Empirische Studien zur Wirksamkeit der Mathematiklehrerausbildung



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Transkript:

Gabriele KAISER (Universität Hamburg) Sigrid BLÖMEKE, Rainer LEHMANN (Humboldt Universität zu Berlin), Martina DÖHRMANN (Universität Vechta), Johannes KÖNIG (Universität zu Köln), Nils BUCHHOLTZ (Universität Hamburg), Ute SUHL (Humboldt Universität zu Berlin) Empirische Studien zur Wirksamkeit der Mathematiklehrerausbildung Im Beitrag werden Studien vorgestellt werden, die in den letzten Jahren auf der Basis der IEA-Studie Teacher Education and Development Study Learning to Teach Mathematics (TEDS-M) zur Wirksamkeit der Mathematiklehrerausbildung durchgeführt wurden. 1. TEDS-M Die international vergleichende Lehrerbildungsstudie TEDS-M wurde von der International Association for the Evaluation of Educational Achievement (IEA) aufbauend auf TIMSS und PISA als Reaktion auf die kontinuierliche Kritik an der Lehrerausbildung beschlossen. Die Kritik an der Lehrerbildung und ihrer geringen Wirksamkeit ist sehr alt und wurde bereits Anfang des 20. Jahrhunderts von Klein (1908) als Doppelte Diskontinuität beschrieben. Allerdings lagen bis dato keine gesicherten Erkenntnisse über deren Wirksamkeit vor. Die umfassenden Reformdiskurse liefern allerdings Hinweise auf Wirkungsannahmen, die mit TEDS-M am Beispiel der Ausbildung von zukünftigen Mathematiklehrerinnen und -lehrern in den Klassen 4 und 8 überprüft wurden: Welchen Einfluss haben systemische, institutionelle und individuelle Bedingungen der Lehrerausbildung auf den Erwerb von professioneller Kompetenz durch zukünftige Mathematiklehrpersonen? Welche der erfassten Merkmale sind im internationalen Vergleich mit dem Erwerb einer besonders hohen professionellen Kompetenz verbunden? Inwiefern gibt es Unterschiede in Bezug auf die Primarstufe und die Sekundarstufe I? Welche Merkmale weisen die Ausbildenden der Lehrerbildung beider Phasen im internationalen Vergleich auf? Weltweit haben 17 Länder mit mehr als 20.000 zukünftigen Lehrkräften an der Studie teilgenommen, in Deutschland waren alle 16 Bundesländer beteiligt mit 1803 Referendarinnen und Referendaren. Erhoben wurde mit Förderung der DFG von 2007 bis 2009 neben institutionellen und curricu-

laren Daten das mathematische, mathematikdidaktische und erziehungswissenschaftliche Wissen zukünftiger (Mathematik-)Lehrkräfte am Ende der Lehrerausbildung, die in Deutschland mit dem Referendariat endet. Die zentralen Konzeptualisierungen und der theoretische Rahmen sind anschlussfähig an bedeutende andere Studien zur Messung des Lehrerprofessionswissens wie COACTIV (siehe Kunter et al., 2011). Folgende zentralen deskriptiven Ergebnisse wurden für die zukünftigen Lehrkräfte der Primarstufe erzielt (für Details siehe Blömeke, Kaiser, Lehmann, 2010a; die Annotationen beziehen sich auf Einschränkungen der Stichprobe): Mathematische Kompetenz Land Mittelwert Taiwan 623 Singapur 590 Schweiz * 543 Russland 535 Thailand 528 Norwegen * 519 USA * 518 Deutschland 510 International 500 Polen * 490 Malaysia 488 Spanien 481 Botswana 441 Philippinen 440 Chile * 413 Georgien 345 IEA: Teacher Education and Development Study TEDS-M Germany Mathematikdidaktische Kompetenz Land Mittelwert Singapur 593 Taiwan 592 Norwegen * 545 USA * 544 Schweiz 537 Russland 512 Thailand 506 Malaysia 503 Deutschland 502 International 500 Spanien 492 Polen * 478 Philippinen 457 Botswana 448 Chile * 425 Georgien 345 IEA: Teacher Education and Development Study TEDS-M Germany Die mit Abstand höchste mathematische Kompetenz zeigen am Ende der Ausbildung angehende Grundschullehrkräfte aus Taiwan. Starke Leistungen zeigen auch die Lehrkräfte aus Singapur, der Schweiz, Russland, Thailand und Norwegen. Die mathematische Kompetenz angehender deutscher Grundschullehrkräfte liegt zusammen mit jenen aus den USA signifikant über dem internationalen Mittelwert, allerdings bleiben sie im Mittel deutlich hinter den Leistungen der Länder an der Spitze zurück.

Auch im Bereich der Mathematikdidaktik wird die Leistungsspitze von den Lehrkräften aus Singapur und Taiwan gebildet, über dem internationalen Mittelwert liegen auch die Leistungen angehender Grundschullehrkräfte aus Norwegen, den USA und der Schweiz. Deutschland gehört mit Russland, Thailand und Malaysia zu einer internationalen Mittelgruppe. Im Vergleich der sechs europäischen TEDS-M-Länder liegt Deutschland statistisch signifikant unter deren Mittelwert. Detailanalysen der vier Ausbildungsgänge, die in Deutschland zu einem Grundschullehramt führen, machen deutlich, dass es in den beiden Lehrämtern der reinen Grundschullehrerausbildung mit Mathematik als Schwerpunkt im internationalen Vergleich überdurchschnittlich gut gelingt, mathematische und mathematikdidaktische Kompetenz zu sichern. Ein etwas anderes Bild ergeben die Analysen für die zukünftigen Lehrkräfte der unteren Sekundarstufe erzielt (für Details siehe Blömeke, Kaiser, Lehmann, 2010b): Mathematische Kompetenz Land Mittelwert Taiwan 667 Russland 594 Singapur 570 Polen * 540 Schweiz * 531 Deutschland 519 USA * 505 International 500 Malaysia 493 Thailand 479 Oman 472 Norwegen* n 444 Philippinen 442 Botswana 441 Georgien * 424 Chile * 354 IEA: Teacher Education and Development Study TEDS-M Germany Mathematikdidaktische Kompetenz Land Mittelwert Taiwan 649 Russland 566 Singapur 553 Schweiz * 549 Deutschland 540 Polen * 524 USA * 502 International 500 Thailand 476 Oman 474 Malaysia 472 Norwegen* 463 Philippinen 450 Georgien * 443 Botswana 425 Chile* 394 IEA: Teacher Education and Development Study TEDS-M Germany

Die Kompetenzen angehender Mathematiklehrkräfte für die Sekundarstufe I aus Taiwan liegen an der Spitze. Sie verfügen im internationalen Vergleich über die höchste mathematische und mathematikdidaktische Kompetenz. Eine Gruppe von fünf Ländern zeichnet sich dadurch aus, dass ihre angehenden Lehrkräfte sowohl in Mathematik als auch in Mathematikdidaktik über dem internationalen Mittelwert liegen. Zu dieser Gruppe gehört Deutschland. Daneben handelt es sich um Russland, Polen, Singapur und die Schweiz. In Mathematik weisen die Lehrkräfte aus diesen vier Ländern gegenüber jenen aus Deutschland allerdings noch einmal einen signifikanten Leistungsvorsprung auf. Bedeutsam ist eine Differenzierung der Ergebnisse nach Ausbildungsgängen. Deutsche Gymnasiallehrkräfte zeichnen sich am Ende ihrer Ausbildung im internationalen Vergleich durch herausragende mathematische und mathematikdidaktische Kompetenzen aus. Deutsche Mathematiklehrkräfte mit einer Lehrberechtigung bis zur Klasse 10 zeigen dagegen deutliche Schwächen. Neben diesen deskriptiven Ergebnissen sind inzwischen eine Reihe relationaler Analysen publiziert, z.b. zur Frage, ob es international akzeptierte Kerncurricula in den drei untersuchten Domänen Mathematik, Mathematikdidaktik, Erziehungswissenschaft gibt. Es wird deutlich, dass internationale curriculare Profilen von den Lerngelegenheiten der Mathematiklehramtsstudierenden und kulturellen Einflüssen beeinflusst sind (Blömeke, Kaiser, 2012). Insbesondere die Frage nach der Effektivität der Mathematiklehrerausbildung ist von hohem aktuellem Interesse. Enttäuschende Ergebnisse erster Analysen, die auf den geringen Einfluss mathematikdidaktischer Lerngelegenheiten auf die Entwicklung des Lehrerprofessionswissens hinwiesen (Blömeke, Döhrmann, Kaiser, 2011) konnten durch differenziertere und weiterführende Analysen relativiert werden. Es konnten international am Ende der Ausbildung zwei Profile identifizieren werden: Lehrkräfte mit einem kognitiv anspruchsvollen und dynamisch-konstruktivistisch akzentuierten Kompetenzprofil sowie leistungsschwächere Lehrkräfte mit stärker statischen und transmissionsorientierten Überzeugungen. Als erklärende Merkmale der Profilzugehörigkeit konnten das Geschlecht, fachliche und insbesondere fachdidaktische Lerngelegenheiten sowie die Kohärenz der Ausbildung identifiziert werden. Aus den Ergebnissen lassen sich zum einen unmittelbar Hinweise auf ein Reformpotenzial in der Lehrerausbildung ableiten. Bedeutsam ist zum anderen die hohe Erklärungskraft der mathematikdidaktischen Lerngelegenheiten. Diese Ergebnisse führen erstmals zu anderen Schlussfolgerungen in Bezug auf die Bedeutsamkeit der einzelnen Ausbildungskomponenten als bereits erwähnte variablenorientierten Analysen, in denen vor allem der Mathematik signifikant Vorhersagekraft für die erreichten Ausbildungsergebnisse zugekommen war. Be-

trachtet man Lehrerkompetenz dagegen als mehrdimensionales Konstrukt tritt das Wirkungspotenzial der Fachdidaktik in den Vordergrund (Blömeke, Suhl, Döhrmann, 2012). 2. MT21 Zur Vorbereitung von TEDS-M wurde von der IEA aufgrund des Fehlens geeigneter Konzeptualisierungen und Instrumente eine Vorbereitungsstudie durchgeführt, die Studie Mathematics Teaching in the 21st Century (MT21), ursprünglich P-TEDS genannt. An dieser 6-Länder-Studie, die mit Gelegenheitsstichproben arbeitete und die von 2002-2006 durchgeführt wurde, nahm Deutschland ebenfalls teil. Der Studie lag ein Drei-Kohorten- Design zugrunde und erfasste Kohorten aus allen Phasen der Lehrerausbildung von Studienanfang bis Ende des Referendariats, allerdings beschränkt auf Studierende für das Sekundarstufenlehramt. Insgesamt haben 878 Probanden aus vier Ausbildungsregionen an dieser Studie teilgenommen. Bereits in dieser Studie wurden die deutlichen Leistungsunterschiede zwischen den zukünftigen Lehrkräften aus den ostasiatischen Ländern, hier Taiwan und Korea, zu den Lehrkräften aus den beteiligten westlichen Ländern wie z.b. USA und Deutschland deutlich. Auch Leistungsunterschiede zwischen den zukünftigen Lehrkräften für die verschiedenen Studiengänge wie sie in Deutschland üblich sind, nämlich Lehramt für Haupt- und Realschule sowie Gesamtschule bzw. Gymnasien werden deutlich. Aus Platzgründen verzichten wir auf Details und verweisen auf die umfangreichen publizierten Darstellungen (u.a. Blömeke, Kaiser, Lehmann, 2008). Zu dieser Studie wurde eine qualitative Ergänzungsstudie durchgeführt, die strukturelle Zusammenhänge zwischen den einzelnen Wissensdomänen, wie sie in MT21 unterschieden werden, analysiert (siehe Schwarz, 2012). 3. TEDS-LT Ziel der von 2009 bis 2011 durchgeführten BMBF-Studie Teacher Education and Development Study: Learning to Teach (TEDS-LT) ist es, die vorhandene Forschung zur Wirksamkeit der Lehrerausbildung auf andere Lehrergruppen auszuweiten und um eine Längsschnittkomponente zu erweitern. Unter Aufgreifen der Erkenntnisse aus den Mathematikstudien wurde die Ausbildung von Deutsch-, Englisch- und Mathematiklehrkräften in den Blick genommen, womit die drei Lehrerausbildung in den drei schulischen Kernfächern abgedeckt ist, eingeschränkt auf Studierende mit der Lehrbefähigung für das Sekundarstufenlehramt. Die in Form einer Längsschnittstudie mit zwei Messzeitpunkten und additiven Querschnitten angelegte Studie untersuchte Studierende an acht deutschen Hochschulen, die sich zum ersten Messzeitpunkt am Ende des Bachelor-Studiums befanden

und beim Messzeitpunkt im Master. Insgesamt nahmen am ersten Messzeitpunkt 1568 Studierende an der Studie teil, davon 500 im Fach Mathematik. Am zweiten Messzeitpunkt 2011 mit der Zielgruppe der Lehramtsstudierenden des 6. 8. Semesters nahmen insgesamt 1856 Studierende teil, 641 davon im Fach Mathematik. Die Ergebnisse des ersten Messzeitpunkts machen deutlich, dass die - sowohl bei TEDS-M als auch MT21 festgestellten - starken Zusammenhänge zwischen fachlichem und fachdidaktischem Wissen in den Fächern Deutsch und Englisch deutlich geringer ausfallen (für Details siehe Blömeke et al., 2011). Diese Befunde führen zu der weiterführenden Frage, ob es sich bei diesen Unterschieden um systematische Unterschiede zwischen den Fächern handelt, oder ob die Unterschiede einer verschiedenen Konzeptualisierung der Wissensdomänen, speziell im Bereich der Fachdidaktik, unterliegen. Betrachtet man, wie das Konstrukt des fachdidaktischen Wissens in einschlägigen vorangegangenen Studien wie TEDS-M 2008 oder COACTIV auf Ebene der eingesetzten Testitems operationalisiert wird, so zeigt sich immer wieder der allgemeine starke Einfluss des mathematischen Wissens auf die Lösung mathematikdidaktischer Items. Die Grenzen dieser fachnahen Konzeptualisierung fachdidaktischen Wissens und deren Umsetzung in Testinstrumenten sind evident, reduziert sich Lehrerprofessionswissen in Unterrichtssituationen nicht nur auf mathematisches Fachwissen, sondern basiert zentral auf der Integration von allgemein-pädagogischem Wissen, mathematikdidaktischen Wissen und mathematischen Wissen. In Weiterführungen ist geplant, spezifisch mathematikunterrichtsdidaktische Inhalte und pädagogische Fragestellungen stärker einzubinden, fachdidaktische Einkleidungen mathematischer Aufgaben zu vermeiden sowie eine stärkere Differenzierung der Testitems anhand der Bezugswissenschaften für eine differenzielle Diagnostik des Wissens zu realisieren. Ebenfalls mit dem TEDS-M-Instrumentarium wird in der DFG-geförderten Studie Längsschnittliche Erhebung pädagogischer Kompetenzen von Lehramtsstudierenden (LEK) eine differenzierte Beschreibung und längsschnittliche Beschreibung des pädagogischen Wissens angehender Lehrkräfte in der universitären Ausbildung vorgenommen, und zwar an vier deutschen Universitäten mit Studierenden zu Studienbeginn und danach im vierten Semester (für Details siehe König, Seifert, 2012). 4. TEDS-Telekom In der von der Deutschen Telekom-Stiftung geförderten Studie TEDS- Telekom wurde mit Instrumenten aus MT21 und TEDS-M eine

längsschnittliche Evaluation der von der Stiftung finanzierten Projekte Mathematik Neu Denken an den Universitäten Gießen und Siegen sowie Mathematik Besser Verstehen an der Universität Essen zur Verbesserung der Gymnasiallehrerausbildung im Fach Mathematik durchgeführt. Im Mittelpunkt des von 2008-2010 bzw. von 2009-2011 durchgeführten Projekts stehen die bereits zu Studienbeginn angelegte Integration von Hochschulmathematik und Schulmathematik von einem höheren Standpunkt, worunter ein vertieftes inhaltliches Verständnis zentraler schulmathematischer Konzepte gefasst wird, sowie die frühe Integration fachdidaktischer Aspekte in die Mathematiklehrerausbildung. Einen externen Maßstab bildeten Kontrollgruppen an zwei anderen deutschen Universitäten. Die Studien weisen auf die Wirksamkeit der von den Projekten implementierten Maßnahmen (vgl. Blömeke et al., 2009 sowie Buchholtz et al., 2011). 5. TEDS-FU In der DFG-geförderten Nachfolge-Studie zu TEDS-M, TEDS-Follow-up, wird der Frage nachgegangen, wie sich das Lehrerprofessionswissen bei Mathematiklehrkräften nach dem Ende des Referendariats weiterentwickelt. Es wird untersucht, wie sich das von TEDS-M gemessene Kompetenzniveau und die Kompetenzstruktur unter den Bedingungen des Berufseinstiegs verändert. Des Weiteren wird untersucht, wie sich Professionswissen handlungsnah erfassen lässt und wie sich insgesamt Lehrerexpertise entwickelt. Anknüpfend an Arbeiten aus der Expertiseforschung (für einen Überblick siehe Li & Kaiser, 2011) wird professionelle Lehrerkompetenz durch einen hohen Vernetzungsgrad des Wissens mit vielfachen Verknüpfungen, einer veränderten kategorialen Wahrnehmung von Unterrichtssituationen durch die zunehmende Integration der einzelnen Dimensionen professionellen Wissens charakterisiert. Mathematikdidaktisch bedeutet dies eine Zunahme des begrifflichen Verständnisses, die Ausdifferenzierung eines Repertoires an heuristischen Strategien und metakognitiven Kontrollstrategien, eine zunehmende Kompetenz über Unterricht zu reflektieren und die Zunahme des Wissens über Schulmathematik in Tiefe und Breite. In der von 2010 bis2013 angelegten Studie werden Kohorten von Probanden aus der TEDS-M-Primar- und Sekundarstufe webbasiert getestet, wobei eine handlungsnahe Erfassung von Professionswissen durch Videovignetten erfolgt, die Unterrichtssequenzen zu Fehlerwahrnehmung, Umgang mit Heterogenität, Individualisierung, Unterrichtsstrategien, Entwicklung von Handlungsoptionen enthalten. Des Weiteren wird die Weiterentwicklung des erziehungswissenschaftlichen, mathematischen und mathematikdidaktischen Wissens mittels gekürzter TEDS-M-Tests erhoben. Erste Ergebnisse werden im Sommer 2013 verfügbar sein.

Literatur Blömeke, S., Kaiser, G. & Lehmann, R. (Hrsg.) (2008): Professionelle Kompetenz angehender Lehrerinnen und Lehrer. Wissen, Überzeugungen und Lerngelegenheiten deutscher Mathematikstudierender und referendare. Münster: Waxmann Blömeke, S., Kaiser, G. & Lehmann, R. (Hrsg.) (2010a): TEDS-M 2008. Professionelle Kompetenz und Lerngelegenheiten angehender Primarstufenlehrkräfte im internationalen Vergleich. Münster: Waxmann Blömeke, S., Kaiser, G. & Lehmann R. (Hrsg.) (2010b): TEDS-M 2008. Professionelle Kompetenz und Lerngelegenheiten angehender Mathematiklehrkräfte für die Sekundarstufe I im internationalen Vergleich. Münster: Waxmann. Blömeke, S., Bremerich-Vos, A., Haudeck, H., Kaiser, G., Nold, G., Schwippert, K. & Willenberg, H. (Hrsg.) (2011): Kompetenzen von Lehramtsstudierenden in gering strukturierten Domänen. Erste Ergebnisse aus TEDS-LT. Münster: Waxmann. Blömeke, S., Kaiser, G., Lehmann, R. & Rinkens, H.-D. (2011). Empirische Studie zur Effektivität innovativer Projekte der Mathematiklehrerausbildung im Kernfach Mathematik im Kontext der internationalen IEA-Studie TEDS-M 2008 (TEDS- Telekom). Bonn: Deutsche Telekom Stiftung, unveröffentlichter Abschlussbericht. Blömeke, S. & Kaiser, G. (2012). Homogeneity or heterogeneity? Profiles of opportunities to learn in primary teacher education and their relationship to cultural context and outcomes. In: ZDM The International Journal on Mathematics Education. http://www.springerlink.com/content/56012027403228m7/fulltext.pdf. Blömeke, S., Suhl, U. & Döhrmann, M. (im Druck, 2012). Zusammenfügen was zusammengehört. Kompetenzprofile am Ende der Lehrerausbildung im internationalen Vergleich. In: Zeitschrift für Pädagogik. Blömeke, S., Kaiser, G. & Döhrmann, M. (2011). Bedingungsfaktoren des fachbezogenen Kompetenzerwerbs von Lehrkräften. Zum Einfluss von Ausbildungs-, Persönlichkeits- und Kompositionsmerkmalen in der Mathematiklehrerausbildung für die Sekundarstufe I. In: Zeitschrift für Pädagogik, 57. Beiheft, 77-103. Buchholtz, N., Blömeke, S., Kaiser, G., König, J., Lehmann, R. Schwarz, B. & Suhl, U. (2011). Entwicklung von Professionswissen im Lehramtsstudium: eine Längsschnittstudie an fünf deutschen Universitäten. In K. Eilerts, A. H. Hilligus, G. Kaiser & P. Bender (Hrsg.), Kompetenzorientierung in Schule und Lehrerbildung. Berlin: Lit Verlag, 201-214. Klein, F. (1908): Elementarmathematik vom höheren Standpunkte aus. Band 1. Berlin: Verlag von Julius Springer. König, J. & Seifert, A. (Hrsg.) (2012). Lehramtsstudierende erwerben pädagogisches Professionswissen. Ergebnisse der Längsschnittstudie LEK zur Wirksamkeit der erziehungswissenschaftlichen Lehrerausbildung. Münster: Waxmann. Kunter, M., Baumert, J., Blum, W., Klusmann, U., Krauss, S. & Neubrand M. (Hrsg.) (2011): Professionelle Kompetenz von Lehrkräften. Ergebnisse des Forschungsprogramms COACTIV. Münster: Waxmann. Li, Y. & Kaiser, G. (Hrsg.) (2011). Expertise in Mathematics Instruction. New York: Springer. Schwarz, B. (2012, im Druck): Strukturelle Zusammenhänge der professionellen Kompetenz von Mathematiklehramtsstudierenden. Wiesbaden: Vieweg + Teubner Verlag.