsatzsteuerbaren Leistungsaustausch begründen. Eine Haftungsvergütung der Gesellschaft an die Gesellschafter wird grundsätzlich nicht im Rahmen eines Leistungsaustauschverhältnisses gewährt. Sollte ausnahmsweise ein Sonderentgelt zu bejahen sein, ist die Leistung des Gesellschafters nicht gemäß 4 Nr. 8 Buchst. g UStG steuerfrei 19. 6. Übergangsregel / Vertrauensschutz Die Finanzverwaltung hat bislang ausdrücklich die alte Rechtsauffassung vertreten 20 und so Vertrauen in den Fortbestand der Rechtslage geschaffen. Eine Übergangsreglung ermöglicht es daher dem Steuerbürger, sich auf die geänderte Rechtslage einzustellen; die Neuregelung ist erst auf nach dem 31.3.2004 ausgeführte Leistungen anzuwenden 21. Die Übergangsregelung kann jedoch nur zu Gunsten des Steuerbürgers gelten; soweit im Einzelfall die neue Rechtsprechung 17 Urteil vom 27.1.2000, Rs. C-23/98, Heerma, UR 2000 S. 121 = UVR 2000 S. 141. 18 Vgl. Abschnitt Abs. 5 UStR 2000; Abschnitt 6 Abs. 5 UStR 2000 bleibt unberührt. 19 BMF, Schreiben vom 23.12.2003, a.a.o., Abschnitt B. 20 S.o. 21 BMF, Schreiben vom 23.12.2003, a.a.o. Weimann (2004) 8

von Vorteil ist, kann er sich selbstverständlich darauf berufen, soweit die nach 13 Abs. 1 Nr. 1 UStG entstandene Steuer noch festgesetzt werden kann. Abschnitt 1 Abs. 8 Satz 1, Abschnitt 17 Abs. 1 Sätze 10 und 11 und Abschnitt 18 Abs. 4 Satz 1 UStR 2000 sind ab 1.4.2004 nicht mehr anzuwenden. 7. Praxisfolgen Die neue Rechtsprechung wird Mandanten und Beraterschaft vor eine Vielzahl von Problemen stellen, die neben rein steuerrechtlicher häufig auch zivilrechtlicher Natur sein werden. 7.1 Unmittelbare umsatzsteuerliche Folgen der neuen Rechtsprechung Soweit die Finanzverwaltung aus Eingangsleistungen im Zusammenhang mit (nunmehr) entgeltlichen Leistungen als Gesellschafter gegenüber einer Beteiligungsgesellschaft mit dem Hinweis auf eine nichtunternehmerische Betätigung den Vorsteuerabzug verwehrt, sollten betroffene Unternehmer unter Hinweis auf die neue Rechtsprechung und das BMF-Schreiben Einspruch einlegen 22. Umgekehrt sollten jene Gesellschafter, die für ihre entgeltlichen Leistungen gegenüber ihrer Gesellschaft bislang keine Umsatzsteuer berechnet haben, dies künftig ändern, d.h. Rechnungen mit gesondertem Umsatzsteuerausweis erteilen und die erhaltene Umsatzsteuer abführen 23. 25.2.7.2 Vermeidung eines Umsatzes Ist es Ziel des Mandanten, dass für ihn de facto die alte Rechtslage unverändert fortbesteht, die Geschäftsführung also mit anderen Worten auch weiterhin nicht zu einem steuerbaren Umsatz des Geschäftsführers an die Gesellschaft führt, lässt sich dieses Ziel auf zwei Wegen erreichen: Vermeidung der Selbständigkeit: Zunächst bietet es sich an, die Geschäftsführung durch einen Arbeits- oder Dienstvertrag auf eine natürliche Person zu übertragen, die im Fall der Geschäftsführung für eine Personengesellschafter selbst kein Gesellschafter ist ; 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG steht dann der Selbständigkeit entgegen 24. Bei einer GmbH & Co. KG sollte zunächst die Komplementär-GmbH von der Geschäftsführung ausgeschlossen werden. Sodann sollte die Geschäftsführung 22 Robisch, DStZ 2002 S. 660. 23 Zu den zivilrechtlichen Folgeproblemen vgl. nachfolgendes Kapteil 7.3. 24 S.o. Kapitel 3. Weimann (2004) 9

einem Kommanditisten oder Dritten übertragen werden, der gegen Entgelt weisungsgebunden tätig wird 25. Vermeidung eines Leistungsaustauschs: Die Annahme eines Leistungsaustauschs bedingt ein Sonderentgelt. Ein solches wird sich durch die Vereinbarung einer gewinnabhängigen Vergütung oder die Begründung einer Organschaft ( 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG) vermeiden lassen. Bei Vereinbarung einer gewinnabhängigen Vergütung ist zu beachten, dass diese nicht auf die tatsächlich erbrachten Gesellschafterleistungen abstellen darf 26. 7.3 Zivilrechtliche Folgeprobleme Aus dem Urteil ergibt sich für Altverträge das Problem, dass der leistende Geschäftsführer versuchen wird, die Umsatzsteuer auf den Leistungsempfänger (die Gesellschaft) abzuwälzen. Sofern Letzterer nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, wird er dies nicht ohne weiteres akzeptieren, so dass die Altverträge auf ihre Änderbarkeit hin geprüft werden müssen 27. Bei Zugeständnissen der Gesellschaft ohne rechtliche Bindung werden dann auch ertragsteuerliche Folgewirkungen (etwa verdeckte Gewinnausschüttungen) anzudenken sein. 8. Resümee Die neue Rechtsprechung veranlasst dazu, Geschäftsführerverträge umsatzsteuerlich und zivilrechtlich neu zu überdenken. Ist auf Grund nennenswerter Vorsteuerbeträge des Geschäftsführers die Steuerbarkeit das Ziel, sollte bei Selbständigkeit des Geschäftsführers ein Sonderentgelt vereinbart werden. Verkompliziert die neue Rechtsauffassung die bestehenden Vertragsgebilde unnötig und soll daher de facto die alte Rechtslage unverändert fortbestehen, gilt es, Selbständigkeit und Leistungsaustausch zu vermeiden. 25 Carlé, BeSt 2002 S. 33; zu weiteren möglichen Gestaltungen ausführlich Heidner, DStR 2002 S. 1890. 26 S.o., Kapitel 25.2.5. 27 Vgl. Heinrichshofen, m.w.n., UStB 2002 S. 286. Weimann (2004) 10

Zu Abschnitt 2.1.8 Sachzuwendungen und sonstige Leistungen an das Personal BMF-Schreiben vom 17.12.2003 Die für das Jahr 2004 geltenden Pauschbeträge für unentgeltliche Wertabgaben sind mit BMF-Schreiben vom 17.12.2003 (IV D 2 - S 1547-7/03) bekannt gemacht worden. Gewerbezweig Jahreswert für eine Person ohne USt ermäßigter voller insgesamt Steuersatz Steuersatz Bäckerei und Konditorei 732 168 900 Fleischerei 708 528 1.236 Gast- und Speisewirtschaft a) mit Abgabe von kalten Speisen 840 888 1.728 b) mit Abgabe von kalten und warmen Speisen 1.068 1.524 2.592 Getränkeeinzelhandel 0 288 288 Cafe 852 396 1.248 Milch, Milcherzeugnisse, Fettwaren und Eier 432 60 492 (Eh.) Nahrungs- und Genussmittel (Eh.) 1.140 372 1.512 Obst, Gemüse, Südfrüchte und Kartoffel (Eh.) 240 120 360 Weimann (2004) 11

Zu Abschnitt 2.5 Geschäftsveräußerungen im Ganzen ( 1 Abs. 1a UStG) Ergänzende Ausführungen zur GiG Quelle: Rüdiger Weimann, UmsatzsteuerPraxisSpiegel (UVR-UPS) 3/2003 Schwerpunkt: Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung / Neue Rechtsprechung und Revisionsverfahren, UVR 2003 S. 225 Ausführlich zur GiG Rüdiger Weimann, Umsatzsteuer in der Praxis, 2. Auflage 2004, Kapitel 27. 1. Einführung Seit dem 1.1.1994 unterliegen gem. 1 Abs. 1a UStG die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen nicht mehr der Umsatzsteuer. Als Geschäftsveräußerung gilt hierbei die entgeltliche oder unentgeltliche Übereignung eines ganzen Unternehmens oder eines in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführten Betriebs. Gleiches gilt für deren Einbringung in eine Gesellschaft. Sinn und Zweck der Regelung des 1 Abs. 1a UStG ist es, den Erwerber bei der Geschäftsveräußerung im Ganzen 28 an die Stelle des Veräußerers zu setzen ( Fußstapfentheorie ). Für die beteiligten Unternehmer wird die GiG damit zu einem kalkulierbaren und unter umsatzsteuerlichen Gesichtspunkten eher risikolosen Geschäftsvorfall. Gleichzeitig stellt die Beschränkung der Vorschrift auf die Veräußerung an einen Unternehmer und für dessen Unternehmen grundsätzlich sicher, dass die Besteuerung des privaten Endverbrauchs auch bei einer GiG gewährleistet ist. Die Kenntnis der Grundzüge der Besteuerung setzt dieser Beitrag voraus 29 und will Ihre Aufmerksamkeit auf neue Rechtsprechung des BFH und Revisionsverfahren lenken. So hat der BFH darauf erkannt, dass eine GiG auch bei mietweiser Überlassung wesentlicher Betriebsgrundlagen und bei mehr als einem Grundgeschäft vorliegen kann; neu anhängig sind Verfahren zur Frage der GiG bei Übertragung vermieteter Grundstücke. 28 Nachfolgend kurz als GiG bezeichnet. 29 Der Verfasser hatte sich erst anlässlich eines Vortrages im Rahmen der Bad Sassendorfer Steuertage 2002 des Fachinstitutes des Steuerberaterverbandes Westfalen-Lippe e.v. ausführlich der Geschäftsveräußerung im Ganzen gewidmet, vgl. Stb 2003 S. 50. Umfangreiche Rechtsprechungsänderungen erforderten die erneute Beschäftigung mit der Problematik. Weimann (2004) 12

2. GiG bei mietweiser Überlassung wesentlicher Betriebsgrundlagen Die im Rahmen einer GiG übertragenen Wirtschaftsgüter müssen "übereignet" werden. Voraussetzung ist ein rechtsgeschäftlicher Übertragungsvorgang unter Lebenden 30. Damit ist auch bei einer Unternehmensübertragung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge eine GiG anzunehmen, während der Erwerb von Todes wegen nicht zur GiG führen kann 31. Die derzeit (noch) h. M. fordert, dass der Veräußerer dem Erwerber dazu grundsätzlich an den = Gegenständen des Unternehmens die Verfügungsmacht ( 3 Abs. 1 UStG) = übrigen Werten, die den Charakter einer sonstigen Leistung haben, die endgültige und ausschließliche Herrschaft verschaffen muss 32. Am Tatbestandsmerkmal der Übereignung fehlt es danach, wenn wesentliche Grundlagen des Unternehmens, die im Eigentum des Veräußerers standen, an den Erwerber nur vermietet oder verpachtet werden 33. Aktuell: BFH vom 4.7.2002 Der BFH hat dagegen nunmehr darauf erkannt, dass die Zurückbehaltung einzelner Betriebsgrundlagen bei gleichzeitiger langfristiger schuldrechtlicher etwa miet- oder pachtweiser - Gebrauchsüberlassung an den Erwerber unschädlich ist 34. Beispiel Der Kläger betrieb auf eigenem Grundstück ein Bauunternehmen. Dieses übertrug er im Streitjahr auf seinen Sohn. Dabei behielt er das Grundstück zurück und überließ es seinem Sohn für die Dauer von 10 Jahren mietweise; dabei war bereits eine Vertragsverlängerung vorgesehen. (Sachverhalt nach BFH-Urteil V R 3/01, a.a.o.) 30 Bülow in Vogel/Schwarz, UStG, Loseblattwerk, Stand: 113. EL September 2002, 1 Rz. 342; Lippross, Umsatzsteuer, 20. Auflage 2000, Abschnitt 2.7.3.c; Probst in Hartmann/Metzenmacher, UStG, Loseblattwerk, Stand: EL 1 Februar 2003, 1 Tz. 130. 31 Birkenfeld, Umsatzsteuer-Handbuch, Loseblattwerk, Stand: 30. EL Dezember 2002, Rz. 568.19; hierzu ausführlich Weimann, a.a.o. (FN 3), Abschnitt 6.2. 32 Vgl. BFH, Urteil vom 18.3.1986, VII R 146/81, BStBl. 1986 II S. 589. 33 Klarstellend ist darauf hinzuweisen, dass keine Übereignung i. S. der 925 ff., 929 ff. BGB gefordert wird, zumal eine "Übereignung im Ganzen" bürgerlich-rechtlich auch gar nicht möglich wäre, vgl. Lippross, a.a.o. (FN 4), Abschnitt 2.7.3.c. 34 BFH, Urteil vom 4.7.2002, V R 10/01, UStB 2002 S. 379 = UR 2003 S. 16 [Volltext], Urteil 28.11.2002, V R 3/01, INF 2003 S. 168. Weimann (2004) 13

Das FG Münster hatte in der Vorinstanz entschieden, dass das Grundstück nicht zuletzt wegen erheblicher stiller Reserven wesentliche Betriebsgrundlage sei, deren Zurückbehaltung der Annahme einer GiG entgegenstehe 35. Diese Auffassung beruht auf der Annahme, dass auf die GiG auch im Umsatzsteuerrecht die aus dem deutschen Ertragssteuerrecht ( 16 Abs. 1 Nr. 1, 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG) und Haftungsrecht ( 75 AO) bekannten Maßstäbe anzuwenden sein. Hiergegen wendet sich der BFH. Zwar sei auch bei richtlinienkonformer Auslegung (Art. 5 Abs. 8 der 6. EG-RL) zu fordern, dass eine organisatorische Zusammenfassung von Sachen und Rechten übertragen wird, die dem Erwerber die Fortführung des Unternehmens oder des in der Gliederung des Unternehmens gesondert geführten Teils ohne großen finanziellen Aufwand ermöglicht. Es ist aber nicht erforderlich, dass alle Wirtschaftsgüter insbesondere auch die dem Unternehmen dienenden Grundstücke übereignet werden. Unter Berücksichtigung des Ziels der umsatzsteuerrechtlichen Regelung, die Nichtsteuerbarkeit auf die Fälle zu begrenzen, in denen der Erwerbers Unternehmer ist und das Unternehmen fortführt, um einen unversteuerten Letztverbrauch zu vermeiden, genügt es, wenn z.b. ein Betriebsgrundstück dem Erwerber durch ein langfristiges Nutzungsrecht überlassen wird, dass die dauerhafte Fortführung des Unternehmens ermöglicht. Praxishinweis + Vertragsmuster! Die aus den unbestimmten Rechtsbegriffen ( langfristig, dauerhaft, großer finanzieller Aufwand ) resultierende Rechtsunsicherheit sollte der Veräußerer für den Fall der Annahme einer GIG mit einer zivilrechtlichen Vereinbarung begrenzen 36. Er sollte den Erwerber verpflichten, das erworbene Vermögen dem Unternehmen zuzuordnen, und sich vorbehalten, im Falle nichtunternehmerischer Verwendung den Erwerber mit Umsatzsteuer nachzubelasten 37. Hier bietet sich folgende Mustervereinbarung an: Sofern entgegen der Auffassung der Vertragsparteien keine Geschäftsveräußerung im Ganzen im Sinne des 1 Abs. 1a UStG vorliegt, sondern eine umsatzsteuerpflichtige Veräußerung einzelner Wirtschaftsgüter, hat der Käufer zusätzlich zum genannten Kaufpreis die vom Verkäufer gesetzlich geschuldete und erhobene Umsatzsteuer zu zahlen. Dies gilt jedoch nur, wenn der Veräußerer eine Rechnung im Sinne des 14 UStG ausstellt. Schuldbefreiend kann der Käufer die Umsatzsteuer auch an das Finanzamt zahlen. Umgekehrt sollte der Käufer eines Gesamtbetriebs die ihm in Rechnung gestellte Umsatzsteuer nur bezahlen, wenn sichergestellt ist, dass keine GiG vorliegt und deshalb das Recht zum Vorsteuerabzug gegeben ist. 35 FG Münster, Urteil vom 24.10.2000, 15 K 6391/99 U, EFG 2001 S. 109, mit Anmerkung von Müller. 36 Problematik der Vergessenen Umsatzsteuer = Ergänzende Vertragsauslegung bei fehlender Vereinbarung zur Umsatzsteuer, vgl. Weimann, Umsatzsteuer in der Praxis, 1. Auflage 2003, Kapitel 19. 37 So auch Heinrichshofen, UStB 2002 S. 379 und Sikorski, NWB 2003 S. 505 = Fach 7 S. 5955; zur neuen Rechtsprechung vgl. auch Martin, HFR 2003 S. 63; Wagner, INF 2003 S. 12 und S. 168; Weber, StSem 2003 S. 83 = Fall 28. Weimann (2004) 14

3. GiG bei mehr als einem Grundgeschäft Die Rechtsfolge des 1 Abs. 1a UStG setzt den Übergang der Wirtschaftsgüter "im Rahmen einer Geschäftsveräußerungen... im ganzen" voraus. Die GiG bedingt damit = einen einheitlichen Übertragungsakt = an einen Erwerber. 3.1 Einheitlicher Übertragungsakt Die Annahme einer GiG erfordert einen einheitlichen Übertragungsakt i.s. des Entschlusses, alle Gegenstände eines Unternehmens oder gesondert geführten Betriebes auf einen Erwerber zu übertragen. Dieser einheitliche Entschluss bildet den "Rahmen" für die gemeinsame umsatzsteuerrechtliche Behandlung; nicht steuerbar sind die infolge der Umsetzung des Entschlusses bewirkten Einzelumsätze. Zivilrechtlich wird es sich dabei im Grundgeschäft (= Kausalgeschäft) häufig um = einen Unternehmenskauf = eine Schenkung = die Regelung der vorweggenommenen Erbfolge handeln; dabei ist nicht zwingend eine ausdrückliche vertragliche Regelung erforderlich 38. Œ... Aktuell: BFH vom 1.8.2002 38 BFH, Urteil vom 9.7.1985, VII R 126/80, BFH/NV 1986 S. 65. Weimann (2004) 15

Aktuell: BFH vom 1.8.2002 Der BFH hat nunmehr klargestellt, dass die GiG auch auf mehreren zeitlich versetzten Grundgeschäften beruhen kann, wenn diese in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen und wenn insbesondere auch für den Erwerber offensichtlich ist, dass das gesamte Vermögen zur Beendigung der bisherigen Tätigkeit übertragen wird 39. Beispiel D vermietete Baumaschinen. Diese hatte er mit Bankkrediten angeschafft und den Banken sicherungsübereignet. Außerdem trat D die Forderungen aus den Leasingverträgen seine einzige Einnahmequelle an die Banken ab. Auf Grund anhaltender Zahlungsschwierigkeiten des D trat Baumaschinen-Vermieter A den Verpflichtungen von D gegenüber den Banken bei. Gleichzeitig schlossen D und A in Bezug auf jedes einzelne den Banken sicherungsübereignete Mietobjekt und den dieses betreffenden Mietvertrag im Wesentlichen gleichlautende Kauf- und Übertragungsverträge, wodurch A die Mietobjekte und die dazugehörigen Mietverträge mit allen Rechten und Pflichten übernahm. Der BFH bejahte im Urteil vom 1.8.2002 aus den o.a. Gründen das Vorliegen einer GiG In Vollzug des Grundgeschäfts werden - sofern nicht ein Fall der gesetzlichen Gesamtrechtsnachfolge vorliegt - so viele Erfüllungsgeschäfte verwirklicht, wie Sachen und Rechte zu veräußern sind 40. Umsatzsteuerrechtlich finden entsprechend viele Umsätze statt 41. 3.2 Ein Erwerber Eine Übereignung in mehreren Akten ist dann als eine Geschäftsveräußerung anzusehen, wenn die einzelnen Teilakte in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen und der Wille auf den Erwerb des Unternehmens gerichtet ist 42. Keine GiG liegt dagegen vor, wenn das Unternehmen - auch bei einheitlichem Entschluss - in Teilakten an verschiedene Erwerber veräußert wird. 39 BFH, Urteil vom 1.8.2002, V R 17/01, UR 2003 S. 133. 40 Probst, a.a.o. (FN 4), Tz. 54. 41 Vgl. Abschnitt 4.5. 42 BFH, Urteil vom 16.3.1982, BStBl II S. 483. Weimann (2004) 16

Beispiel 43 Ein Taxiunternehmer, zu dessen Unternehmen zwei Taxen gehören, veräußert ein Taxi mit Konzession an Erwerber A und ein Taxi mit Konzession an Erwerber B. Es liegt keine GiG vor, weil das Unternehmen nicht "im Ganzen", sondern an zwei verschiedene Erwerber übertragen wird. Die jeweils am die Erwerber A und B veräußerten Taxen (einschließlich Konzession) erfüllen auch nicht die Merkmale eines gesondert geführten Betriebs, da keine organisatorische Trennung im Unternehmen des Veräußerers vorlag. 4. GiG durch Übertragung eines vermieteten Grundstücks Auch die Übertragung eines einzelnen Geschäftshauses kann umsatzsteuerlich zur Annahme einer GiG führen. 4.1 Die Voraussetzungen einer GiG durch Grundstücksübertragung nach der herrschenden Meinung Die Übertragung eines vermieteten Grundstücks führt zur GiG, wenn... (1) sich die unternehmerische (Teil-)Tätigkeit des Veräußerers im Wesentlichen auf die Nutzung des zu veräußernden Grundstücks beschränkt, und... Beispiel Gegenstand des Unternehmens der X-GmbH ist die Vermietung eines Kaufhauses. (2)... neben dem eigentlichen Grundstück auch die sonstigen Vorteile (Vermögensgegenstände, Rechtspositionen und nicht eigentumsfähigen 43 Nach Lippross, a.a.o. (FN 4), Abschnitt 2.7.3.c; vgl. auch Abschnitt 5 Abs. 3 Satz 4 UStR 2000. Weimann (2004) 17

Sachen) übertragen werden, die die wirtschaftliche Substanz des Unternehmens ausmachen 44, und... Beispiel Anzuführen sind hier insbesondere Miet- oder Pachtverträge; denn mit dem Miet- oder Pachtzins kommt dem Erwerber letztlich erst die in dem Grundstück liegende Kraft zugute. Der Übergang von Arbeits-, Service- und Wartungsverträgen sowie Geldforderungen wird in der Regel nicht erforderlich sein. Wohl eher akademischer Natur ist die Frage, ob neben dem Übergang der Mietverträge auch der Übergang der Mieterakten zu fordern ist 45. (3)... und die übertragenen Vermögensgegenstände und sonstigen Vorteile bereits bzw. noch ein lebendes Unternehmen mit Ausgangsumsätzen darstellen 46. Beispiel (1) Gegenstand des Unternehmens der X-GmbH soll die Vermietung eines neu zu errichtenden Kaufhauses sein. Noch vor Fertigstellung des Gebäudes sieht sich die Gesellschaft auf Grund von Liquiditätsschwierigkeiten gezwungen, das Objekt zu veräußern. Die Veräußerung ist keine GiG. (2) Ein Grundstück wird nach Beendigung des vormaligen Mietverhältnisses und vor Beginn einer neuen Vermietungstätigkeit veräußert. Die Übertragung des Grundstücks führt nicht zur GiG, da das Grundstück allein kein fortführungsfähiges Vermietungsunternehmen ist 47. 44 BFH, Urteil vom 11.5.1993, VII R 86/92, BStBl. 1993 II S. 700; BFH, Beschluss vom 7.3.1996, VII B 242/95, BFH/NV 1996 S. 726. 45 Vgl. Strickmann / Gliniorz, StuB 2002 S. 802. 46 OFD Karlsruhe, Vfg. vom 31.8.1999, S 7100b, UR 2000 S. 89 und S. 173 sowie OFD Hamburg, Vfg. vom 18.10.1999, 53 - S 7100b - 3/97, UR 2000 S. 173. 47 Vgl. Husmann in Rau / Dürrwächter, UStG, Loseblattwerk, Stand: EL 113 April 2003. 1 Anm. 1106. Weimann (2004) 18

4.2 Das Urteil des FG Köln vom 11.9.2002 Leitsatz Es liegt keine Geschäftsveräußerung im Ganzen i.s. des 1 Abs. 1a UStG vor, wenn ein bisher vermietetes Grundstück ohne Übergang des Mietverhältnisses auf den Grundstückserwerber veräußert wird 48. Das Urteil des FK Köln verneint im Urteilsfall das Vorliegen einer GiG und stellt dabei zunächst darauf ab, dass vor der Grundstücksveräußerung das dieses betreffende Mietverhältnis gekündigt wurde 49. Das Neue und Interessante liegt in folgender Besonderheit des dem Urteil zugrundeliegenden Sachverhalts: Sachverhalt Im unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der strittigen Veräußerung des Grundstücks in der A-Straße erwarb Veräußerer V ein zweites Grundstück in der B-Straße. V hatte bislang das Grundstück A-Straße an den Mieter Z-GmbH vermietet. Um dessen gestiegenen Raumbedarf gerecht zu werden, erwarb er das zweite, wesentlich größere Grundstück. V und die Z-GmbH kündigten den die A-Straße betreffenden Mietvertrag und schlossen gleichzeitig einen neuen Vertrag für die B-Straße. M.E. zutreffend führt das FG Köln aus, das V damit trotz der Übertragung des Grundstücks das Vermietungsunternehmen in derselben bzw. auf Grund des zugleich ausgewechselten Vermietungsobjekts nur in unwesentlich veränderter Form fortführt. Wird aber nicht der Betriebsorganismus, sondern nur ein wichtiges Betriebsmittel übertragen, während der Steuerpflichtige das Unternehmen in derselben oder in einer veränderten Form fortführt, so kann von einer (Teil- )Geschäftsveräußerung nicht gesprochen werden. Die Veräußerung der wesentlichen Betriebsgrundlagen kann nur als GIG angesehen werden, wenn damit der alte (Teil-)Betrieb nicht nur vorübergehend eingestellt, sondern endgültig aufgegeben wird. Das ist anzunehmen, wenn infolge der Veräußerung des wesentlichen Betriebsmittels der Betrieb neu aufgebaut wird und abgesehen von der Person des Betriebsinhabers keinen Zusammenhang mit dem alten Betrieb mehr hat. 48 FG Köln, Urteil vom 11.9.2002, 4 K 3396/00, nrkr., Az. des BFH: V R 53/02, EFG 2003 S. 125 = Entscheidung 84. 49 Vgl. Abschnitt 4.1, Tatbestandvoraussetzung 3. Weimann (2004) 19

4.3 Das Urteil des FG Hamburg vom 18.9.2002 Leitsatz 1. Eine Geschäftsveräußerung im Ganzen liegt auch dann vor, wenn ein Unternehmer von vornherein beabsichtigt, auf seinem zu diesem Zweck erworbenen Grundstück ein Mietobjekt zu errichten, mit der Vermietungstätigkeit beginnt und das bebaute Grundstück noch vor endgültiger Fertigstellung veräußert. 2. Die Bestellung eines dinglichen Nutzungsrechtes... 50 Das FG Hamburg wendet sich gegen die Forderung der h.m., dass für die Annahme einer GiG die übertragenen Vermögensgegenstände und sonstigen Vorteile bereits ein lebendes Unternehmen mit Ausgangsumsätzen darstellen müssen 51.. Das Urteil erging zu folgendem Sachverhalt: Sachverhalt Die Klägerin errichtete ein großes Mietobjekt, das sie noch vor endgültiger Fertigstellung veräußern musste. Erste Mietverträge waren bereits geschlossen und wurden mitveräußert. Nach Auffassung des FG bildeten Grundstück und Mietverträge bereits die wirtschaftliche Substanz eines Unternehmens, dass der Erwerber ohne großen Eigenaufwand fortsetzen konnte; damit lag für das FG eine GiG vor. Das FG begründet seine Rechtsauffassung mit der Rechtsprechung des EuGH, derzufolge ein Unternehmen bereits in dem Zeitpunkt begründet ist, in dem der Unternehmer in der Absicht, eine wirtschaftliche Tätigkeit auszuüben, hierfür Investitionen tätigt 52. Diese Begründung erscheint recht vage. Sinn und Zweck der Regelung des 1 Abs. 1a UStG ist es, den Erwerber bei der Geschäftsveräußerung im Ganzen an die Stelle des Veräußerers zu setzen und so auch bei unentgeltlichen Geschäftsübertragungen die bis dato systemwidrige Steuerbelastung trotz durchgängiger unternehmerischer Verwendung zu vermeiden 53. Das INZO-Urteil des EuGH dagegen diente dazu, 50 FG Hamburg, Urteil vom 18.9.2002, II 168/01, nrkr., Az. des BFH: V R 45/02, EFG 2003 S. 267 = Entscheidung 176. 51 Vgl. Abschnitt 4.1, Tatbestandvoraussetzung 3. 52 Vgl. EuGH, Urteil vom 29.2.1996, Rs. C-110/94, Intercommunale voor zeewaterontzilting (INZO), UVR 1996 S. 148; vgl. auch die noch abweichenden Schlussanträge des Generalanwalts Carl Otto Lenz vom 23.11.1995, in der dieser die damals in Deutschland vorherrschende und vom BFH vertretene Rechtsauffassung (keine unternehmerische Tätigkeit) teilte, UVR 1996 S. 80. 53 Vgl. Weimann, a.a.o. (FN 3). Vor Inkrafttreten des 1 Abs. 1a UStG war zweifelhaft, ob in der Übertragung eines gesamten Unternehmens (z. B. im Wege der vorweggenommenen Erbfolge) eine Entnahme der zum Unternehmen gehörenden Gegenstände zu sehen war oder ob die Entnahme nur aus dem (nicht mit übertragenen) Unternehmen erfolgen konnte. BFH und h. M. folgten der ersten Auffassung. Anlass für die Gesetzesänderung war, dass damit unentgeltliche Weimann (2004) 20

einem erfolglosen Unternehmer entsprechend dem Neutralitäts-Prinzip den ansonsten verlorenen Vorsteuerabzug retten. Letzter aber war im Urteilsfall auch bei Annahme einer GiG unter den weiteren Voraussetzungen des 15 UStG ungefährdet. 4.4 Beratungsempfehlung Gegen beide Urteile sind Verfahren vor dem BFH anhängig 54 ; nachteilige Entscheidungen sind daher offen zu halten. Geschäftsübertragungen im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge als Eigenverbrauch zu beurteilen waren und damit zur Steuerpflicht führen konnten. Dies führte zu einer systemwidrigen Steuerbelastung trotz durchgängiger unternehmerischer Verwendung der unentgeltlich übertragenen Gegenstände, weil der den Betrieb fortführende Erwerber keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug hatte. 54 Az. des BFH im Revisionsverfahren gegen das Urteil des FG Köln V R 53/02, gegen das Urteil des FG Hamburg V R 45/02. Weimann (2004) 21