Einleitung Kapitel 1 Kapitel 1 Einleitung 1.1 Das österreichische Umsatzsteuerrecht 1.1.1 Umsatzsteuergesetz 1994 Das österreichische Umsatzsteuerrecht ist im Bundesgesetz über die Besteuerung der Umsätze (Umsatzsteuergesetz 1994 UStG 1994), BGBl 663/1994, geregelt. Das UStG 1994 gliedert sich in 31 Paragrafen und 28 Artikel. Die Paragrafen beinhalten den allgemeinen Teil, die Artikel regeln den sogenannten Binnenmarktteil. Zuletzt wurde das UStG 1994 mit BGBl I 40/2014 geändert. Neben dem UStG 1994 besteht das Bundesgesetz über die Vergütung von Steuern an ausländische Vertretungsbehörden und ihre im diplomatischen und berufskonsularischen Rang stehenden Mitglieder (Internationales Steuervergütungsgesetz IStVG), BGBl I 71/2003 idf BGBl I 180/2004, das den Anspruch auf Vergütung von Umsatzsteuer an ausländische Vertretungsbehörden, ie diplomatische Missionen, berufskonsularische Vertretungen sowie ständige Vertretungen bei internationalen Organisationen mit Amtssitz in Österreich, und ihre im diplomatischen und berufskonsularischen Rang stehenden Mitglieder regelt. 1.1.2 Verordnungen zum Umsatzsteuergesetz 1994 Basierend auf den Übergangsvorschriften des 28 Abs 5 UStG und auf Verordnungsermächtigungen im UStG ergingen zahlreiche Verordnungen (VO) durch den Bundesminister für Finanzen. Die wichtigsten Verordnungen sind: VO über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für die Ermittlung der abziehbaren Vorsteuerbeträge bei bestimmten Gruppen von Unternehmern (BGBl 627/1983 idf BGBl II 6/1997 siehe Tz 7.8) VO über die Aufstellung von Schätzungsrichtlinien für die Ermittlung der Höhe des Eigenverbrauchs bei bestimmten Unternehmern und über die Fälligkeit der auf den Eigenverbrauch entfallenden Umsatzsteuer (BGBl 628/1983 idf BGBl 499/1985) VO, mit der ein eigenes Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern an ausländische Unternehmer geschaffen wird (BGBl 279/1995 idf BGBl II 158/2014) siehe Tz 10.4.7 VO über die Verlagerung des Ortes der sonstigen Leistung bei Telekommunikationsdiensten sowie Rundfunk und Fernsehdienstleistungen (BGBl II 383/2003 idf BGBl II 221/2009) siehe Tz 5.3.1.2 und Tz 5.4.1.2 15
Kapitel 5 Sonstige Leistungen Kapitel 5 Sonstige Leistungen 5.1 Begriff der sonstigen Leistung ( 3a UStG) Darunter versteht man alle Leistungen, die nicht in einer Lieferung bestehen. Erfasst sind damit die Dienstleistungen, die in einer aktiven Handlung (Tun) oder einer passiven Handlung (Dulden oder Unterlassen) bestehen können. Beispiele für Dienstleistungen: Tun: Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen, Vermittlungsleistungen, Beförderungsleistungen etc Dulden: Vermietungsleistungen, Überlassung von Rechten, Überlassung von gewerblichen Verfahren und Erfahrungen Unterlassen: Verzicht auf die Wahrnehmung von Rechten, Verzicht auf die Ausübung einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit (Konkurrenzklauseln) Die einer sonstigen Leistung gegen Entgelt gleichgestellten Tatbestände, ie Verwendungseigenverbrauch und unentgeltliche Erbringung sonstiger Leistungen, werden unter Tz 3.3 dargestellt. 5.2 Ort der sonstigen Leistung ( 3a Abs 5 16 UStG) 5.2.1 Unternehmer ( 3a Abs 5 UStG, UStR Rz 638k y) Für die Mehrzahl der sonstigen Leistungen wird bei der Bestimmung des Ortes der sonstigen Leistung unterschieden, ob die sonstige Leistung an einen Unternehmer oder an einen Nichtunternehmer erbracht wird. In der Praxis haben sich dabei die folgenden Begriffe entwickelt: 5.2.1.1 Begriff Leistungen an Bezeichnung Unternehmer Business to Business B2B Nichtunternehmer Business to Consumer B2C Für die Bestimmung des Ortes der sonstigen Leistungen gilt als Unternehmer ein Unternehmer isd 2 UStG, wobei ein Unternehmer, der auch nicht steuerbare Umsätze bewirkt, in Bezug auf alle an ihn erbrachten sonstigen Leistungen als Unternehmer gilt; eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person mit Umsatzsteuer Identifikationsnummer. 68
Sonstige Leistungen Kapitel 5 unternehmerisch tätig UID B2B/B2C Bauunternehmer X (X) B2B Telekommunikationsgesellschaft X (X) B2B Körperschaft öffentlichen Rechts Gemeinnütziger Verein X (X) B2B Privatstiftung Holdinggesellschaft Körperschaft öffentlichen Rechts Gemeinnütziger Verein X B2B Privatstiftung Holdinggesellschaft Körperschaft öffentlichen Rechts Gemeinnütziger Verein B2C Privatstiftung Holdinggesellschaft Kleinunternehmer X B2B Pauschalierter Land- und Forstwirt X B2B Nicht unter die B2B Regelung fallen Dienstleistungen, die an den Unternehmer ausschließlich für seinen privaten Bedarf oder für den privaten Bedarf seines Personals erbracht werden, wenn dies im Zeitpunkt der Leistungserbringung bereits feststeht. Bei gemischter Verwendung richtet sich der Leistungsort jedenfalls nach der B2B Regelung. Der erweiterte Unternehmerbegriff hat jedoch keine Auswirkung auf die Unternehmereigenschaft an sich ( 2 UStG) bzw auf die Berechtigung zum Vorsteuerabzug (siehe Tz 7.2 und Tz 7.3). 5.2.1.2 Nachweis (UStR Rz 638y, 4351 ff) Um die B2B Regelung anzuwenden, muss der leistende Unternehmer nachweisen, dass der Leistungsempfänger Unternehmer ist. Dieser Nachweis erfolgt bei EU Unternehmern durch die UID des Leistungsempfängers. Die Richtigkeit der UID des Leistungsempfängers sollte überprüft werden. 69
Vorsteuern Kapitel 7 Kapitel 7 Vorsteuern 7.1 Allgemeines ( 12 und Art 12 UStG) Ein Unternehmer kann von seiner Umsatzsteuerschuld die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen: die von einem anderen Unternehmer in einer Rechnung an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind; bei Unternehmen, die nach vereinnahmten Entgelten versteuern (ausgenommen Versorgungsunternehmen) und deren Umsätze isd 1 Abs 1 Z 1 und Z 2 UStG 2.000.000, im vorangegangenen Veranlagungszeitraum nicht übersteigen, wenn zusätzlich die Zahlung geleistet worden ist; bei Anzahlungen, wenn eine Anzahlungsrechnung vorliegt und die Zahlung auch vereinnahmt wurde; die entrichtete Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen eingeführt wurden (siehe Tz 4.2.1); die geschuldete und auf dem Abgabenkonto verbuchte Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen eingeführt wurden (siehe Tz 4.2.2); die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für sein Unternehmen (siehe Tz 9.2.2); die von ihm aufgrund des Übergangs der Steuerschuld geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt wurden (zb Bauleistungen, siehe Tz 8.1.3); die beim Dreiecksgeschäft aufgrund des Übergangs der Steuerschuld auf den Empfänger geschuldete Steuer für Lieferungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt wurden (siehe Tz 9.4.3.3); pauschale Vorsteuern einschließlich Reisekosten. 7.2 Nichtabzugsfähige Vorsteuern 7.2.1 Personen- und Kombinationskraftfahrzeuge, Krafträder (UStR Rz 1931 ff) Unabhängig vom Ausmaß der unternehmerischen Verwendung gelten diese Fahrzeuge nicht als Bestandteile des Unternehmens. Die mit diesen Fahrzeugen zusammenhängenden Vorsteuern (Kauf, Leasing, Betrieb) sind daher nicht abzugsfähig. Die Begriffe Personenkraftfahrzeug und Kombinationskraftfahrzeug werden in der Verordnung über die steuerliche Einstufung von Fahrzeugen (BGBl II 193/2002) von 111
Kapitel 7 Vorsteuern den sogenannten Kleinlastkraftwagen und Kleinbussen, für die ein Vorsteuerabzug zusteht, abgegrenzt. Für Details sowie die Liste der betroffenen Pkw siehe https://www.bmf.gv.at/steuern/fahrzeuge/vorsteuerabzugsberechtigte-fahrzeuge.html Ausgenommen sind Fahrschulfahrzeuge, Vorführkraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuge, die ausschließlich zur gewerblichen Weiterveräußerung bestimmt sind, sowie Kraftfahrzeuge, die zu mindestens 80% dem Zweck der gewerblichen Personenbeförderung oder der gewerblichen Vermietung dienen. 7.2.2 Unecht befreite Umsätze (UStR Rz 1991 ff) Tätigt ein Unternehmer ausschließlich oder teilweise unecht befreite Umsätze (siehe Tz 2.4), wie zb Umsätze als Arzt, Grundstücksumsätze, Umsätze als Versicherungsvertreter etc, sind insofern Vorsteuern zur Gänze oder teilweise nicht abzugsfähig. Ein Hausarzt unterhält eine Hausapotheke. Lösung: Vorsteuern, die in unmittelbarem Zusammenhang mit den (unecht steuerbefreiten) Umsätzen als Arzt stehen (siehe Tz 2.4.3), sind nicht abzugsfähig. Vorsteuern betreffend die Hausapotheke kann der Arzt geltend machen, da diese Lieferungen nicht unecht von der Umsatzsteuer befreit sind. Die Aufteilung der Vorsteuern ist wie folgt vorzunehmen: nach Maßgabe der Zurechenbarkeit nach Maßgabe des Umsatzverhältnisses nach einer Mischmethode Ein Handelsvertreter erzielt im Kalenderjahr 2014 Provisionen aus der Vermittlung von Handelswaren in Österreich in Höhe von 100.000,-- und von Lebensversicherungen in Höhe von 50.000,--. Die Summe der Vorsteuern im Jahr 2014 beträgt 6.000,--. Lösung: Die Aufteilung der Vorsteuern kann nach dem Umsatzverhältnis, dh 2:1, vorgenommen werden. Vorsteuern in Höhe von 4.000,-- sind abzugsfähig. Vorsteuern im Zusammenhang mit echt steuerbefreiten Umsätzen (siehe Tz 2.3) und unecht steuerbefreiten Umsätzen aus Finanz und Versicherungsleistungen an Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet sind nicht vom Vorsteuerausschluss betroffen. Auch Vorsteuern im Zusammenhang mit nicht steuerbaren Umsätzen sind grundsätzlich abzugsfähig. Bei nicht steuerbaren Auslandsumsätzen ist zu unterscheiden, ob die Auslandsumsätze, würden sie im Inland erbracht, unecht steuerfrei und damit vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen wären oder nicht. 112
Binnenmarktregelung Kapitel 9 landslieferung an Ö2. Die Lieferung zwischen D1 und D2 unterliegt nicht dem österreichischen Umsatzsteuerrecht. Zur Verbuchung und Erklärung bei Ö1 siehe Tz 9.4.2.1 (2.). Alternative: Ö1 versteuert in Österreich die Einfuhr. Die Lieferung zwischen JP1 und JP2 ist die unbewegte Lieferung und unterliegt nicht dem österreichischen Umsatzsteuerrecht. Die Lieferung zwischen Ö1 und Ö2 ist eine steuerpflichtige Inlandslieferung. Zur Verbuchung und Erklärung bei Ö1 siehe Tz 9.4.2.1 (2.). 9.4.3 Dreiecksgeschäfte (Art 25 UStG, UStR Rz 4291 ff) Das Dreiecksgeschäft ist eine Sonderform des Reihengeschäfts (siehe Tz 9.4.2) mit folgenden Ausprägungen: Drei Unternehmer in drei verschiedenen Mitgliedstaaten schließen über denselben Gegenstand Umsatzgeschäfte ab und dieser Gegenstand gelangt vom ersten Lieferer unmittelbar an den letzten Abnehmer. Die drei Unternehmer werden wie folgt bezeichnet: 1. Unternehmer in der Reihe Lieferer 2. Unternehmer in der Reihe (Mittelsmann) Erwerber 3. Unternehmer in der Reihe (letzter Abnehmer) Empfänger Lieferer Erwerber Empfänger Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit die Vereinfachung für Dreiecksgeschäfte in Anspruch genommen werden kann: Der Erwerber hat keinen (Wohn )Sitz im Inland, wird jedoch im Gemeinschaftsgebiet zur Umsatzsteuer erfasst, der Erwerb erfolgt zur anschließenden Lieferung des Erwerbers im Inland an den Empfänger (Unternehmer oder juristische Person), der für Umsatzsteuerzwecke im Inland registriert ist, die erworbenen Gegenstände stammen aus einem anderen Mitgliedstaat als jenem, in dem der Erwerber zur Umsatzsteuer erfasst ist, die Verfügungsmacht über die erworbenen Gegenstände wird unmittelbar vom Lieferer oder vom Erwerber an den Empfänger verschafft und die Steuer für die Lieferung zwischen dem Erwerber und dem Empfänger wird vom Empfänger geschuldet (Reverse Charge System). 171
Kapitel 9 Binnenmarktregelung Werden diese Voraussetzungen erfüllt, ergeben sich folgende umsatzsteuerliche Konsequenzen für die drei Unternehmer: 9.4.3.1 Lieferer Der Lieferer führt im Ursprungsmitgliedstaat eine innergemeinschaftliche Lieferung aus, die unter den allgemeinen Voraussetzungen steuerfrei ist. Für Nachweise, Rechnungen, Verbuchung und Erklärungen gelten die umsatzsteuerlichen Regelungen unter Tz 9.2.1. Der Unternehmer NL1 aus den Niederlanden bestellt beim Unternehmer D1 aus Deutschland Lacke (Preis: 11.000,--). D1 wiederum bestellt die Lacke bei Ö1 in Österreich (Preis: 10.000,--). Ö1 versendet die Lacke direkt aus seinem österreichischen Lager an NL1 in den Niederlanden. Ö1 verwendet die UID ATU12345678; D1 DE123456789 und NL1 NL123456789B12. Lösung: Da drei Unternehmer aus drei verschiedenen Mitgliedstaaten beteiligt sind und Ö1 als Lieferer die Lacke von Österreich in die Niederlande versendet, liegt ein Dreiecksgeschäft vor. Ö1 führt in Österreich eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung aus. Zur Verbuchung und Erklärung siehe Tz 9.4.2.1 (1.). Der Erwerb von D1 und die anschließende Lieferung von D1 an NL1 unterliegen nicht dem österreichischen Umsatzsteuerrecht. Es empfiehlt sich daher, die umsatzsteuerlichen Konsequenzen in Deutschland und in den Niederlanden zu überprüfen. 9.4.3.2 Erwerber Der Erwerber führt nach der allgemeinen Reihengeschäftsregelung einen innergemeinschaftlichen Erwerb und eine anschließende Inlandslieferung an den Empfänger im Bestimmungsmitgliedstaat aus. Um aber zu verhindern, dass sich der Erwerber im Bestimmungsmitgliedstaat für Umsatzsteuerzwecke registrieren lassen muss, wird der innergemeinschaftliche Erwerb des Erwerbers im Bestimmungsmitgliedstaat von der Erwerbssteuer befreit und die Steuerschuld für die anschließende Inlandslieferung an den Empfänger geht auf den Empfänger über (Reverse Charge System). Im Mitgliedstaat, dessen UID der Erwerber verwendet, gilt der innergemeinschaftliche Erwerb als versteuert. 1. Rechnung des Erwerbers (UStR Rz 4296) Die Rechnungsstellung richtet sich grundsätzlich nach den Vorschriften des Mitgliedstaates, von dem aus der Erwerber sein Unternehmen betreibt (siehe Tz 6.1). Die Rechnung des Erwerbers an den Empfänger weist keine Umsatzsteuer aus, muss 172