Aus der Medizinischen Klinik, Abteilung Innere Medizin III der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Breisgau, Prof. Dr. Ch. Bode



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Transkript:

I Aus der Medizinischen Klinik, Abteilung Innere Medizin III der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Breisgau, Prof. Dr. Ch. Bode Einfluß und Wirksamkeit von Propafenon auf ischämiebedingte EKG-Veränderungen und ventrikuläre Arrhythmien während akutem, iatrogen induziertem Koronarverschluß (PTCA) im Vergleich zu Placebo I N A U G U R A L D I S S E R T A T I O N zur Erlangung des Medizinischen Doktorgrades der Medizinischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau Vorgelegt: 25 von: Karin Deisenberger geboren in: Friedrichshafen

II Dekan: Prof. Dr. med. Christoph Peters 1. Gutachter: Prof. Dr. med. Manfred Zehender 2. Gutachter: PD Dr. med. Jürgen Martin Jahr der Promotion: 25

I Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 1 2. Antiarrhythmika 4 2.1 Klassifikation der Antiarrhythmika 4 2.1.1 Klasse I: Natriumkanalblocker 4 2.1.2 Klasse II: β-adrenorezeptorenblocker 7 2.1.3 Klasse III: Kaliumkanalblocker 7 2.1.4 Klasse IV: Kalziumkanalblocker 8 2.2 Propafenon 9 2.2.1 Chemische Eigenschaften 9 2.2.2 Pharmakokinetik 1 2.2.3 Pharmakodynamik 12 2.2.3.1 Elektrophysiologische Zelleffekte 12 2.2.3.2 Klinische Elektrophysiologie 13 2.2.3.3 Hämodynamische Effekte 14 2.2.4 Therapeutische Wirksamkeit 15 2.2.5 Nebenwirkungen 17 2.2.5.1 Kardiovaskuläre Nebenwirkungen 17 2.2.5.2 Nichtkardiale Nebenwirkungen 18 2.2.6 Kontraindikationen 19 2.2.7 Interaktionen 19 3. Methode 2 3.1 Patientenkollektiv 22 3.1.1 Einschlußkriterien 22 3.1.2 Ausschlußkriterien 22 3.2 Studienplan 23 3.2.1 1. Abschnitt: vor PTCA 23 3.2.2 2. Abschnitt: PTCA-Phase 25 3.2.3 3. Abschnitt: nach PTCA 25 3.3 Prüfparameter und Datenerhebung während des 1. Abschnitts 25 3.3.1 Diagnostische Koranarangiographie und koronarer Gefäßstatus 25 3.3.2 Anamnese der Angina pectoris Symptomatik, kardiale Risikofaktoren und kardiale Vorgeschichte 26 3.3.3 Medikamentenanamnese 27 3.3.4 Bestimmung der Routinelaborparameter 27 3.3.5 12-Kanal-Oberflächen-EKG 28

II 3.3.6 Langzeit-EKG 29 3.3.6.1 Aufzeichnung des Langzeit-EKG s 3 3.3.6.2 Computerassistierte Auswertung des Langzeit-EKG s 31 3.3.6.2.1 Rhythmusanalyse 32 3.3.6.2.2 ST-Strecken-Analyse 33 3.3.6.2.3 Langzeit-EKG-Report 35 3.3.7 Belastungs-EKG 37 3.3.8 Myokardszintigraphie 4 3.4 Prüfparameter und Datenerhebung während des 2. Abschnitts 41 3.4.1 Begleitmedikation 41 3.4.2 Applikation der Studienmedikation 41 3.4.3 Standardisierte perkutane transluminale Koronarangioplastie 42 3.4.4 Standardisierte EKG-Registrierung während PTCA 43 3.4.5 Zielvariablen zur Erfassung einer Myokardischämie 45 3.4.5.1 Definierte EKG-Veränderungen während und nach PTCA 45 3.4.5.2 Angina pectoris während PTCA 45 3.4.6 Erfassung von Komplikationen 46 3.5 Prüfparameter und Datenerhebung nach PTCA 46 3.6 Nebenwirkungen 46 3.7 Sicherheitskriterien 47 3.8 Statistische Methoden 48 4. Ergebnisse 49 4.1 Ergebnisse des 1. Abschnitts: vor PTCA 49 4.1.1 Basisdaten der Behandlungsgruppen 49 4.1.1.1 Nicht-kardiale Begleiterkrankungen 49 4.1.1.2 Koronare Herzkrankheit und Herzinsuffizienz 5 4.1.1.3 Koronarstatus 52 4.1.1.4 kardiale Begleitmedikation 53 4.1.2 Langzeit-EKG 54 4.1.3 Ergometrie 57 4.1.3.1 Belastbarkeit und Herzfrequenzverhalten während Belastung 57 4.1.3.2 Angina pectoris und ST-Streckenverhalten unter Belastung 58 4.1.3.3 Ventrikuläre Arrhythmien unter Belastung 59 4.1.4 12-Kanal-Oberflächen-EKG vor Bolusgabe Propafenon/Placebo und PTCA 6

4.2 Ergebnisse des 2. Abschnitts: PTCA-Phase 61 III 4.2.1 Basisdaten aller PTCA-Versuche 61 4.2.2 ST-Streckenveränderungen während PTCA 62 4.2.2.1 Erster PTCA-Versuch 62 4.2.2.2 Zweiter PTCA-Versuch 65 4.2.2.3 Dritter PTCA-Versuch 68 4.2.2.4 Endstreckenveränderungen im Vergleich 1.-3. PTCA 72 4.2.3 ST-Streckenverhalten in der Reperfusionsphase nach der 1. 3. PTCA 73 4.2.4 Angina pectoris während der 1. - 3. PTCA 75 4.2.5 Auftreten ventrikulärer Arrhythmien während und nach der 1.-3. PTCA 76 4.2.6 QRS und QT - Intervall während PTCA 78 4.2.7 Subgruppenanalyse 8 4.2.7.1 ST-Streckenverhalten bei Patienten mit Myokardinfarkt in der Vorgeschichte 8 4.2.7.2 ST-Streckenverhalten bei Patienten ohne Myokardinfarkt in der Vorgeschichte 82 4.2.7.3 Angina pectoris bei Z.n. Myokardinfarkt und ohne Myokardinfarkt in der Anamnese 85 4.2.7.4 QRS- und QT-Intervall bei Z.n. Myokardinfarkt und ohne Myokardinfarkt in der Anamnese 87 4.3 Ergebnisse des 3. Abschnitts: nach PTCA 89 4.3.1 Unerwünschte Begleiterscheinungen 89 4.3.2 Laborparameter vor und nach PTCA 9 4.3.3 Körperliche Untersuchung 92 5. Diskussion 93 5.1 Klinische Charakteristika der Behandlungsgruppen 93 5.2 Ischämisches Potential der Behandlungsgruppen vor PTCA 95 5.3 Beeinflußbarkeit myokardialer Ischämie durch Propafenon anhand elektrokardiografischer Veränderungen und Angina pectoris Symptomatik während PTCA im Vergleich zu Placebo 98 5.4 Beeinflussungen der QRS-Dauer und QT-Zeit während PTCA durch Propafenon im Vergleich zu Placebo 12 5.5. Beeinflußbarkeit der Inzidenz und Schwere ventrikulärer Arrhythmien während akuter myokardialer Ischämie und nachfolgender Reperfusion durch Propafenon im Vergleich zu Placebo 14 5.6. Nebenwirkungsprofil der Behandlung mit Propafenon im Vergleich zu Placebo 17

IV 6. Zusammenfassung 113 7. Literaturverzeichnis 114

1 1. Einleitung Die koronare Herzkrankheit geht mit einem deutlich erhöhten Risiko für das Auftreten eines plötzlichen Herztodes einher. Sowohl eine eingeschränkte myokardiale Pumpleistung, spontane nicht-anhaltende ventrikuläre Tachykardien als auch elektrophysiologisch induzierbare, anhaltende ventrikuläre Tachykardien gelten in diesem Zusammenhang als Faktoren, die eine zusätzliche Gefährdung dieser Patienten darstellen und mit einer erhöhten Mortalität korreliert sind [19, 17, 86, 15, 1, 18]. Ursächlich für das Auftreten eines plötzlichen Herztodes werden in der Mehrheit der Fälle maligne ventrikuläre Tachyarrhythmien verantwortlich gemacht. Darüber hinaus wird der Interaktion myokardialer Ischämie und ventrikulärer Arrhythmie eine wesentliche Rolle zugesprochen. Eine kausale Beziehung zwischen Induktion ventrikulärer Arrhythmien infolge oder im Rahmen einer Myokardischämie und plötzlichem Herztod, insbesondere bei Patienten mit instabiler Angina pectoris und nach Myokardinfarkt, ließ sich in elektrophysiologischen Untersuchungen und durch Langzeit-EKG-Aufzeichnungen nachweisen [71, 142, 82]. Der Prävention des plötzlichen Herztodes kommt daher eine zentrale Bedeutung in der Therapie der koronaren Herzerkrankung und ventrikulärer Arrhythmien zu. Eine wesentliche primärpräventive Maßnahme ist sicherlich die koronare Revaskularisation, sei es durch perkutane transluminale koronare Angioplastie (PTCA) und Stentimplantation oder durch aorto-koronare Bypassoperation, da sie über eine Abnahme des individuellen ischämischen Potentials zu einer Risikoreduktion bezüglich der Inzidenz ventrikulärer Arrhythmien und des plötzlichen Herztodes führt [142, 92]. Die Behandlung ventrikulärer Arrhythmien unterlag im Laufe des letzten Jahrzehnts einem deutlichen Wandel. In verschiedenen klinischen Studien zeigte sich im Laufe dieser Jahre die Überlegenheit implantierbarer Kardioverter-Defibrillatoren (ICD) gegenüber der medikamentösen Antiarrhythmikatherapie als effektivste Therapie maligner Herzrhythmusstörungen, insbesondere bei Postinfarktpatienten mit eingeschränkter linksventrikulärer Pumpleistung. Eine signifikante Reduktion der Gesamtmortalität und damit eine Verbesserung der Prognose bei Patienten mit koronarer Herzerkrankung und ventrikulären Arrhythmien ließ sich sowohl in der Sekundär- als auch in der Primärprophylaxe im Vergleich mit medikamentös antiarrhythmischer Therapie lediglich durch die Implantation eines ICD`s erzielen [18, 88, 85]. Die zuvor jahrelang weit verbreitete Behandlung ventrikulärer Arrhythmien mit Klasse I- Antiarrhythmika führte trotz effektiver Suppression ventrikulärer Arryhthmien zu keiner Verbesserung der Prognose, vielmehr wurde mit den 1989 veröffentlichten Ergebnissen der

2 CAST-Studie (Cardiac Arrhythmia Suppression Trial) offensichtlich, daß für Patienten mit koronarer Herzerkrankung und Zustand nach Myokardinfarkt mit der Einnahme der Klasse- Ic-Antiarrhythmika Flecainid und Encainid ein signifikant höheres Mortalitätsrisiko verbunden ist [22]. Bereits vor CAST wurde das proarrhythmische Potential der Klasse Ic-Antiarrhythmika mit dem Vorliegen einer strukturellen Herzerkrankung in Verbindung gebracht [83]. Darüber hinaus sprachen experimentelle Untersuchungsergebnisse dafür, daß das Auftreten einer proarrhythmischen Wirkung von Klasse I-Antiarrhythmika (Aprindin, Mexiletin, Propafenon, Lidocain) mit u. U. malignen ventrikulären Rhythmusstörungen gerade unter ischämischen Bedingungen begünstigt werden kann [89, 114, 8]. Diese kausale Beziehung einer konsekutiv erhöhten Mortalität durch eine Behandlung mit Klasse Ic-Antiarrhythmika im Rahmen myokardialer Ischämie wurde durch nachfolgende Subgruppenanalysen der CAST-Population bestätigt [6, 5, 35]. Neben einer höheren Inzidenz des plötzlichen Herztodes bei Patienten mit Non-Q-Wave-Infarkt und infolgedessen einem höheren Ischämie- und Reinfarktpotential gegenüber Patienten mit abgelaufenem transmuralem Myokardinfarkt [5] konnte diese differenziertere Betrachtung der CAST-Ergebnisse aufzeigen, daß zwar eine vergleichbar hohe Rate ischämischer Ereignisse in der Verum- und Placebogruppe im Laufe eines Jahres auftrat, diese sich jedoch in der mit den Klasse Ic-Antiarrhythmika Flecainid und Encainid behandelten Patientengruppe statistisch auffällig häufiger als fatale ischämische Ereignisse äußerten [35, 6]. Diese Ergebnisse führen zu der Schlußfolgerung, daß die deutlich höhere Mortalität in der Behandlungsgruppe die Konversion eines nicht tödlichen ischämischen Ereignisses zu einem medikamentös induzierten tödlichen Ereignis reflektiert [35]. Da die Klassifikation der Antiarrhythmika nach Dukes und Vaughan Williams [131] einzelne Substanzen in eine Klasse gruppiert, die sich in ihren elektrophysiologischen Eigenschaften durchaus unterscheiden und eine Überschneidung dieser elektrophysiologischen Merkmale zwischen den einzelnen Klassen besteht, können die Ergebnisse der CAST-Studie mit Encainid und Flecainid nicht zwangsläufig auf alle anderen Klasse Ic- und auch Klasse I- Antiarrhythmika in ihrer Gesamtheit übertragen werden [95, 133, 4]. Zweifelsohne sind jedoch alle Klasse I-Antiarrhythmika in der Lage eine Proarrhythmie zu induzieren. Dies trifft auch für das in der vorliegenden Studie untersuchte Klasse Ic-Antiarrhythmikum Propafenon zu [96, 97, 95, 16]. Klinische Studien, die die Wirkung von Propafenon zum Zeitpunkt akut ischämischen Bedingungen auf das Myokard untersuchen und eine

3 mögliche Koinzidenz von Ischämie und höhergradigen ventrikulären Rhythmusstörungen belegen, sind in der Literatur nicht präsent. Insofern war es unter Berücksichtigung der oben geschilderten Zusammenhänge zwischen myokardialer Ischämie, ventrikulärer Arrhythmie und Klasse I-Antiarrhythmika zum Zeitpunkt der Initiation und Durchführung der vorliegenden prospektiv und doppelblind randomisierten Studie von Interesse, ob Propafenon als Klasse Ic-Antiarrhythmikum während akuter myokardialer Ischämie die ischämische Reaktion des Myokards beeinflußt und darüberhinaus das Auftreten sekundärer ventrikulärer Arrhythmien begünstigt.

4 2. Antiarrhythmika 2.1 Klassifikation der Antiarrhythmika Klasse I: Klasse II: Klasse III: Klasse IV: Natriumkanalblocker: Hemmung des schnellen Natriumeinstroms während der Phase des Aktionspotentials Klasse IA: Verlängerung der Aktionspotentialdauer Klasse IB: Verkürzung der Aktionspotentialdauer Klasse IC: keine Änderung der Aktionspotentialdauer β-adrenorezeptorenblocker Kaliumkanalblocker: Hemmung des repolarisierenden Kaliumausstroms Kalziumantagonisten: Hemmung des depolarisierenden Kalziumeinstroms Die gegenwärtige Einteilung der Antiarrhythmika erfolgt allgemein anerkannt und weltweit verbreitet nach dieser 197 von Vaughan Williams vorgeschlagenen Klassifikation in 4 Hauptgruppen [134, 14, 131, 132]. Diese Einteilung basiert auf definierten, verschiedenen Wirkmechanismen der Antiarrhythmika auf die Elektrophysiologie der Zellmembran, untersucht an isolierten kardialen Zellen: 2.1.1 Klasse I : Natriumkanalblocker Allen zur Klasse I zählenden antiarrhythmischen Substanzen gemeinsam ist eine lokalanästhetische, membranstabilisierende Wirkung durch Hemmung des schnellen Natrium-Einstroms in die Zelle während der Phase des Aktionspotentials. Die Fähigkeit die Natriumkanäle zu blockieren, hängt von der Höhe des Ruhemembranpotentials ab, welches in verschiedenen Regionen des Herzens unterschiedlich groß ist: Natriumkanalblocker sind vor allem im His-Purkinjesystem und im Arbeitsmyokard mit einem Ruhepotential von > -6mV wirksam, während die Zellen des Sinus- und AV-Knotens mit niedrigeren Ruhepotentialen (- 45mV respective -6mV) von reinen Natriumkanalblockern unbeeinflußt bleiben; die Depolarisation dieser Zellen wird hauptsächlich vom langsamen Kalzium-Einstrom getragen, die Natriumkanäle sind bei den o. g. Ruhepotentialen hingegen größtenteils inaktiviert. Natriumkanäle der Zelle können drei verschiedene Zustände aufweisen: a) geschlossen, aber verfügbar, d.h. eine Öffnung durch Depolarisation ist möglich, b) geöffnet und damit Ermöglichung

5 selektiver Passage von Natriumionen und c) geschlossen, nicht möglich geöffnet zu werden, d.h. inaktiviert. Natriumkanalblocker senken die Offenwahrscheinlichkeit von Natriumkanälen und erhöhen die Gesamtzeit, in der die Ionenkanäle geschlossen bzw. inaktiviert vorliegen [11]. Durch die Blockade kommt es zu einer Abnahme der maximalen Aufstrichgeschwindigkeit und einer Reduktion der Amplitude des Aktionspotentials sowie zu einer Verlangsamung der Leitungsgeschwindigkeit. Unterschiede im klinischen Profil der Klasse I Antiarrhythmika, veranlaßten Harrison 1979 eine Subgruppierung der Substanzen vorzuschlagen, mit der Intention, ein besseres Verständnis der Präparate für den Kliniker zu schaffen, damit einen gezielteren Einsatz derselben zu erreichen und die Nebenwirkungsrate zu reduzieren [48, 49]. Diese Unterteilung, die zunächst nur empirisch begründet werden konnte, besitzt inzwischen auch elektrophysiologische Korrelate: Entscheidende Unterschiede der Klasse I Antiarrhythmika hinsichtlich ihres Einflußes auf die zelluläre Elektrophysiologie betreffen ihr Bindungs- und Dissoziationsverhalten an bzw. von den Natriumkanälen. Als annäherndes Maß für die Bestimmung der Anzahl der besetzten und damit inaktivierten Natriumkanäle wird die Zeitkonstante der maximalen Rate der zellulären Depolarisation (MRD) herangezogen. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen lassen eine Untergruppierung der Klasse I hinsichtlich ihrer Onset- und Offsetkinetik zu, die mit der von Harrison empirisch vorgenommenen Unterteilung übereinstimmt: Klasse IB Substanzen zeigen ein schnelles Bindungs- und Lösungsverhalten vom Kanal, sie lassen in der Regel eine Erholung der MRD in der Diastole zu. Die Klasse IC reagiert diesbezüglich sehr viel langsamer, so daß ein Teil der Natriumkanäle permanent eliminiert bleibt, während die Klasse IA eine Mittelstellung einnimmt. Es zeigt sich auch, daß alle Substanzen frequenzabhängig mit den Natriumkanälen reagieren. Diese "use-dependence" beinhaltet, daß die Reduktion der MRD und der Leitungsgeschwindigkeit eine Funktion der Reizfolge darstellt und zu einer umso ausgeprägteren Blockade führt, je höher die Stimulationsfrequenz ist [48, 11, 133]. Die einzelnen Subgruppen der Klasse I Antiarrhythmika unterscheiden sich außerdem in ihren Auswirkungen auf die Repolarisation, die effektive Refraktärperiode und die Aktionspotentialdauer.

6 Klasse IA Antiarrhythmika führen zu einer Reduktion der maximalen Anstiegsgeschwindigkeit der Phase des Aktionspotentials und zu einer Verminderung der myokardialen Leitgeschwindigkeit. Sie besitzen jedoch einen größeren Effekt auf die absolute und effektive Refraktärperiode im Sinne einer Verlängerung derselben, mit Schwerpunkt im His-Purkinje- System. Bei hohen Konzentrationen kommt es zu einer Verbreiterung des QRS-Komplexes, die Auswirkungen auf das PR-Intervall sind variabel, das QT-Intervall ist üblicherweise verlängert. Die zu beobachtende Verlängerung der Aktionspotentialdauer ist nicht auf die typische Klasse I Aktion der Substanzen zurückzuführen, sondern vielmehr Ausdruck einer zusätzlichen Hemmung des repolarisierenden Kaliumausstroms. Als Vertreter der Klasse IA zu nennen sind Chinidin, Disopyramid und Procainamid [58, 48, 49]. Klasse IB Antiarrhythmika verursachen eine Verlangsamung der Aufstrichsteilheit der Phase des Aktionspotentials. Sie üben in der Regel einen begrenzten oder keinen Effekt auf die Erregungsleitung aus, die QRS-Dauer und das PQ-Intervall bleiben unbeeinflußt. Die zu dieser Untergruppe gehörigen Substanzen steigern die Refraktärität der myokardialen Zellen, vor allem in ischämischen Arealen. Die Kammerflimmerschwelle ist erhöht. Das QT-Intervall stellt sich nach klinisch üblichen Dosierungen verkürzt dar, für die Verkürzung der Aktionspotentialdauer wird eine Hemmung des 1 TTX-sensitiven Natriumstroms während der Plateauphase des Aktionspotentials verantwortlich gemacht [11]. Zu den Vertretern der Klasse IB gehören Lidocain, Mexiletin und Tocainid [58, 48, 49]. Klasse IC Antiarrhythmika besitzen einen ausgeprägt hemmenden Einfluß auf die Anstiegsgeschwindigkeit der Phase des Aktionspotentials mit einer langen Zeitkonstante der Erholung des Natriumkanals von der Inaktivierung. Daraus resultiert eine Abnahme der Leitungsgeschwindigkeit in allen Regionen des Herzens, der Wirkungsschwerpunkt liegt infranodal und im His-Purkinje-System. Die QRS-Dauer wird schon bei niedriger Konzentration verlängert, ebenso das PQ-Intervall. Veränderungen der Aktionspotentialdauer, der Repolarisationsphase und der Refraktärzeiten sind nur gering oder nicht zu beobachten. In die Klasse IC eingeordnet werden Flecainid, Encainid, Lorcainid und Propafenon [58, 48, 49]. 1 TTX: Tetrododoxin

2.1.2 Klasse II : ß-Adrenorezeptorenblocker 7 Die Klasse II der Antiarrhythmika wird von ß-Sympathikolytika gebildet. Ihre antiarrhythmische Wirksamkeit konzentriert sich im wesentlichen auf Arrhythmien im Rahmen eines erhöhten Symphathikotonus. Der Wirkmechanismus besteht aus einer kompetitiven Hemmung katecholaminvermittelter ß-Rezeptorstimulation am Herzen, die zu einer Steigerung des intrazellulären camp führt. Spezifische ß-blockierende Effekte sind abhängig vom Ausmaß der sympathischen Aktivität. Diese verhindern eine katecholaminbedingte Zunahme der diastolischen Depolaristion und verursachen in therapeutischer Dosierung eine Reduktion der spontanen Automatie des Sinusknotens, die Sinusfrequenz nimmt um 1-2% ab. Gelegentlich können schwere Bradykardien auftreten. Die Erregungsleitungsgeschwindigkeit im AV- Knotenareal nimmt ab, das PQ-Intervall ist verlängert, entsprechend das AH-Intervall im intrakardialen EKG. Die Refraktärzeiten des AV-Knotens und die effektive Refraktärzeit im Vorhof werden verlängert. Im His-Purkinje System sind keine signifikanten Veränderungen hinsichtlich Erregungsleitung oder Refraktärzeiten nachweisbar [77, 145]. Bei höheren Konzentrationen wird bei einigen ß-Blockern (z.b. Propranolol, Alprenolol) zusätzlich ein chinidinähnlicher, direkt membranstabilisierender Membraneffekt offensichtlich [77,145]. Eine Langzeittherapie mit ß-Adrenorezeptorantagonisten führt zu einer Repolarisationsverzögerung und damit zur Verlängerung der Aktionspotentialdauer [132, 133]. 2.1.3 Klasse III : Kaliumkanalblocker In die Klasse III der Antiarrhythmika werden die Substanzen eingeordnet, deren Wirkmechanismus auf einer Inhibition des repolarisierenden Kaliumausstroms beruht. Diese Repolarisationsverzögerung führt zu einer Verlängerung der Aktionspotentialdauer und zu einer Verlängerung der Refraktärität der myokardialen Zellen, wohingegen die Leitungsgeschwindigkeit und die Phase des Aktionspotentials durch die Klasse-III-typische Wirkung nicht verändert wird [58]. Eine inverse Frequenzabhängigkeit wurde für Substanzen beobachtet, die die schnell aktivierende Komponente (I kr ) des Kaliumkanals blockieren und somit eine abnehmende Wirksamkeit bei höherer Frequenz zur Folge haben [14, 27, 57]. Im Oberflächen- EKG ist eine konzentrationsabhängige QT-Verlängerung zu beobachten. Beide Hauptvertreter dieser Klasse sind jedoch hinsichtlich ihres Wirkmechanismus nicht selektiv; Amidodaron übt u. a. auch einen Klasse I Effekt aus im Sinne einer Blockade des

8 Natriumkanals [145], bei Sotalol sind vor allem auch seine ß-sympatholytischen Eigenschaften zu berücksichtigen [58]. 2.1.4 Klasse IV : Kalziumantagonisten Klasse IV Antiarrhythmika bewirken eine Hemmung des langsamen Kalziumeinstroms während der Plateauphase des Aktionspotentials. Betroffen von diesem Wirkmechanismus sind alle kardialen Strukturen, in erster Linie zunächst jedoch die Zellen des Sinusknotens und des AV-Knotens, da sie physiologischerweise von diesem transmembranären Ionenstrom depolarisiert werden. Es kommt zu einer Reduktion der Spontanentladungsrate der Schrittmacherzellen, zu einer Verlangsamung der diastolischen Depolarisation und zu einer Abnahme des maximalen diastolischen Potentials. Die maximale Aufstrichgeschwindigkeit der Phase dieser Zellen wird gemindert, ebenso wie die Aktionspotentialamplitude. Der Wirkungsschwerpunkt findet sich im Bereich des AV-Knotens mit einer Verlängerung der Überleitungszeit (AH-Intervall) und einer Verlängerung der funktionellen und effektiven Refraktärperiode. Die Blockade der Kalziumkanäle zeigt ähnlich dem Verhalten der Natriumkanäle gegenüber Klasse I Antiarrhythmika eine Frequenzabhängigkeit ("use-dependence"), sowie eine Abhängigkeit vom Membranpotential ("voltage-dependence"). Wenig Einfluß besitzen Kalziumantagonisten auf Zellen, die über den schnellen Natriumeinstrom eine Depolarisation erfahren, wie es im Purkinje-System, dem Vorhof- und Ventrikelmyokard der Fall ist. Im Arbeitsmyokard können Nachpotentiale und getriggerte Aktivität durch Klasse IV antiarrhythmische Substanzen effektiv supprimiert werden, pathologische "slow response" Aktionspotentiale in geschädigten Arealen werden vergleichbar denjenigen des Sinus- und AV-Knotens inhibiert. [11, 77, 145] Grundsätzlich muß bei der Betrachtung dieser Klassifikation der Antiarrhythmika berücksichtigt werden, daß sie vornehmlich auf elektrophysiologischen Untersuchungen an isolierten, kardialen Einzelzellen in vitro basiert und dadurch das Herz als anatomisches Netzwerk miteinander verbundener und funktionierender Zellen ignoriert wird. Darüberhinaus besitzen viele der antiarhythmischen Substanzen ein nicht-selektives elektrophysiologisches Wirkungsspektrum auf die kardiale Zellmembran und ihre Einteilung in eine der beschriebenen Klassen wird gemäß ihrer vorherrschenden Wirkungsweise vorgenommen, so daß nicht selbstverständlich alle Substanzen einer Klasse oder auch einer Subgruppe der Klasse I

9 dasselbe klinische Profil besitzen müssen, da eine Variation bezüglich ihrer zusätzlichen elektrophysiologischen Eigenschaften, die auch klinische Relevanz besitzen können, besteht. So besitzt zum Beispiel Amiodaron neben seiner kaliumblockierenden Hauptwirkung auch eine natriumkanalblockierende Klasse I Aktion, Sotalol β- sympatholytische und Chinidin anticholinerge Eigenschaften. Dies trifft auch für das in der vorliegenden Studie untersuchte Propafenon zu: 2.2 Propafenon Propafenonhydrochlorid ist ein Antiarrhythmikum, das auf Grund seiner hauptsächlichen elektrophysiologischen Eigenschaften gemäß der Antiarrhythmika-Klassifikation nach Dukes und Vaughan Williams in die Klasse Ic eingeordnet wird. Neben dieser membranstabilisierenden, lokalanästhetischen Grundwirkung läßt sich in vitro und zum Teil auch in vivo eine komplexe Pharmakodynamik für Propafenon nachweisen, die außerdem ß-adrenorezeptorantagonistische (Klasse II) [78], mögliche kaliumkanalblockierende (Klasse III) [34] und schwache calciumantagonistische Eigenschaften (Klasse IV) beinhaltet [34, 12, 79, 14]. Propafenon wurde in seiner Eigenschaft als Antiarrhythmikum in der Behandlung ventrikulärer [51, 19, 121, 28, 87, 45] und supraventrikulärer [1, 45, 3] Arrhythmien, sowie bei Rhythmusstörungen im Rahmen des Wolff-Parkinson-White Syndroms [76, 12] eingesetzt. Dies gilt sowohl für die Akut- als auch für die Langzeittherapie. Propafenon ist seit 1977 u.a. unter dem Handelsnamen "Rytmonorm" (Fa. Knoll) in Deutschland erhältlich. 2.2.1 Chemische Eigenschaften Propafenon ist ein Propiophenon, dessen chemische Struktur eine Seitenkette (Gamma-alkylamino-beta-hydroxy-propoxy-Substituent) an einen aromatischen Ring anschließt, die in ihrem Aufbau ähnlich auch bei ß-Blockern anzutreffen ist und für die ß-sympatholytischen Eigenschaften der Substanz mitverantwortlich gemacht wird:

1 Abb 1: Strukturformel von Propafenon: Die Summenformel lautet C 21 H 27 NO 3 -HCl. Der chemische Name der Substanz ist 2-(2-Hydroxy-3-propylaminopropoxyl)-3-phenylpropiophenon-hydrochlorid. Propafenon ist eine basische Substanz, die bei physiologischem ph zu mehr als 99% ionisiert vorliegt und stark lipophile Eigenschaften besitzt. 2.2.2 Pharmakokinetik Nach oraler Gabe wird Propafenon rasch und fast vollständig (>95%) aus dem Gastrointestinaltrakt resorbiert. Maximale Plasmakonzentrationen werden ca. 2-3 Stunden nach Applikation erreicht [12,118,115]. Propafenon unterliegt einer ausgeprägten präsystemischen Clearance, so daß die systemische Bioverfügbarkeit nach einer oralen Einzeldosis nur bei ~5% nach 15mg Propafenon per os bzw. bei ~12% nach einer Dosis von 3mg p.o. liegt [118]. Diese nichtlineare Beziehung zwischen Dosiserhöhung und Anstieg des Propafenonplasmaspiegels ist zurückzuführen auf eine Sättigung des first-pass-metabolismus und wird auch unter Steady-state Bedingungen beobachtet: nach dreifacher Dosiserhöhung von 3mg/d auf 9mg/d ist ein 1facher Anstieg der mittleren Steady-state-Plasmakonzentrationen möglich [28]. Nach 3-4 Tagen repetitiver Gabe von Propafenon werden "Steady- State"-Bedingungen erreicht, wobei dann infolge der Sättigungskinetik eine systemische Bioverfügbarkeit von 1% vorliegt. Die mittleren Plasmakonzentrationen bleiben nach Erreichen dieses Zustandes bei unveränderter Dosierung konstant [29]. Propafenon wird fast vollständig in der Leber metabolisiert, nur weniger als 1% wird unverändert über die Niere ausgeschieden [135,118,115]. Es unterliegt in der Leber einem oxidativen Abbau zu seinen zwei aktiven Hauptmetaboliten 5-Hydroxypropafenon (5-OHP) und N- Depropylpropafenon (NDPP). Beide Metaboliten liegen zu 9% konjugiert (Glucuronide und Sulfate) im Plasma vor, während die Ausgangssubstanz im wesentlichen unkonjugiert bleibt.

11 Die Ausscheidung via Faeces und Urin erfolgt hauptsächlich in Form der Konjugate [118]. Insgesamt läßt sich mehr als 5% der verabreichten Dosis im Stuhl nachweisen [118]. Die hepatische Hydroxilierung von Propafenon zu 5-OHP scheint im Vergleich zur Dealkylierung zu NDPP einer dosisabhängigen Sättigung zu unterliegen. Während die mittlere NDPP-Konzentration im Plasma bei jeder Dosierungshöhe ca. 1% der Propafenonkonzentration beträgt, nimmt das Verhältnis der 5-OHP-Konzentration/ Propafenonkonzentration von 45% bei ~3mg/d auf 19% bei 9mg/d ab [111]. Katalysiert wird diese Hydroxylierung durch das hepatische Isoenzym Cytochrom P 45 DB1. Für dieses Enzym ist ein genetisch determinierter Polymorphismus bekannt: etwa 1% der Kaukasier (westliche weiße Bevölkerung) weisen einen Mangel dieses Isoenzyms auf, auf Grund dessen sie nicht oder nur kaum in der Lage sind, Propafenon über diesen Abbauweg zu transformieren. Diese sog. "langsamen" Metaboliserer zeichnen sich gegenüber den 9% der Bevölkerung mit extensiver Metabolisierung aus durch sehr hohe Plasmakonzentrationen von Propafenon, fehlende oder klinisch nicht relevante Plasmakonzentration an 5-OHP, einen proportionalen Anstieg der Plasmakonzentration bei Dosiserhöhung und erheblich verlängerte Eliminationshalbwertszeiten (1-32h gegenüber 2-1h) [119,146,118]. Es besteht jedoch kein signifikanter Unterschied zwischen beiden Phänotypgruppen hinsichtlich der effektiven Dosis oder der antiarrhythmischen Wirksamkeit [119]. In mehreren Untersuchungen zeigt die Pharmakokinetik große interindividuelle Variabilität der Eliminationshalbwertszeiten, der mittleren Steady-state Plasmakonzentrationen bei gleicher Dosierung und der therapeutisch wirksamen Plasmakonzentrationen [19, 28, 29, 119, 146, 118]. Auf Grund dieser großen Variationsbreite und in Anbetracht einer dosisabhängigen Arrhythmiesuppression ist eine individuelle Therapie mit Propafenon notwendig [28]. Therapeutisch wirksame Plasmaspiegel, die zu einem befriedigenden antiarrhythmischen Erfolg führen, liegen im Allgemeinen zwischen,5-2, µg/ml [115]. Die Dauer des antiarrhythmischen Effektes beträgt nach einer oralen Dosis von 15-3mg ungefähr 6-8 Stunden [3, 28,3,74]. Eine tägliche Dosierung von anfänglich 3x15mg bis zu 9mg/d ist üblich [14]. Auf Grund der individuellen pharmakokinetischen Muster sollte eine Dosiserhöhung von Propafenon vorsichtig, in kleinen Schritten und erst nach 3-4 Tagen mit Beendigung der Akkumulationsphase der Ausgangssubstanz und seiner Metabolite [29, 61] durchgeführt werden [3,119,5]. Eine Dosisreduktion kann infolge der hauptsächlich hepatischen Metabolisierung bei Leberfunktionsstörungen mit reduzierter Clearance nötig werden.

12 Intravenöse Verabreichung von Propafenon führt zu einer raschen Verteilung der Substanz im Organismus [115]. Die Halbwertszeit für die Verteilung im Plasma beträgt ~4,7min [56]. Die Plasmaclearance liegt bei ca.,79 l/h/kg [115]. Die Plasmakonzentration von Propafenon fällt mit einer Eliminationshalbwertszeit von 3,1 Stunden nach 35-5mg i.v. [135] bzw. 5 Stunden nach 1mg/kg i.v. [29] ab. Diese Werte entsprechen in etwa der Eliminationshalbwertszeit nach einer oralen Einzeldosis, die im Bereich von 3,6-4,6 Stunden liegt [118]. Bemerkenswert ist der fehlende Nachweis der Metabolite 5-OHP und NDPP im Serum nach intravenöser Applikation von Propafenon [135,47]. In einer Untersuchung von Haefeli und Mitarbeitern kann 5-Hydroxypropafenon nur bei einer Person von acht gesunden Freiwilligen zu minimalen Konzentrationen von 24µg/l im Plasma nachgewiesen werden. Die Plasmakonzentrationen der Ausgangssubstanz sind nach intravenöser und oraler Gabe ähnlich hoch, dennoch stellen die Untersucher eine ausgeprägtere antiarrhythmische Wirksamkeit nach oraler Gabe fest. Die Situation nach intravenöser Verabreichung wird auf Grund dessen mit dem Status der "langsamen" Metabolisierer verglichen: um eine gleiche Effektivität wie nach oraler Gabe zu erreichen, sind infolge der antiarrhythmischen Wirkung des Metabolits 5-OHP [47] deutlich höhere Propafenonplasmaspiegel notwendig [119]. Das Ergebnis einer anderen Studie spricht 5-OHP vor allem bei niedriger oraler Dosierung eine beträchtliche Rolle hinsichtlich der antiarrhythmischen Potenz zu [146]. Die therapeutisch wirksame intravenöse Dosierung von Propafenon liegt in einem Bereich von 1-2,5mg/kg als Bolus verabreicht, gefolgt von einer kontinuierlichen Infusion von mindestens,7-,14mg/kg/min [3, 14]. 2.2.3 Pharmakodynamik 2.2.3.1 Elektrophysiologische Zelleffekte Propafenon hemmt wie andere Antiarrhythmika der Klasse I den schnellen Natriumeinstrom während der Phase des Aktionspotentials, bewirkt somit eine Verminderung der maximalen Aufstrichgeschwindigkeit und eine Reduktion des "Overshoots" des Aktionspotentials [113,34,111,79,14]. Dieser Effekt ist konzentrations- und frequenzabhängig [3,34,111,14]. Mit steigender Herzfrequenz nimmt die Zahl durch die Substanz blockierter Natriumkanäle zu, da das diastolische Intervall zu kurz wird, um eine Erholung des inaktivierten Kanals zu

13 erlauben [3,14]. Zudem verfügt Propafenon als Klasse IC Antiarrhyhtmikum über eine Offsetkinetik mit einer langen Zeitkonstante für die Erholung des Kanals von seiner Inaktivierung. Im Gegensatz dazu besitzt es eine Onsetkinetik, die bei weitem schneller ist als die anderer Klasse IC Substanzen und es eher in die Klasse IA plaziert [139, 133]. Die Hemmung des schnellen Natriumkanals ist außerdem abhängig von der Spannung und erscheint mit stärkerer Ausprägung bei niedrigen Membranpotentialen. Diese "voltage dependence" ruft in ischämischen Geweben eine höhere Sensitivität bezüglich der hemmenden Effekte von Propafenon hervor, als dies offensichtlich bei gesundem Gewebe der Fall ist [14, 144]. Kontroverse Aussagen existieren bezüglich des Propafenoneffekts auf die Aktionspotentialdauer (APD). Definitionsgemäß belassen Klasse IC Antiarrhythmika die APD im wesentlichen unverändert. In einer Untersuchung von Dukes und Vaughan Williams an isoliertem kardialen Gewebe verlängert Propafenon die APD im Atrium, Ventrikel und Purkinjesystem, es kommt zu einer Verzögerung der Repolarisation, wahrscheinlich durch eine Hemmung des Kaliumausstroms. Dieser Effekt überlagert scheinbar den inhibitorischen Einfluß von Propafenon auf den verbleibenden Natriumeinstrom während der Plateauphase des Aktionspotentials, durch den allein eher eine Verkürzung der APD zu erwarten wäre [34]. Andere Studien wiederum berichten, daß die APD durch Propafenon verkürzt oder auch unverändert bleibt [113,14]. Keinen Einfluß besitzt Propafenon auf die Höhe des Ruhemembranpotentials, das maximale diastolische Potential bleibt ebenfalls unverändert. Die myokardiale Reizschwelle wird rasch und anhaltend angehoben, die spontane und elektrische Erregbarkeit gemindert [43,79,14]. 2.2.3.2 Klinische Elektrophysiologie Propafenon verlangsamt die Reizleitungsgeschwindigkeit in allen Abschnitten des Herzens um ca. 15% [43]. Elektrokardiographische Veränderungen spiegeln eine Verlangsamung der Überleitung im AV-Knoten und im His-Purkinje-System in einer Verlängerung des AH- und des HV-Intervalls wieder [9,116,14]. Das Oberflächen-EKG zeigt eine QRS-Verbreiterung im Sinne einer intraventrikulären Leitungsverzögerung und eine Verlängerung des PQ- Intervalls, als Ausdruck der atrioventrikulären Erregungsleitungshemmung, in Abhängigkeit von der Plasmakonzentration [55,28,116,119,146,3]. Diese Veränderungen persistieren auch unter Langzeittherapie [55]. Eine signifikante Veränderung beider Parameter kann oberhalb einer Plasmakonzentration von 1ng/ml beobachtet werden, wobei der Verlängerung des

14 PQ-Intervalls die engste Beziehung zur Höhe des Plasmaspiegels zugesprochen wird [146]. Verlängerungen der QRS-Dauer und des PQ-Intervalls werden auch als geeignete Indikatoren im Hinblick auf die klinische Wirksamkeit und auch auf eine mögliche Toxizität der Therapie angesehen [55]. Das frequenzkorrigierte QT-Intervall (QTc-Intervall) bleibt unverändert [55,146], leichte Verlängerungen der QTc-Dauer sind nicht signifikant [28,116]. Es liegen auch Untersuchungen vor, die über eine Verlängerung des QTc-Intervalls berichten, wobei dann jedoch das JTc-Intervall (QTc- minus QRS-Dauer) unverändert bleibt [9,119]. Propafenon verlängert die funktionelle und effektive Refraktärzeit des AV-Knotens, sowie die effektive Refraktärperiode im Atrium und im Ventrikel [116,79,14,33,11]. Der gleiche Effekt wird auf die effektive Refraktärperiode akzessorischer Leitungsbahnen in anterograder und auch retrograder Richtung beobachtet [76,12]. Die Herzfrequenz bleibt unter Propafenon weitgehend unverändert [19,28,119], ein statistisch signifikanter Abfall der Herzfrequenz in Ruhe findet man erst bei hohen Plasmakonzentrationen. Diese gelegentlich auftretenden Bradykardien werden als Ausdruck klinisch wirksamer ß-Blockade gewertet. Sie kommen häufiger bei "langsamen" Metabolisierern vor und können ab einer Plasmakonzentration von 5μg/ml auftreten. Statistische Signifikanz erlangen sie schließlich ab einem Plasmaspiegel von 1μg/ml. Das Ausmaß des Herzfrequenzabfalls verglichen mit der Ausgangsfrequenz vor Propafenongabe wird dabei mit maximal 8% angegeben [146,14]. Podrid und Lown berichten von einer signifikanten Reduktion der maximalen Herzfrequenz unter Belastung von 144/min auf 129/min nach Propafenon ohne eine Veränderung der Frequenz in Ruhe [96]. 2.2.3.3 Hämodynamische Effekte Propafenon besitzt einen geringen negativ inotropen Effekt [111]. Hämodynamische Studien ergeben, daß Propafenon einen geringen Anstieg des rechtsatrialen Drucks, des pulmonalarteriellen Drucks und des pulmonalkapillären Verschlußdrucks verursacht, woraus eine leichte Reduktion des Cardiac Index (2,6 l/min/m² vs 2,3 l/min/m²) resultiert. Der systemische und der pulmonale Gefäßwiderstand steigen ebenfalls leicht an, der arterielle Mitteldruck bleibt unverändert [116,14]. Echokardiographische Untersuchungen zeigen eine Verminderung der linksventrikulären, systolischen Auswurfleistung (LVEF) bei vorbestehender linksventrikulärer Dysfunktion.

15 Dabei korreliert der Grad der Verschlechterung durch Propafenon mit dem Grad der initialen Insuffizienz [19]. In einer Studie von Podrid und Lown werden Patienten mit refraktären ventrikulären Tachyarrhythmien mit Blick auf propafenonbedingte Veränderungen der LVEF untersucht: dabei zeigen Patienten mit normaler linksventrikulärer Funktion (ejection fraction EF >5%) keine Änderung der mittleren EF, während Patienten mit vorbestehender Dysfunktion (EF <5%) eine signifikante Reduktion der mittleren LVEF von 34% auf 29% nach Propafenon entwickeln. Eine kardiale Dekompensation wurde bei drei Patienten beobachtet, deren mittlere Ausgangs-EF bei 22% lag. Endsystolische und enddiastolische Ventrikeldurchmesser werden nicht verändert [96]. 2.2.4 Therapeutische Wirksamkeit Propafenon ist als Antiarrhythmikum bei verschiedenen Formen ventrikulärer und supraventrikulärer Rhythmusstörungen sowie beim WPW-Syndrom wirksam. Seine klinische Wirksamkeit hinsichtlich einer Suppression singulärer und komplexer ventrikulärer Arrhythmien findet sich in zahlreichen Studien bei der Mehrheit der Patienten bestätigt [55,19,121,28,87,45,96]. Dabei wird häufig eine Dosis- bzw. Konzentrations- Wirkungs-Beziehung festgestellt, im Sinne einer ausgeprägteren antiarrhythmischen Antwort mit ansteigender Dosierung [55,19,28,87,45]. Darüberhinaus werden ventrikuläre Paare und ventrikuläre Tachykardieepisoden bei mittleren Dosierungen in signifikant stärkerem Maße reduziert als singuläre ventrikuläre Extrasystolen. Bei höherer Dosierung verringert sich diese Differenz, da sowohl VES als auch komplexe Formen ventrikulärer Arrhythmie beinahe komplett eliminiert werden [28]. Placebo-kontrollierte, doppelblind durchgeführte Untersuchungen berichten über eine mittlere Reduktion der VES-Gesamtzahl von 71%- 88 %, der ventrikulären Couplets von 94% - 97% und der Zahl ventrikulärer Tachykardien von 99% - 1% [55,19,121,28]. Die Wahrscheinlichkeit durch den Einsatz von Propafenon eine >8%ige Supression ventrikulärer ektopischer Depolarisationen zu erzielen, liegt bei durchschnittlich 74%, die Wahrscheinlichkeit einer >99%igen Supression bei im Mittel 16%. Für eine Supression nichtanhaltender ventrikulärer Tachykardien um 1% wird sie mit 92% angegeben [18]. Langzeitbeobachtungen bestätigen eine anhaltende Effektivität von Propafenon [55,19,28,87,45].

16 Ergebnisse nichtinvasiver [96] und invasiver elektrophysiologischer [51,116,33,98,11] Untersuchungen zeigen die Effektivitat von Propafenon in der Behandlung lebensbedrohlicher ventrikulärer Tachyarrhythmien. Hernandez und Mitarbeiter [52] fassen in einer Übersichtsarbeit die Ergebnisse von Studien, publiziert in der Zeit von 198 bis 1989, zusammen, die sich mit der Wirksamkeit von Propafenon in Bezug auf höhergradige ventrikuläre Arrhythmien auseinandersetzen. Elektrophysiologische Messungen mittels programmierter elektrischer Stimulation ergeben, daß, bei 25% der Patienten mit ventrikulären Tachykardien, diese nicht mehr induzierbar sind. Bei weiteren 35% der Patienten ist zwar noch eine VT-Induktion möglich, diese ist jedoch mit einer Verlängerung der einzelnen Zyklusdauer assoziiert und damit einer erheblich größeren hämodynamischen Toleranz. Nichtinvasive Untersuchungsmethoden wie Holter-Monitoring und Belastungs-EKG führen zu einer Effektivität von 71% bezüglich einer Suppression spontaner Episoden anhaltender ventrikulärer Arrhythmien; Langzeitbobachtungen demonstrieren eine anhaltende Effektivität bei 67% der Patienten (anhaltende Wirksamkeit definiert als das Ausbleiben eines symptomatischen Rezidivs der vorbestehenden Arrhythmieform). [52] Auch verschiedene Formen supraventrikulärer Rhythmusstörungen, wie supraventrikuläre Tachykardien (SVT) und Vorhofflimmern, können mit Propafenon effektiv behandelt werden: so reduziert die Substanz in einer placebokontrollierten Studie von Pritchett und Mitarbeitern [1] Phasen paroxysmaler SVT, sowie paroxysmalen Vorhofflimmerns auf ungefähr ein Fünftel verglichen mit Placebo. Propafenon wurde in weiteren Studien als Medikament zur erfolgreichen Behandlung und Konversion von Vorhofflimmern und als effektive Rezidivprophylaxe von Vorhofflimmern geprüft [3,32,21]. Propafenon wird vor allem bei adrenerg vermittelten supraventrikulären Arrhythmien und Vorhofflimmern als wirksam befunden, während es sich bei solchen, die hauptsächlich unter vagalem Einfluß entstehen als im Vergleich zu anderen Antiarrhythmika wie z.b. Amiodaron als weniger effektiv erwies [3]. Patienten mit WPW-Syndrom können von einer Akut- und Langzeittherapie mit Propafenon profitieren, da eine Verlängerung der effektiven Refraktärzeit und eine Abnahme der Leitungsfähgkeit über das akzessorische Bündel in anterograder und retrograder Richtung verursacht wird. Dieses Phänomen kann bis in eine komplette Blockade der akzessorischen Überleitung münden [76,12]. Induzierbare AV-Knoten-Reentry-Tachykardien können durch Propafenon prompt beendet werden, eine Reinduktion kann bei vielen Patienten (82%) verhindert werden [76]. In einem Beobachtungszeitraum von zwei bis drei Jahren bleiben in

17 einer Untersuchung von Breithard und Mitarbeitern von 43 Patienten 4% ohne Rezidiv einer symptomatischen Tachykardie, bei 42% treten sie seltener auf, sind selbstlimitierend oder besitzen eine niedrigere Frequenz. Bei nur 3% ist das Ausmaß der Attacken als unverändert beschrieben [12]. 2.2.5 Nebenwirkungen Im allgemeinen hat sich Propafenon als gut verträglich erwiesen. Häufiger berichtete Nebenwirkungen sind hauptsächlich kardiovaskulärer, neurologischer oder gastrointestinaler Art. 2.2.5.1 Kardiovaskuläre Nebenwirkungen Die Inzidenz kardiovaskulärer Nebenwirkungen durch Propafenon bewegt sich in einem Bereich von 13-27% [111,14]. Ebenso wie bei allen anderen antiarrhythmisch wirksamen Substanzen, muß auch bei der Verabreichung von Propafenon mit der Möglichkeit einer Induktion oder Aggravation einer Arrhythmie gerechnet werden. Die Häufigkeitsangaben eines solch proarrhythmischen Effekts unter Propafenoneinfluß variieren von Studie zu Studie. Diese unterschiedlichen Angaben sind u. a. sicherlich auf die studienimmanenten verschiedenen Begriffsdefinitionen einer "Proarrhythmie", sowie auf die Bewertung der jeweiligen Untersucher, ob tatsächlich ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Auftreten einer Arrhythmie und der Verabreichung der Substanz besteht, zurückzuführen. Podrid findet zur Inzidenz, in einer vergleichenden Studie verschiedener Antiarrhythmika, für Propafenon eine Verstärkung von Arrhythmien von 8% unter nichtinvasiven bzw. von 15% unter invasiven Untersuchungsbedingungen. Das Auftreten einer proarrhythmischen Wirkung ist nicht unbedingt vorhersehbar, da es weder mit der Höhe der Dosierung, noch mit den Blutspiegeln Propafenons korreliert, nicht prinzipiell mit EKG-Veränderungen wie einer Verlängerung des PR-Intervalls oder einer QRS-Verbreiterung einhergeht und auch keine eindeutige Beziehung zur Art der vorbestehenden Herzerkrankungen vorliegt [96,97,95]. Auch wenn keine strenge Korrelation zwischen QRS-Verbreiterung und der Aggravation oder Induktion einer Arrhythmie besteht, ist es ratsam eine QRS-Verbreiterung unter Propafenon auf <25% zu limitieren, insbesondere in Ermangelung einer größeren therapeutischen Wirk-

18 samkeit ab einer QRS-Dauer, die mehr als 1% über dem Ausgangswert liegt [55]. Da Propafenon wenig Einfluß auf das QT-Intervall besitzt, sind die unter dem Einfluß QTverlängernder Substanzen häufiger auftretenden "Torsade de pointes"-arrhythmien [97,95], eher nicht zu erwarten [3]. Ein signifikant erhöhtes Risiko für das Auftreten eines proarrhythmischen Effektes wird für Patienten mit einer anhaltenden ventrikulären Tachykardie oder Vorhofflimmern in der Anamnese, sowie für Patienten mit einer Ejection fraction <35% beschrieben [95]. Propafenon kann zu einer Verschlechterung oder Exazerbation einer Herzinsuffizienz führen [19,55,111,96,98,52]. Patienten mit anamnestisch bekannter Herzinsuffizienz sind davon ca. doppelt so häufig (9,3%) betroffen, als solche mit uneingeschränkter Herzleistung (4,7%), wobei die Symptome nach einer Dosisreduktion oder nach Therapieabbruch im allgemeinen reversibel sind [13]. Weitere unerwünschte kardiale Begleiterscheinungen betreffen das Erregungsleitungssystem des Herzens: berichtet wird über das Auftreten von Sinusbradykardien bis hin zum Sinusarrest. Sinuatriale Blockbilder, AV-Blockierungen, sowie eine Beeinträchtigung der intraventrikulären Erregungsleitung in Form eines Rechts- oder Linksschenkelblocks können unter einer Therapie mit Propafenon ebenfalls vorkommen [55,19,111,3,98,96,52]. Patienten mit vorbestehender Schädigung des kardialen Reizleitungssystems neigen eher zur Entwicklung einer solchen Nebenwirkung. Gelegentlich kommt es unter Propafenon zu einem Blutdruckabfall [87,61,111]. 2.2.5.2 Nichtkardiale Nebenwirkungen Häufiger berichtete gastrointestinale Nebenwirkungen von Propafenon sind ein metallischer, bitterer Geschmack, Mundtrockenheit, Übelkeit und Erbrechen, sowie Obstipation [51,55,121,28,116,87,61,111,45,3]. Unerwünschte neurologische Wirkungen äußern sich hauptsächlich in Schwindel, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Parästhesien und Verschwommensehen [55,19,28,119,111, 45,3]. Zu selten oder einmalig berichteten Nebenwirkungen, die zum Teil auch mit einer anderen Grunderkrankung oder zum Beispiel mit einer positiven Familienanamnese assoziiert werden,

19 gehören die Entwicklung einer cholestatischen Hepatitis [111], ein 8facher Anstieg der Transaminasen bei chronisch persistierender Hepatitis [28], die Auslösung eines epileptischen Anfalls bei positiver Familienanamnese, ein asymptomatischer Anstieg antinukleärer Antikörper [116], das Auftreten einer akuten Psychose, die Verschlechterung eines Bronchospasmus bei bestehender chronisch obstruktiver Lungenerkrankung [119], die Entwicklung einer akuten Pleuritis, sowie ein urtikarielles Exanthem mit anaphylaktischer Reaktion und die Entstehung eines facialen, akneiformen Exanthems [51]. Prinzipiell werden diese nichtkardialen Nebenwirkungen als dosisabhängig erachtet, die sich nach Dosisreduktion rasch bessern. Eine Unterbrechung der Therapie auf Grund nichtkardialer Begleiterscheinungen mußte, laut einer Literaturanalyse von Hernandez und Mitarbeitern, bei 6,1% von insgsamt 684 Patienten durchgeführt werden [52]. Insgesamt liegt die Inzidenz dieser Nebenwirkungen bei ca. 14% [111]. 2.2.6 Kontraindikationen Eine Therapie kardialer Rhythmusstörungen mit Propafenon ist kontraindiziert bei schwerer Herzinsuffizienz und kardiogenem Schock, präexistenten, höhergradigen sinuatrialen, atrioventrikulären oder intraventrikulären Reizleitungsstörungen, Sick-Sinus-Syndrom, schweren Sinusbradykardien in Abwesenheit eines Schrittmachers. Propafenon sollte ebenfalls nicht verabreicht werden bei schwerer Hypotension und Störungen des Elektrolythaushaltes. Vorsicht ist außerdem geboten bei obstruktiven Lungenerkrankungen und hepatischen Funktionsstörungen [14]. 2.2.7 Interaktionen Interaktionen von Propafenon mit anderen Medikamenten können häufig auf einen gemeinsamen hepatischen Abbauweg über das Isoenzym Cytochrom P45 db1, auf eine Induktion oder Hemmung desselben, sowie auf die hohe Proteinbindung von Propafenon zurückgeführt werden. Propafenon kann die Plasmaspiegel folgender Substanzen erhöhen: - Digoxin: Der genaue Mechanismus dieser Interaktion ist unklar. Vermutet wird eine Verminderung der renalen Digoxinclearance durch Propafenon. Salerno und Mitarbeiter

2 berichten über einen mittleren prozentualen Anstieg der Digoxinspiegel von 83% unter Propafenon (9mg/d). Dieser Anstieg wird bei allen Patienten beobachtet, die gleichzeitig Digoxin erhalten, bei keinem jedoch treten Symptome einer Digitalisintoxikation auf [19]. Prinzipiell ist eine Überwachung des Digitalisspiegels bei gleichzeitiger Propafenontherapie erforderlich. - Warfarin: es wird angenommen, daß Propafenon den Abbau von Warfarin in der Leber hemmt. - Cyclosporin und Theophyllin: beide werden über das hepatische Cytochrom P45-System abgebaut. - Propanolol und Metoprolol: beide ß-Blocker mit hauptsächlich hepatischem Abbau. Zu einem Anstieg der Steady-state-Plasmakonzentrationen von Propafenon können Cimetidin durch eine Herabsetzung der hepatischen Clearance und Chinidin durch Hemmung der Cytochrom P45 abhängigen Hydroxylierung von Propafenon führen. Zu den Substanzen, die das hepatische Cytochrom P45- System induzieren und dadurch die Propafenonkonzentration im Plasma senken können gehören Rifampicin und Phenobarbital. [3,14] 3. Methode Die vorliegende Studie wurde in der Zeit von Mai 1991 bis September 1992 bizentrisch an der III. Medizinischen Abteilung der Universitätsklinik Freiburg und an der II. Medizinischen Abteilung des St. Georg Krankenhauses in Hamburg im Sinne einer prospektiven, klinischen Untersuchung durchgeführt. Das Studiendesign beinhaltete als Rahmenkriterien eine doppelblinde, placebokontrollierte und randomisierte Vorgehensweise. Um eine möglichst genaue Übereinstimmung beider Zentren in der Ausführung des Studienplans zu gewährleisten und somit etwaige Unterschiede so gering wie möglich zu halten, wurden beide Untersuchungsorte von einem Studienmonitor der Fa. Janssen nach den allgemein gültigen Richtlinien der Good Clinical Practice (GCP) kontrolliert.