Im Blickpunkt. Berufsausbildung in den USA nach deutschem Vorbild. von Daniel Marchi



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28. Januar 2016 Im Blickpunkt Berufsausbildung in den USA nach deutschem Vorbild von Daniel Marchi Der amerikanische Arbeitsmarkt verzeichnet seit Jahren einen Mangel an qualifizierten Fachkräften im produzierenden Gewerbe. Unternehmen beklagen zudem eine Diskrepanz zwischen betrieblichen Anforderungen und den in der Schule und an den Universitäten vermittelten Lerninhalten. Gleichzeitig nehmen Studenten und ihre Eltern hohe Kosten auf sich und müssen sich oftmals sogar verschulden, um eine Hochschulausbildung finanzieren zu können. In Deutschland ist es hingegen mit dem dualen Ausbildungssystem gelungen, mit die geringste Jugendarbeitslosigkeit in Europa zu erzielen, die Produktivität zu steigern und letztendlich eine starke Industrie zu schaffen. Die Ausbildung im Betrieb, begleitet durch Unterricht in der Berufsschule, vermittelt eigenständiges, praxisorientiertes Lernen, was die Aneignung fachlicher und sozialer Kompetenzen unter den Bedingungen der Arbeitswirklichkeit gewährleistet. Aufeinander abgestimmte Ausbildungsprogramme an zwei Lernorten führen so nicht nur zu ersten Berufserfahrungen der Auszubildenden, sondern werden von den kooperierenden Firmen auch finanziert und vergütet. 1 Demzufolge ist in den letzten Jahren das Interesse der Vereinigten Staaten an unternehmensnahen Bildungsangeboten stark gestiegen. Die zuständigen Ministerien für Wirtschaft, Arbeit und Bildung der USA und der Bundesrepublik Deutschland unterzeichneten im Juni 2015 eine gemeinsame Erklärung zur Zusammenarbeit in der beruflichen Bildung. 2 Im Folgenden wird dargestellt, welche dualen Bildungsprogramme in den USA bereits existieren und wie diese Ansätze ausgeweitet werden können. 1 http://www.rgitusa.com/fileadmin/ahk_rgitusa/media/pdf/2012/das_duale_s ystem_mit_seitenzahlen.pdf 2 http://www.rgit-usa.com/de/news-modul/newssingle/artikel/gemeinsame-erklaerung-zur-berufsbildung/

Seite 2 Existierende Projekte nach deutschem Vorbild Das Volkswagen Mechatronics Apprentice Program in Chattanooga im Bundesstaat Tennessee ist ein erfolgreiches Beispiel für ein von einem einzelnen Unternehmen durchgeführten Ausbildungsprogramm nach dem deutschen Modell. Der Autobauer bietet in Kooperation mit dem Chattanooga State Community College eine dreijährige, duale Ausbildung im Bereich Kraftfahrzeugsmechatronik und Automatisierungstechnik an. Nach erfolgreichem Abschluss der Prüfungen, die nach deutschen Standards durchgeführt werden, erhalten die Auszubildenden nicht nur Option zur Beschäftigung im VW-Werk, sondern erfüllen durch den Erwerb des DIHK-Ausbildungszertifikats zusätzlich die Voraussetzungen, um eine gleichwertige Stelle in Deutschland auszuüben. 3 Auch andere deutsche Autohersteller wie Daimler und BMW versuchen mit eigenen Programmen Elemente des deutschen Ausbildungssystems in die USA zu holen. Die Auslandshandelskammer (AHK) USA- Chicago hat mit dem sogenannten Illinois Consortium for Advanced Technical Training (ICATT) eine Blaupause für ein duales Berufsbildungssystem geschaffen, bei dem sich verschiedene kleine und mittelständische Unternehmen (KMUs) aus der Region beteiligen. Für den schulischen Teil der Ausbildung wird der lokale Zusammenschluss durch das Harper College komplementiert und ist somit in der Lage, einen Wechsel aus Theorie und Praxis für angehende Industriemechaniker anzubieten. Der Lehrplan basiert auf deutschen Standards, ist gleichzeitig aber den amerikanischen Bildungsstrukturen und Unternehmensbedürfnissen der teilnehmenden Firmen aus der Maschinenbauund Technologiebranche angepasst. Alle acht Betriebe übernehmen für die dreijährige Ausbildungszeit die volle Höhe der Studiengebühren, ein Stipendium für den Zeitraum der schulischen Ausbildung und zahlen einen gestaffelten Stundenlohn während der betrieblichen Ausbildung, was eine jährliche Investition zwischen $20.000 und $25.000 in jeden einzelnen Auszubildenden bedeutet. Ähnlich wie bei dem VW-Programm wird auch hier das DIHK- Ausbildungszertifikat bei erfolgreichem Abschluss verliehen. 4 Im Unterschied zu diesen beiden Programmen setzt die American Manufacturing Skills Initiative (AMskills) auf eine enge Verknüpfung zwischen High-Schools und Community Colleges. Dieser Ansatz macht Schüler im Alter zwischen 15 bis 18 Jahren mit dem Konzept der dualen Ausbildung vertraut und ebnet den Weg zu einem Hochschulabschluss. 5 Ein weiteres Programm ist das Kentucky FAME, an dem deutsche, amerikanische und japanische Unternehmen teilnehmen um Industriemechaniker auszubilden. 6 Alle diese Beispiele zeigen, dass es 3 https://www.chattanoogastate.edu/engineeringtechnology/partnerships/vw-academy 4 http://www.gaccmidwest.org/fileadmin/ahk_chicago/skilled_ Labor_Documents/ICATT_Fact_Sheet.pdf 5 http://www.amskills.org/ 6 http://www.kyfame.com/students/

Seite 3 bereits verschiedene Initiativen auf lokaler Ebene gibt und es durchaus möglich ist, die Grundidee des dualen Ausbildungssystems in die USA zu übertragen. Gründe für den Erfolg Mit dem dualen VW-Ausbildungsprogramm wirkt das Unternehmen dem eigenen Fachkräftemangel aktiv entgegen und investiert nachhaltig in eine qualifizierte Belegschaft. Individuell auf den Bedarf des Autobauers zugeschnittene Studieninhalte gewährleisten hierbei die Vermittlung von fachspezifischem Wissen sowie kontinuierliche Qualitätsarbeit. Die Auszubildenden sind mit den internen Arbeitsabläufen vertraut und haben während der praktischen Ausbildung fundierte Kenntnisse der Produktionsprozesse erworben, was sie im Vergleich zu externen Bewerbern auszeichnet und kostenaufwendige Fehlbesetzungen stark reduziert. Diese unternehmensbasierte Ausbildung kann zudem einen Impuls für Produktverbesserungen und innovative Entwicklungen geben. Während Volkswagen aufgrund seiner Größe in der Lage ist, ein solches Bildungsprogramm eigenständig durchzuführen, setzt ICATT auf die Zusammenarbeit von regionalen Firmen. Das Konsortium beruht auf der Verständigung auf gemeinsame Bedürfnisse branchenähnlicher Betriebe und bündelt dabei Ressourcen der teilnehmenden Akteure. So werden z.b. die administrativen Kosten sowie Marketingausgaben für ICATT von den Firmen gesamtheitlich übernommen, was sich in dieser Form einzelne KMUs nicht leisten könnten. Auch wenn sich ICATT erst im Anfangsstadium befindet, ist es bereits gelungen, eine Reihe von branchenführenden Unternehmen für das Projekt zu gewinnen, die alle das Problem des Fachkräftemangels erkannt haben und diesem mithilfe des Konsortiums gezielt entgegenwirken wollen. AHKs mit Schlüsselrolle Neben diesen individuellen Vorzügen der einzelnen Initiativen lassen sich die ersten Achtungserfolge der dualen Ausbildung in den USA insbesondere auf die Koordinierungsarbeit der AHKs zurückführen. Ähnlich wie die Industrie- und Handelskammern (IHKs) in Deutschland sind die AHKs ein zentraler Treiber der dualen Bildung, die sich für eine effektive Abstimmung zwischen dem Bildungs- und Beschäftigungssystem einsetzen. So sitzt beispielsweise die AHK USA-Atlanta in der Prüfungskommission des VW-Programms, um eine qualitativ hochwertige Ausbildung nach deutschem Vorbild zu gewährleisten. Im Rahmen der ICATT-Initiative hat die AHK USA-Chicago einen entscheidenden Anteil bei der Identifizierung gemeinsamer Ausbildungsbedürfnisse der Betriebe und stimmt diese mit dem Harper College ab, um einen komplementären Austausch zwischen praktischen und theoretischen Bildungselementen herzustellen. Darüber hinaus unterstützt sie die Unternehmen

Seite 4 beim Auswahlverfahren der Bewerber und ist für die Durchführung der Zwischen- und Abschlussprüfungen verantwortlich. Für Eltern und Auszubildende ist die Kammer zudem erster Ansprechpartner bei organisatorischen Fragen. Somit führt die AHK die einzelnen Interessensgruppen zu einem Verbund zusammen. Herausforderungen und Hindernisse des dualen Ausbildungssystems in den USA Während die IHKs in Deutschland maßgeblich an den standardisierten Schulungsunterlagen und Prüfungen mitwirken, um dadurch eine inhaltlich vergleichbare Ausbildung unabhängig vom Ausbildungsort- und unternehmen zu gewährleisten, stößt das deutsche Modell in den USA in dieser Hinsicht an seine Grenzen. Im Gegensatz zum IHK-System ist das Netzwerk der deutsch-amerikanischen Handelskammern bei Weitem nicht so stark ausgeprägt und kann nur auf regionaler Ebene als Prozessbegleiter fungieren. Die Entwicklung einheitlicher Curricula und Etablierung bundesweiter Standards, damit Auszubildende in Boston, Denver oder San Diego eine gleichwertige Ausbildung und Prüfung durchlaufen, ist nicht zuletzt wegen der Größe des Landes schwierig. Eine besondere Herausforderung stellt die weit verbreitete amerikanische Denkweise dar, dass ein Hochschulabschluss der einzige Weg zu einer erfolgreichen Karriere sei. Dies liegt insbesondere an dem schlechten Ruf der Ausbildung in den USA sowie dem geringen Bekanntheitsgrad des dualen Systems im Vergleich zum traditionellen Hochschulweg. Viele Amerikaner sehen eine Ausbildung als zweitbeste Option nach einem ersten, gescheiterten Karriereanlauf über die Universität an, was das Durchschnittsalter der Auszubildenden von etwa 30 Jahren belegt. 7 Während die duale Ausbildung in Deutschland für 16 bis 18- Jährige der Beginn einer Karriere mit Aufstiegs- und Weiterbildungsmöglichkeiten ist und dies auch oft von den Eltern vorgelebt wird, hat der Weg der beruflichen Bildung in den USA eher das Ansehen einer Einbahnstraße, die zu einem Beruf ohne langfristige Perspektiven führt. Skalierung und Expansion Eine der zentralen Aufgaben der Skalierung von Ausbildungsinitiativen ist es, das negative Ansehen mit den bisherigen Erfolgen der einzelnen Programme zu widerlegen und die Vorteile der dualen Berufsbildung gezielt an die jeweiligen Interessensgruppen zu kommunizieren. Das amerikanische Arbeitsministerium hat aus diesem Grund das Leaders of Excellence in Apprenticeship, Development, Education, and Research (LEADERS) Programm ins Leben gerufen, in dem Organisationen ihre innovativen Ideen teilen und somit als Wegbereiter und Vorbild der dualen Bildung dienen sollen. Der Delegierte der deutschen Wirtschaft (RGIT) ist ebenfalls Teil dieser Initiative und wird durch unterschiedliche Veranstaltungen zur Aufklärung 7 https://www.american.edu/cas/economics/research/upload/2 012-18.pdf

Seite 5 und Förderung des Informationsaustauschs beitragen. Eine effektive Marketing-Kampagne muss aber vor allem auf regionaler Ebene betrieben werden, um Ausbildungsprogramme gezielt ausweiten zu können. Zum Beispiel können die Regionalbüros des US-Arbeitsministeriums und lokale Unternehmensverbände, ähnlich wie die AHKs, den Arbeitgebern, Studenten und Bildungseinrichtungen in der Region die Vorzüge der dualen Ausbildung aufzeigen und in Kampagnen um neue Partner werben. Nicht zuletzt spielt die inhaltliche Weiterentwicklung von Ausbildungsprogrammen eine entscheidende Rolle bei der Ausweitung berufsbildender Systeme. Während sich der regionale Ansatz in Form eines Konsortiums bewährt hat, sollte es nicht darum gehen, möglichst viele Studenten anzuziehen, um die quantitative Bedeutung der dualen Bildung zu steigern. Nur durch kontinuierliches und gesundes Wachstum kann es gelingen, qualitativ hochwertige Berufsprogramme zu etablieren, die Unternehmen und Auszubildende gleichermaßen begünstigen. Dieser Punkt geht Hand in Hand mit einer nachhaltigen finanziellen Förderung. Mit den Zuwendungen in Höhe von $175 Millionen für Ausbildungsprogramme, die die Obama- Administration im September des vergangenen Jahres bekannt gab, 8 ist ein erster Schritt getan, um regionale Initiativen zu unterstützen. Zudem erhalten Unternehmen, die Ausbildungsplätze schaffen, in einigen Bundesstaaten Steuervorteile, was ein wichtiger Anreiz sein kann. Langfristig sollte bei den Betrieben aber die intrinsische Motivation ausschlaggebend sein, um die Entwicklung der eigenen Fachkräfte aktiv voranbringen zu können. Gleichzeitig muss der öffentliche Sektor günstige Rahmenbedingungen schaffen, um dem allgemeinen Interesse die nötige Substanz und Zugkraft zu verleihen. Ein möglicher Weg die Attraktivität des dualen Ausbildungssystems in den USA zu steigern besteht in der besseren Integration von beruflichen und universitären Ausbildungsprogrammen. Wenn es gelingt, den Übergang in eine postsekundäre Bildungseinrichtung nach der Ausbildung zu erleichtern, schließt die Entscheidung zu einer dualen Ausbildung eine akademische Laufbahn nicht aus. Ein solcher Mittelweg kann beispielsweise durch die Anrechnung von erbrachten Studienleistungen während der Ausbildung und die Erlangung eines Abschlusses des besuchten Community Colleges (associate degree) geschaffen werden. Somit stehen nach der abgeschlossenen Ausbildung mehrere Wege offen, was die Ausbildung flexibler gestaltet und somit das Ansehen deutlich verbessert. 8 http://www.dol.gov/apprenticeship/grants.htm

Seite 6 Fazit Zahlreiche Achtungserfolge regionaler Initiativen zeigen, dass das duale Ausbildungssystem in den USA funktionieren und den amerikanischen Fachkräftemangel reduzieren kann. Hierbei gilt es, das deutsche Erfolgsmodell nicht einfach zu kopieren, sondern innerhalb der gegebenen Strukturen und Möglichkeiten Rahmenbedingungen für eine effektive Abstimmung zwischen dem Bildungs- und Beschäftigungssystem zu schaffen. Neben dem Zusammenspiel der einzelnen Interessengruppen ist es vor allem wichtig, die Vorzüge der dualen Berufsbildung zu kommunizieren und Ausbildungsprogramme nachhaltig zu finanzieren. Als langfristiges Ziel ist die stärkere Verknüpfung zwischen dualen Ausbildungsprogrammen und akademischen Studiengängen erstrebenswert, damit die Ausbildung nicht als Beruf, sondern Beginn einer Karriere verstanden wird.