Hintergrundwissen. " Tumorstadium. " postoperativer Tumorrest. " Alter. " Allgemeinzustand



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Transkript:

550 GebFra HandsOn Allgemeine Gynäkologie Onkologie Geburtshilfe Perinatalmedizin Endokrinologie Reproduktionsmedizin Spezialgebiete HandsOn " Primäres Ovarialkarzinom Hintergrundwissen " Operative Therapie " Neoadjuvante Therapie " Systemtherapie " Intraoperative Chemotherapie " Nachsorge " Der Fall: Ovarialkarzinom bei sonografisch nachweisbarem Aszites Eierstockkrebs Therapie des primären Ovarialkarzinoms Tanja Fehm, Regina Fugunt, Cornelia Bachmann, Alexander Marmé, Kostantinos Gardanis, Erich Solomayer, Eva-Maria Grischke Hintergrundwissen In Deutschland erkranken etwa 10 000 Frauen jährlich an einem Ovarialkarzinom. Das durchschnittliche Erkrankungsalter liegt bei 50 60 Jahren. Das lebenslange Erkrankungsrisiko einer Frau, an einem Ovarialkarzinom zu erkranken, liegt bei 1,6%. Zahlreiche Faktoren haben sich als protektiv bzw. risikobehaftet für die Entwicklung eines Ovarialkarzinoms erwiesen (l " Tab. 1). Mit einer Mortalität von 14,5/100 000 Fälle nimmt das Ovarialkarzinom in der relativen Mortalitätsstatistik der gynäkologischen Malignome den ersten Platz ein. Mehr als 90% der Ovarialkarzinome treten sporadisch auf. Wichtig für die Prognose des Ovarialkarzinoms ist v. a. das Stadium der Erkrankung zum Zeitpunkt der Erstdiagnose. Tab. 1 Risiko- und Schutzfaktoren des Ovarialkarzinoms. Risikofaktoren " Lebensalter " Infertilität " Sterilitätstherapie in der Anamnese " Nulliparität " frühe Menarche/späte Menopause " hereditäre Faktoren " Intrauterinpessare " Hormonersatztherapie mit Östrogenen " Endometriose protektive Faktoren " Multiparität " Ovulationshemmer " Tubenligatur " Stillen " Progesteron Unabhängige Prognosefaktoren " Tumorstadium " postoperativer Tumorrest " Alter " Allgemeinzustand " histologischer Tumortyp (klarzellig, muzinös vs. serös-papillär) " Tumorgrading Fast drei Viertel der Fälle werden erst in den fortgeschrittenen Stadien III und IV diagnostiziert, da keine charakteristischen Frühsymptome auftreten und bisher kein effektives Screening für Eierstockkrebs etabliert ist. Klassische Spätsymptome sind: " Zunahme des Leibesumfangs durch Aszites/Tumor " Völlegefühl, Übelkeit " Gewichtszunahme (Aszites), -verlust (Kachexie) " Unterbauchbeschwerden " Dyspnoe (bei Pleuraergüssen) " Subileusbeschwerden, Diarrhö Für das Ovarialkarzinom existieren bis dato keine etablierten Früherkennungsverfahren. Der transvaginale Ultraschall hat für die Diagnostik den größten Stellenwert. Bei Vorliegen entsprechender sonografisch auffälliger Befunde kann mit hoher Wahrscheinlichkeit ein maligner Ovarialbefund diagnostiziert Sonografische Malignitätskriterien von Ovarialtumoren: " Tumorgröße (> 3 5 cm postmenopausal) " papilläre oder solide Anteile in zystischen Raumforderungen

GebFra HandsOn 551 " irreguläre und dicke Zystenwand " multiple Septierung " heterogene Binnenechos " Aszites Die Vaginalsonografie kann durch eine Doppler-Sonografie ergänzt Maligne Ovarialtumoren weisen meist aufgrund der Neoangiogenese eine gesteigerte Perfusion in soliden Arealen sowie ein charakteristisches Doppler-Muster auf. Abb. 1 Situs nach kompletter paraaortaler Lymphonodektomie. Auf keinen Fall dürfen transvaginale oder abdominale Punktionen zystischer Ovarialbefunde durchgeführt werden, da Tumorzellen intraperitoneal ausgesät werden könnten. Die aktuelle Therapie des primären Ovarialkarzinoms besteht aus 2 Säulen: " Operation und " nachfolgende platinhaltige Chemotherapie. Nur bei Stadium FIGO IA G1 kann auf eine Chemotherapie verzichtet Ziel der operativen Therapie ist die möglichst vollständige Entfernung des Tumors (R0-Resektion), da der postoperative Tumorrest einer der wesentlichsten Prognosefaktoren darstellt. Dies gilt sowohl für frühe (I IIA) als auch für fortgeschrittene Stadien (IIB IV). Die Standardchemotherapie beim fortgeschrittenen Ovarialkarzinom ist die Kombination aus Carboplatin AUC5 und Paclitaxel 175 mg/m 2 alle 3 Wochen. Eine neoadjuvante Chemotherapie sollte nur in Rahmen von Studien durchgeführt Die vollständige Entfernung von möglichst allen makroskopisch sichtbaren Tumorgeweben schafft die Voraussetzung für eine bestmögliche Wirkung der Chemotherapie. Step 1: Operative Therapie Frühes Ovariallkarzinom (FIGO I IIA) Zum Zeitpunkt der Primärdiagnose ist nur bei ca. 30% der Ovarialkarzinom-Patientinnen die Erkrankung auf das kleine Becken begrenzt (Stadium I IIA). Die Prognose in diesen Stadien ist bei optimaler Primärtherapie gut. Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt zwischen 65 und 90%. Eine Ruptur des Tumors sollte unter allen Umständen vermieden werden, da es zu einer Disseminierung von Tumorzellen kommen kann. Ein inkomplettes Staging kann nicht durch die nachfolgende adjuvante Chemotherapie ausgeglichen Falls ein Stadium FIGO IA, G1 vorliegt, ist bei bestehendem Kinderwunsch gegebenenfalls ein Fertilitätserhalt möglich unter der Voraussetzung eines optimalen chirurgischen Stagings. Operationsschritte beim frühen Ovarialkarzinom " Längsschnittlaparotomie " multiple Peritonealbiopsien (Harnblase, Douglas, Peritoneum, parakolische Rinne, Zwerchfell) " multiple Biopsien aus auffälligen Regionen " Perionealzytologie " ausführliche Inspektion und Palpation der gesamten Abdominalhöhle " hohe Adnexexstirpation beidseits (Cave: Kapselruptur) " Hysterektomie " Omentektomie infrakolisch " Appendektomie (falls muzinöser oder unklarer Tumortyp) " pelvine und paraaortale Lymphonodektomie bis zur V. renalis bei R0-Resektion Fortgeschrittenes Ovarialkarzinom (FIGO IIB IV) Im Rahmen der Operation sollte auch bei Patientinnen mit fortgeschrittenem Ovarialkarzinom möglichst eine R0-Resektion erreicht Auch in den frühen Stadien ist die systematische pelvine und paraaortale Lymphonodektomie (LNE) bis zur V. renalis notwendig, da auch bei vermeintlichen T1-Tumoren in ca. 20 25% der Fälle ein Befall der Lymphknoten vorliegt (l " Abb. 1).

552 GebFra HandsOn Bei bis zu 30 50% aller Fälle sind auch Darmresektionen sowie weitere Oberbaucheingriffe (z. B. Splenektomie, Cholezystektomie, Pankreasteilresektion) notwendig, um eine Tumorfreiheit zu erreichen. Es sollte im Fall einer peritonealen Tumoraussaat eine adäquate Deperitonealisierung durchgeführt werden und so eine makroskopische R0-Resektion bzw. eine maximale Tumorreduktion erreicht Falls keine In-sano-Resektion erzielt werden kann, sollte dennoch die maximale Reduktion der Tumorlast angestrebt werden, da auch Patientinnen mit Tumorresten < 1 cm noch einen signifikanten Überlebensvorteil gegenüber Patientinnen mit Resttumor > 1 cm haben. Die Größe des postoperativen Tumorrests gilt als wichtigster Prognosemarker und ist direkt proportional zum Gesamtüberleben. Im Sinne des optimalen Tumordebulkings sollten auch vergrößerte pelvine und paraaortale Lymphknoten entfernt In welcher Situation eine systemische komplette Lymphonodektomie durchgeführt werden soll, ist noch nicht abschließend geklärt. Die einzige bisherige prospektiv randomisierte Studie zur Lymphonodektomie konnte nur einen Benefit zugunsten des progressionsfreien Überlebens, aber nicht des Gesamtüberlebens aufzeigen. Die aktuellen AGO-Leitlinien empfehlen derzeit eine systematische Lymphonodektomie bei kompletter Tumorresektion. Step 2: Neoadjuvante Therapie Die neoadjuvante Therapie beim Ovarialkarzinom wurde im Rahmen von verschiedenen klinischen Studien evaluiert. Eine Metaanalyse aus 26 retrospektiven Studien konnte jedoch keinen klinischen Benefit zeigen bzw. ergab tendenziell eine Verschlechterung der Prognose. Aus diesem Grund ist die präoperative Chemotherapie nur bei solchen Patientinnen zu diskutieren, bei denen aufgrund folgender Kriterien keine optimale Tumorreduktion möglich ist (l " Abb. 2): " ausgeprägte Peritonealkarzinose, " Infiltration der Mesenterialwurzel oder " ausgedehnter Befall des Dünndarms. Bis dato wurden keine Auswahlkriterien prospektiv definiert, welche Patientinnen von einer neoadjuvanten Therapie gegenüber dem Standardvorgehen profitieren. Step 3: Systemtherapie Frühes Ovarialkarzinom (FIGO I IIA) Alle Patientinnen mit dem FIGO-Stadium I IIA außer Patientinnen mit FIGO-Stadium IA G1 sollten eine platinhaltige Chemotherapie erhalten. Basierend auf den aktuellen Leitlinien S2k der Kommission Ovar der AGO sollte eine platinhaltige Chemotherapie mit insgesamt 6 Zyklen erfolgen. Abb. 2 Situs einer inoperablen Ovarialkarzinompatientin. Der Dick- und Dünndarm sind komplett mit dem Tumor verbacken. Fortgeschrittenes Ovarialkarzinom (FIGO IIB IV) Weiterhin ist die Standardtherapie bei Patientinnen mit FIGO IIB IV eine Therapie mit 6 Zyklen Carboplatin AUC5 und Taxol 175 mg/m 2 mit einem 3-wöchigen Intervall. Zahlreiche Studien wurden bereits mit dem Ziel der Therapieoptimierung durchgeführt. Ansätze in Form einer Therapieverlängerung (> 6 Zyklen) oder einer Dosiseskalation haben keinen therapeutischen Benefit gezeigt, führten allerdings zu einer Zunahme der Toxizitäten. Dies trifft auch für die Addition einer weiteren Substanz (3. Substanz) zur Standardtherapie (Carboplatin/ Taxol) zu. Überprüft wurden hier therapeutische Ansätze wie die zusätzliche Gabe von Topotecan (AGO Ovar 7), Epirubicin im Rahmen der AGO-Ovar-5-Studie und auch Gemcitabin im Rahmen der AGO Ovar 9. Erst der Einsatz antiangiogenetischer Substanzen (in Form des Antikörpers Bevacizumab), der im Rahmen von Studien beim primären Ovarialkarzinom eingesetzt wurde, hatte zu einer Verbesserung des progressionsfreien Überlebens (PFS) geführt. Dies konnte im Rahmen von 2 prospektiv randomisierten Phase-III- Studien (GOG218/AGO Ovar 11/ICON 7) bestätigt Bei FIGO IIIB IV ist somit der zusätzliche Einsatz von Bevacizumab in der Primärtherapie zu erwägen. Zugelassen ist Bevacizumab in Kombination mit Carboplatin und Paclitaxel und als Erhaltungstherapie für insgesamt 15 Monate in der Dosierung 15 mg/kg bei Patientinnen mit Ovarialkarzinom in den FIGO-Stadien IIIB, IIIC und IV. Aktuell wird die Dauer der Bevazicumabtherapie (15 vs. 30 Monate) noch überprüft. Zu präferieren ist eine Therapie im Rahmen der Studie AGO Ovar 17. Das Studiendesign kann unter www.ago-ovar.de eingesehen

GebFra HandsOn 553 Tab. 2 Nachsorgeintervalle beim Ovarialkarzinom. Jahre nach Primärtherapie Anamnese klinische Untersuchung/ rektovaginale Palpation Bildgebung Transvaginalsonografie Mammografie 1 3 alle 3 4 Monate alle 3 4 Monate alle 3 4 Monate jährlich 4 6 halbjährlich halbjährlich halbjährlich jährlich > 6 jährlich jährlich jährlich jährlich Step 4: Intraoperative Chemotherapie Der routinemäßige Einsatz der intraperitonealen Chemotherapie (IP) in der Primärsituation wird derzeit noch kritisch diskutiert. Daten aus Phase-II-Studien zeigen ein mögliches Absenken der Rezidivraten nach IP-Therapie um 10 20% gegenüber nicht behandelten Kontrollgruppen. Das Hauptproblem der IP liegt jedoch in ihrer ausgeprägten Toxizität sowie in katheterassoziierten Komplikationen. Bisher ist die IP nicht mit dem Standard Carboplatin/Taxol verglichen worden. Daher ist die IP derzeit auch nicht als Standard in der Primärtherapie des Ovarialkarzinoms anerkannt. Step 5: Nachsorge Nach Abschluss der Primärtherapie wird die Patientin in die Nachsorge überführt. Ziele der Nachsorge insbesondere beim Ovarialkarzinom sind: " (Früh-)Erkennung des Rezidivs und Initiierung weiterführender Therapiemaßnahmen " Erkennung und Behandlung therapieassoziierter Nebenwirkungen " Lebensstilberatung und psychosoziale Beratung " Rehabilitationsmaßnahmen Nachsorgeuntersuchungen Nach Abschluss der Primärtherapie sehen die Leitlinien der AGO- Organkommission Ovar bzw. die gynäkologischen Leitlinien im Rahmen der Nachsorge bei symptomfreien Patientinnen folgende Untersuchungen vor: " regelmäßige sorgfältige Anamneseerhebung " körperliche Untersuchung inkl. gynäkologischer Spiegel- und Tastuntersuchung " rektale Untersuchung " Vaginalsonografie Die zeitlichen Intervalle sind in l " Tab. 2 zusammengefasst. Die routinemäßige Bestimmung von Tumormarkern ist bei Beschwerdefreiheit nicht empfohlen. Bei klinischer Symptomatik wird zusätzliche apparative und laborchemische Diagnostik empfohlen je nach Beschwerden z. B.: " Röntgenthorax " Abdominalsonografie " ggf. Durchführung einer Computertomografie " Kernspinuntersuchung " Tumormarkerkontrolle (CA 125, CEA, CA 19-9) Aufgrund einer erhöhten Inzidenz von Mammakarzinomen bei Ovarialkarzinom-Patientinnen wird eine jährliche Mammadiagnostik (klinische Untersuchung, Mammografie und Mammasonografie) empfohlen. 98% der Patientinnen mit einer Rezidiverkrankung können in der Nachsorge allein anhand einer ausführlichen Anamnese, der körperlichen Untersuchung und der Bestimmung des CA 125 identifiziert Überwiegend stellt sich eine Rezidivmanifestation als diffuse Peritonealkarzinose oder als zystische Formation im kleinen Becken dar. Fernmetastasen in einer Rezidivsituation sind v. a. in der Leber und der Lunge und etwas weniger häufig in Gehirn und Pleura zu finden. Bei Patientinnen mit Rezidiv im kleinen Becken hat die vaginale Untersuchung im Vergleich zu Vaginalsonografie und Computertomografie die höchste Sensitivität. Zusätzliche bildgebende Verfahren erbringen keine weiteren klinisch relevanten Informationen und sollten daher nur vor etwaigen geplanten chirurgischen oder sonstigen therapeutischen Maßnahmen eingesetzt Das rezidivfreie Intervall nach abgeschlossener Primärtherapie ist entscheidend für das Vorgehen in der Rezidivsituation. Ist das rezidivfreie Intervall länger als 6 Monate, gelten die Patientinnen als platinsensitiv. Eine Re-Induktion mit einer platinhaltigen Chemotherapie ist möglich. Bei lokalisiertem Rezidiv sollte eine operative Sanierung durchgeführt Bei platinrefraktären Patientinnen (Rezidiv innerhalb von 6 Monaten) ist die Prognose in der Regel ungünstig. Mögliche Therapieoptionen sind eine Systemtherapie mit Topotecan, pegyliertem Doxorubicin oder einem Taxan (falls noch nicht verabreicht). Literatur bei den Autoren. Korrespondenz Prof. Dr. Tanja Natascha Fehm Frauenklinik Universitätsklinikum Düsseldorf tanja.fehm@med.uni-duesseldorf.de

554 Der interessante Fall Eierstockkrebs Ovarialkarzinom bei sonografisch nachweisbarem Aszites Tanja Fehm, Regina Fugunt, Cornelia Bachmann, Alexander Marmé, Kostantinos Gardanis, Erich Solomayer, Eva-Maria Grischke Vorgeschichte 50-jährige Patientin (II Gravida/II Para). Seit 3 Wochen Bauchumfangszunahme und Blähungen. Z. n. 2 Spontanpartus, Z. n. Abrasio wegen Hypermenorrhöen 2001. Keine weiteren internistischen Vorerkrankungen; keine regelmäßige Krebsvorsorge beim Gynäkologen. Vorstellung beim Hausarzt zur weiteren Abklärung der Beschwerdesymptomatik. Diagnose Sonografisch V. a. Ovarialkarzinom bei sonografisch nachweisbarem Aszites und zystischem Unterbauchtumor; CA 125: 598 U/ml. Therapie " 03/2002 Längslaparotomie mit ovarialkarzinomtypischer Operation: Längsschnitt, Hysterektomie, Adnexektomie beidseits, Douglasektomie, pelvine und paraaortale Lymphonodektomie, Omentektomie. Die Histologie ergibt ein mäßig differenziertes, serös papilläres Zystadenokarzinom. Tumorstadium: pt3b G2 pn0 M0 L0 R0. " 04 08/2002 6 Zyklen Taxol/Carboplatin. CA 125 posttherapeutisch im Normbereich. " 01/2007 Stuhlunregelmäßigkeiten, Unterbauchschmerzen. Tumormarker: CA 125: 165 U/ml. CT: tumoröse Raumforderung im kleinen Becken, zystisch solide mit einer Größe von 6 cm. " 01/2007 Rezidivoperation mit Tumorexstirpation im kleinen Becken, anteriore Rektumresektion mit End-zu-End-Anastomose. In der Histologie zeigt sich ein Rezidiv eines serös papillären Ovarialkarzinoms, makroskopisch R0. " 02 07/2007 Re-Induktion mit 6 Zyklen Chemotherapie Carboplatin (AUC 5) und Gemzar. Auf Taxol wird verzichtet; die Patientin hat persistierende Polyneuropathie. " 01/2008 klinisch Aszites, erneuter Anstieg von CA 125 auf 728 U/ml, CT: V. a. diffuse Peritonealkarzinose, mehrere Leberfiliae. " 02 07/2008 Therapie mit 6 Zyklen pegyliertem Doxorubicin, darunter Befundregression. CA 125: 60 U/ml. " bis 01/2009 stabile Erkrankung. Kommentar Die Besonderheit bei diesem Fall ist das lange rezidivfreie Intervall. Bei lokalisiertem Ovarialkarzinom-Rezidiv und hoher Wahrscheinlichkeit auf eine R0-Resektion erfolgte zunächst die operative Sanierung. Bei Platinsensibilität wurde eine Re-Induktion mit Carboplatin durchgeführt. Aufgrund der ausgeprägten durch Taxol bedingten Polyneuropathie wurde nun jedoch eine Kombination mit Gemcitabin gewählt. Das Zweitrezidiv trat bereits nach 5 Monaten auf. Bei Aszites und ausgedehnten Leberfiliae wurde von einer erneuten Operation Abstand genommen. Es erfolgte eine Chemotherapie mit pegyliertem Doxorubicin. Die Patientin sprach sehr gut an und blieb bis Anfang 2009 stabil.