Standardisierung von Verträgen mit Betreiberelementen Arbeitskreis IT des Bundesverbandes PPP Hamburg, 29. August 2008 Dr. Robert Kretzschmar, Corporate Legal Counsel 1
Ausgangspunkt: Transaktionskosten bei PPP-Projekten Kontext Transaktionskosten Speziell bei IT-Projekten mit PPP-Charakter: Spezieller Regelungsbedarf im Vertrag, Heterogenität der Projekte aufseiten der öffentlichen Hand Hoher Aufwand bei Erstellung der Verdingungsunterlagen Heterogenität der Geschäftsmodelle auf Anbieterseite Verhandlungsbedarf zwischen Auftraggeber (AG) und Auftragnehmer (AN) Vergaberechtlicher Rahmen Senkung der Transaktionskosten durch Standardisierung? Fokus auf Verträgen mit Betreiberelementen 2
IT-Verträge mit Betreiberelementen Definition: Verträge, die Betriebsaufgaben für IT-Systeme ganz oder teilweise auf einen externen Anbieter verlagern Typische Anwendungsfälle im Bereich IT: Betrieb von Servern, Applikationen, Storage Unterschiedliche Stufen an Verantwortungsübertragung: Betriebsunterstützung Outtasking Outsourcing Alternative oder Ergänzung zur IT-Beschaffung im Wege von Kauf oder Miete/Leasing Möglichkeit von Managed Services / On-Demand -Modellen 3
Standardisierung von Verträgen Welche Standardverträge gibt es? Sind diese ausreichend? Besteht Bedarf und Möglichkeit der Ergänzung? 4
Existierende Standardverträge der öffentlichen Hand Quelle: KBSt (http://www.kbst.bund.de) 5
BVB- / EVB-IT Verträge BVB: Veraltet und m. E. nicht mehr empfehlenswert EVB-IT: Generell Eignung für Standardfälle der IT-Beschaffung (ggf. durch Kombination der EVB-IT-AGB) Zwischen Wirtschaft und öffentlicher Hand abgestimmte EVB-IT senken Transaktionskosten im Bereich IT- Beschaffung (für AG und AN) Aber: Eignung für Projekte mit Betreiberelementen? 6
IT-Verträge mit Betreiberelementen: Typische Regelungsgegenstände (1) Komplexität der Leistung / enge Verzahnung der Prozesse und IT- Systeme zwischen AG und AN (Schnittstellen) Oft ausführliche Leistungsbeschreibung notwendig Mitwirkungspflichten Leistungsübergabepunkte Definition der quantiativen/qualitativen Anforderungen in Form von Service Level Agreements Verschieden Typen von SLAs Individuell an die jeweilige Situation anzupassen Rechtsfolgenregelung bei Nichteinhaltung von Service Levels Vertragsstrafen/pauschalierter Schadensersatz/Kündigung als klassische Druckmittel Aber: Es gibt auch innovativere Modelle zu Leistungsanreizen/Problemverhinderung Pflicht zur Ursachenanalyse, Eskalationsregelungen, Bonus/Malus-Systeme Verhältnismäßigkeit (Bedeutung des verletzten SLA, Gewichtung des Verstoßes) 7
IT-Verträge mit Betreiberelementen: Typische Regelungsgegenstände (2) Eigentum an zu betreibenden Systemen Beim AG Vom AG gesondert beschafft und für Betriebsleistung dem AN bereitgestellt Beim AN Vom AN eingesetzt zur Erbringung der Leistung in Form der Bereitstellung inkl. Betrieb Bei einem Refinanzierer Leasing über AG oder den AN Transitions-/Migrationsphase Dem Regelbetrieb vorgeschaltetes Projekt zur Einphasung vor Übernahme von Betriebsverantwortung durch den AN Ggf. Übernahme von bestehender HW/SW des AG (einschl. Wartungsverträgen) Ggf. Übernahme von Personal 8
IT-Verträge mit Betreiberelementen: Typische Regelungsgegenstände (3) Datenschutz und IT-Sicherheit Datenauftragsverarbeitung Individuelle Regelungen zu Fernzugriff Mitarbeitereinsatz beim AN vor Ort Vermeidung einer ungewollten Arbeitnehmerüberlassung Besondere Anforderungen/Sicherheitsmaßnahmen Projekt- und Eskalationsmanagement Change Management Laufzeit und Kündigungsregelungen Von besonderer Bedeutung für AG: Möglichkeit des Ausstiegs AN: Mindestlaufzeit und Risiko vorzeitiger Beendigung erheblich kalkulationsrelevant Exit-Management nach Vertragsbeendigung Unterstützung des AG bei der Rückführung / Überführung auf anderen Anbieter 9
Einsatz von EVB-IT für Verträge mit Betreiberelementen? Oft keine eindeutige Typen-Zuordnung möglich Pauschaler Verweis auf jeweils einschlägige EVB-IT/BVB nicht empfehlenswert Für Betriebsunterstützung: EVB-IT Dienstleistung Funktioniert in der Praxis Herausforderung bleibt Abstimmung der Leistungsbeschreibung zwischen AN und AG (setzt eigentlich Verhandlung mit individuellem Ergebnis voraus) Aber für Betrieb in Verantwortung des AG (Outtasking/Outsourcing)? Mögliche Varianten: EVB-IT-Dienstleistung als rechtlicher Rahmen mit zusätzlichen Regelungen in der Leistungsbeschreibung bzw. als Sonstige Vereinbarung? Individueller Vertrag, der ergänzend auf EVB-IT-Dienstleistung Bezug nimmt, ggf. in Kombination mit EVB-IT Instandhaltung/Pflege S? Individueller Vertrag basierend auf behördenspezifischen eigenen IT- Standardverträgen/-Beschaffungsbedingungen? Vollständig für jeden Einzelfall individuell erstellter Vertrag? Neues Standard-Vertragsmodell? 10
Zukünftige Standardisierung? Vorteile Vermeidung unpassender Vertragsmuster Weniger Rückfragen Weniger Aufwand bei der Bewertung von Änderungsvorschlägen/Nebenangeboten Vermeidung unterschiedlicher Interpretation/Einschätzung von verschiedenen Bietern Vermeidung von Auslegungsschwierigkeiten im Streitfall Aber geringerer Aufwand als individueller Vertragsentwurf Weniger Aufwand bei Erstellung von Verdingungsunterlagen Schnellere Verhandlungen, Konzentration auf projektspezifische Punkte (Abstimmung eines Standards zwischen öffentlicher Hand und Vertretern der Privatwirtschaft ermöglicht breite Akzeptanz) Senkung von Transaktionskosten Herausforderungen Jedes Projekt ist unterschiedlich Komplexität von Vertragsbedingungen, die alle denkbaren Punkte abdecken sollen Auch in der Privatwirtschaft Einsatz von AGBs für derartige Verträge unüblich Koordination mit Aktivitäten von KBSt, BITKOM etc. 11
Zukünftige Standardisierung - Diskussion Mögliche Vertragstypen im Fokus: Systembetrieb Leasing Offenheit für projektindividuelle Gestaltungsmöglichkeiten wichtig Nutzen eines Standards (auch) für internes Outsourcing (Shared Services-Modelle)? << Offene Diskussion >> 12