Grundsätze des Betrieblichen Eingliederungsmanagements



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Transkript:

Grundsätze des Betrieblichen Eingliederungsmanagements Grundsätze des Betrieblichen Eingliederungsmanagements Tobias Reuter, Jochen Prümper & Claus Jungkunz Um die Ziele des Betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) zu erreichen, sind effektive sowie effiziente Strukturen und Prozesse notwendig. Bei der Installation und Umsetzung dieser, sollten die folgenden fünf Grundsätze des BEM beachtet werden: Freiwilligkeit, Gleichheit, umfassende Beteiligung, Vertraulichkeit und Datenschutz sowie Prävention. Selbige werden diskutiert und es wird eine Checkliste präsentiert, mit der es möglich ist, die Grundsätze des Betrieblichen Eingliederungsmanagements in einem Betrieb zu überprüfen. 1 Grundsätze des BEM BEM zielt auf die Wiederherstellung, den Erhalt und die Förderung der Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit von Beschäftigten. Um diese Zielsetzung zu erfüllen, sind systematische Strukturen und Prozesse (vgl. hierzu auch in diesem Band den Beitrag von Reuter & Stadler, 2015) notwendig, die unternehmensweite Verbindlichkeit besitzen und für alle Beteiligten transparent sind. Trotz der unterschiedlichen insbesondere gesetzlichen Rahmenbedingungen in Deutschland und Österreich können für beide Länder dieselben Grundsätze eines BEM identifiziert werden, die bei der Etablierung von Strukturen und Prozessen berücksichtigt werden sollten (vgl. Abbildung 1) und die im Folgenden erläutert werden. Freiwilligkeit Prävention Gleichheit Grundsätze des BEM Vertraulichkeit Beteiligung Abbildung 1: Grundsätze des Betrieblichen Eingliederungsmanagements (eigene Darstellung) 43

BEM-Netz Betriebliches Eingliederungsmanagement erfolgreich umsetzen 1.1 Freiwilligkeit Bereits seit den 1980er Jahren greifen viele Betriebe auf das Instrument Krankenrückkehr- oder Fehlzeitengespräch zurück, bei dem Vorgesetzte nach krankheitsbedingter Abwesenheit ein Gespräch mit den betroffenen Beschäftigten führen (Prümper & Hamann, 2012). Die Wirkung dieser Gespräche wird in der Fachwelt jedoch durchaus kritisch beäugt. So stellt Pfaff (2002) bspw. fest, dass die Frage, ob ein Krankenrückkehr- oder Fehlzeitengespräch von den Beschäftigten als Belastung oder Hilfe wahrgenommen wird, sehr stark von der Art und Weise der Gesprächsführung abhängt. Deshalb steht für Piorr (2001) fest, dass wegen derer belastender Wirkung auf jeden Fall auf disziplinarische Krankenrückkehr- oder Fehlzeitengespräche verzichtet werden sollte. Stattdessen sollte das Augenmerk auf freiwilligen, integrativen und präventiven Gesundheitsgesprächen liegen, die sich darauf konzentrieren, die Arbeitsbedingungen und das Klima der Zusammenarbeit zu verbessern [und die] das Interesse weniger auf die bloße Anwesenheit als viel mehr auf die gesunde Anwesenheit legen (Piorr, Heller & Taubert, 2000, S. 270f.; vgl. hierzu auch Prümper, 2014). Dies gilt auch für das BEM. Für die BEM-Berechtigten muss das Angebot als Hilfe wahrgenommen werden und sollte jederzeit freiwillig sein. In Deutschland ist diese Forderung auch im 84 Abs. 2 SGB IX gesetzlich verankert. In der Umsetzung bedeutet dies, dass BEM-Berechtigte dem Verfahren zustimmen müssen und sie auch jederzeit aus dem Verfahren wieder aussteigen dürfen, ohne dass ihnen daraus Nachteile entstehen. Diese Freiwilligkeit muss den Beschäftigten auch bei der Öffentlichkeitsarbeit zum BEM als auch zu Beginn des BEM-Verfahrens transparent gemacht werden. 1.2 Gleichheit Die Strukturen und das BEM-Verfahren müssen so geschaffen sein, dass allen BEM-Berechtigten unabhängig von ihrem Krankheitsverlauf oder ihres Anstellungsverhältnisses ein systematisches BEM angeboten werden kann. Alle BEM-Berechtigten müssen die gleichen Chancen erhalten, ihre Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit wiederherzustellen, zu erhalten und zu fördern. Hierzu gehört, dass alle BEM-Berechtigten identifiziert werden und ihnen auch ein BEM angeboten wird. Für die Strukturen und das BEM-Verfahren bedeutet dies aber auch, dass ausreichend Ressourcen insbesondere personelle für alle BEM-Berechtigten zur Verfügung stehen müssen. 1.3 Beteiligung Bereits bei der Einführung oder Weiterentwicklung des BEM ist es entscheidend, alle wesentlichen betrieblichen AkteurInnen dabei zu haben: VertreterInnen von ArbeitgeberInnen und Interessensvertretungen müssen gemeinsam die Ziele sowie Strukturen und das BEM-Verfahren beschließen und umsetzen. Der Erfolg des jeweiligen BEM-Verfahrens ist ebenfalls abhängig von der konstruktiven Mitwirkung aller Beteiligten bzw. inner- und außerbetrieblicher ExpertInnen. Die umfassende Partizipation der BEM-Berechtigten an allen Schritten des BEM-Verfahrens ist dabei von zentraler Bedeutung. Gemeinsam mit VertreterInnen von ArbeitgeberInnen und Interessensvertretung wird die Ausgangssituation erörtert, Anpassungs- bzw. Verbesserungsmöglichkeiten in einem ergebnisoffenen Prozess diskutiert, geplant und umgesetzt. Weitere wichtige betriebliche PartnerInnen sind die Schwerbehindertenvertretungen/Behindertenvertrauenspersonen, BetriebsärztInnen, Fachkräfte für Arbeitssicherheit/Sicherheitsfachkräfte und Führungskräfte. Auch auf die zeitnahe Umsetzung der Maßnahmen durch die jeweils Verantwortlichen ist zu achten. Neben der Nutzung von innerbetrieblichen ExpertInnen sind auch Externe (vgl. hierzu auch in diesem Band den Beitrag von Lippold & Wögerer, 2015) in den Prozess zu integrieren. 1.4 Vertraulichkeit und Datenschutz Ohne Akzeptanz und Vertrauen in das BEM-Verfahren sowie in die handelnden Personen kann die oben beschriebene aktive Mitwirkung der BEM-Berechtigten sowie der weiteren AkteurInnen nicht gelingen. Daher 44

Grundsätze des Betrieblichen Eingliederungsmanagements müssen die Verantwortlichen dafür Sorge tragen, dass das BEM und seine Ziele im Betrieb transparent gemacht werden und auch bei den BEM-Berechtigten bekannt sind (vgl. hierzu auch in diesem Band den Beitrag von Liebrich, 2015). Zudem ist die Durchführung eines BEM immer mit personenbezogenen Daten verbunden und der sensible Umgang damit unter Wahrung der jeweiligen Datenschutzgesetze ist oberstes Gebot. So ergibt sich als zentrale Prämisse aus den einzelnen Datenschutzgesetzen: So wenig wie möglich, so viel wie nötig. Allen AkteurInnen vor allem den BEM-Berechtigten selbst muss zur jeder Zeit klar sein, was wann und wie mit den Daten passiert. Während des BEM-Prozesses ist die Verarbeitung oder Weitergabe von personenbezogenen Daten nur mit Einwilligung der BEM-Berechtigten möglich. Ziel muss es sein, gemeinsam in einem vertrauensvollen Verhältnis an der Wiederherstellung und Förderung der Arbeits- sowie Beschäftigungsfähigkeit zu arbeiten (vgl. hierzu auch Reuter, Giesert & Liebrich, 2011). 1.5 Prävention Das BEM hat nicht nur die Wiederherstellung, sondern auch den Erhalt und die Förderung der Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit zum Ziel. Ein BEM-Konzept darf dabei nicht nur einseitig auf bereits entstandene Arbeitsunfähigkeitszeiten blicken, vielmehr müssen auch Maßnahmen ergriffen werden, die von vornherein Krankheit und Arbeitsunfähigkeit verhindern (Primärprävention). Besonderes Augenmerk ist dabei auf die Verzahnung mit dem Arbeitsschutz zu richten und die korrekte Durchführung der Gefährdungsbeurteilungen physischer und psychischer Belastung, wie sie von den jeweiligen Arbeitsschutzgesetzen in Deutschland das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG), in Österreich das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) gefordert werden. Eine solche Analyse berücksichtigt auch potenzielle Gefährdungen. Beim BEM ist die kollektive Gefährdungsbeurteilung (dt.) bzw. Arbeitsplatzevaluierung (öst.) zu berücksichtigen und darüber hinaus eine personenbezogene Evaluierung durchzuführen, um die spezifische Situation der BEM-Berechtigten zu analysieren. Dabei sind auf Maßnahmen der Verhaltens- und Verhältnisprävention zu achten. Zuletzt sollte das BEM auch für diejenigen Beschäftigten offen sein, welche die sechs Wochen Arbeitsunfähigkeit noch nicht erreicht haben. Dadurch können Beschäftigte bereits vor einer möglichen Langzeiterkrankung erreicht werden, etwaige Einschränkungen frühzeitig erkannt und Maßnahmen dagegen abgeleitet werden. 2 Checkliste zur Überprüfung der Grundsätze des BEM Im Folgenden findet sich eine Checkliste, mit der es möglich ist, die Grundsätze des BEM in einem Betrieb zu überprüfen. 45

BEM-Netz Betriebliches Eingliederungsmanagement erfolgreich umsetzen Checkliste Grundsätze des BEM ja teils/ teils nein kann ich nicht beurteilen FREIWILLIGKEIT Innerbetriebliche Öffentlichkeitsarbeit? Im Rahmen der innerbetrieblichen Öffentlichkeitsarbeit (z. B. im Kontext von Betriebs- oder Personalversammlungen, Informationsbroschüren, ) hat unser Betrieb darüber aufgeklärt, dass es sich bei dem BEM für die Beschäftigten um ein freiwilliges Verfahren handelt und ihrer Zustimmung bedarf. Im Rahmen der innerbetrieblichen Öffentlichkeitsarbeit (z. B. im Kontext von Betriebs- oder Personalversammlungen, Informationsbroschüren, ) hat unser Betrieb darüber aufgeklärt, dass die BEM-Berechtigten jederzeit aus dem Verfahren wieder aussteigen können, ohne dass ihnen daraus Nachteile entstehen. Einzelne Beschäftigte Zu Beginn des BEM-Verfahrens wird jeder einzelne BEM-Berechtigte darüber aufgeklärt, dass es sich bei dem BEM um ein freiwilliges Verfahren handelt und der Zustimmung der BEM-Berechtigten bedarf. Zu Beginn des BEM-Verfahrens wird jeder einzelne BEM-Berechtigte darüber aufgeklärt, dass die BEM-Berechtigten jederzeit aus dem Verfahren wieder aussteigen können, ohne dass ihnen daraus Nachteile entstehen. Während des BEM-Verfahrens hat jeder einzelne BEM-Berechtigte die Möglichkeit, jederzeit und ohne dass ihm oder ihr daraus Nachteile entstehen, aus dem BEM-Verfahren auszusteigen. Gleichheit Krankheitsverlauf? Unser Betrieb stellt sicher, dass alle BEM-Berechtigten unabhängig von ihrem Krankheitsverlauf (d. h. sowohl Langzeiterkranke als auch wiederholt Arbeitsunfähige) identifiziert werden und eine Einladung zu einem BEM-Erstgespräch erhalten. Anstellungsverhältnis Unser Betrieb stellt sicher, dass alle BEM-Berechtigten unabhängig von ihrem Anstellungsverhältnis (d. h. für alle ArbeitnehmerInnen, außertarifliche Angestellte, Auszubildende, BeamtInnen sowie Teil- oder Vollzeitbeschäftigte) identifiziert werden und eine Einladung zu einem BEM-Erstgespräch erhalten. BEM-Systematik Unser Betrieb stellt sicher, dass allen BEM-Berechtigten die gleiche BEM-Systematik angeboten wird (so z. B. Erstgespräch umfassende und wissenschaftlich fundierte Analyse Maßnahmenentwicklung Maßnahmenumsetzung Wirksamkeitsprüfung). Beteiligung Entwicklung des BEM-Konzeptes? Bei der Entwicklung unseres BEM-Konzeptes hat unser Betrieb die Interessensvertretung (z. B. Betriebs- bzw. Personalrat, Schwerbehindertenvertretung/Behindertenvertrauensperson) hinzugezogen. Bei der Entwicklung unseres BEM-Konzeptes hat unser Betrieb professionelle interne Unterstützung (z. B. BetriebsärztInnen, Fachkräfte für Arbeitssicherheit, BGM-Beauftragte) hinzugezogen. Bei der Entwicklung unseres BEM-Konzeptes hat unser Betrieb professionelle externe Unterstützung (z. B. externe BEM-BeraterInnen, Rentenversicherung, Integrationsamt) eingeholt. 46

Grundsätze des Betrieblichen Eingliederungsmanagements Durchführung des BEM-Verfahrens? ja teils/ teils nein kann ich nicht beurteilen Bei der Durchführung des BEM-Verfahrens gewährleistet unser Betrieb, dass die/der jeweilige BEM-Berechtigte die Möglichkeit hat, den Prozess aktiv mitzugestalten (z. B. bei der Entwicklung von Lösungsvorschlägen). Bei der Durchführung des BEM-Verfahrens zieht unser Betrieb die Interessensvertretung (z. B. Betriebs- bzw. Personalrat, Schwerbehindertenvertretung/Behindertenvertrauensperson) hinzu. Bei der Durchführung des BEM-Verfahrens zieht unser Betrieb professionelle interne Unterstützung (z. B. BetriebsärztInnen, Fachkräfte für Arbeitssicherheit, BGM-Beauftragte) hinzu. Bei der Durchführung des BEM-Verfahrens holt unser Betrieb professionelle externe Unterstützung (z. B. gemeinsame Servicestelle der Rehabilitationsträger, Integrationsamt, externe BEM-BeraterInnen) ein. Vertraulichkeit und Datenschutz Datenschutzkonzept? Unser Betrieb stellt durch ein Datenschutzkonzept zum BEM den Schutz personenbezogener Daten sicher. Umgang mit personenbezogenen Daten Zu Beginn eines jeden BEM-Verfahrens wird jede/r einzelne BEM-Berechtigte über den Umgang (Schutz) mit ihren/seinen personenbezogenen Daten aufgeklärt. Weitergabe personenbezogener Daten Während des BEM-Verfahrens wird für die Verarbeitung bzw. Weitergabe personenbezogener Daten stets die Einwilligung der/s jeweiligen BEM-Berechtigten eingeholt. Prävention Erkenntnisse kollektiver Gefährdungsbeurteilungen/Arbeitsplatzevaluierungen? Im Rahmen des BEM-Verfahrens werden stets auch die Erkenntnisse kollektiver Gefährdungsbeurteilungen gem. 5 dt. Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) bzw. Arbeitsplatzevaluierungen gem. öst. 4 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) berücksichtigt. Erkenntnisse individueller, personenbezogener Gefährdungsbeurteilungen/Arbeitsplatzevaluierungen Im Rahmen des BEM-Verfahren findet zur Identifikation arbeitsplatzspezifischer Belastungen für jeden einzelnen BEM-Berechtigten eine individuelle, personenbezogene Gefährdungsbeurteilung statt. Anspruch auch vor Ablauf der sechs-wochen-frist In unserem Betrieb ist geregelt, dass auch Beschäftigte das BEM-Verfahren in Anspruch nehmen können, die die sechs Wochen Arbeitsunfähigkeit noch nicht erreicht haben. Verhaltens- und Verhältnisprävention Die im Rahmen des BEM-Verfahrens vereinbarten Maßnahmen berücksichtigen stets sowohl Aspekte der Verhaltens- (z. B. Bewegungsprogramme) als auch der Verhältnisprävention (z. B. ergonomische Arbeitsplatzgestaltung). Ganzheitliches Betriebliches Gesundheitsmanagement Das BEM-Konzept wird in unserem Betrieb als fester Bestandteil eines ganzheitlichen Betrieblichen Gesundheitsmanagements flankiert von Betrieblichem Arbeitsschutz (z. B. Gefährdungsbeurteilung, Unterweisung, ) und Betrieblicher Gesundheitsförderung (z. B. freiwillige Gesundheitsgespräche, ). Quelle: Reuter, T., Prümper, J. & Jungkunz, C. (2015). Grundsätze des Betrieblichen Eingliederungsmanagements. In J. Prümper, T. Reuter & A. Sporbert (Hrsg.), BEM-Netz Betriebliches Eingliederungsmanagement erfolgreich umsetzen. Ergebnisse aus einem transnationalen Projekt (S. 46 47). Berlin: HTW. 47

BEM-Netz Betriebliches Eingliederungsmanagement erfolgreich umsetzen 3 Fazit Das Ziel des BEM besteht in der Wiederherstellung, dem Erhalt und der Förderung der Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit von ArbeitnehmerInnen. Um dieses Ziel zu erreichen, sind systematische Strukturen und Prozesse notwendig, die sich an den Grundsätzen der Freiwilligkeit, Gleichheit, umfassenden Beteiligung, Vertraulichkeit und Datenschutz sowie Prävention orientieren müssen. Nur so kann bei der Einführung und Weiterentwicklung von Strukturen und dem BEM-Verfahren, ein zielgerichtetes und zugleich ergebnisoffenes, kreatives BEM für alle BEM-Berechtigten ermöglicht werden. Literatur ArbSchG (1996). Arbeitsschutzgesetz (in der Fassung v. 19.10.2013). ASchG (1995). ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (in der Fassung v. 17.06.2015). Liebrich, A. (2015). Gut geplant ist halb gewonnen Kommunikation und Information zum BEM. In J. Prümper, T. Reuter & A. Sporbert (Hrsg.), BEM-Netz Betriebliches Eingliederungsmanagement erfolgreich umsetzen. Ergebnisse aus einem transnationalen Projekt (S. 59 62). Berlin: HTW. Lippold, K. & Wögerer, K. (2015). Externe Unterstützung im BEM. In J. Prümper, T. Reuter & A. Sporbert (Hrsg.), BEM-Netz Betriebliches Eingliederungsmanagement erfolgreich umsetzen. Ergebnisse aus einem transnationalen Projekt (S. 93 96). Berlin: HTW. Pfaff, H. (2002). Krankenrückkehrgespräche: Zur Ambivalenz einer Sozialtechnologie. Gutachten für die Expertenkommission Betriebliche Gesundheitspolitik der Bertelsmann Stiftung und der Hans-Böckler-Stiftung. Köln: Universität zu Köln. Piorr, R. (2001). Rückkehrgespräche Chance für geringe Fehlzeiten bei gleichbleibender Arbeitsleistung. München: Herbert Utz. Piorr, R., Heller, E. & Taubert, R. (2000). Rückkehrgespräche: Ein wirksames Instrument des betrieblichen Gesundheitsmanagements (?). Arbeit, 4, 269 279. Prümper, J. (2014). Gesundheitsgespräche als Führungsaufgabe Grundlagen und Mindeststandards. GesundheitsManager, 1, 17 20. Prümper, J. & Hamann, K. (2012). Gesundheitsgespräche im Wandel. Vom sanktionierenden Krankenrückkehrgespräch zum partnerzentrierten Arbeitsfähigkeitsdialog. Personalführung, 9, 30 37. Reuter, T., Giesert, M. & Liebrich, A. (2011). Datenschutz im Betrieblichen Eingliederungsmanagement. Ein Beispiel aus dem Projekt Neue Wege im BEM. AiB Arbeitsrecht im Betrieb, 11, 676 683. Reuter, T. & Stadler, D. (2015). Das BEM-Verfahren und notwendige Strukturen im Betrieblichen Eingliederungsmanagement. In J. Prümper, T. Reuter & A. Sporbert (Hrsg.), BEM-Netz Betriebliches Eingliederungsmanagement erfolgreich umsetzen. Ergebnisse aus einem transnationalen Projekt (S. 49 53). Berlin: HTW. 48