Customer Financing. Absatzunterstützende Finanzierung in der ITK-Wirtschaft. Version 1.0



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Customer Financing Absatzunterstützende Finanzierung in der ITK-Wirtschaft Version 1.0

Copyright 2003 Alle Rechte, auch der auszugsweisen Vervielfältigung, bei BITKOM - Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation, und neue Medien e.v., Berlin Redaktion: Redaktionsassistenz: V.i.S.d.P.: Dr. Pablo Mentzinis Karen Schlaberg Dr. Bernhard Rohleder

Inhaltsverzeichnis 3 Vorwort... 6 1. Ausgangssituation... 7 2. Rahmenbedingungen der absatzunterstützenden Finanzierung... 8 2.1. Rechtlicher Rahmen: Kreditwesengesetz... 8 2.2. Bilanzierung... 9 2.2.1. Bilanzierung nach Handelsgesetzbuch... 9 2.2.2. Bilanzierung nach IAS/IFRS/ US-GAAP... 9 3. Risikoanalyse... 10 3.1. Bonität des Kunden... 10 3.1.1. Rating... 10 3.1.2. Basel II... 11 3.1.3. Bankanfrage... 12 3.1.4. Wirtschaftsauskunfteien... 12 3.1.5. Datenbanken... 12 3.2. Sicherheiten... 12 3.2.1. Bürgschaften... 13 3.2.2. Garantievertrag... 14 3.2.3. Zusätzliche Sicherungsmöglichkeiten im Konzernverbund... 15 3.2.4. Eigentumsvorbehalt... 16 3.2.5. Sicherungseigentum... 17 3.2.6. Grundpfandrechte... 18 3.2.7. Sicherungszession... 18 3.3. Business Case-Analyse... 18 3.4. Versicherbare und absicherbare Risiken... 19 3.4.1. Marktrisiko... 20 3.4.2. Eigenes Konstruktions- und Entwicklungsrisiko des Lieferanten... 20 3.4.3. Kreditrisiko... 20 3.4.4. Rechtliche Risiken... 20 3.4.4.1 Zivilrechtliche Voraussetzungen... 20 3.4.4.2 Öffentlich-rechtliche Voraussetzungen... 22 3.4.4.3 Zusätzliche Faktoren beim Auslandsgeschäft... 22 3.4.5. Steuerrisiken im Auslandsgeschäft... 22 3.4.5.1 Einkommens-/Körperschaftssteuer... 22 3.4.5.2 Umsatzsteuer... 23 3.4.5.3 Quellensteuer... 23 3.4.6. Wechselkursrisiken... 24 3.4.7. Politische Risiken/ Länderrisiken... 24 3.4.7.1 Konvertierungs- und Transferrisiken... 25 3.4.7.2 Moratoriums- und Zahlungsverbotsrisiken... 26 3.4.7.3 Allgemeine politische Risiken... 26 4. Formen der Absatzfinanzierung... 27 4.1. Stundung... 27 4.1.1. Modell/Vertragliche Gestaltung... 27 4.1.2. Finanzielle Vorteile und Risiken... 27 4.1.3. Steuerliche und bilanzielle Aspekte... 28 4.1.4. Form... 28 4.1.4.1 Voraussetzungen... 28 4.1.4.2 Zinsen... 29 4.1.4.3 Anerkenntnis... 29 4.1.4.4 Beendigung... 29 4.1.4.5 Zahlungsmodalitäten/Ratenzahlung... 30 4.2. Bestellerkredit... 30 4.2.1. Modell/ Vertragliche Gestaltung... 30 4.2.2. Vorteile und Risiken... 30

Inhaltsverzeichnis 4 4.3. Revenue Sharing... 30 4.3.1. Modell/Vertragliche Gestaltung... 31 4.3.1.1 Open Revenue Sharing... 31 4.3.1.2 Closed Revenue Sharing... 31 4.3.1.3 Preisstrategien (Seeding)... 32 4.3.2. Finanzielle Vorteile und Risiken... 32 4.3.3. Steuerliche und bilanzrechtliche Aspekte... 32 4.4. Pay As You Use... 33 4.4.1. Modell/Vertragliche Gestaltung... 33 4.4.2. Finanzielle Vorteile und Risiken... 33 4.4.3. Bilanzielle Aspekte... 34 4.5. Pay As You Grow... 34 4.5.1. Modell/Vertragliche Gestaltung... 34 4.5.2. Finanzielle Vorteile und Risiken... 35 4.6. Leasing... 35 4.6.1. Formen und Merkmale... 36 4.6.1.1 Indirektes Leasing... 36 4.6.1.2 Direktes Leasing... 36 4.6.1.3 Finanzierungsleasing... 36 4.6.1.4 Maintenance / Operating Leasing... 37 4.6.1.5 Sale Lease Back... 37 4.6.1.6 Vollamortisationsvertrag... 38 4.6.1.7 Teilamortisationsvertrag... 38 4.6.1.8 Kündbarer Leasingvertrag... 39 4.6.2. Wirtschaftliche Bewertung... 39 4.6.2.1 Liquidität... 40 4.6.2.2 Leasing und Kreditlinie... 40 4.6.2.3 Investitions- und finanzwirtschaftliche Risiken... 40 4.6.2.4 Flexibilität... 41 4.6.3. Steuerliche Aspekte... 42 4.6.3.1 Einkommens-/Körperschaftssteuer... 42 4.6.3.2 Gewerbeertragssteuer... 43 4.6.4. Bilanzielle Aspekte... 43 4.6.5. Vergleich zwischen Leasing und Kreditkauf... 45 4.7. Miete... 45 4.7.1. Modell/Vertragliche Gestaltung... 45 4.7.2. Finanzielle Vorteile und Risiken... 45 4.7.3. Steuerliche und bilanzrechtliche Aspekte... 45 4.8. Beteiligung am Gesellschaftskapital... 46 4.8.1. Modell/ Vertragliche Gestaltung... 46 4.8.2. Finanzielle Vorteile und Risiken... 46 4.9. Project Finance/ Betreibermodelle... 47 4.9.1. Modell/ Vertragliche Gestaltung... 48 4.9.2. Finanzielle Vorteile und Risiken... 48 4.10. Forfaitierung und Factoring... 49 4.10.1. Factoring... 49 4.10.1.1 Finanzierungsfunktion... 50 4.10.1.2 Echtes Factoring / unechtes Factoring... 50 4.10.1.3 Dienstleistungsfunktion... 51 4.10.1.4 Delkrederefunktion (echtes Factoring)... 51 4.10.2. Forfaitierung... 51 4.11. Tausch- oder Bartergeschäfte (Counter Trade)... 53 4.11.1. Formen... 53 4.11.2. Anwendungsbereiche... 54 4.11.3. Abwicklung... 54

Inhaltsverzeichnis 5 5. Außenhandelsgeschäft... 55 5.1. Auslandszahlungsverkehr... 55 5.1.1. Zahlungsweg... 55 5.1.2. Zahlungsarten... 55 5.1.2.1 Überweisung... 55 5.1.2.2 Scheckzahlung... 56 5.1.2.3 Wechsel... 56 5.2. Kommerzielles Außenhandelsgeschäft... 57 5.2.1. Dokumenteninkasso... 57 5.2.1.1 Modell... 57 5.2.1.2 Risiken... 58 5.2.1.3 Abwicklung... 58 5.2.2. Dokumentakkreditiv... 59 5.2.2.1 Modell... 59 5.2.2.2 Abwicklung... 60 5.2.2.3 Risiken... 61 6. Absicherung/Hedging von Zins-/Währungs-/Transferrisiken... 62 6.1. Devisenkassageschäft... 62 6.2. Devisentermingeschäft... 62 6.3. Devisenswapgeschäft... 62 6.4. Devisenoptionsgeschäft... 63 6.5. Non Deliverable Forwards (NDF)... 63 7. Internationale Finanzierungsinstitutionen (IFI)... 65 7.1. Grundsätzliche Informationen... 65 7.2. Vorteile/ Nachteile der IFIs... 66 7.3. Weltbank-Gruppe... 67 7.4. EBWE/ EBRD... 67 7.5. EIB (European Investment Bank)... 68 8. Politische Risikoversicherung... 69 8.1. Staatliche Ausfuhrkreditversicherung... 69 8.1.1. Mögliche Deckungsformen bei Hermes... 70 8.1.1.1 Fabrikationsrisikodeckung... 70 8.1.1.2 Ausfuhrdeckung... 71 8.1.2. Prämienberechnung für Hermes Deckung... 71 8.2. Private Ausfuhrkreditversicherung... 71 8.2.1. Mögliche Deckungsformen... 71 8.2.2. Prämienberechnung... 72 9. Glossar:... 73

Vorwort 6 Vorwort Der Leitfaden konnte nur durch die wertvollen praktischen Erfahrungen, die von Experten aus den Häusern Alcatel Nortel, Ericsson, Rohde & Schwarz, Siemens und T-Systems eingebracht wurden, entstehen. Daher bedankt sich BITKOM an dieser Stelle insbesondere bei den Mitgliedern des Arbeitskreises Verträge mit Großkunden, die bei der Entstehung des Leitfadens maßgeblich mitgewirkt haben: Herrn Dr. Alexander Basse, T-Systems International GmbH, Herrn Eike Fischer, Alcatel SEL AG, Frau Ingrid Matthes, Rohde und Schwarz GmbH & Co KG, Frau Dagmar Mundani, LL.M, Siemens AG, Herrn Dr. Ulrich Sick, Ericsson GmbH, Herrn Christian Waida, Nortel Networks Germany GmbH & Co KG. Wichtigen fachlichen Input verdankt BITKOM auch der eingehenden Unterstützung durch die HypoVereinsbank AG. Besonders bedanken möchten wir uns an dieser Stelle bei: Frau Dorothee Aufderhaar und Herrn Thomas Jakob, beide HypoVereinsbank AG. Danken möchten wir schließlich auch Frau Ellen Euler und Herrn Daniel Fritz für die umfangreiche Recherche und die redaktionellen Arbeiten. Hinweis: Der Leitfaden erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Dargestellt werden praktisch relevante Formen der absatzunterstützenden Finanzierung im Inlands- und Auslandsgeschäft, insbesondere im Projektgeschäft. Da sich die Bandbreite der Finanzierungsinstrumente aber fortlaufend weiterentwickelt, muss sich der Leitfaden auf eine Momentaufnahme beschränken. Gerade in besonders wettbewerbsintensiven Branchen, zu denen auch die ITK-Wirtschaft zählt, unterliegen nicht allein Produkte und Dienstleistungen, sondern ebenso Finanzierungslösungen dem Wettbewerb. Der Leitfaden kann und will daher keineswegs die Einbindung professioneller unternehmensinterner oder externer Berater ersetzen.

1. Ausgangssituation 7 1. Ausgangssituation Unternehmen der IT- und Telekommunikationswirtschaft (ITK-Wirtschaft) müssen sich häufig fragen, ob sie ein bestimmtes Projekt auch dann verwirklichen sollen, wenn der Kunde das zumeist kurz bemessene Zahlungsziel nicht verwirklichen kann und auf ein längeres Zahlungsziel wert legt, weil er die Mittel, welche er zur Zahlung seiner Verbindlichkeiten aus dem Liefergeschäft benötigt, erst durch den Einsatz des gelieferten Produkts erwirtschaften will. Ob das aber gelingt, lässt sich im Voraus schwer beantworten. Die Verlängerung des Zahlungsziels ist mit mannigfaltigen Risiken verbunden. Anliegen des vorliegenden Leitfadens ist es, mögliche Formen der Finanzierungssicherstellung sowie die damit verbundenen Risiken aufzuzeigen. Im Fachjargon spricht man, wenn es um die Finanzierungssicherstellung geht, von absatzunterstützender Finanzierung oder Customer Financing. Ziel ist es, dem Interesse des Kunden entgegenzukommen, dem vorübergehend die notwendigen Mittel zur Finanzierung fehlen. Der Leitfaden stellt vor diesem Hintergrund verschiedene Modelle der Absatzfinanzierung und unterstützende Aktivitäten vor. Die besonderen Zielgruppen des Leitfadens sind einerseits Vertriebsabteilungen, andererseits die Geschäftsleitung in kleinen und mittelständischen Unternehmen. Die absatzunterstützende Finanzierung hat besondere Bedeutung für kleine und mittelständische Unternehmen, da diese bei der Finanzierung nicht auf die Unterstützung von konzerneigenen Banken zurückgreifen können. Der Leitfaden richtet sich aber gleichermaßen an den Vertrieb in Großunternehmen, der sich vor einer weitergehenden Prüfung der Projektfinanzierung durch die Rechts-, Finanz- und Steuerabteilung über die Bandbreite der Möglichkeiten informieren will. Ausgeklammert bleiben die Besonderheiten, die sich im Zusammenhang mit öffentlichen Aufträgen ergeben. Hier sind die vergaberechtlichen und haushaltsrechtlichen Bestimmungen für Geschäfte mit der öffentlichen Hand zu beachten. Lösungsformen zur unterstützenden Finanzierung für diesen Sektor können etwa Public Private Partnership-Modelle oder auch ähnliche Modelle aus dem angloamerikanischen Bereich wie PFI - Private Finance Initiative sein. Um die teilweise komplexen vertraglichen Zusammenhänge nicht unnötig schwierig zu gestalten wurde eine weitgehend durchgängige und einheitliche Bezeichnung der wesentlichen Vertragsparteien ( Lieferant und Kunde ) gewählt. Der Leitfaden beschränkt sich indessen nicht auf das reine Liefergeschäft, sondern gilt gleichermaßen auch für die zunehmend in der Praxis nachgefragten Dienstleistungen. Soweit infolge bestimmter vertraglicher Besonderheiten eine abweichende Terminologie erforderlich ist (etwa Leasinggeber und Leasingnehmer), wird dennoch die Bezeichnung Kunde und Lieferant zum besseren Verständnis parallel genutzt.

2. Rahmenbedingungen der absatzunterstützenden Finanzierung 8 2. Rahmenbedingungen der absatzunterstützenden Finanzierung 2.1. Rechtlicher Rahmen: Kreditwesengesetz Bei der Absatzfinanzierung agiert der finanzierende Lieferant ähnlich wie eine Bank. Gerade wegen dieser ähnlichen Situation ist es notwendig, die rechtlichen Schranken, die das Gesetz über das Kreditwesen (KWG) 1 vorzeichnet, zu beachten. Das KWG bestimmt, dass eine Darlehensausreichung sowie sonstige Bankgeschäfte 2 in bestimmtem Umfang nur durch Banken erfolgen dürfen. Darlehensgeschäfte und sonstige Bankgeschäfte sind damit grundsätzlich den Kreditinstituten vorbehalten, die der bankrechtlichen Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin) 3 unterliegen. Kreditinstitute sind Unternehmen, die Bankgeschäfte gewerbsmäßig oder in einem Umfang betreiben, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Der Betrieb eines Bankgeschäfts oder die Erbringung von Finanzdienstleistungen bedarf der schriftlichen Erlaubnis (Lizenz) der BAFin. Sollte das Unternehmen die Anforderungen an ein Kreditinstitut erfüllen, steht das KWG der Darlehensausreichung nicht entgegen. Andernfalls kann die Vereinbarung einer Stundung helfen, denn auf diese finden die Regelungen und Beschränkungen des KWG keine Anwendung. Die Stundung stellt eine Ausgestaltung der Kaufpreisforderung dar und ist der Höhe nach begrenzt auf den Zahlungsanspruch. Kennzeichnend für die Stundung ist der unmittelbare Konnex zur Kaufpreisforderung. Falls eine Absatzfinanzierung unabhängig von der unmittelbaren Anbindung an die Begleichung der Kaufpreisforderung gewünscht sein sollte, bietet sich für Großunternehmen die Finanzierung durch eine lizenzierte Konzernbank des Lieferanten an. In diesem Fall übernimmt eine vom Kunden und vom Lieferanten rechtlich selbständige Bank das Finanzierungsgeschäft. Als solche unterliegt die Bank der Bankenaufsicht. Vor diesem Hintergrund haben die meisten internationalen Konzerne konzerneigene Banken. Mittelständischen Unternehmen kann hier die Einschaltung der jeweiligen Hausbank weiterhelfen. 1 2 3 Neufassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2776), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes zur Änderung insolvenzrechtlicher und kreditwesenrechtlicher Vorschriften vom 8. Dezember 1999 (BGBl. I Nr. 54 S. 2384). www.bakred.de bzw. www.bafin.de Vgl. 1 Abs. 1 S.2 KWG Vormals Bundesaufsichtsamt für Kreditwesen (BAKred). Vgl. 32 KWG. Zuwiderhandlungen können strafrechtlich verfolgt werden, 54 i.v.m. 32 KWG

2. Rahmenbedingungen der absatzunterstützenden Finanzierung 9 2.2. Bilanzierung 2.2.1. Bilanzierung nach Handelsgesetzbuch Sobald im Rahmen einer Verkaufstransaktion der Kaufgegenstand an den Abnehmer ausgeliefert wurde, hat dies auch Auswirkungen auf die Bilanz. Der Verkäufer hat dann in der Regel die Kaufpreisforderung zu aktivieren. Parallel erhöhen sich in der Regel die Umsatzerlöse um den Wert der Forderung und damit der Gewinn. Je nachdem, ob und in welcher Form eine absatzunterstützende Finanztransaktion abgeschlossen wurde, ist auch diese in der Bilanz auszuweisen. Bis zur endgültigen Bezahlung der Kaufpreisforderung ist ihre Werthaltigkeit ungewiss. Es besteht das Risiko von Zahlungsunwilligkeit oder -unfähigkeit des Abnehmers. Diese Unsicherheit wird zum Bilanzstichtag durch einen pauschalen Abschlag auf den Gesamtbestand der bilanzierten Forderungen berücksichtigt (Pauschalwertberichtigung). Bestehen konkrete Zweifel an der Bonität des Abnehmers, ist darüber hinaus eine Einzelwertberichtigung auf die Forderung gegen den Abnehmer vorzunehmen. Das bilanzierende Unternehmen muss aus allen ihm bekannten wertmindernden Faktoren abschätzen, in welcher Höhe die Forderung noch werthaltig ist. Wird der Abnehmer z.b. insolvent, kann die Forderung nur noch mit der voraussichtlichen Insolvenzquote angesetzt werden. Die Wertberichtigungen ermäßigen den auszuweisenden Gewinn. Die Besteuerung orientiert sich grundsätzlich an dem Gewinn, der nach den Vorschriften des HGB ausgewiesen wird (Maßgeblichkeit des Handelsrechts für das Steuerrecht). Allerdings gibt es von diesem Grundsatz umfangreiche Ausnahmen. So muss z.b. eine wertberichtigte Forderung in der Steuerbilanz wieder mit ihrem ursprünglichen Wert angesetzt werden, wenn die Zahlungsunfähigkeit oder -unwilligkeit des Schuldners beseitigt ist. 2.2.2. Bilanzierung nach IAS/IFRS/ US-GAAP Von den HGB-Grundsätzen weicht eine Bilanzierung nach IAS (International Accounting Standards (siehe 4.6.4 - Bilanzielle Aspekte) bzw. IFRS (International Financial Reporting Standards) ab. Nach IAS/IFRS ist die Kaufpreisforderung als asset ebenfalls auf der Aktivseite der Bilanz auszuweisen. Eine Pauschalwertberichtigung einzelner Forderungen zum Bilanzstichtag findet jedoch nicht statt. Der IAS-Grundsatz der Fair Presentation verlangt den Ansatz einer Forderung mit ihrem Fair Value. Dies bedeutet, dass der Wertgehalt der Forderung zum Bilanzstichtag einzeln festgestellt werden muss. Nur der realisierbare Forderungsbetrag darf aktiviert werden. Je nach dem Ergebnis dieser Feststellung ist eine Auf- oder Abwertung der Forderung in der Bilanz vorzunehmen. Werden zur Absicherung einzelner Absatzgeschäfte gegen Risiken derivative Finanzinstrumente eingesetzt (Hedging vgl. 4.4.6 und 7) sind diese Geschäfte nach der Spezialvorschrift IAS 39 als Bewertungseinheit mit dem zu sichernden Hauptgeschäft zu bilanzieren.

3. Risikoanalyse 10 3. Risikoanalyse Stets ist dem Lieferanten zu raten, vor der Entscheidung einer Projektfinanzierung eine umfassende Risikoanalyse auch Due Diligence genannt - durchzuführen. Diese Due Diligence orientiert sich an einer Reihe von Faktoren wie: Bonität des Kunden, Sicherheiten, die der Kunde dem Lieferanten gewähren kann, Business Case-Analyse Versicherbare und absicherbare Risiken. 3.1. Bonität des Kunden Finanzierung ist Vertrauenssache. Der Lieferant muss seinem Geschäftspartner Vertrauen entgegenbringen. Dieses Vertrauen wird durch die bisherigen geschäftlichen Beziehungen, hauptsächlich aber durch die Bonität des Kunden maßgeblich beeinflusst. Bisherige positive Erfahrungen mit dem Kunden (positive Payment History) entbinden bei Folgegeschäften keineswegs von der gewissenhaften Prüfung in jedem Einzelfall, insbesondere dann, wenn das aktuelle Geschäft das Volumen der vorangegangenen Geschäftsbeziehung wesentlich übersteigt. Eine Besonderheit der Bonitätsprüfung ist bei Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen zu beachten. Bestehen entsprechende vertragliche Beziehungen zwischen dem Kunden (Tochtergesellschaft) und seiner Muttergesellschaft, ist die Bonität der Mutter maßgebend. Allerdings gilt dies nur, solange der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag auch tatsächlich besteht. Endet ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag, so hat die Mutter den Gläubigern der Tochtergesellschaft vor der Eintragung der Beendigung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages Sicherheit zu leisten. Dies erfolgt regelmäßig durch Bürgschaft ( 303 Abs. 3 AktG). 3.1.1. Rating Ein wertvolles Indiz für die Beurteilung der Bonität sind Ratings. Bisher werden Ratings überwiegend zur Beurteilung von internationalen Konzernen durch Rating-Agenturen durchgeführt. Namhafte Agenturen sind etwa Moody s 4 und Standard & Poors 5. Das Unternehmensrating wird von vielen mittelständischen Unternehmern immer noch als eine exklusive Angelegenheit von Börsenkandidaten angesehen. Es wird aber immer wichtiger gerade für den Mittelstand - Kapitalgebern und Geschäftspartnern die eigene Bonität professionell darzustellen. 4 5 www.moodys.com www.standardandpoors.com

3. Risikoanalyse 11 Ein Rating bewertet die wirtschaftliche Situation des Unternehmens und seine Fähigkeit, finanzielle Verpflichtungen fristgerecht erfüllen zu können, anhand von Finanzkennzahlen, die aus der Jahresabschlussanalyse gewonnen und auf der Grundlage der Vermögens- und Kapitalstruktur, der Finanzierungsstruktur, der Finanzlage und der Erfolgslage ermittelt werden. Informationsdefizite zwischen Geschäftspartnern können dadurch abgebaut werden. Folglich können Ratings mittelständischen Unternehmen eine hinreichende Bonität vorausgesetzt - im Wesentlichen zwei Vorteile bringen: Bessere Fremdfinanzierungskonditionen: Das Rating kann helfen, die Fremdfinanzierungskosten zu senken und/oder neue Finanzierungsquellen zu erschließen, da es ein Zeugnis über die Kreditwürdigkeit des Unternehmens darstellt. Somit ergibt sich für ein geratetes Unternehmen eine bessere Verhandlungsposition, die den Zugang zu Krediten erleichtern kann. Ein Rating kann auch für Lieferanten, Versicherungen oder öffentliche Förderinstitutionen von Nutzen sein, da es eine standardisierte Information über die Bonität des Kunden darstellt und somit Basis für Finanzierungskosten ist. Verbesserung des Images des Unternehmens: Auch die Außendarstellung eines Unternehmens kann sich durch ein Rating verbessern. Ein Rating kann somit für ein Unternehmen ein Gütesiegel sein, das einen verlässlichen Eindruck von dem betreffenden Unternehmen verschafft. 3.1.2. Basel II Dem Ansatz, Ratings im Bankgeschäft auf mittelständische Unternehmen auszudehnen und eine Basis für Standardisierung und Vergleichbarkeit zu erreichen, entsprechen auch die Kernprinzipien von Basel II. Basel II ist die Nachfolgeregelung von Basel I, einer Richtlinie des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht aus dem Jahr 1988, in der Regelungen für das Kreditgeschäft der Banken getroffen wurden. In über 100 Ländern erfolgten die Umsetzungen dieser Regelungen in nationales Recht. Basel II wird voraussichtlich 2006 in Kraft treten und Eingang in die EU-Richtlinien finden. Ziel von Basel II ist es, die Stabilität des internationalen Finanzsystems zu erhöhen. Dazu sollen Risiken im Kreditgeschäft besser erfasst und die Eigenkapitalvorsorge der Kreditinstitute risikogerechter ausgestaltet werden. Das bedeutet im Kern, dass die Kreditinstitute zukünftig umso mehr Eigenkapital vorhalten sollen, je höher das Risiko des Kreditnehmers ist, an den sie den Kredit vergeben. Somit werden sich die Konditionen auf den Kreditmärkten denen auf den Kapitalmärkten annähern. Heute spielt dagegen die Bonität der Unternehmen in den aufsichtsrechtlichen Eigenkapitalregeln keine Rolle; Banken und Sparkassen müssen jeden Firmenkredit mit einem einheitlichen Satz von 8 % ihres Eigenkapitals unterlegen. Folglich geht es bei Basel II zunächst nur um die Eigenkapitalvorschriften für Kreditinstitute. Mittelbar werden jedoch auch mittelständische Firmenkunden von diesen Ver-

3. Risikoanalyse 12 einbarungen betroffen sein. So können sich die Regelungen nach Basel II z.b. auch auf Lieferanten auswirken, die im Zuge der Absatzfinanzierung ihre eigenen Kreditlinien und somit ihr Risiko erhöhen. Hierdurch wird ihre Bonität ausschlaggebend für die Kosten bzw. die Zinsen für einen Kredit. 3.1.3. Bankanfrage Praktisch bewährt hat sich auch die Anfrage bei der Hausbank (Bankanfrage), denn häufig kann aufgrund des bankeninternen Austauschs von Informationen diese weitaus besser als der Lieferant einschätzen, wie es um die Zahlungsfähigkeit des Kunden tatsächlich steht. Mit Einverständnis des Kunden lassen sich hier verlässliche und belastbare Informationen gewinnen. 3.1.4. Wirtschaftsauskunfteien Nützliche Aussagen können auch durch Wirtschaftsauskunfteien erfolgen, die ihre Informationen häufig aus Presse, Selbstauskünften und eigener Recherche beziehen. Dieses Vorgehen birgt indes die Gefahr, dass Informationen teilweise nicht tagesaktuell sind. Daher sollte sich eine Risikoanalyse eher zusätzlich und nicht ausschließlich auf Wirtschaftsauskunfteien stützen. Namhafte Wirtschaftsauskunfteien sind etwa Bürgel 6, Creditreform 7 oder Dun & Bradstreet. 8 Sie vergeben Informationen über das einzelne Unternehmen, aufgrund der bei ihnen gespeicherten Daten und einer entsprechenden Bewertung dieser Daten, die einen Bonitätsindex (z.b. bei Creditreform 100 = exzellent, 600 = insolvent) ergeben. 3.1.5. Datenbanken Weitere Möglichkeiten, sich über die Bonität eines Unternehmens zu informieren, bieten verschiedene Datenbanken, wie unter anderem: FT-Profile (International Business Library der Financial Times) 9, CD-ROM-Firmendatenbank MARKUS (MARKetingUnterSuchungen): Verzeichnis von ca. 750.000 deutschen Unternehmen mit Hinweisen auf die letzte Bilanz, Handelsregistereinträge, Portraits der Geschäftsleitung (Handelsblatt) 10, US-Security and Exchange Commission (SEC) EDGAR Database: unter Mandat der SEC erstellte Corporate Reports 11. 3.2. Sicherheiten Bei der Beurteilung des Risikos spielt neben der Bonität des Kunden auch Art, Werthaltigkeit und Umfang von gestellten Sicherheiten eine wichtige Rol- 6 7 8 9 www.buergel.de www.creditreform.de www.dnb.com www.iol.ie/~jclancy/ftprfile.html 10 www.branchen-adressen.de/html/markus_marketingdatenbank.html 11 www.sec.gov/edgar.shtml

3. Risikoanalyse 13 le. Daher sollte darauf geachtet werden, ob der Kunde Sicherheiten stellen kann und welchen Rang die Sicherheiten einnehmen. Zu beachten ist, dass die nachfolgenden Erläuterungen über Sicherheiten dem deutschen Recht unterliegen. Die Berücksichtigung zwingender Regelungen ausländischen Rechts muss durch einen Experten erfolgen. 3.2.1. Bürgschaften Die Bürgschaft ist ein Vertrag, durch den sich der Bürge gegenüber dem Gläubiger der Leistung, also dem Lieferanten verpflichtet, für die Erfüllung der Verbindlichkeiten eines Dritten (des Kunden) einzustehen ( 765 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch, BGB). Die Bürgschaft kann auch für eine zukünftige oder bedingte Verbindlichkeit übernommen werden ( 765 Abs. 2 BGB). Kennzeichnend für die Bürgschaft ist, dass neben das Schuldverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner ein weiteres Rechtsverhältnis zwischen Gläubiger und Bürgen tritt. Dieses letztgenannte Rechtsverhältnis ist in seinem Bestand und seinem Umfang von der Hauptschuld abhängig. Man spricht von Akzessorietät. Zwar kann die strenge Bindung der Bürgschaft von der Hauptschuld durch die Vereinbarung einer selbstschuldnerischen Bürgschaft unter Verzicht auf die Einreden der Anfechtbarkeit und Aufrechenbarkeit gelockert werden. Gleichwohl setzt die Einstandspflicht des Bürgen voraus, dass tatsächlich eine Forderung des Lieferanten gegenüber dem Kunden besteht. Der Wert der Bürgschaft als Sicherheit wird im Wesentlichen durch zwei Faktoren bestimmt: Wie steht es um die Bonität des Bürgen? Kann sich der Lieferant als Gläubiger tatsächlich darauf verlassen, dass der Bürge nicht seinerseits im Fall der Zahlungsunfähigkeit des Kunden ausfällt? Wie ist die Bürgschaft im Einzelnen ausgestaltet? Zu beachten sind hier einige rechtliche Aspekte: Dem Bürgen sollte die grundsätzlich bestehende Möglichkeit, vor seiner Inanspruchnahme zunächst auf eine Klage gegen den eigentlichen Schuldner zu verweisen, nicht eingeräumt werden. Dies lässt sich durch die Vereinbarung einer sog. selbstschuldnerischen Bürgschaft erreichen, in der der Bürge auf die Einrede der Vorausklage verzichtet ( 773 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Im Falle von Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen (B2B-Geschäft) ist die Einrede der Vorausklage generell ausgeschlossen ( 349 Handelsgesetzbuch, HGB). Ferner sollte die Bürgschaft unter Verzicht auf die Anfechtbarkeit und Aufrechenbarkeit der zu sichernden Forderung eingeräumt werden. Im Ergebnis entspricht diese Form der Bürgschaft weitgehend einer abstrakten Zahlungsgarantie. Unter den Voraussetzungen, dass die Forderung entstanden und fällig (Abnahme der Leistung) ist, muss der Bürge zahlen. Eine im Geschäftsleben bisher weithin übliche Praxis der formularmäßigen Vereinbarung von Bürgschaften auf erstes Anfordern in Allgemeinen Ge-

3. Risikoanalyse 14 schäftsbedingungen (AGB), ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2002 12 eingeschränkt worden. Wesentlicher Inhalt der Bürgschaft auf erstes Anfordern konnte etwa sein, dass sich der Auftragnehmer nach den AGB des Kunden verpflichtet, für die Sicherung der vertragsgemäßen Ausführung der Leistung und die Erfüllung von Gewährleistungsverpflichtungen zu bürgen. In der Bürgschaftsurkunde musste sich die Klägerin verpflichten, auf erste Anforderung der Beklagten zu zahlen. Nach der Rechtsprechung des BGH wird der Auftraggeber gegenüber dem Auftragnehmer durch die Bestellung einer Bürgschaft auf erstes Anfordern unangemessen privilegiert. Er kann unter Hinweis auf angebliche Mängel bzw. nicht gehörige Erfüllung die Leistung auf die Bürgschaft verlangen. Entsprechend dem Sicherungsinteresse des Auftraggebers sollte dieser üblicherweise nunmehr Anspruch auf Bestellung einer einfachen, selbstschuldnerischen Bürgschaft haben. Ob sich diese Grundsätze auch auf Bürgschaften von Banken übertragen lassen, bleibt vorerst offen. 3.2.2. Garantievertrag Von der Bürgschaft zu unterscheiden ist der Garantievertrag. Durch einen Garantievertrag wird eine zweite, selbständige und in ihrem Rechtsgrund von der zugrunde liegenden zu sichernden Forderung unabhängige (abstrakte) Forderung begründet. Zu beachten ist ein wichtiger Unterschied zwischen der im Inlandsgeschäft gebräuchlichen und im BGB geregelten Bürgschaftsverpflichtung, die an das Grundgeschäft gebunden (akzessorisch) ist, und der überwiegend im Auslandsgeschäft üblichen, abstrakten Garantieverpflichtung: Bei Übernahme einer Bürgschaft steht der Bürge (die Bank) für die Erfüllung der Verbindlichkeiten des Hauptschuldners ein. Im Falle einer Inanspruchnahme können dem Begünstigten Einreden aus dem Grundgeschäft entgegengehalten werden und der Begünstigte muss den Nachweis erbringen, dass die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme erfüllt sind. Im Gegensatz dazu handelt es sich bei einer Garantie um ein rein abstraktes Zahlungsversprechen, das losgelöst von dem zu Grunde liegenden Geschäft ist. Die Bank verpflichtet sich, im Falle einer Inanspruchnahme auf erste Anforderung und schriftliche Erklärung des Begünstigten, dass der Garantiefall eingetreten ist, eine Geldleistung zu erbringen. Ein Nachweis, dass die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme erfüllt sind, muss nicht vorgelegt werden. Insbesondere Geschäfte mit Handelspartnern im Ausland sind häufig mit größeren Risiken verbunden als im Inland. Der Handelspartner und sein Umfeld sind auf Grund der Entfernung oder anderer Bedingungen im jeweiligen Land oft schwer einzuschätzen, die Informationen über Bonität unzureichend. 12 Urteil vom 18. April 2002 (Az. VII ZR 192/01) und Urteil vom 04. Juli 2002 (Aktenzeichen VII ZR 502/99)

3. Risikoanalyse 15 Daher kann gerade im Auslandsgeschäft die Garantie als Sicherungsinstrument eine wichtige Rolle spielen. Aus der Abstraktheit der Garantieverpflichtung ergibt sich, dass diese in jedem Fall, selbst wenn der zu Grunde liegende Vertrag geändert oder annulliert werden sollte, bis zu ihrem Ablauf gültig ist, es sei denn, es erfolgt eine ordnungsgemäße Haftungsentlassung durch den Begünstigten. Anbieter solcher Garantien sind häufig die Hermes-KreditversicherungsAG oder die Ausfuhrkredit-Gesellschaft mbh (AKA) (vgl. 8.1 Staatliche Ausfuhrkreditversicherung). Es werden direkte und indirekte Garantien unterschieden. Eine direkte Garantieurkunde wird direkt an den Begünstigten ausgehändigt, eine indirekte Garantie über eine beauftragte Bank, die zumeist zusätzlich in die Haftung genommen wird. Die Bankgarantie ist eine abstrakte und unwiderrufliche Verpflichtung einer Bank (Garantin), gegen Vorlage einer schriftlichen Erklärung des Garantienehmers (Begünstigter), dass eine bestimmte, vertraglich zugesicherte Leistung nicht erbracht wurde, Zahlung zu leisten. Sie wird als Vertrag zwischen der Bank als Garantin und einem Begünstigten (Lieferant) im Auftrag seines Kunden geschlossen. 3.2.3. Zusätzliche Sicherungsmöglichkeiten im Konzernverbund Ein weiteres Mittel der Sicherung ist die Patronatserklärung bzw. Konzernbürgschaft, die in der Regel von Konzernobergesellschaften gegenüber einem Kreditgeber abgegeben wird, um Konzerngesellschaften eine Kreditaufnahme und die Geschäftstätigkeit im Konzernverbund zu erleichtern. Eine Patronatserklärung begründet keine unmittelbare Zahlungsverpflichtung der Konzernobergesellschaft gegenüber dem Kreditgeber, sondern allein eine Zusage, das Tochterunternehmen mit ausreichenden finanziellen Mitteln auszustatten. Im Übrigen ist zwischen den sog. "weichen" Patronatserklärungen, die weder Zahlungs- noch Schadenersatzansprüche begründen, und den sog. "harten" Patronatserklärungen, zu unterscheiden. Nur bei harten Patronatserklärung steht die Konzernobergesellschaft rechtlich dafür ein, dass die Konzerngesellschaft während der Zeit, in der diese einen Kredit in Anspruch nimmt, finanziell so ausgestattet wird, dass sie ihre Verpflichtungen gegenüber dem Kreditgeber jederzeit erfüllen kann. Weiterhin kann sich die Muttergesellschaft verpflichten, ihre Beteiligung an der Tochtergesellschaft während der Kreditlaufzeit nicht unter 50 % zu reduzieren. Eine derartige Erklärung kann etwa als Verlustübernahmeverpflichtung formuliert sein. Als Kreditsicherheit im banküblichen Sinn kommen harte Patronatserklärungen in Betracht, die einen verpflichtenden Charakter haben. Allein bei diesen kann der Kreditgeber den Ersatz desjenigen Schadens von der Konzernobergesellschaft verlangen, den sie infolge der Verletzung der Patronatserklärung dadurch erleidet, dass die Tochtergesellschaft ihre Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Kreditgeber nicht mehr erfüllen kann.

3. Risikoanalyse 16 Inhalt und Wortlaut einer Patronatserklärung orientieren sich an den Erfordernissen und Möglichkeiten des Einzelfalls und bedingen somit keine standardisierte formularmäßige Erfassung. Die harte Patronatserklärung ist als bedingte Verpflichtung in der Bilanz nach 251 HGB auszuweisen. Testiert der Wirtschaftsprüfer die Bilanz ohne Ausweisung der Patronatserklärung, so handelt es sich im Zweifel um eine weiche Patronatserklärung. 3.2.4. Eigentumsvorbehalt Weit verbreitet als Sicherungsmittel ist auch die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts (EV). Hierbei erfolgt die Übereignung der Kaufsache unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung. Bis zur vollständigen Zahlung des Kaufpreises erwirbt der Käufer zwar aufgrund des Eigentumsvorbehalts noch kein Eigentum, ist aber bereits berechtigt, die Sache in Besitz zu nehmen und zu nutzen, gegebenenfalls auch zu verwerten, und je nach der konkreten Ausgestaltung - auch weiterzuverarbeiten. Mit jeder Rate, die er zahlt, gewinnt das sog. Anwartschaftsrecht des Käufers als eigene wirtschaftliche Rechtsposition an Bedeutung. Insbesondere kann der Käufer den wirtschaftlichen Wert des Anwartschaftsrechts seinerseits zur Sicherung von Krediten nutzen. Besondere Formen des Eigentumsvorbehalts sind der erweiterte Eigentumsvorbehalt (Kontokorrentvorbehalt) und der verlängerte Eigentumsvorbehalt. Beim erweiterten Eigentumsvorbehalt wird der Eigentumsübergang von der Bezahlung sämtlicher Forderungen des Vorbehaltsverkäufers abhängig gemacht. Dieser Eigentumsvorbehalt dient somit in aller Regel zum Ausgleich des Kontokorrents im Rahmen einer laufenden Geschäftsbeziehung. Beim verlängerten Eigentumsvorbehalt darf der Vorbehaltskäufer die unter Eigentumsvorbehalt erworbene Sache im gewöhnlichen Geschäftsgang veräußern und verarbeiten, überträgt dafür aber sicherungshalber das Eigentum an der durch die Verarbeitung erlangten Sache an den Lieferanten oder tritt die künftige Kaufpreisforderung aus einem Weiterverkauf an ihn ab. Beim Auslandsgeschäft ist zu beachten, dass sowohl ein verlängerter als auch ein erweiterter Eigentumsvorbehalt vielfach nicht anerkannt werden. Zudem unterliegt selbst der einfache Eigentumsvorbehalt in der Regel der Pflicht zur Registrierung, um auch gegenüber Dritten Wirksamkeit zu entfalten. Entsprechende Publizitätserfordernisse bestehen etwa in der Schweiz oder in Italien. In Frankreich und im US-amerikanischen Uniform Commercial Code wird eine schriftliche Sicherungsabrede als Wirksamkeitsvoraussetzung verlangt. 13 Weitere Besonderheiten sind zu beachten, falls bei Sicherheiten im Auslandsgeschäft nach dem jeweiligen Landesrecht eine Eintragung der Sicherheit in einem Kreditsicherheitenregister verlangt wird. Dies ist etwa in Norwegen, Polen, Italien oder den Vereinigten Staaten zu beachten. In Norwegen 13 Weiterführend hierzu Sandrock, Handbuch der internationalen Vertragsgestaltung (1980)

3. Risikoanalyse 17 wurden alle öffentlichen Register, eingeschlossen auch das Register über Kreditsicherheiten in einem nationalen Register zusammengefasst. 14 Problematisch kann im Einzelfall sein, dass der verlängerte Eigentumsvorbehalt des Lieferanten mit einer formularmäßig vereinbarten Globalzession von Forderungen zugunsten einer finanzierenden Bank kollidiert. Bei einer Globalzession werden sämtliche Forderungen des Kunden, soweit diese hinreichend bestimmt oder bestimmbar sind, an eine Bank abgetreten. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) gilt bei einem Zusammentreffen zwischen verlängertem Eigentumsvorbehalt und Globalzession grundsätzlich das Prioritätsprinzip, d.h. die zeitlich früher vereinbarte Sicherheit hat den Vorrang. Dies ist in aller Regel die Sicherheit zugunsten der Bank. Eine Ausnahme vom Prioritätsprinzip wird durch die Rechtsprechung dann anerkannt, wenn die Globalzession wegen Sittenwidrigkeit unwirksam ist. Dies ist dann der Fall, wenn die Forderungen der Banken bereits durch andere Sicherungsmittel, etwa Grundpfandrechte, gesichert sind und die Bank die Globalzession formularmäßig (also in den ABG) vereinbart hat. Die Bank ist dann übersichert. Allgemein wird eine Übersicherung dann angenommen, wenn der Schätzwert des Sicherungsgutes deutlich über 150 % des Werts der zu sichernden Forderung liegt. 15 Für den Fall der anfänglichen Übersicherung ist eine entsprechende Vereinbarung sittenwidrig und damit unwirksam. Soweit durch zusätzliche Sicherungsabreden im Nachhinein eine Übersicherung eintritt, besteht ein Anspruch des Kunden auf Freigabe des Sicherungsguts, hingegen bleibt die Sicherungsabrede selbst wirksam. 3.2.5. Sicherungseigentum Zur Sicherung einer Forderung ist die Bestellung eines Pfandrechts häufig nicht möglich, da dieses die Übertragung des Besitzes an der Sache voraussetzt ( 1205 BGB), der Schuldner aber gerade die tatsächliche Sachherrschaft an seinen betrieblichen Mitteln benötigt. In diesen Fällen ermöglicht die Praxis die Übereignung des Eigentums zur Sicherung (eigennütziges Treuhandeigentum). Kennzeichnend für die Sicherungsübereignung ist die Eigentumsübertragung verbunden mit der Abrede, die zur Sicherung übereignete Sache nur dann zu verwerten, wenn die zu sichernde Forderung trotz Fälligkeit nicht erfüllt wird, der Kunde also nicht zahlt. Bei der Vereinbarung einer Sicherungstreuhand ist stets zu prüfen, ob das Sicherungseigentum auch noch tatsächlich einer Verwertung durch den Lieferanten zugänglich ist. Gerade bei Produkten der Informationstechnologie und der Telekommunikation (ITK) sind diese Aspekte von praktischer Relevanz, denn durch die ü- beraus kurzen Innovationszyklen ist die gelieferte Ware in aller Regel schnell veraltet. Beispiel: Vergrabene Glasfaserkabel sind kaum noch verwertbar, da die Kosten des Ausgrabens den Sachwert deutlich übersteigen. Allerdings ist auch hier zu bedenken, dass der Eigentums- 14 http://www.brreg.no/english/registration.html 15 Palandt, BGB-Kommentar, 62. Aufl. 2003, 138, Rdnr. 97.

3. Risikoanalyse 18 vorbehalt dann noch sinnvoll genutzt werden kann, wenn im Gesamtzusammenhang das Recht, die Nutzung des Kabels zu untersagen, die Verhandlungsposition stärkt. 3.2.6. Grundpfandrechte Auch Grundpfandrechte können bei der absatzunterstützenden Finanzierung als Sicherungsmittel zum Einsatz kommen, sei es als akzessorische, auf eine konkrete Forderung und deren Befriedigung beschränkte Hypothek oder in Form der weitaus verkehrsfähigeren Grundschuld. Allerdings steht zu befürchten, dass die interessanten erst- oder zweitrangigen Grundpfandrechte bereits der Sicherung von Bankkrediten dienen und damit nur noch die Einräumung eines nachrangigen Grundpfandrechts möglich ist. Zwar ist in diesem Fall nicht pauschal von einer zusätzlichen Absicherung durch die Einräumung eines Grundpfandrechts abzuraten, allerdings sollte gegen gerechnet werden, ob nicht die vorrangigen Forderungen bereits den Wert der Immobilie ausschöpfen. Zudem sind bei der Einräumung von Grundpfandrechten auch stets die anfallenden Notarkosten zu berücksichtigen. 3.2.7. Sicherungszession Zur Sicherung von Forderungen aus dem Lieferverhältnis kann vereinbart werden, dass der Kunde seine künftig aus Folgegeschäften entstehenden Forderungen gegen seine (Dritt-)Kunden zur Sicherung an den Lieferanten abtritt (Sicherungsabtretung oder Sicherungszession). Soweit zur Sicherung eines Geschäftsbetriebs alle Forderungen abgetreten werden, liegt eine Globalzession vor. Bedingung für die Zession ist, dass die Forderungen hinreichend bestimmt oder zumindest (bei künftigen Forderungen) bestimmbar sind. Auch hier sind die Grenzen der Übersicherung zu beachten (vgl. 3.2.4 - Eigentumsvorbehalt). Mit der Abtretung tritt der neue Gläubiger (also der Lieferant) in vollem Umfang an die Stelle des bisherigen ( 398 S. 2 BGB). Mit der abgetretenen Forderung gehen Neben-, Sicherungs- und Vorzugsrechte (insbesondere Hypothek, Pfandrecht, Bürgschaft) auf den neuen Gläubiger automatisch ü- ber ( 401 BGB). Der bisherige Gläubiger (Kunde) hat Urkunden, die zur Geltendmachung oder zum Beweis der Forderung erforderlich sind, herauszugeben ( 403 BGB). Wichtig ist, dass dem Schuldner des Kunden weiterhin alle Rechte aus seinem Vertrag mit dem Kunden zustehen; er darf durch die Abrede nicht benachteiligt werden ( 404 BGB). Somit trägt der Lieferant bei der Forderungsabtretung das Risiko, dass der Schuldner etwa geltend macht, er könne gegen eine andere Forderung aufrechnen oder die Forderung sei nie wirksam entstanden oder noch nicht fällig. 3.3. Business Case-Analyse Näher zu analysieren ist neben der Bonität des Kunden und den möglichen Sicherheiten auch der Business Case des Kunden. Während sich die Bo-

3. Risikoanalyse 19 nitätsprüfung auf die finanzielle Situation des Kunden bezieht, bewertet die Business Case-Analyse das gesamte Geschäftsmodell des Kunden. Gerade wenn der Schuldner eine vergleichsweise geringe Bonität aufweist und keine hinreichenden werthaltigen Sicherheiten beibringen kann, ist die Belastbarkeit des Geschäftsmodells von besonderer Bedeutung. Bei der Analyse des vom Kunden entwickelten Business Case sind folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen: Marktaussichten des Produkts, Marketingstrategie Managementkompetenz beim Kunden Marktumfeld/Konkurrenz bisherige Geschäftsentwicklung Annahmen bezüglich des Business Case Verhältnis der Einkommenserwartungen zum Zins- und Tilgungsdienst Grad der Sicherstellung des Finanzierungsvolumens Integration von Reserven im Business Case. Zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit des zu finanzierenden Projekts wird der Business Case in mehreren Szenarien (best case, realistic case, worst case) über die Finanzierungsdauer simuliert, geplant und berechnet. Entsprechend den daraus zu erwartenden Zahlungsströmen wird die Tilgungsstruktur der Finanzierung aufgebaut. Selbst wenn ein Projekt wirtschaftlich zu sein scheint, sollte auch die Erfahrung des Kunden auf dem Einsatzgebiet des zu finanzierenden Projektes berücksichtigt werden. Die Business Case-Analyse ist Grundlage für die Entscheidung, ob seitens des Lieferanten eine fortlaufende Kontrolle während der Laufzeit des Projekts vorgenommen werden sollte. Der Vertrag sollte jedenfalls für den Fall der erheblichen Verschlechterung (material adverse change) eine Reaktionsmöglichkeit, konkret ein außerordentliches Kündigungsrecht, vorsehen. 3.4. Versicherbare und absicherbare Risiken Jedes Risiko kann Auswirkungen auf die Liquidität, Rentabilität und Kreditwürdigkeit eines Unternehmens haben. Aufgrund ökonomischer, juristischer, sprachlicher oder politischer Probleme, die sich vor allem in internationalen Handelsbeziehungen ergeben können, tritt eine Vielzahl von Risiken auf, die je nach Art und Umfang absicherbar bzw. versicherbar sind. Grundsätzlich zu unterscheiden sind ökonomische und Länderrisiken: Die ökonomischen Risiken beziehen sich auf die Verlustgefahr durch unternehmerische Fehleinschätzungen oder unbeeinflussbare wirtschaftliche Ereignisse, die den Kapitaleinsatz und die erwarteten Gewinne bedroht. Die Länderrisiken beziehen sich auf die Verlustgefahr durch die besonderen Situationen und Aktivitäten im Außenhandel.

3. Risikoanalyse 20 3.4.1. Marktrisiko Die Analyse des Marktrisikos kann als Teilmenge der Business Case- Analyse gesehen werden, die umfassend die Marktaussichten für das konkrete Geschäftsmodell bewertet. Das Marktrisiko für ein konkretes Projekt lässt sich durch eine laufende Marktberichterstattung, Marktforschung und direkte Kontakte absichern bzw. mindern. Das Marktrisiko bezieht sich auf verschiedene Aspekte: Allgemeines Marktrisiko: Die Entwicklung geht an der Nachfrage vorbei. Quantitatives Marktrisiko: Es stehen keine ausreichenden Produktmengen für den jeweiligen Absatzmarkt des Kunden bzw. Beschaffungsmarkt des Lieferanten zur Verfügung, so dass der Käufer auf andere Produkte abwandert. Qualitatives Marktrisiko: Ein ungeeignetes Sortiment oder die schlechte Produktqualität sprechen den Käufer nicht an. Lokales Marktrisiko: Es wurde der falsche Absatz-/ Beschaffungsmarkt oder auch die falsche Käufer- oder Lieferantenzielgruppe ausgewählt. Temporales Marktrisiko: Es wurde nicht der richtige Absatzzeitpunkt gewählt. 3.4.2. Eigenes Konstruktions- und Entwicklungsrisiko des Lieferanten Der Lieferant trägt das Risiko, dass Produkte vertragsgemäß (in zeitlicher und qualitativer Hinsicht) hergestellt werden. Der Umfang des Risikos, vertragsgemäß erfüllen zu können, spielt bei der Bewertung des Finanzierungsrisikos eine nicht unerhebliche Rolle. Minimierbar/absicherbar sind diese Risiken etwa durch vertragliche Vereinbarungen gegenüber dem Zulieferunternehmen des Lieferanten, andererseits durch organisatorische Vorkehrungen im Geschäftsbetrieb des Lieferanten. 3.4.3. Kreditrisiko Das Kreditrisiko beinhaltet die Gefahr der Zahlungsunwilligkeit, Zahlungsunfähigkeit und des Zahlungsverzuges bei der Gewährung von Lieferantenkrediten an den Kunden. Zur Absicherung dieses Risikos dienen: Anzahlungen des Kunden zur Mitfinanzierung des Auftrages. Kreditsicherheiten, wie Wechsel, Garantien oder Eigentumsvorbehalt Forderungsverkauf (Factoring und Forfaitierung vgl. 4.10). 3.4.4. Rechtliche Risiken 3.4.4.1 Zivilrechtliche Voraussetzungen Rechtliche Risiken der absatzunterstützenden Finanzierung können sich vor allem daraus ergeben, dass zwei Vertragsverhältnisse vorliegen Lieferver-