Überörtliche Prüfung des Kreises Borken. Finanzen GPA NRW



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Transkript:

Überörtliche Prüfung des Kreises Borken Finanzen GPA NRW Heinrichstraße 1 44623 Herne Postfach 101879 44608 Herne Telefon (0 23 23) 14 80-0 Fax (0 23 23) 14 80-333

Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Finanzen 1 Inhalte, Ziele und Methodik 1 Strukturen 3 Managementübersicht 4 Analyseergebnisse und Handlungsempfehlungen 6 Haushaltswirtschaftliche Rahmenbedingungen 7 Rechtliche Haushaltssituation 7 NKF-Kennzahlenset NRW 7 Wirtschaftliche Situation des Kreises 9 Wirtschaftliche Rahmenbedingungen im Kreisgebiet 9 Haushaltsausgleich 11 Vermögenslage 19 Investitionen 19 Altersstruktur des Vermögens 21 Festlegung von Gesamtnutzungsdauern 23 Sachanlagen 25 Finanzanlagen 27 Umlaufvermögen und aktive Rechnungsabgrenzung 28 Schulden- und Finanzlage 32 Finanzrechnung 32 Rückstellungen 35 Verbindlichkeiten 38 Sonderposten 44 Eigenkapital 45 Ertragslage 49 Ordentliche Erträge und Finanzerträge 49 Ordentliche Aufwendungen und Finanzaufwendungen 55 Außerordentliche Erträge und Aufwendungen 61 Gesamtbetrachtung der Haushaltswirtschaft 64 i 6909 *** Die folgende Zeile bitte nicht löschen! ***

Finanzen Inhalte, Ziele und Methodik Die überörtliche Prüfung des Kreises Borken bezieht sich auf die Haushalts- und Wirtschaftsführung in den Jahren 2006 bis 2008 und die Beachtung der hierfür einschlägigen Bestimmungen der Kreisordnung (KrO), Gemeindeordnung (GO) und der Gemeindehaushaltsverordnung (GemHVO). Die festgestellten Entwicklungen und die Positionierungen im interkommunalen Vergleich lassen eine Dokumentation und Analyse der derzeitigen Situation des Kreises Borken zu und sind Ansatzpunkt für Handlungsempfehlungen. Ziel der Prüfung ist es, sowohl unter rechtlichen als auch insbesondere unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten die Haushaltssituation des Kreises Borken darzustellen und zu analysieren. Vor diesem Hintergrund werden die spezifischen haushaltswirtschaftlichen Rahmenbedingungen sowie die sich daraus ergebenden Handlungsempfehlungen und Handlungsnotwendigkeiten aufgezeigt. Aufgrund der nach unseren Erfahrungen teilweise noch bestehenden Unsicherheiten und differierenden Auslegungen der neuen haushaltsrechtlichen Bestimmungen in der kommunalen Landschaft nehmen wir zudem auch Rechtmäßigkeitsaspekte mit in den Blick. Wesentliche Eckpfeiler des Neuen Kommunalen Finanzmanagements (NKF) sind der vollständige Ausweis des Ressourcenaufkommens und verbrauchs. Dieses unterstützt die Kreise dabei, strategische Zielvorgaben für ihr Leistungsportfolio entwickeln zu können. Wir haben diesen Gedanken des NKF aufgegriffen und lassen in unsere Analysen bereits jetzt aus der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage absehbare Belastungen und Risiken für die zukünftige Haushaltswirtschaft einfließen. Dazu identifizieren wir positive wie negative Sondereffekte auf die vorliegenden Jahresergebnisse und aktuellen Haushaltplandaten, um die tatsächliche strukturelle Situation des Kreises erfassen zu können. Dieses schließt auch die Auswirkungen bilanzpolitischer Maßnahmen des Kreises ein, soweit dadurch die Jahresergebnisse wesentlich beeinflusst werden. Hierbei geht es uns jedoch nicht darum, die vom Kreis im rechtlich zulässigen Rahmen genutzten Bewertungs- und Bilanzierungsspielräume in Frage zu stellen oder einzuschränken. 1

Vielmehr soll durch das Erfassen der tatsächlichen strukturellen Haushaltssituation aufgezeigt werden, ob und in welcher Intensität ein grundlegender Handlungsbedarf zur Haushaltskonsolidierung besteht. Diese mittel- und langfristig ausgerichteten Analysen zur wirtschaftlichen Gesamtsituation des Kreises ergänzen insofern die eher kurzfristigen Betrachtungen der formalen Haushaltssituation. Im Rahmen der Gesamtbetrachtung und Bewertung der Haushaltswirtschaft berücksichtigen wir zudem die Besonderheiten des Spitzenbedarfskonzepts der Umlagefinanzierung sowie die haushaltswirtschaftliche Situation der kreisangehörigen Städte und Gemeinden als kommunale Gemeinschaft. Kennzahlen Die im Rahmen unserer Analysen gebildeten Kennzahlen werden in den jeweiligen Berichtsabschnitten ausführlich erläutert. Es handelt sich um Kennzahlen aus dem NKF-Kennzahlenset NRW sowie weiterer Kennzahlen zur vertiefenden Analyse. Die Istwerte der Kennzahlen werden zunächst in den intrakommunalen Zeitreihenvergleich 2006 bis 2008 gestellt. Die Zeitreihe beginnt mit dem Jahr der Umstellung auf das NKF, weil eine Fortschreibung kameraler Werte aus den Vorjahren systembedingt aufgrund der unterschiedlichen Rechengrößen nicht möglich beziehungsweise nicht sinnvoll ist. Um aktuelle und zukünftige Entwicklungen berücksichtigen zu können, lassen wir bei Bedarf auch die Plandaten der Haushaltsjahre 2009 bis 2014 in unsere Betrachtungen einfließen. Der Abschluss für das Jahr 2009 lag zum Zeitpunkt der Prüfung noch nicht vor. Die Arbeiten für den Jahresabschluss 2009 laufen seit dem ersten Halbjahr 2011. Wir haben daher mit den Verantwortlichen des Kreises Borken vereinbart, dass wir für das Jahr 2009 ebenfalls die Plandaten als Basis unserer Analysen zugrunde legen. Im Rahmen der Umstellung auf das NKF haben die Umstellungsarbeiten beim Kreis Borken zu erheblichen Problemen und Verzögerungen geführt. So konnte auch die Eröffnungsbilanz zum 01.01.2006 erst am 29.01.2009 durch den Kreistag beschlossen werden. 2

Die Jahresabschlüsse 2006 bis 2008 sind jeweils mit einem eingeschränkten Bestätigungsvermerk vom Kreistag festgestellt, der Bezirksregierung Münster vorgelegt und inzwischen öffentlich bekannt gemacht worden. Der Jahresabschluss 2008 wurde im Februar 2011 festgestellt. Um mehr Qualität und Sicherheit bei den Jahresabschlüssen zu erlangen, hat der Kreis Borken im ersten Halbjahr 2010 mit einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft sein Rechnungswesen weiterentwickelt. Die Umsetzungsmaßnahmen greifen sofern nicht schon Prozess begleitend - zum Haushaltsjahr 2011. Zur Unterstützung unserer Analysen stellen wir verschiedene Kennzahlen auch in den interkommunalen Vergleich. Basisjahr ist hierbei, entgegen der Prüfungen bei den anderen Kreisen, das Jahr 2008, da die Ergebnisse 2009 zum Zeitpunkt der Prüfung noch nicht vorlagen. Die in den nachfolgenden Tabellen abgebildeten Werte EB 2006 sind jeweils die Werte der Eröffnungsbilanz zum 01.01.2006, sonst werden jeweils die Werte zum Bilanzstichtag 31.12. des entsprechenden Jahres dargestellt. Strukturen Auf die Haushaltssituation des Kreises wirkt eine Vielzahl von strukturellen Rahmenbedingungen ein. Eine vollständige Analyse dieser Strukturen ist sowohl im Rahmen unserer Prüfung als auch generell aufgrund der vielfältigen Erscheinungsformen und der oftmals komplexen Wirkungszusammenhänge sowie zum Teil wechselseitigen Abhängigkeiten nicht möglich. Gleichwohl beziehen wir allgemeine strukturelle Rahmenbedingungen, die sich direkt auf die Haushaltssituation auswirken und sich im Rahmen unserer Prüfung identifizieren lassen, in die Analysen ein. 3

Managementübersicht Bis einschließlich 2009, unter Berücksichtigung des voraussichtlichen Jahresergebnisses 2009, ist es dem Kreis Borken gelungen, den Anfangsbestand der Ausgleichsrücklage zu halten. Auch für das Jahr 2010 wird nunmehr von einem ausgeglichenen Jahresergebnis ausgegangen, so dass die Ausgleichsrücklage ebenfalls nicht in Anspruch genommen werden muss. Planmäßig wird im Jahr 2011 die Ausgleichsrücklage jedoch vollständig zum Ausgleich des Jahresergebnisses in Anspruch genommen. Die vorgesehene planmäßige Reduzierung der Allgemeinen Rücklage um circa 20 Prozent (5,3 Mio. Euro) im Jahr 2012 umfasst zum Teil die im Jahr 2008 der Allgemeinen Rücklage zugeführten Finanzmittel aus dem Jahresüberschuss 2008 (7,67 Mio. Euro). Die weiteren Jahre der mittelfristigen Finanzplanung sehen dann ausgeglichene Jahresergebnisse vor. Die Höhe, sowohl der Allgemeinen Rücklage als auch der Ausgleichsrücklage, im Rahmen der Eröffnungsbilanz, ist im interkommunalen Vergleich gering. Negative Jahresergebnisse sind daher nur in begrenztem Umfang ausgleichbar. Insgesamt kommen wir, auf Grund der sich insbesondere aus dem Anlagevermögen festgestellten geringen Risiken, der vergleichsweise noch adäquaten Haushaltslage mit ausgeglichenen bis positiven Haushalten bis zum Jahr 2010, des unterdurchschnittlichen Umlagebedarfs und der festgestellten Handlungsmöglichkeiten zu einer noch guten Bewertung der gesamtwirtschaftlichen Situation. Die Gestaltung des Kreishaushaltes steht gleichwohl unter dem ständigen Zwang das Umlagevolumen so zu gestalten, dass den kreisangehörigen Städten und Gemeinden die Konsolidierung der eigenen Haushalte nicht zusätzlich erschwert wird. Dies bedeutet gleichsam, dass der Kreis die sich bietenden Handlungsmöglichkeiten zur Reduzierung seines Finanzbedarfes weiter nutzen muss, um dadurch - unter Berücksichtigung der sonstigen Einflussfaktoren auch das Umlage-volumen und damit die Belastung der kreisangehörigen Kommunen zu reduzieren. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der für das Jahr 2011 vorgesehenen vollständigen Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage und dem für das Jahr 2012 geplanten teilweisen Einsatz der Allgemeinen Rücklage zum Haushaltsausgleich. Weitere Einsparungen beim Aufwand sind derzeit vom Kreis Borken geplant. 4

Gleichwohl muss in diesem Zusammenhang Erwähnung finden, dass der Haushalt des Kreises Borken, wie grundsätzlich alle Kreishaushalte in NRW, maßgeblich auch durch externe, kaum oder gar nicht vom Kreis selbst zu steuernde Faktoren und Rahmenbedingungen beeinflusst wird. Dazu zählen insbesondere steigende Soziallasten, Landschaftsumlage, sowie Personal- und Versorgungsaufwendungen (Tarifsteigerungen). Grundsätzlich ist jedoch anzuerkennen, dass in der derzeitigen kommunalen Finanzkrise die Inanspruchnahme von Ausgleichsrücklage und Allgemeiner Rücklage zur Reduzierung des Umlagevolumens mit entlastender Wirkung für die kreisangehörigen Kommunen zulässige und nachvollziehbare Maßnahmen sind. Unabhängig davon ist positiv festzustellen, dass der Kreis Borken in einer fortlaufenden Aufgabenkritik bereits jetzt schon Handlungsmöglichkeiten zur Haushaltskonsolidierung aufgegriffen und umgesetzt hat. 5

Analyseergebnisse und Handlungsempfehlungen Haushaltswirtschaftlicher Bereich Vermögenslage Finanz- und Schuldenlage Rückstellungen Eigenkapital Analyseergebnisse und Handlungsempfehlungen Der Kreis Borken sollte seine Investitionstätigkeit weiterhin an der zur Verfügung stehenden Selbstfinanzierungskraft ausrichten, um den angestrebten Abbau der Verbindlichkeiten nicht zu gefährden. Die überwiegende Mehrzahl der genutzten Gebäude steht kurz- bis mittelfristig nicht zur Instandsetzung bzw. Neuinvestition an. Das Straßenvermögen bildet für den Kreis Borken im interkommunalen Vergleich einen sehr hohen Vermögenswert ab. Wertminderungen treffen den Haushalt umso stärker. Sinkende Verbindlichkeiten aus Investitionskrediten in der Vergangenheit, ein niedriger Kapitaldienst und eine noch gute Liquidität stützen die strukturelle Haushaltssituation. Die geplante Kreditaufnahme im Jahr 2011 wird aufgrund der verbesserten Liquiditätslage voraussichtlich zumindest nicht im veranschlagten Volumen erforderlich. Die gebildeten dezidierten Rückstellungen geben ein temporär realistisches Bild der Haushaltslage wieder. Die unterdurchschnittliche Eigenkapitalquote I lässt eine Finanzierung negativer Jahresergebnisse nur sehr begrenzt zu. Seite 20 22 26 38 ff. 35 ff. 45 ff. 6

Haushaltswirtschaftliche Rahmenbedingungen Der Kreis Borken hat das Rechnungswesen zum 01.01.2006 auf das NKF umgestellt. Nachfolgend stellen wir zunächst die rechtliche Haushaltssituation und das NKF-Kennzahlenset NRW als haushaltswirtschaftliche Rahmenbedingungen im Überblick dar. Rechtliche Haushaltssituation Seit dem Übergang in das NKF im Jahr 2006 war der Kreis Borken in allen Jahren in der Lage, zumindest den fiktiven Haushaltsausgleich zu erreichen. In den Jahren 2007 und 2008 wurden deutlich positive Ergebnisse erzielt. Auch das erwartete Jahresergebnis 2009 wird deutlich positiv ausfallen und der Jahresabschluss 2010 gestaltet sich voraussichtlich ausgeglichen. NKF-Kennzahlenset NRW Um einen Überblick über die haushaltswirtschaftliche Situation des Kreises zu gewinnen, haben wir das NKF-Kennzahlenset mit den Werten des Kreises Borken tabellarisch zusammengefasst. Soweit sich im Rahmen unserer Prüfung aus den einzelnen Kennzahlen aussagekräftige Analyseergebnisse ableiten lassen, stellen wir die betreffenden Kennzahlen in den jeweiligen Abschnitten des Prüfberichts einschließlich der interkommunalen Vergleichswerte entsprechend dar. 7

NKF-Kennzahlenset NRW Haushaltsjahr Kennzahl EB 2006 2006 2007 2008 Haushaltswirtschaftliche Gesamtsituation in Prozent Aufwandsdeckungsgrad./. 99,8 100,5 101,8 Eigenkapitalquote I 7,0 6,4 7,6 9,7 Eigenkapitalquote II 57,5 57,2 56,7 56,1 Fehlbetragsquote./. 8,9 positives JE positives JE Vermögenslage Infrastrukturquote 52,9 52,2 50,3 47,9 Abschreibungsintensität./. 3,1 3,1 3,0 Drittfinanzierungsquote./. 61,8 68,5 67,0 Investitionsquote./. 61,2 86,1 88,5 Finanzlage Anlagendeckungsgrad II 105,0 103,1 106,4 106,4 Liquidität 2. Grades 340,0 280,8 433,8 282,8 Dynamischer Verschuldungsgrad (in Jahren)./. 20 16 8 Kurzfristige Verbindlichkeitsquote 3,0 3,5 2,7 5,0 Zinslastquote./. 0,5 0,4 0,4 Ertragslage Allgemeine Umlagequote./. 38,4 39,5 38,5 Zuwendungsquote./. 12,8 14,0 15,5 Personalintensität./. 11,4 12,6 11,5 Sach- und Dienstleistungsintensität./. 4,1 5,0 4,9 Transferaufwandsquote./. 69,6 66,9 66,3 8

Wirtschaftliche Situation des Kreises Im Rahmen der Beurteilung der wirtschaftlichen Situation des Kreises sind auch die kreisangehörigen Kommunen mit ihrer Finanzsituation zu berücksichtigen, weil sie über die Kreisumlage überwiegend zur Finanzierung des Kreishaushaltes beitragen. Daher betrachten wir neben dem Kreishaushalt auch summarisch die Jahresergebnisse der kreisangehörigen Kommunen und die Umlagegrundlagen als Indikator für die allgemeine Finanzkraft im Kreisgebiet. Wirtschaftliche Rahmenbedingungen im Kreisgebiet Umlagegrundlagen Die Kreisumlage berechnet sich unter anderem auf den Grundlagen Steuerkraftmesszahl und Schlüsselzuweisungen der kreisangehörigen Kommunen (Umlagegrundlagen). Die Umlagegrundlagen sind damit auch ein Indikator für die Finanzkraft im Kreisgebiet. Vor diesem Hintergrund betrachten wir die Entwicklung der Umlagegrundlagen des Kreises Borken und stellen sie in den interkommunalen Vergleich. Zwar werden durch den Finanzausgleich einige wirtschaftliche Unterschiede nivelliert, dennoch stellt sich die Finanzkraft der Kreise sehr unterschiedlich dar, wie die folgende Tabelle zeigt. Um die Entwicklung der Umlagegrundlagen darstellen zu können, haben wir den Zeitraum 2006 bis 2010 vollständig abgebildet. Da die Umlagegrundlagen durch das GFG festgelegt werden, war die Ermittlung für 2010 unproblematisch. Umlagegrundlagen in Euro je Einwohner im interkommunalen Vergleich der Kreise von 2006 bis 2010 2006 2007 2008 2009 2010 Minimum 781 853 957 1.000 979 Maximum 1.140 1.197 1.306 1.431 1.400 Mittelwert 870 949 1.062 1.120 1.091 Kreis Borken 819 893 990 1.042 1.033 In allen Jahren liegen die Umlagegrundlagen des Kreises Borken auf einem niedrigen Niveau. Das Niveau der Umlagegrundlagen, das sich in erster Linie an der Steuerkraft der kreisangehörigen Kommunen orientiert, ist in allen Werten, Minimum, Maximum, Mittelwert und Kreis Borken, bis zum Jahr 2009 deutlich gestiegen. 9

Ursächlich hierfür ist die verbesserte Gesamtwirtschaftslage. Erst 2010 ist wieder ein leichter Rückgang zu verzeichnen. Der Kreis Borken weist eine starke und vielfältige mittelständische Unternehmensstruktur auf und zählt zu den bevölkerungsstarken Kreisen in Nordrhein-Westfalen. Im Wesentlichen gründet sich die Umlagekraft des Kreisgebietes auf die Städte Bocholt, Gronau, Ahaus und Borken. Gemessen an ihrem Bevölkerungsanteil erbringen diese Städte einen überproportional hohen Anteil der Steuerkraft und Umlagekraft im Kreisgebiet. Feststellung Die Wirtschafts- und damit Finanzkraft der Städte und Gemeinden im Kreis Borken ist im interkommunalen Vergleich sehr gering. Jahresergebnisse der kreisangehörigen Kommunen Um die haushaltswirtschaftliche Situation im Kreisgebiet summarisch erfassen und beurteilen zu können, haben wir die aktuell geplanten Jahresergebnisse der kreisangehörigen Kommunen je Einwohner in den interkommunalen Vergleich gestellt. Interkommunaler Vergleich der kumulierten Planergebnisse 2010 der kreisangehörigen Städte und Gemeinden im jeweiligen Kreisgebiet je Einwohner 0-100 ----- Euro ----- -200-300 -400-500 -600-177 -192-286 -508 Minimum Maximum Mittelwert Kreis Borken 10

Verringerung des Personaletats sowie Umsetzung weiterer Maßnahmen in diesem Bereich, daraus resultierende Einsparungen beim Aufwand Weitere Überprüfung der kommunalen Förderstrukturen im freiwilligen sozialen Bereich Umfängliche Aufgabenkritik in allen relevanten Bereichen. Ein spezifizierter Maßnahmekatalog zur Umsetzung und Konkretisierung der vorstehend geplanten Maßnahmen in ihrer Gesamtheit wurde vom Kreis Borken noch nicht abschließend erarbeitet. Der Kreis Borken hat sich bewusst nicht für einen mehrjährigen spezifischen Maßnahmenkatalog in der Gesamtheit entschieden, sondern werde nach eigener Darstellung jährlich mögliche Anpassungsmaßnahmen aufzeigen sowie punktuell und gezielt einzelne Bereich analysieren (z.b. aktuell: kommunale Förderstrukturen im sozialen Bereich, Personalentwicklung im Vermessungs- und Katasterbereich). Inwieweit die vorstehend beschriebenen Maßnahmen letztendlich so werthaltig sind, dass von dauerhaften strukturellen Einsparungen in beträchtlicher Höhe ausgegangen werden kann, bleibt abzuwarten. Nur dann können zusätzliche finanzielle Belastungen der kreisangehörigen Städte und Gemeinden entsprechend abgefedert werden. Haushaltsausgleich Der Haushaltsausgleich ist erreicht, wenn die Gesamtsumme der Erträge mindestens so hoch ist wie der Gesamtbetrag der Aufwendungen und der Kreis somit positive Jahresergebnisse aufweisen kann. Die Verpflichtung zum Haushaltsausgleich gilt trotz eines Jahresfehlbetrags zudem als erfüllt, wenn noch die Ausgleichsrücklage in entsprechender Höhe zur Verfügung steht (fiktiver Haushaltsausgleich). Da auch die Werte der mittelfristigen Ergebnisplanung die Pflicht zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes auslösen können, werden diese in die Zeitreihe mit aufgenommen. 11

Jahresergebnisse Im Folgenden bilden wir die Jahresergebnisse des Kreises Borken tabellarisch ab. Salden der Ergebnisrechnungen (Istwerte) Haushaltsjahr 2006 2007 2008 in Tausend Euro Ordentliche Erträge 350.151 352.062 375.500 + Ordentlicher Aufwand 350.861 350.331 368.963 = Ergebnis der laufenden Verwaltungstätigkeit -710 1.732 6.536 + Finanzergebnis -365 1.145 1.068 = Ordentliches Ergebnis -1.075 2.877 7.605 + Außerordentliches Ergebnis -1.286-432 67 = Jahresergebnis -2.361 2.445 7.671 Aktuelle Situation Im Haushaltsjahr 2006 hat der Kreis Borken seinen Haushalt erstmalig nach den Regularien des NKF geplant und ausgeführt. Gerechnet wurde mit einem negativen Jahresergebnis in Höhe von circa 3,0 Mio. Euro. Das abschließende Jahresergebnis gestaltete sich etwas positiver und ergab ein Defizit von etwa 2,4 Mio. Euro. Deutlich besser verlief die Entwicklung im Haushaltsjahr 2007. Dem veranschlagten negativen Jahresergebnis von etwa 2,9 Mio. Euro stand letztendlich ein positives Ergebnis in Höhe von circa 2,4 Mio. Euro gegenüber. Sah das Planergebnis 2008 noch ein positives Ergebnis in Höhe von ca. 1,3 Mio. Euro vor, so ergab sich im Rahmen der Jahresrechnung ein Überschuss in Höhe von ca. 7,7 Mio. Euro. Der Kreis Borken weist somit für die Haushalte 2007 2010 keine negativen Jahresergebnisse aus. Das Jahresergebnis 2008 war sogar mit rd. 7,7 Mio. EUR deutlich positiv. Nicht zuletzt durch die weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise bedingt sind zur Entlastung der Kommunen Jahresfehlbeträge für 2011 und 2012 vorgesehen. 12

Danach finden sich in der mittelfristigen Finanzplanung für die Folgejahre im Plan wieder ausgeglichene Haushalte. Salden der Ergebnisrechnungen (Planwerte) Haushaltsjahr *) 2009 2010 2011 2012 2013 in Tausend Euro Ordentliche Erträge 380.556 403.636 384.005 392.302 403.686 + Ordentlicher Aufwand = Ergebnis der laufenden Verwaltungstätigkeit 382.231 408.700 395.057 398.058 404.249-1.675-5.063-11.052-5.756-563 + Finanzergebnis 316-187 463 458 563 = Ordentliches Ergebnis + Außerordentliches Ergebnis -1.359-5.250-10.589-5.297 0 1 0 0 0 0 = Jahresergebnis -1.358-5.250-10.589-5.297 0 Aktuelle Situation Im Haushaltsjahr 2009 weist das geplante Jahresergebnis einen Fehlbetrag in Höhe von rund 1,4 Mio. Euro aus. Voraussichtlich wird sich jedoch ein deutlich verbessertes Ergebnis im Rahmen des Jahresabschlusses 2009 ergeben. Es wird derzeit, nach Stand April 2011, von einem deutlich positiven Jahresergebnis ausgegangen. Das Haushaltsjahr 2010 war mit einem Defizit von 5,25 Mio. EUR, zuletzt durch die Anpassung der Haushaltssatzung am 07.10.2010, geplant. Unter Berücksichtigung von 1,6 Mio. EUR aus Erträgen aus Beteiligungen (Sparkasse Westmünsterland, RWE AG), der Aufstockung des GFG 2010 für den Kreis Borken in Höhe von 1,15 Mio. Euro sowie weiterer Verbesserungen wird auch für das Jahr 2010 von einem voraussichtlich ausgeglichenen Jahresabschluss ausgegangen. Für das Jahr 2011 weist der Kreis Borken ein Jahresdefizit von ca. 10,6 Mio. Euro aus. Die in entsprechender Höhe voraussichtlich noch vorhandene Ausgleichsrücklage soll somit vollständig zur Defizitabdeckung eingesetzt werden. 13

Für das Finanzplanungsjahr 2012 ist ein Defizit von 5,3 Mio. Euro ausgewiesen. Dieses entspricht einer Entnahme aus der Allgemeinen Rücklage von knapp 20 Prozent des Gesamtbestandes. Die Finanzplanungsjahre 2013 und 2014 gestalten sich ausgeglichen. Die vorstehend dargestellte vollständige Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage im Jahr 2011 und die erhebliche Einbeziehung der Allgemeinen Rücklage in den Haushaltsausgleich des Jahres 2012 sind bewusst getroffenen Entscheidungen des Kreises Borken, um die kreisangehörigen Städte und Gemeinden im Rahmen der zu erhebenden Kreisumlage zunächst zu entlasten. Die Ausgleichsrücklage wird als Nachwirkung der weltweiten Wirtschaftsund Finanzkrise zur Entlastung der kreisangehörigen Kommunen in 2011 voraussichtlich teilweise in Anspruch genommen Die Bezirksregierung Münster hält dieses Vorgehen für durchaus nachvollziehbar, wenngleich aus kommunalaufsichtlicher Sicht für nicht wünschenswert. Vorgesehen ist, dass sobald sich die kommunale Ertragssituation bessert, in späteren Haushaltsjahren im Gleichklang mit den kreisangehörigen Kommunen Jahresüberschüsse der Ausgleichsrücklage wieder zugeführt werden. Ausgleichsrücklage und Allgemeine Rücklage Die Ausgleichsrücklage dient in erster Linie dazu, jährliche Schwankungen in den Jahresergebnissen aufzufangen. Solange negative Jahresergebnisse lediglich die Ausgleichsrücklage und nicht die Allgemeine Rücklage verringern (fiktiver Haushaltsausgleich), tritt keine Genehmigungspflicht des Haushalts oder gar Verpflichtung zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes ein. Die nachfolgende Tabelle zeigt die Entwicklung von Allgemeiner Rücklage und Ausgleichsrücklage in Abhängigkeit der Jahresergebnisse. Die in der nachstehenden Tabelle im Rahmen der Eröffnungsbilanz ausgewiesenen Werte berücksichtigen bereits vorgenommene Wertberichtigungen gem. 92 Abs. 7 GO NRW i. V. m. 57 Abs. 2 GemHVO in den einzelnen Jahren. Die Jahresergebnisse sind den jeweiligen Rücklagen bereits zugerechnet und sind daher nicht direkt aus dem jeweiligen Jahresabschluss ablesbar. 14

Im Jahr 2006 erfolgte eine Minderung des Eigenkapitals (Allgemeine Rücklage und Ausgleichsrücklage) um ca. 763.000 Euro. Für 2007 ergab sich eine Erhöhung des Eigenkapitals (Allgemeine Rücklage und Ausgleichsrücklage) um ca. 2.827.000 Euro. Die vorgenommenen Wertberichtigungen 2008 belaufen sich auf insgesamt 1,431 Mio. Euro. Die vorstehenden Beträge wurden jeweils zu 2/3 der Allgemeinen Rücklage und zu 1/3 der Ausgleichsrücklage zugerechnet. Zusätzlich ergab sich in 2008 eine Erhöhung (355.000 Euro) der Allgemeinen Rücklage als Folge der erfolgsneutralen Auflösung eines Sonderpostens bei Anlagenabgang. Entwicklung von Allgemeiner Rücklage und Ausgleichsrücklage (Istwerte) Haushaltsjahr EB 2006 2006 2007 2008 in Tausend Euro Jahresergebnis -2.361 2.445 7.671 Höhe der Allgemeinen Rücklage zum 31.12. Höhe der Ausgleichsrücklage zum 31.12. geplante Verringerung der Allgemeinen Rücklage des Vorjahres 20.113 20.113 20.197 28.223 10.589 8.228 10.589 10.589 in Prozent 0,0 0,0 0,0 Fehlbetragsquote 7,7 0,0 0,0 Aktuelle Situation Für das 2006 konnte der Haushaltsausgleich nur unter Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage erreicht werden. Im Jahr 2007 wurde der Haushaltsausgleich ohne Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage erzielt. Vielmehr konnte, auf Grund des positiven Jahresergebnisses, die Ausgleichsrücklage vollständig wieder aufgefüllt werden. Durch die Zuführung des deutlich positiven Jahresabschlusses 2008 ist die Allgemeine Rücklage um den Betrag von 7,7 Mio. EUR angewachsen. 15

Entwicklung von Allgemeiner Rücklage und Ausgleichsrücklage (Planwerte) Haushaltsjahr *) 2009 2010 2011 2012 2013 in Tausend Euro Jahresergebnis 0 0-10.589-5.297 0 Höhe der Allgemeinen Rücklage zum 31.12. Höhe der Ausgleichsrücklage zum 31.12. 28.223 28.223 28.223 22.926 22.926 10.589 10.589 0 0 0 in Prozent Verringerung der Allgemeinen Rücklage des Vorjahres 0,0 0,0 0,0 18,8 0,0 Fehlbetragsquote 0,0 0,0 27,3 18,8 0,0 *) Erwartete Jahresergebnisse 2009 und 2010 (Stand April 2011) und Haushaltsansätze 2011 sowie Werte der mittelfristigen Ergebnisplanung 2012 und 2013 Aktuelle Situation Durch einen deutlich positiven Jahresabschluss 2009 wird die Allgemeine Rücklage weiter anwachsen. Durch einen voraussichtlich ausgeglichenen Haushalt 2010 ergibt sich dann keine weitere Veränderung der Rücklagenbestände. Durch das planmäßig erheblich negative Jahresergebnis 2011 würde sich eine vollständige Auflösung der Ausgleichsrücklage zum Jahresende ergeben. Planmäßig wird die Allgemeine Rücklage im Jahr 2012 zum Haushaltsausgleich in erheblichem Maße in Anspruch genommen. Bei dem vorgesehen Betrag handelt es sich um einen Teilbetrag von rd. 5,3 Mio. Euro, der im Rahmen des positiven Jahresabschlusses 2008 (7,7 Mio. Euro) erwirtschaftet wurde. Dieser Betrag soll die kreisangehörigen Städte und Gemeinden im Rahmen einer geringeren Kreisumlage entlasten. Die Planjahre 2013 und 2014 sehen keine weitere Inanspruchnahme der Allgemeinen Rücklage vor. Die geplante Inanspruchnahme der Allgemeinen Rücklage in Höhe von bis zu 20 Prozent ist eine Sondersituation. Die Allgemeine Rücklage ist allein schon durch die Zuführung des deutlich positiven Jahresabschlusses 2008 um den Betrag von 7,7 Mio. EUR angewachsen. 16

Da das kommunale Haushaltsrecht einen Gewinnvortrag nicht kennt und die Ausgleichsrücklage planmäßig nicht mehr zur Verfügung stehen wird, sollen im rechtlichen zulässigen Rahmen über diesen Weg die Jahresabschlüsse 2008 und 2009 zeitversetzt für das dann defizitäre Haushaltsjahr 2012 eingesetzt werden. Dadurch sollen die kreisangehörigen Kommunen in der Finanzkrise erneut deutlich entlastet werden. Auch werde nach Angaben des Kreises Borken damit der Tat-sache Rechnung getragen, dass auf Grund der verzögerten Vorlage des Jahresabschlusses vorher nicht anderweitig auf das deutlich positive Jahresergebnis, z.b. durch seinerzeitige Senkung der Kreisumlage, reagiert werden konnte. Der bewusste, haushaltsrechtlich zulässige Eigenkapitalverzehr diene demnach allein dazu, die Finanzsituation der kreisangehörigen Kommunen aktuell nicht noch stärker zu belasten. Bereits in der mittelfristigen Finanzplanung bis 2014 ist aber schon die Notwendigkeit eines höheren Kreisumlagevolumens dargestellt. Allgemeine Kreisumlage Die Jahresergebnisse werden im Rahmen des Spitzenbedarfskonzeptes zur Finanzierung der Kreise unmittelbar von der allgemeinen Kreis-umlage beeinflusst. Die Hebesätze, die Umlagegrundlagen als Berechnungsgrundlage sowie das Umlagevolumen stehen dabei in einem unmittelbaren Zusammenhang. Die Entwicklung der maßgeblichen Größen stellt sich wie folgt dar: Allgemeine Kreisumlage Allgemeine Kreisumlage Hebesatzentwicklung des Kreises Borken Haushaltsjahr 2006 2007 2008 2009 2010 2011 in Prozent 37,0 35,3 31,5 32,3 32,2 31,9 Kreisumlage und Umlagegrundlagen des Kreises Borken Haushaltsjahr 2006 2007 2008 2009 2010 2011 in Mio. Euro 111.946 115.087 115.540 124.425 122.911 110.487 Umlagegrundlagen 302.556 330.709 366.795 385.296 381.713 346.827 17

Wie bereits vorstehend dargestellt, liegen die Umlagegrundlagen des Kreises Borken auf einem im interkommunalen Vergleich niedrigen Niveau. Vor dem Hintergrund dieser niedrigen Werte ist der Kreis Borken im Besonderen gefordert, die relativ schwache Wirtschaftskraft seiner kreisangehörigen Städte und Gemeinden nicht zusätzlich im Rahmen der Kreisumlage zu belasten. Einer Begrenzung des Anstiegs des Umlagebedarfs sollte auch demzufolge eine hohe Priorität eingeräumt werden. Diesem Umstand trägt der Kreis Borken, mit dem geplanten Einsatz der Ausgleichsrücklage im Jahr 2011 und eines Teils der Allgemeinen Rücklage im Jahr 2012, Rechnung. Gleichwohl ist die gezielte Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage und eines Teils der Allgemeinen Rücklage zur planmäßigen Absenkung des Hebesatzes keine nachhaltige Lösung zur Entlastung der Kommunen und sollte nur in Ausnahmefällen erfolgen. Die nicht auskömmlich festgesetzte Kreisumlage führt dauerhaft zu einem bewussten Substanzverlust beim Kreis. Tendenziell wird Eigenkapital nur durch Fremdkapital ersetzt und zukünftige Umlagen durch höhere Zinsen belastet. Im Ergebnis werden Lasten, die die Kommunen eigentlich schon jetzt tragen müssten, nicht in ihren Haushalten transparent und es werden dann künftige Haushaltsjahre belastet. Dieses widerspricht dem Prinzip der intergenerativen Gerechtigkeit (Ziel NKF); die bestehenden Lasten werden nur in die Zukunft verschoben. Die Entlastung der Haushalte der kreisangehörigen Kommunen durch die geringere Kreisumlage ist nicht das Ergebnis einer gezielten Haushaltskonsolidierung des Kreises. Feststellung Die planmäßige Inanspruchnahme sowohl der Ausgleichs- als auch der Allgemeinen Rücklage führt zu einem nachhaltigen Eigenkapitalverzehr und entspricht damit nicht dem Grundsatz der intergenerativen Gerechtigkeit. 18

Vermögenslage Aus der Vermögensstruktur des Kreises können sich Belastungen für die Ertragslage und Liquidität zukünftiger Haushaltsjahre ergeben. Im Folgenden stellen wir deshalb die Entwicklung der Vermögenswerte und unsere Analyseergebnisse zur Vermögensstruktur insgesamt sowie zu wesentlichen Anlagegütern in der Einzelbetrachtung anhand von Kennzahlen dar. Vermögen Vermögensarten zum Bilanzstichtag EB 2006 2006 2007 2008 in Tausend Euro Anlagevermögen 353.823 347.779 346.013 344.330 Umlaufvermögen 41.811 39.421 46.612 58.442 Aktive Rechnungsabgrenzung 7.387 8.383 9.373 10.097 Bilanzsumme 403.022 395.584 401.998 412.869 in Prozent Anlagenintensität 87,8 87,9 86,1 83,4 Investitionen Die Investitionsquote gibt das Verhältnis von Werteverzehr einerseits und Investitionen andererseits im Betrachtungszeitraum wieder. Dazu werden die Bruttoinvestitionen den Abschreibungen und Abgängen auf Anlagevermögen gegenübergestellt. Investitionsquote in Prozent Haushaltsjahr 2006 2007 2008 Investitionsquote 61,2 86,1 88,5 Die im Jahr 2006 relativ niedrige Investitionsquote resultiert aus den Abschreibungen im Bereich der Straßen (6,3 Mio. Euro) und den Abgängen (4,6 Mio. Euro) in diesem Bereich. Den Abgängen standen lediglich Zugänge in Höhe von ca. 1,6 Mio. Euro gegenüber. Die Zu- und Abgänge ergeben sich aus der Umstufung von Landes- zu Kreisstraßen und Kreis- zu Gemeindestraßen. 19

Entsprechende Investitionen stehen den Abschreibungen im Jahr 2006 nur in Höhe von ca. 2,2 Mio. Euro (Umbuchung von Anlagen im Bau nach Fertigstellung) gegenüber. Auch im Jahr 2007 ist im Bereich der Straßen ein deutlicher Anlageverzehr festzustellen (-3,7 Mio. Euro). Der Reduzierung beim Straßenvermögen steht in diesem Jahr eine Erhöhung der Anteile an verbundenen Unternehmen entgegen. In 2008 beträgt der Werteverzehr beim Straßenvermögen in etwa 4,0 Mio. Euro. Die Gefahr eines Investitionsstaus beim Straßeninfrastrukturvermögen besteht nach Einschätzung des Kreises Borken dennoch nicht. Gerade die hohe Infrastrukturquote (siehe hierzu später) zeige, dass zum Eröffnungsbilanz-Stichtag 01.01.2006 ein Großteil der Straßen in den höchsten Zustandsklassen eingeordnet und damit mit einem hohen Zeitwert versehen worden sei. Der demografische Wandel, verändertes Nachfrageverhalten oder Gesetzesänderungen können ebenso wie zwischenzeitliche Konsolidierungsphasen und zwänge durchaus temporär niedrige Investitionsquoten rechtfertigen. Dies trifft auch auf den Kreis Borken zu. Bereits in der Vergangenheit war es erklärtes Ziel der Verwaltung und der Politik, die Verbindlichkeiten abzubauen. Wie die nähere Betrachtung der Verbindlichkeiten des Kreises zeigen wird, ist die Belastung durch den Kapitaldienst auch für den Kreis Borken spürbar, so dass eine solche Selbstbeschränkung von uns als sinnvoll betrachtet wird. Empfehlung Der Kreis Borken sollte seine Investitionstätigkeit weiterhin an der zur Verfügung stehenden Selbstfinanzierungskraft ausrichten, um den angestrebten Abbau der Verbindlichkeiten nicht zu gefährden. Der interkommunale Vergleich dieser Kennzahl ist wegen der unterschiedlichen örtlichen Strategien im interkommunalen Vergleich nur bedingt aussagekräftig. Auf Grund mangelnder Vergleichsdatenlage für das Jahr 2006 werden nachfolgend lediglich die Vergleichsjahre 2007 und 2008 abgebildet. 20

Investitionsquoten im interkommunalen Vergleich in Prozent 2007 2008 Minimum 21,9 43,2 Maximum 228,0 155,8 Mittelwert 91,4 81,7 Kreis Borken 86,1 88,5 Interkommunal liegt die Investitionsquote in den beiden Jahren in etwa auf Höhe der mittleren Werte aller von uns bislang geprüften Kreise. Die Zurückhaltung bei Investitionen (siehe vorstehende Ausführungen) ist als Teil notwendiger Konsolidierungsmaßnahmen angezeigt. Altersstruktur des Vermögens Mit der Investitionsquote hängt eine weitere Kennzahl zur Beurteilung der Vermögenssituation zusammen - der Anlagenabnutzungsgrad. Der Anlagenabnutzungsgrad kann Hinweise darauf geben, welche Altersstruktur das Anlagevermögen aufweist, ob gegebenenfalls bereits ein Investitionsstau eingetreten ist und inwieweit Ersatzinvestitionen in naher Zukunft mit den entsprechenden haushaltswirtschaftlichen Belastungen absehbar sind. Der Anlagenabnutzungsgrad wird im Regelfall gebildet, indem die kumulierten Abschreibungen den historischen - Anschaffungs- und Herstellungskosten gegenübergestellt werden. Da die für die Eröffnungsbilanz ermittelten Zeitwerte als Anschaffungsund Herstellungskosten gelten, lässt sich diese Formel zurzeit noch nicht sinnvoll anwenden. Hilfsweise ermitteln wir den Anlagenabnutzungsgrad deshalb zunächst durch die Gegenüberstellung von Gesamtnutzungsdauer und Restnutzungsdauer. Aufgrund der Heterogenität des Anlagevermögens bezogen auf die einzelnen Positionen als auch auf ihren Anschaffungszeitpunkt sowie die wertmäßige Verteilung ist eine globale Betrachtung über das gesamte Anlagevermögen hinweg nicht Ziel führend. Wir beschränken uns deshalb auf besonders werthaltige Vermögenspositionen, die in engem Zusammenhang mit den kommunalen Aufgaben stehen. 21

Anlagenabnutzungsgrad 31.12.2009 Gesamtnutzungsdauer Durchschnittliche Restnutzungsdauer Grad der Abnutzung in Prozent Anteil am Vermögen in Prozent Schulgebäude (massiv) 50-80 36 45 13,4 Verwaltungsgebäude etc. 70 45 36 12,1 Straßen max. 50 52,3 Die einbezogenen Verwaltungsgebäude/Schulgebäude weisen im Durchschnitt eine Restnutzungsdauer von circa 40 Jahren aus. Der Wert ist gegenwärtig unauffällig. Die Ermittlung der Abnutzungsgrade der Straßen konnte belastbar im Rahmen der Prüfung nicht erfolgen, da in der Eröffnungsbilanz die Straßen ohne Restlaufzeit nicht eingestellt wurden. Haushaltswirtschaftliche Risiken auf Grund eines veralteten Straßenvermögens sind jedoch, aus einer überschlägigen Sichtung der im Rahmen der Anlagenbuchhaltung ausgewiesenen Straßen, eher auszuschließen. Feststellung Aus dem Anlagenabnutzungsgrad der Gebäude ergibt sich kurz- bis mittelfristig kein haushaltswirtschaftliches Risiko. Wir verweisen hinsichtlich der Gebäudeauslastung und Schulentwicklung auf unseren Teilbericht Gebäudewirtschaft. Feststellung Bezogen auf den Anlagenabnutzungsgrad sowie den derzeitigen Zustand der Kreisstraßen kann der kurz- bis mittelfristig sich ergebende Investitionsbedarf derzeit nicht belastbar abgeschätzt werden. 22

Aus Sicht der Verwaltung wird der Kreis Borken in den nächsten Jahren, entgegen vieler anderer Kreise, finanzielle Mittel lediglich im bisher vorgesehenen Maß einsetzen müssen, um den Zustand der Kreisstraßen zu erhalten. In der Vergangenheit wurde bereits Wert auf eine regelmäßige und umfassende Instandhaltung der Kreisstraßen gelegt. Festlegung von Gesamtnutzungsdauern Mit der Festlegung der Nutzungsdauern innerhalb des vom Innenministerium NRW vorgegebenen Rahmens hat der Kreis Borken einen der größten Bewertungsspielräume. Die Höhe der jährlichen Abschreibungen ist direkt abhängig von der gewählten Nutzungsdauer. Durch die Festlegung sehr langer Nutzungsdauern können zwar einerseits die jährlichen Abschreibungen und damit die Ergebnisbelastungen verringert werden. Andererseits vergrößert sich jedoch die Gefahr, dass sich die tatsächlichen Nutzungsdauern als kürzer herausstellen und zukünftig außerplanmäßige Abschreibungen mit den entsprechenden Auswirkungen auf die Ergebnisrechnung notwendig werden. Um hier eine Aussage treffen zu können, haben wir die festgelegten Gesamtnutzungsdauern des Kreises Borken mit dem Ermessensspielraum der Rahmentabelle verglichen. Festgelegte Gesamtnutzungsdauern eher kurz Mittel eher lang Anteil am Vermögen in Prozent Schulgebäude X 13,4 Verwaltungsgebäude X 12,1 Straßen X 52,3 Der Kreis Borken hat für alle dargestellten Bereiche keine einheitlichen Gesamtnutzungsdauern festgelegt. Für die Schul- und Verwaltungsgebäude wurde differenziert zwischen Gebäuden mit Betonvorhangfassade mit Flachdach (40 Jahre), verblendetes Mauerwerk, Flachdach (60 Jahre) und verblendetes Mauerwerk, Satteldach (80 Jahre). Die Straßen wurden, je nach Zustand, mit Gesamtnutzungsdauern von bis zu 50 Jahren bilanziert. 23

Damit hat sich der Kreis Borken bei der Festlegung der Gesamtnutzungsdauern für seine wesentlichen Vermögensgegenstände am mittleren Bereich des vom Innenministerium bekannt gegebenen Abschreibungsrahmens orientiert. Durch diese Festlegung begrenzt der Kreis Borken das Risiko, dass Gebäude sowie Straßen vor Ablauf der bestimmten Nutzungsdauer erneuerungsbedürftig werden und somit außerplanmäßige Abschreibungen den Haushalt mit zusätzlichem Aufwand belasten könnten. Eine Reduzierung von Nutzungsdauern geht in der Regel mit einer außerplanmäßigen Abschreibung einher, die gem. 35 Abs. 5 GemHVO im Anhang zu erläutern sind. Verlängerungen sind ebenfalls zu erläutern und bei Überschreitung der maximalen Rahmenwerte in Einzelfällen detailliert zu begründen. Speziell für das Infrastrukturvermögen gilt, dass dieses Vermögen weiterhin langfristig vom Kreis zur Verfügung gestellt werden muss. Insofern ist hier grundsätzlich von notwendigen Ersatzinvestitionen auszugehen, sofern die Vermögensgegenstände abgenutzt sind. Nicht zuletzt deshalb ist es umso notwendiger, dass der Kreis im Vorfeld der Ersatzinvestitionen die Abschreibungen durch entsprechende Erträge decken kann. Andernfalls stehen zum Zeitpunkt der Ersatzinvestitionen nicht ausreichend Eigenmittel zur Verfügung und der Verschuldungsgrad wächst an. Feststellung Mit der Festlegung durchschnittlicher Nutzungsdauern für die Schul- und Verwaltungsgebäude sowie die Straßen besteht kein gesteigertes haushaltswirtschaftliches Risiko außerplanmäßiger Abschreibungen. 24

Sachanlagen Die folgende Tabelle zeigt zunächst, auf welche Positionen sich das Sachanlagevermögen verteilt: Sachanlagen Vermögensarten zum Bilanzstichtag EB 2006 2006 2007 2008 in Tausend Euro Unbebaute Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte 6.658 6.885 7.438 7.575 Bebaute Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte 90.695 95.078 93.306 90.395 Infrastrukturvermögen 213.340 206.475 202.187 197.628 sonstige Sachanlagen 15.445 11.455 11.460 15.956 Summe Sachanlagen 326.137 319.893 314.390 311.554 Auf den Werteverzehr bei den Schulen und den sonstigen Dienst-, Geschäfts- und Betriebsgebäuden sowie beim Infrastrukturvermögen sind wir bereits im Rahmen der Analyse der Investitionsquote eingegangen. Nachfolgend stellen wir daher nochmals ergänzend die Bedeutung des Infrastrukturvermögens für den Gesamthaushalt dar. Infrastrukturvermögen Das bilanziell als Infrastrukturvermögen auszuweisende Vermögen ist in 41 Abs. 3 Nr. 1.2.3 GemHVO definiert. Danach gehören zum Infrastrukturvermögen insbesondere das Straßennetz, Brücken und Tunnel, Gleisanlagen sowie Entwässerungs- und Abwasserbeseitigungsanlagen. Der jeweils zugehörige Grund und Boden ist als gesonderte Position zum Infrastrukturvermögen zu führen. Nachfolgend wird die Entwicklung der Infrastrukturquote für den Kreis Borken dargestellt: Infrastrukturquote in Prozent Bilanzstichtag EB 2006 2006 2007 2008 Infrastrukturquote 52,9 52,2 50,3 47,9 25

Infrastrukturvermögen ist in der Regel nur schwer veräußerbar, unter sonst gleichen Bedingungen ist eine signifikante Änderung der Quote daher nicht zu erwarten. Infrastrukturquote 2008 im interkommunalen Vergleich 60 56,4 50 47,9 ----- Prozent ----- 40 30 20 10 9,7 25,9 0 Minimum Maximum Mittelwert Kreis Borken Die Infrastrukturquote des Kreises Borken liegt im interkommunalen Vergleich deutlich höher als bei den meisten anderen Kreisen. Allein das bereits näher betrachtete Straßenvermögen macht beim Kreis Borken etwa die Hälfte des gesamten Anlagevermögens aus. Die mittleren festgelegten Gesamtnutzungsdauern sowie eine vergleichsweise mittlere Investitionsquote werden erst im Zeitraum der langfristigen Finanzplanung erheblichen Investitionsbedarf erfordern. Gleichwohl sollte dem Straßennetz, als bedeutsamsten Anteil am Anlagevermögen, auch zukünftig ein besonderes Augenmerk des Kreises gelten. Dabei sollte der Vermeidung von Investitionsstaus eine besondere Bedeutung zukommen. 26

Finanzanlagen Die folgende Tabelle zeigt zunächst, auf welche Positionen sich das Finanzanlagevermögen verteilt: Finanzanlagen Vermögensarten zum EB 2006 2006 2007 2008 Bilanzstichtag in Tausend Euro Anteile an verbundenen Unternehmen 8.318 8.318 11.724 11.724 Beteiligungen 3.213 3.259 3.290 3.859 Wertpapiere des Anlagevermögens 15.460 15.460 15.460 15.460 Ausleihungen 240 219 197 814 Summe Finanzanlagen 27.231 27.256 30.672 31.857 Finanzanlagen unterliegen nicht der planmäßigen Abschreibung, sie können aber außerplanmäßig abgeschrieben werden, wenn ihnen zum Bilanzstichtag ein niedrigerer Wert beizulegen ist. Hier hat der Kreis nach 35 Abs. 5 Satz 2 GemHVO einen Ermessenspielraum. Sofern der Kreis auch bei einer voraussichtlich dauerhaften Wertminderung eines Sondervermögens, einer Beteiligung oder einer sonstigen Finanzanlage nach pflichtgemäßem Ermessen von einer Abschreibung absieht, bilden sich stille Lasten mit den entsprechenden Risiken für zukünftige Haushaltsjahre. Die Jahresabschlüsse der bilanzierten verbundenen Unternehmen der Entsorgungsgesellschaft Westmünsterland mbh (EGW), der Berufsbildungsstätte Westmünsterland mbh, Flugplatz Wenningfeld GmbH und der Wirtschaftsförderungsgesellschaft für den Kreis Borken mbh weisen in den Jahren 2006 bis 2009 keine erheblichen Veränderungen der Ergebnislage aus, die einen nachhaltigen Eigenkapitalverzehr bedingen. Insbesondere wurde die Bilanzierung der EGW im Jahresabschluss 2007 als Korrektur der Eröffnungsbilanz angepasst. Zu diesem Zeitpunkt waren die aufgetretenen Verluste aus den SWAP-Geschäften bereits bekannt und konnten in die Bewertung einfließen. Stille Lasten, mit entsprechenden Folgen für den Kreis Borken, ergeben sich daher nicht. Wesentliche Position der Finanzanlagen sind die Wertpapiere des Anlagevermögens. Es handelt sich ausschließlich um Anteile an der RWE AG. Anhaltspunkte für eine dauerhafte Wertminderung des Fondsvermögens, die eine entsprechende außerplanmäßige Abschreibung erforderlich machen, haben sich, nach Dokumentation der 27

Verwaltung, in den letzten beiden Jahren nicht ergeben. Insbesondere wurden die Aktien zu einem relativ niedrigen Kurs bilanziell bewertet. Feststellung Haushaltswirtschaftliche Risiken aus unterlassenen Abschreibungen auf dauerhafte Wertminderungen sehen wir derzeit nicht. Umlaufvermögen und aktive Rechnungsabgrenzung Forderungen Auffällig ist der hohe Forderungsbestand im Gebührenbereich (5,6 Mio. Euro zum 31.12.2007). Hier erreichen lediglich zwei der von uns geprüften Kreise einen annähernd gleich hohen bzw. höheren Bestand. Forderungen sind im Allgemeinen mindestens zum Jahresabschluss zu überprüfen, inwieweit sie tatsächlich eingebracht werden können. Ist dies nicht der Fall, sind sie nach Maßgabe des vorliegenden Risikos zu berichtigen bzw. abzuschreiben, um einen den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Sachverhalt wiederzugeben. Der Kreis Borken hat, zumindest im Jahr 2007, keine Einzelwertberichtigungen vorgenommen. Auch im Jahr 2008 erfolgten nur unwesentliche Einzelwertberichtigungen auf Grund von Niederschlagungen. Pauschalwertberichtigungen wurden, ausweislich des Jahresabschlusses 2007 und 2008, lediglich im Bereich der Unterhaltsheranziehung der Facheinheiten Soziales und Jugend und Familie vorgenommen. Dazu wurden die in Folgejahren auf offene Posten eingezahlten Beträge ausgewertet und hieraus der prozentuale Pauschalwertberichtigungssatz abgeleitet. Weitere Pauschalwertberichtigungen, insbesondere für den Bereich der Gebühren, sind nicht dokumentiert. 28

Empfehlung Der Kreis Borken sollte zukünftig für den Forderungsbestand in allen Forderungsarten Pauschalwertberichtigungen prüfen und ggf. vornehmen. Sofern keine Pauschalwertberichtigung in Betracht kommt, sollte dies entsprechend dokumentiert werden. Der Kreis Borken wird die Empfehlung bei der Aufstellung des Jahresabschlusses 2009 bereits aufnehmen. Sämtliche öffentlich-rechtliche Forderungen wurden analysiert und entsprechende Wertberichtigungen vorgenommen. Aktive Rechnungsabgrenzungsposten Die Kreise gewähren Gemeinden, Vereinen und anderen Trägern häufig eigene Zuschüsse, vor allem wenn der Kreis dadurch bei der Wahrnehmung überörtlicher Angelegenheiten auf seinem Gebiet durch Dritte unterstützt wird. Als unterer staatlicher Verwaltungsbehörde obliegt den Kreisen auch, andere staatliche Zuschüsse des Bundes und der Länder an die Kommunen ihrer Gebiete weiterzuleiten. Wenn diese Zuschüsse den rechtlichen Vorgaben gem. 43 Abs. 2 GemHVO entsprechen, sind sie entsprechend abzugrenzen. Das gilt insbesondere für Zuschüsse nach dem Gesetz über Tageseinrichtungen für Kinder (GTK bis 2007) und dem Kinderbildungsgesetz (KiBiz ab 30.10.2007). Entsprechende Rechnungsabgrenzungen hat der Kreis Borken für die letzt genannten Zuschüsse im Rahmen der Erstellung der Eröffnungsbilanz nicht vorgenommen. Der Kreis begründet seine rechtliche Auffassung damit, dass in den entsprechenden Zuwendungsbescheiden keine einklagbaren Gegenleistungsverpflichtungen aufgenommen worden sind. Die alleinige Festlegung von Zweckbindungsfristen reiche nach Prüfung des Kreises als Tatbestandsvoraussetzung für die Bildung eines ARAP nach 43 Abs. 2 S. 2 GemHVO nicht aus. Der Kreis stützt seine Auffassung auf Hinweise aus Literatur und Steuerrechtsprechung zu vergleichbaren Sachverhalten. Diese Position steht allerdings Widerspruch zur Auffassung der GPA, die eine Zweckbindungsfrist für ausreichend hält. 29

Die rechnungstechnische Abwicklung der Zuschüsse ergibt sich nach unserer Auffassung wie folgt: Eine erfolgswirksame Verbuchung, also eine Verbuchung als Aufwand in voller Höhe des Zuschusses im Jahr der Zuwendung, scheidet immer dann aus, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des 43 Absatz 2 GemHVO vorliegen: Der Kreis erwirbt zwar nicht das wirtschaftliche Eigentum, jedoch wird die Zuwendung mit einer mehrjährigen, einklagbaren Gegenleistungsverpflichtung verbunden. In diesem Fall ist die geleistete Zuwendung als aktive Rechnungsabgrenzung zu aktivieren ( 43 Absatz 2 Satz 2 GemHVO). Der abgegrenzte Zuschuss wird entsprechend der Erfüllung der Gegenleistungsverpflichtung aufgelöst und stellt in Höhe der jährlich aufzulösenden Beträge Aufwand dar. Werden investive Zuschüsse des Landes mit den Bedingungen des 43 Abs. 2 Satz 2 GemHVO weitergeleitet, ist die erhaltene Zuwendung ebenfalls abzugrenzen und zwar korrespondierend auf der Passivseite. Zu beachten ist, dass eine Brutto-Ausweisung (ARAP in voller Höhe der Zuwendung und entsprechender PRAP für erhaltene Zuwendungen) erforderlich ist. Die jährliche Auflösung des passiven Rechnungsabgrenzungspostens wird über Erträge aus Transferleistungen gebucht. Diese neutralisieren dann den Aufwand aus der Auflösung der aktiven Rechnungsabgrenzung (Transferaufwendungen) 1. Bei entsprechender Bilanzierung hätte sich eine Bilanzverlängerung ergeben, die in zukünftigen Ergebnisrechnungen erfolgsneutral wäre. Die Berechnung der Kreisumlage bleibt somit unberührt. Gleichwohl empfehlen wir, die hieraus resultierenden Korrekturen in der Bilanz sowohl aus Rechtmäßigkeitsgründen vorzunehmen, als auch um eine landesweit einheitliche Bilanzierung zu gewährleisten. Neben den vorstehend aufgeführten Sachverhalten sollte die gesamte Zuschusspraxis unter Berücksichtigung folgender Prüfpunkte in den Blick genommen werden: Wurden Zuschüsse für investive Maßnahmen gewährt? Wurde durch die Gewährung des Zuschusses das wirtschaftliche Eigentum an dem Vermögensgegenstand erworben? 1 Vgl. Neues Kommunales Finanzmanagement, Handreichungen für Kommunen, 3. Auflage, S. 667 und 707. 30

Ist die Gewährung per Zuwendungsbescheid erfolgt? Ist der Zuwendungsbescheid mit einer Gegenleistungsverpflichtung verbunden? Besteht eine einklagbare Rückzahlungsverpflichtung bei Nichteinhaltung der Gegenleistung? Feststellung Der Kreis Borken hat in der Vergangenheit erhaltene und gegebene staatliche Zuschüsse nach dem Kinderbildungsgesetz nach unserer Auffassung nicht nach den rechtlichen Vorgaben gem. 43 Abs. 2 GemHVO abgegrenzt. Nach Angaben des Kreises Borken wurden zwischenzeitlich die Budgetverantwortlichen zur Gestaltung von Zuwendungen an Dritte für Investitionen über die bilanzpolitischen Gestaltungsmöglichkeiten eingehend informiert. Bei größeren Investitionen werden künftig die Bescheid- und Vertragsentwürfe vorab dem Fachdienst Finanzen vorgelegt. 31