Arbeit auf Abruf. Herzlich Willkommen. Referat vom 12. September 2013. ME Advocat Rechtsanwälte Hauptstrasse 17 CH-9422 Staad



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Transkript:

Herzlich Willkommen Arbeit auf Abruf Referat vom 12. September 2013 ME Advocat Rechtsanwälte Hauptstrasse 17 CH-9422 Staad Stephan Mullis / Mélissa Dufournet s.mullis@advocat.ch +41 71 855 77 66

Zielsetzung des Referates Arbeit auf Abruf: die rechtliche Realität hinkt der wirtschaftlichen Realität hinterher Atypische Vertragsverhältnisse, die im Obligationenrecht nicht spezifisch geregelt werden Lehre und Rechtsprechung sind sich uneinig www.advocat.ch Stephan Mullis / Mélissa Dufournet - ME Advocat Rechtsanwälte 2

Agenda I. Arbeit auf Abruf Übersicht über die Arbeitsverträge Unterscheidung echte / unechte Arbeit auf Abruf Beispiel aus der Praxis II. Entschädigung Bereitschaftsdienst bei der Arbeit auf Abruf Bereitschaftsdienst/Pikettdienst Entschädigungspflicht des Bereitschaftsdienstes III. Arbeitszuweisung während der Kündigungsfrist Rechtsprechung Beispiel aus der Praxis IV. Zusammenfassung V. Fragen www.advocat.ch Stephan Mullis / Mélissa Dufournet - ME Advocat Rechtsanwälte 3

Arbeitsverträge Arbeitsverträge Auf gewisse Dauer angelegt Isolierte Einmal-Einsätze Vollzeitarbeit Teilzeitarbeit Aushilfs- oder Gelegenheitsarbeit Eigentliche Teilzeitarbeit (zum Voraus feststehender Arbeitsplan) Uneigentliche Teilzeitarbeit (nicht feststehender Arbeitsplan) Feste Einsatzzeiten Einsatzpflicht des Arbeitnehmers Keine Einsatzpflicht Unregelmässige Einsatzzeiten Echte Arbeit auf Abruf Unechte Arbeit auf Abruf Zeit des Einsatzes nach Belieben des Arbeitnehmers Einsatz nach Belieben des Arbeitnehmers www.advocat.ch Stephan Mullis / Mélissa Dufournet - ME Advocat Rechtsanwälte 4

Abgrenzung Teilzeitarbeitsverhältnisse Teilzeitarbeit: Im Rahmen eines auf gewisse Dauer angelegten Arbeitsverhältnisses wird weniger als die betriebsoder branchenübliche Arbeitszeit gearbeitet. Eigentliche Teilzeitarbeit: Der reduzierte Arbeitseinsatz erfolgt wiederholt und mit zum Voraus bestimmten wenn auch möglicherweise unregelmässigen Arbeitszeiten. Uneigentliche Teilzeitarbeit: Der Arbeitseinsatz wird auf einseitigen Abruf durch den Arbeitgeber oder nach Belieben des Arbeitnehmers geleistet; häufig liegt kein zum Voraus bestimmter Arbeitsplan vor. www.advocat.ch Stephan Mullis / Mélissa Dufournet - ME Advocat Rechtsanwälte 5

Definition Arbeit auf Abruf Aus juristischer Perspektive wird Arbeit auf Abruf häufig definiert als Teilzeitarbeit, die im Rahmen eines unbefristeten Arbeitsvertrages geleistet wird, bei welcher Zeitpunkt und Dauer der einzelnen Arbeitseinsätze unbestimmt sind und jeweils entweder einseitig vom Arbeitgeber oder durch Parteivereinbarung festgelegt werden (vgl. RONCORONI, 1411, BRÜHWILER, Art. 319 N 12, STREIFF/VON KAENEL Art. 319 N 18, u.a.). www.advocat.ch Stephan Mullis / Mélissa Dufournet - ME Advocat Rechtsanwälte 6

Arbeitsverträge Arbeitsverträge Auf gewisse Dauer angelegt Isolierte Einmal-Einsätze Vollzeitarbeit Teilzeitarbeit Aushilfs- oder Gelegenheitsarbeit Eigentliche Teilzeitarbeit (zum Voraus feststehender Arbeitsplan) Uneigentliche Teilzeitarbeit (nicht feststehender Arbeitsplan) Feste Einsatzzeiten Einsatzpflicht des Arbeitnehmers Keine Einsatzpflicht Unregelmässige Einsatzzeiten Echte Arbeit auf Abruf Unechte Arbeit auf Abruf Zeit des Einsatzes nach Belieben des Arbeitnehmers Einsatz nach Belieben des Arbeitnehmers www.advocat.ch Stephan Mullis / Mélissa Dufournet - ME Advocat Rechtsanwälte 7

Unterscheidung echte/unechte Arbeit auf Abruf Arbeit auf Abruf Echte Arbeit auf Abruf Unechte Arbeit auf Abruf Arbeitnehmer ist bei Abruf zum Einsatz verpflichtet Arbeitnehmer kann bei Abruf Einsatz ablehnen Lage und Dauer der Arbeit sind unbestimmt Die Parteien einigen sich von Fall zu Fall über einen Arbeitseinsatz, Lage und Dauer kann variieren Leistung von Bereitschaftsdienst für die Dauer der vereinbarten Arbeitszeit Keine Leistung von Bereitschaftsdienst In der Regel Abschluss eines Rahmeneinsatzvertrages, bei dem die Bedingungen für allfällige Arbeitseinsätze geregelt werden www.advocat.ch Stephan Mullis / Mélissa Dufournet - ME Advocat Rechtsanwälte 8

Beispiel aus der Praxis Sachverhalt aus der Praxis: Durchschnittliche Arbeitszeit monatlich: 170 Std.; unterlag keinen grösseren Schwankungen AN konnte einen Arbeitseinsatz auch ablehnen; am Ende jedes Monats wurde ein Einsatzplan gemäss der mitgeteilten Bereitschaft erstellt Einmal zu spät angegebene Bereitschaft Öfters musste Planung kurzfristig geändert werden Einmal nicht zum Dienst erschienen Echte oder unechte Arbeit auf Abruf? www.advocat.ch Stephan Mullis / Mélissa Dufournet - ME Advocat Rechtsanwälte 9

Definition Bereitschaftsdienst / Pikettdienst Bereitschaftsdienst: Zeitraum ohne effektive Beschäftigung, währenddessen sich der Arbeitnehmer zur Verfügung des Arbeitgebers hält, oder welchen sich der Arbeitnehmer für einen allfälligen Arbeitseinsatz freizuhalten hat. Pikettdienst: Eine Art des Bereitschaftsdienstes, bei der sich der AN neben der normalen Arbeit für allfällige Arbeitseinsätze bei besonderen Ereignissen bereithält. zusätzlich zur normalen Arbeitszeit Abruf für Sondereinsätze und nicht je nach Arbeitsanfall www.advocat.ch Stephan Mullis / Mélissa Dufournet - ME Advocat Rechtsanwälte 10

Entschädigungspflicht Bereitschaftsdienst Der Bereitschaftsdienst bei der echten Arbeit auf Abruf ist zu entschädigen Denn Bereitschaftsdienst wird im Hinblick auf eine entgeltliche Hauptleistung geleistet Höhe der Entschädigung: grundsätzlich niedriger als für effektiv geleistete Arbeit Wartezeit: zwischen Arbeitszeit und Ruhezeit; keine vollkommene Freizeit Betriebliches Risiko darf nicht auf AN überwälzt werden Je grösser die pers. Einschränkung desto höher die Entschädigung www.advocat.ch Stephan Mullis / Mélissa Dufournet - ME Advocat Rechtsanwälte 11

Entschädigungspflicht Bereitschaftsdienst BGE 124 III 249 Im Grundsatzentscheid hält das Bundesgericht fest, dass die Wartezeiten bei der echten Arbeit auf Abruf zwingend zu entschädigen sind. Dies wird damit begründet, dass auch der ausserhalb des Betriebes erbrachte Bereitschaftsdienst also die Differenz zwischen der Rahmeneinsatzzeit und effektiven Arbeitseinsätzen der Bedürfnisbefriedigung des Arbeitgebers dient und nur gegen Lohn zu erwarten ist, denn der Arbeitnehmer leistet ihn nicht uneigennützig, sondern im Hinblick auf die in Aussicht gestellte (entgeltliche) Hauptleistung. Damit anerkennt das Bundesgericht die Wartezeit als einen Teil der entschädigungspflichtigen Arbeitsleistung und berücksichtigt das Interesse des Arbeitnehmers an einer Entlöhnung. Die Höhe der Entschädigung wird nicht abschliessend festgelegt. So beschränkt sich das Bundesgericht darauf, dass der Stundenlohn grundsätzlich niedriger zu bemessen sei als derjenige für die effektiv geleistete Arbeit, weil der Arbeitnehmer die Wartezeiten auch für eigene Bedürfnisse verwenden kann. Da die Wartezeit von der Intensität her gesehen zwischen der eigentlichen Arbeitszeit und der Ruhezeit einzuordnen ist und keine vollkommene Freizeit darstellt, ist ein im Vergleich zum Arbeitseinsatz reduzierter Lohn sachgerecht. Dies ergibt sich bereits daraus, dass das betriebliche Risiko nur dann und auch nur teilweise auf den Arbeitnehmer überwälzt werden darf, wenn ein angemessenes Entgelt garantiert bleibt. Die Angemessenheit hat sich an der persönlichen Einschränkung des Arbeitnehmers zu orientieren, d.h. je grösser diese in Bezug auf die Nutzung der Wartezeiten für die individuellen Bedürfnisse ist, desto höher hat die Entschädigung zu sein, damit sie als angemessen betrachtet werden kann. Zudem muss berücksichtigt werden, dass der Bereitschaftsdienst eine unvermeidbare psychologische Belastung für den Arbeitnehmer darstellt, da bei einer kurzen Ankündigungsfrist buchstäblich alles liegen und stehen gelassen werden muss, um zur Arbeit zu erscheinen. www.advocat.ch Stephan Mullis / Mélissa Dufournet - ME Advocat Rechtsanwälte 12

Arbeitszuweisung während Kündigungsfristen Unterscheidung zwischen der echten und der unechten Arbeit auf Abruf notwendig Entscheidend: tatsächlich gelebtes Vertragsverhältnis Echte Arbeit auf Abruf: Zuweisung von Arbeit während der Kündigungsfrist notwendig (BGE 125 III 65) Weist der AGeb zu wenig Arbeit zu, gerät er in Annahmeverzug Kein plötzlicher Entzug des Arbeitsvolumens und damit des Lohnes Zeit für Stellensuche Unechte Arbeit auf Abruf: Es muss nicht gewohntes Pensum zugewiesen werden Eine plötzliche erhebliche Reduktion des gewohnten Pensum wurde bei der echten Arbeit auf Abruf bereits als Umgehung der zwingenden Regeln des Kündigungsrechts qualifiziert (BGE 125 III 65) www.advocat.ch Stephan Mullis / Mélissa Dufournet - ME Advocat Rechtsanwälte 13

Beispiel aus der Praxis / Rechtsprechung BGer 4A_509/2009 / tatsächlich gelebtes Verhältnis Offerte widerrufen: AN hat ein bestimmtes Vertragsverständnis zum Ausdruck gebracht: sie wolle frei sein, wie viele Stunden sie offeriere. Dies bedeute, dass auch die AGeb frei sei, eine bestimmte Offerte anzunehmen oder nicht. Entscheidend falle ins Gewicht, dass die AN der Ansicht sei, eine bereits abgegebene Offerte frei widerrufen zu können und im Sinne einer Beliebigkeit durch eine für sie günstigere Offerte ersetzen zu können. Arbeitsgericht ZH, 11.06.2008 / Zuweisung Arbeit Kündigung Die Arbeitseinsätze wurden durch Parteivereinbarung bestimmt, wobei die AN einen Einsatz auch ablehnen konnte. Das wirtschaftliche Risiko des AGeb s darf grs. nicht überwälzt werden. Aber: Der AGeb sieht sich mit dem Risiko konfrontiert, dass er keine einsatzwilligen AN findet. Nicht zu rechtfertigendes Ungleichgewicht der Interessen, wenn der AGeb zuweisen, der AN jedoch nicht arbeiten müsste. www.advocat.ch Stephan Mullis / Mélissa Dufournet - ME Advocat Rechtsanwälte 14

Beispiel aus der Praxis Sachverhalt aus der Praxis: Durchschnittliche Arbeitszeit monatlich: 170 Std.; unterlag keinen grösseren Schwankungen AN konnte einen Arbeitseinsatz auch ablehnen; am Ende jedes Monats wurde ein Einsatzplan gemäss der mitgeteilten Bereitschaft erstellt Einmal zu spät angegebene Bereitschaft Öfters musste Planung kurzfristig geändert werden Einmal nicht zum Dienst erschienen Muss während der Kündigungsfrist Arbeit zugewiesen werden oder nicht? www.advocat.ch Stephan Mullis / Mélissa Dufournet - ME Advocat Rechtsanwälte 15

Zusammenfassung Arbeit auf Abruf: eine den wirtschaftlichen Bedürfnissen angepasste Arbeitsform, welche rechtlich problematisch ist Unterscheidung zwischen echter und unechter Arbeit auf Abruf ist schwierig Entschädigung der Rufbereitschaft bei der echten Arbeit auf Abruf notwendig Zuweisung von Arbeit während der Kündigungsfristen zu empfehlen, insbesondere bei ungeklärten Arbeitsverhältnissen Abstellen auf den tatsächlichen Verhältnissen www.advocat.ch Stephan Mullis / Mélissa Dufournet - ME Advocat Rechtsanwälte 16

Fragen www.advocat.ch Stephan Mullis / Mélissa Dufournet - ME Advocat Rechtsanwälte 17