Wie führt eine Führungskraft? Überlegungen zur Rolle und zur Qualifikation von Führungskräften in Wirtschaft und Verwaltung Vortrag in der Reihe Wissenschaft trifft Wirtschaft Prof. Dr. rer. nat. Achim Michalke Wolfenbüttel, 08.06.2004 Masterstudiengang an der Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel Informationen im Internet unter www.m-tm.de oder telefonisch unter 05331/939-4900, Fax -4902
Schaubild 1 Inhalt Warum brauchen wir überhaupt Führung? Welche Aufgaben hat eine Führungskraft? Welche Qualifikationen benötigt man dazu? Wie kann man diese Qualifikationen erwerben? Was bleibt zu tun?
Schaubild 2 Warum brauchen wir Führung? Organisatorische Begründung Soziologische Begründung Aufgaben sind so komplex, dass sie nur noch durch extreme Spezialisierung effizient durchgeführt werden können Diese Spezialisierung verlangt eine effiziente Koordination der Einzeltätigkeiten und einen Interessenausgleich der Beteiligten Das Prinzip Führung hat sich bislang als das effektivste für diese Koordinationsaufgabe erwiesen Der Mensch als Herdentier ist auch entwicklungsgeschichtlich auf Arbeitsteilung in der Gruppe fixiert Nur für eine Minderheit ist das Risiko der Selbständigkeit erstrebenswert; die Mehrheit sucht die Geborgenheit in der geführten Gruppe Gut geführt werden wird durchaus als angenehm und erstrebenswert empfunden (von der Mehrzahl der Betroffenen) Diese Begründungen sind natürlich nicht unabhängig, sondern bedingen einander
Schaubild 3 Welche Aufgaben hat Führung? Aufgabenstellung Die Ressourcen (primär Arbeitskraft und Fähigkeiten der Mitglieder, aber auch Budgets, Informationen und Kontakte) so einzusetzen, dass das Ziel der Gruppe (dieses kann sehr unterschiedlich sein) bestmöglich erreicht wird Konsequenzen Entscheidendes Erfolgskriterium für Führung ist die Zielerreichung der Gruppe als Ganzes; alle anderen Kriterien können nur sekundär sein und müssen sich an diesem Ziel orientieren. Führung ist per definitionem eine ganzheitliche Aufgabe. Die Wahrnehmung nur von Teilen dieser Aufgabe ist offensichtlich nicht zielführend.
Schaubild 4 Aus welchen Elementen konstituiert sich Führung? Kurzfristige Perspektive Langfristige Perspektive Steuerung Zuordnung von Teilaufgaben Entscheidung über Ressourcen Sicherstellen des Informationsflusses Motivation und Konfliktmanagement Entwicklung strategische Planung der Entwicklung Akquisition von Ressourcen Veränderung der Strukturen persönliche Entwicklung der Mitglieder Repräsentation Vertretung der Gruppe gegenüber Dritten (Kollegen, Vorgesetzte, Geschäftspartner) Verantwortung der Aktivitäten und der Ergebnisse der Gruppe Intern ausgerichtet Extern
Schaubild 5 Kernelement von Führung: Steuerung der Gruppe Die Stärken und Schwächen der Gruppenmitglieder und ihre Leistungsfähigkeit genau kennen Die rechtlichen, wirtschaftlichen, technischen und sonstigen Randbedingungen für die Arbeit der Gruppe kennen Koordination Die (Teil-)Aufgaben den Gruppenmitgliedern zuweisen und deren Erledigung überwachen Über die Verwendung von Ressourcen (Budgets) und über Gestaltung und Abschluss von Vereinbarungen entscheiden Unterstützung Den Informationsfluss innerhalb der Gruppe und zu den externen Partnern sicherstellen Die Motivation der Gruppe stärken und gegebenenfalls Konflikte unter Kontrolle bringen und beilegen
Schaubild 6 Nicht weniger wichtig: Entwicklung der Gruppe Die zukünftigen Anforderungen des Marktes bzw. der Vorgesetzten an die Gruppe voraussehen Innovations- und Entwicklungspotenziale für Mitglieder und Strukturen der Gruppe einschätzen Strategische Planung Qualitative und quantitative Vorstellungen über die zukünftige Arbeit der Gruppe entwickeln und vermarkten Potenzialentwicklung Erforderliche Ressourcen (Personen, Budgets, Informationen und Kontakte) für die Gruppe akquirieren Die Strukturen und Prozesse in der Gruppe optimieren und an zukünftige Anforderungen anpassen Die Mitglieder der Gruppe persönlich weiterentwickeln und für zukünftige Aufgaben qualifizieren
Schaubild 7 Repräsentation und Verantwortung Repräsentation Verantwortung Die Führungskraft ist der formale Repräsentant der Gruppe nach außen und Mittler zwischen internen und externen Beziehungen Die Führungskraft vertritt und verantwortet die Aktivitäten der Gruppe nach außen Wer führt, der entscheidet. Wer entscheidet, übernimmt damit automatisch (Selbst-)Verantwortung für die Entscheidungen. Diese Verantwortung gilt den persönlichen Zielen der Führungskraft. Verantwortung für externe Ziele bedarf einer expliziten Vereinbarung. Führung ohne Selbstverantwortung ist prinzipiell nicht möglich. Fremdverantwortung kann nur vereinbart, nicht delegiert werden.
Schaubild 8 Welche Qualifikationen benötigt eine Führungskraft? Fachkompetenz Inhaltliches Wissen und Erfahrung zu dem (z.b. technischen) Aufgabenbereich der Gruppe in seiner Gesamtheit und Führungskompetenz Wissen um die wirtschaftlichen, rechtlichen, organisatorischen und sozialen Aspekte der Aktivitäten sowie die Fähigkeit zur Anwendung der wesentlichen Führungswerkzeuge Mit zunehmender Führungsverantwortung (Hierarchiestufe) gewinnt die Führungskompetenz gegenüber der Fachkompetenz immer mehr an Bedeutung nehmen die Anforderungen an die Detailtiefe der Fachkompetenz ab, die Anforderungen an die Breite der Fachkompetenz dagegen eher zu
Schaubild 9 Kann man Führungskompetenz lernen? Das erforderliche Wissen und einen großen Teil der Fähigkeiten: erlernbar Für die Führung relevante soziale und intellektuelle Fähigkeiten: nicht erlernbar, aber trainierbar Betriebswirtschaftliche Grundlagen Juristisches Basiswissen Organisatorische Kenntnisse Psychologische und soziologische (gruppendynamische) Grundlagen Managementwerkzeuge wie EDV, Marketing, Qualitätsmanagement Fähigkeit zur Herbeiführung und zur Durchsetzung zielgerichteter Entscheidungen Fähigkeit zur Entwicklung und zur Realisierung von innovativen Veränderungen Fähigkeit zur Führung und persönlichen Entwicklung von Mitarbeitern Führungskompetenz kann in weiten Teilen gezielt erworben werden, wenn gewisse persönliche Grundvoraussetzungen gegeben sind
Schaubild 10 Übersicht über wesentliches Führungswissen Betriebswirtschaftliches Basiswissen (Kostenrechnung, Controlling, Finanzierung, Geschäftsplanung, Wertrechnung) Organisations fähigkeiten Prozessmgmt., Projektmgmt., Zeitmanagement Informationstechnologie Strategie Kenntnis wesentlicher Managementwerkzeuge Marketing Qualitäts- und Umweltmgmt. Psychologisches und soziologisches Basiswissen (Kommunikation, Gruppenverhalten, Konfliktmanagement, Persönlichkeitsentwicklung) Juristisches Basiswissen Wirtschaftsrecht Handelsrecht Steuerrecht Arbeitsrecht Sozialrecht Vertragsrecht
Schaubild 11 Wie steht es um die Führungskompetenz heute? Führungskompetenz ist anerkannt eine ganz wesentliche Voraussetzung für bzw. organisatorischen Erfolg und Führungskompetenz ist (unter gewissen Voraussetzungen) zu wesentlichen Teilen erlernbar bzw. trainierbar aber Die Heranbildung von Führungskompetenz wird (im Vergleich zur Fachkompetenz) weiterhin vernachlässigt Speziell im mittleren Management findet oft gar keine gezielte Förderung von Führungskompetenz statt mit der Konsequenz, dass sich der Führungsnachwuchs die erforderlichen Fähigkeiten on the job von Vorbildern aneignet, die meist ebenfalls nicht über eine Ausbildung verfügen die Führungsqualität in den meisten deutschen Unternehmen und Verwaltungen stark verbesserungsbedürftig ist
Schaubild 12 Wo liegen die Ursachen dafür? Mögliche Erklärungen Der Bedarf an kompetenter Führung ist in der Industrie relativ neu. Früher reichte für die meisten Funktionen ein Führen nach dem Command and Control -Prinzip aus. Erst mit der Automatisierung ist kompetente Führung auf allen Ebenen gefragt Das Wissen um die Bedeutung und Erlernbarkeit von Führungskompetenz ist bei den meisten Führungskräften noch gering. Hier besteht ein Teufelskreis. Möglicherweise bestehen auch Ängste, den Nachwuchs besser auszubilden als sich selbst. Trotz umfangreichster Aktivitäten zu den meisten Einzelthemen wird Führung als ganzheitliches Konzept in Wissenschaft und Literatur kaum diskutiert. Führung als holistische Aufgabe passt nur schwer in die Spezialistenstruktur der heutigen Wissenschaft. Das Ausbildungsangebot ist sehr unübersichtlich und befindet sich zumeist in den Randbereichen oder außerhalb der klassischen Ausbildungswege.
Schaubild 13 Was bleibt zu tun? Unternehmensführung Sich und anderen die Bedeutung von Führungskompetenz bewusst machen Führungskompetenz nach dem richtigen Maß messen, nämlich dem (langfristigen) Erfolg der Gruppe Der Führungskompetenz (z.b. bei der Stellenbesetzung) die gleiche Bedeutung einräumen wie der Fachkompetenz Möglichkeiten zur persönlichen Entwicklung von Führungskompetenz anbieten; ggf. betriebliche Teufelskreise aufbrechen Nachwuchsführungskräfte Sich der Inhalte und Bedeutung von Führungskompetenz bewusst sein Eine ganzheitliche Sichtweise auf die Führungsaufgabe entwickeln, sich als Generalist verstehen Sich öffnen für Lerninhalte und Erfahrungen außerhalb des eigenen Fachwissens, eigene Defizite erkennen Möglichkeiten zur persönlichen Entwicklung von Führungskompetenz suchen; ein persönliches Entwicklungsprogramm aufstellen