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1 Praxis für Strahlentherapie Dr. med. Alexander Voigt Dr. med. Stefan Dietzsch Tel. 03447 52-1015 im MEDICUM, Am Waldessaum 8, 04600 Altenburg Behandlung des Prostatakarzinoms Vorwort Prostatakrebs ist die häufigste bösartige Tumorerkrankung beim Mann. Bösartige Prostatatumoren machen keine Frühsymptome und werden in der Regel durch Vorsorgeuntersuchungen, wie der rektalen digitalen Untersuchung oder dem PSA- Screening, beim Urologen diagnostiziert. Zur Diagnosesicherung sind Stanzbiopsien der Prostata notwendig. In anderen Fällen wird die Tumorerkrankung als Zufallsbefund im Rahmen einer Operation einer gutartigen Prostataerkrankung festgestellt (sog. inzidentelles Karzinom). Anhand des klinischen Befundes, des PSA-Wertes und des Wachstumsmusters im histologischen Bild (Gleason-score) werden die Prostatatumoren in Risikogruppen bzw. Stadien eingeteilt. Die Therapie erfolgt stadienadaptiert. Wichtige Therapiesäulen sind die Bestrahlung, Operation und Hormontherapie. Häufig wird die Erkrankung durch eine Vorsorgeuntersuchung in einem sehr frühen Stadium erkannt. Dann ist teilweise nicht sicher, ob sie sich in eine für den Patienten relevante Bedrohung weiterentwickelt. In diesen Fällen kann eine aktive Überwachung (active surveillance) erfolgen und nur bei Fortschreiten der Erkrankung eine Therapie eingeleitet werden. Wird die Erkrankung bei einem älteren Patienten mit eingeschränkter Lebenserwartung festgestellt, kann eine Therapie auch erst bei Symptomen eingeleitet werden (watchfull waiting). Bei fortgeschrittenen und insbesondere metastasierten Erkrankungen können zudem Chemotherapien oder spezielle nuklearmedizinische Verfahren zum Einsatz kommen. Wann kommt die Bestrahlung zum Einsatz? Die Bestrahlung kann in allen Stadien sowohl in der kurativen Therapie (Ziel Heilung) als auch in der palliativen Therapie (Ziel Symptomlinderung) angewandt werden. In der kurativen Therapie stellt sie eine Alternative zur radikalen Prostataoperation dar. Nach bisheriger Datenlage unterscheiden sich Strahlentherapie und Operation hinsichtlich der Heilungschance nicht. Allerdings gibt es spezifische Vor- und Nachteile, die mit dem Operateur und Strahlentherapeut diskutiert werden sollten, um das individuell beste Behandlungskonzept zu wählen. Während nach der Prostataoperation die zeitweilige oder bleibende Harninkontinenz im Vordergrund steht, besteht nach Strahlentherapie das Risiko einer radiogenen Schädigung umliegender Organe, insbesondere des Enddarmes. Ziel der modernen Bestrahlungsplanung und -durchführung ist daher neben der notwendigen

2 Bestrahlungsdosis am Tumor auch die bestmögliche Schonung der umliegenden Organe, um das Risiko solcher Spätkomplikationen zu minimieren (siehe unten). Außerdem kann die Bestrahlung auch nach einer radikalen Prostataoperation zum Einsatz kommen. Dies erfolgt bei Hochrisikopatienten (z.b. Tumorzellen reichen mikroskopisch bis an den Resektionsrand oder Befall der Samenblasen) direkt nach dem operativen Eingriff oder wenn zu einem späteren Zeitpunkt ein erneuter PSA-Anstieg eintritt, ohne das es Hinweise auch eine Metastasierung gibt. Prostatakarzinome können, insbesondere wenn seitens des PSA-Wertes und des histologischen Bildes (Gleason-score) ein Hochrisikoprofil vorliegt, Lymphknotenmetastasen im Bereich des Beckens hervorrufen. Es können daher vor der Bestrahlung im Rahmen eines eingeschränkten operativen Eingriffes einzelne Lymphknoten entfernt werden. Sollten darin Tumorzellen nachgewiesen werden, können die Lymphabflussgebiete des Beckens mit bestrahlt werden. Dies kann auch erfolgen, wenn bei Hochrisikoprofil auf eine operative Entfernung von Lymphknoten verzichtet wird. Eine weitere Indikation zur Bestrahlung besteht bei symptomatischen Metastasen insbesondere im Bereich der Knochen, wenn z.b. Schmerzen auftreten oder eine Instabilität droht. Sollte eine akute Frakturgefährdung vorliegen, sollte zunächst eine Stabilisierungsoperation erfolgen und anschließend bestrahlt werden (Link palliative Bestrahlung). Außerdem kann vor geplanter Hormontherapie eine kurzzeitige Bestrahlung der Brustdrüsen erfolgen, um einer häufig auftretenden schmerzhaften Vergrößerung der Brustdrüse (sog. Gynäkomastie) vorzubeugen. Wie wird ein Bestrahlungsplan erstellt? Die Bestrahlungsplanung erfolgt computergestützt und 3d-konformal. Das bedeutet, dass im ersten Schritt eine Planungs-CT (Computertomographie) erfolgt. Computertomograph für die Bestrahlungsplanung

3 Dieses Computertomogramm wird als individuelles dreidimensionales Patientenmodell genutzt. Der Arzt markiert in diesem Modell den zu bestrahlenden Tumor oder das zu bestrahlende Organ, z.b. die Prostata. Für die Bestrahlung muss das Volumen je nach Lageunsicherheit und der Möglichkeit mikroskopischer, im Computertomogramm nicht sichtbare Tumorausläufer um einen Sicherheitssaum erweitert werden. Außerdem werden alle Organe in der Umgebung, die bestmöglich geschont werden sollen, eingezeichnet (z.b. Harnblase und Rektum). Im nächsten Schritt erstellt ein Medizinphysikexperte den Bestrahlungsplan. Bei der Prostatabestrahlung erfolgt standardmäßig eine intensitätsmodulierte Radiotherapie (IMRT). Dabei werden in der Regel 7-9 Bestrahlungsfelder angewandt, die um den Körper verteilt sind. Die Felder sind in ihrer Intensität individuell moduliert, d.h. inhomogen. Dadurch kann die Dosis optimal an das Zielvolumen angepasst und die Risikoorgane bestmöglich geschont werden. Feldanordnung bei der IMRT Der Arzt kann sich in jedem CT-Schnitt die Dosisverteilung anschauen und mit Hilfe sog. Dosis-Volumen-Histogramme die Strahlenbelastung in jeder eingezeichneten Struktur beurteilen. Organbezogene Dosisgrenzwerte helfen dabei, dass Risiko für bleibende Spätkomplikationen zu minimieren. Dosisverteilung der Prostatabestrahlung. Rot hohe Dosis im Bereich der Prostata. Gelb-Grün-Blau niedrige Dosis in der Umgebung

4 Wie läuft eine Bestrahlung ab? Bereits nach dem Planungs-Computertomogramm werden durch die MTRA (Medizinisch technische Röntgen Assistenten) auf Ihrem Körper Markierungen aufgebracht, nach denen Sie bei der Bestrahlung mit Hilfe eines Lasersystems ausgerichtet werden. Zur ersten Bestrahlung werden Sie in der Regel gemäß der Bestrahlungsplanung nochmals verschoben und die endgültigen Markierungen angebracht. Zur Bestrahlung verlassen alle anderen Personen den Bestrahlungsraum. Bestrahlungsgerät Sie werden aber durch ein Kamera- und Mikrofonsystem überwacht. Es können zunächst Röntgenaufnahmen erfolgen, die mit dem Bestrahlungsplan verglichen werden, um die Lagegenauigkeit zu kontrollieren. Gegebenenfalls wird die Lage korrigiert und neu markiert. Lagekontrolle am Bestrahlungsgerät. Links: aus dem Computertomogramm berechnetes Bild mit Hilfslinien. Rechts: Aufnahme am Bestrahlungsgerät mit Überlagerung der Hilfslinien Bei der Prostatabestrahlung kann die Lagekorrektur auch mittels Goldmarker erfolgen (Siehe unten).

5 Zur Bestrahlung bewegt sich das Gerät um Sie herum. Aus verschiedenen Richtungen werden die Bestrahlungsfelder appliziert. Die Bestrahlung selbst dauert jeweils nur wenige Sekunden und ist nicht zu spüren. Eine Bestrahlungssitzung mit Lagerung, Einstellen der Felder und Applikation dauert ca. 10-15 Minuten. Wie viele Bestrahlungen sind notwendig? Die Bestrahlung erfolgt einmal täglich und 5x in der Woche, d.h. von Montag bis Freitag. Die Anzahl der notwendigen Bestrahlungen wird individuell nach Ihrer Erkrankung und dem Bestrahlungsplan festgelegt. Bei der kurativen Bestrahlung der Prostata oder der Prostataloge nach erfolgter OP liegt die Gesamtbehandlungszeit bei ca. 7-8 Wochen. Bei palliativen Bestrahlungen z.b. von Knochenmetastasen ist die Behandlungsdauer je nach Allgemeinzustand des Patienten, der Prognose und dem Ausmaß des zu behandelnden Areals sehr unterschiedlich und liegt in der Regel zwischen 1 und 4 Wochen. Welche Nebenwirkungen sind zu erwarten? Man unterscheidet zwischen akuten und chronischen Nebenwirkungen. Akute Nebenwirkungen treten in den ersten drei Monaten nach Bestrahlungsbeginn auf und klingen in der Regel wieder vollständig ab. Als chronische Nebenwirkungen bezeichnet man Strahlenreaktionen die später als 3 Monate nach Bestrahlungsbeginn auftreten. Diese haben das Risiko dauerhaft zu bleiben und sich schleichend zu verstärken. Die Art der Nebenwirkungen richten sich nach den Organen, die in der Nachbarschaft der Bestrahlungsregion liegen. Bei der Prostata sind dies insbesondere der Enddarm und die Harnblase. Eine Akutreaktion des Enddarmes zeigt sich in Form gehäuften Stuhldrangs und schmerzhaften Stuhlgangs mit zum Teil Schleim- oder Blutabgang. Außerdem können Durchfälle auftreten. Die akute Harnblasenreaktion tritt als gehäufter zum Teil sehr plötzlicher Harndrang und schmerzhaften Wasserlassen auf. Durch moderne Bestrahlungstechniken ist eine deutlich bessere Schonung der umliegenden Organe möglich, so dass diese Nebenwirkungen in Häufigkeit und Ausprägung abgenommen haben. Die akuten Nebenwirkungen können durch symptomatische Therapien gelindert werden und klingen in der Regel nach Abschluss der Bestrahlung wieder vollständig ab. Problematischer sind Spätreaktionen, die schwierig zu behandeln sind. Deshalb liegt das Hauptaugenmerk auf der Prävention. Durch die moderne computergestützte Bestrahlungsplanung und der IMRT-Technik kann gezielt die Strahlendosis in den Risikoorganen gesenkt werden. In großen Behandlungsserien wurden für die Risikoorgane wie zum Beispiel dem Enddarm und der Harnblase Dosisgrenzwerte ermittelt, bei deren Einhaltung das Risiko für bleibende Beeinträchtigungen minimiert werden kann. Was kann ich als Patient zur Vermeidung von Nebenwirkungen beitragen? Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Hautpflege im Bestrahlungsgebiet. Im Behandlungszeitraum sollten keine Vollbäder erfolgen. Allerdings dürfen Sie sich duschen und waschen. Verwenden Sie dazu warmes Wasser und verzichten Sie auf reizende Stoffe wie zum Beispiel Seife. Bei Bestrahlung im Beckenbereich sollte bei der Ernährung auf eine Schonkost geachtet werden. Vermeiden Sie scharf gewürzte und schwere Speisen. Außerdem sollte auf

6 blähende Nahrungsmitteln wie z.b. Hülsenfrüchte und bestimmte Obstsorten weitgehend verzichtet werden. Es ist empfehlenswert, Milchprodukte nur in geringen Mengen aufzunehmen. Außerdem sollte auf eine ausreichende Trinkmenge geachtet werden. Insbesondere direkt vor der Prostatabestrahlung ist es günstig ca. 0,5 bis 1 Liter zu trinken, damit die Harnblase während der Bestrahlung gut gefüllt ist. Dadurch hebt sich der größte Teil der Blasenwand weiter weg vom Bestrahlungsfeld und erhält eine geringere Strahlendosis. Welche speziellen Verfahren gibt es, um Bestrahlungsnebenwirkungen zu verhindern? Die Prostata ist nicht fest im Becken verankert sondern bewegt sich in Abhängigkeit der Anspannung des Beckenbodens sowie der Harnblasen- und Enddarmfüllung. Bei der konventionellen Lagekontrolle mit Röntgenbildern ist die Prostata nicht sichtbar, sondern die Lagekorrektur erfolgt nach den knöchernen Strukturen des Beckens. Die Prostatabeweglichkeit innerhalb des Beckens muss daher durch einen entsprechenden Sicherheitssaum eingeplant werden. Dadurch wird in der Regel ein Teil der Enddarmvorderwand und des Blasenbodens in das Bestrahlungszielvolumen einbezogen. Durch die Implantation von Goldmarkern in die Prostata kann das Organ selbst sichtbar gemacht werden. Dies ermöglicht eine Verkleinerung des notwendigen Sicherheitssaumes und reduziert insbesondere die Belastung der Enddarmvorderwand. Dem kommt insbesondere eine Bedeutung zu, wenn eine Dosiseskalation angestrebt wird. Die Implantation erfolgt durch einen kleinen operativen Eingriff. Beispiel Lagekorrektur mittels Goldmarker. Links: Abweichung der Lage der Goldmarker/Prostata zwischen Planungs-CT (blaue Markierungen) und Aufnahme am Bestrahlungsgerät. Rechts: nach Korrektur Normalerweise ist zwischen Enddarm und Prostata nur eine sehr dünne Fettschicht. Durch Injektion eines speziellen Hydrogels (SpaceOAR TM ) kann dieser Abstand für den Bestrahlungszeitraum auf bis zu über 1cm vergrößert werden. Dadurch kann die Enddarmvorderwand vollständig oder zumindest weitestgehend aus dem Hochdosisgebiet verlagert werden. Die Injektion erfolgt im Rahmen eines kleinen operativen Eingriffes ultraschallgestützt über eine spezielle Hohlnadel. Nach ca. 3 Monaten wird das Gel vom Körper wieder abgebaut.

7 Schematische Darstellung des Hydrogel-Effektes Die Operation zur Implantation der Goldmarker und Injektion des Hydrogels ähnelt der Probeentnahme aus der Prostata und wird durch erfahrene Urologen am Sana-Klinikum in Borna durchgeführt (ggf. Link) Eine weitere Möglichkeit bietet die Brachytherapie. Dabei werden entweder kleine radioaktive Seeds in die Prostata implantiert, die dann dort verbleiben oder spezielle Hohlnadeln eingestochen, über die passager eine radioaktive Quelle in der Prostata platziert wird. Die Brachytherapie bieten wir in unserer Einrichtung nicht an. Wir beraten Sie aber gern und vermitteln Sie ggf. weiter. Stand: 11-2015