PatientInnen mit Essstörungen - eine interdisziplinäre Herausforderung Dr. R. Ott

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Transkript:

PatientInnen mit Essstörungen - eine interdisziplinäre Herausforderung Dr. R. Ott Univ.Klinik Endokrinologie Bereich Essstörungen und Adipositas

Therapie-Übergänge stellen bei der Behandlung von Essstörungen oft grosse Hürden dar. Interdisziplinäre Kommunikation und Zusammenarbeit sind wichtig um Verbindungen zwischen Therapeuten und verschiedenen Behandlungsstationen zu schaffen. Essstörungen Interdisziplinäre Herausforderung / Dr. R. Ott 2

Essstörungen Hauptdiagnosen I Anorexia nervosa: Wichtigste Kriterien (DSM-IV und ICD-10): o Gewichtsverlust mit Körpergewicht 15% unter dem zu erwartenden Gewicht bzw. BMI 17.5 kg/m² o selbst herbeigeführter Gewichtsverlust o Angst vor Gewichtszunahme o Körperschemastörung Essstörungen Interdisziplinäre Herausforderung / Dr. R. Ott 3

Essstörungen Hauptdiagnosen II Bulimia nervosa Wichtigste Kriterien: o Essanfälle o selbstinduziertes Erbrechen Gewichtsschwankungen Bulimiepatientinnen sind oft normalgewichtig, können aber auch unter- oder übergewichtig sein Die Grenzen zwischen den Störungen sind fliessend. Zwischen den beiden Hauptdiagnosen (AN und BN) gibt es viele individuelle Ausprägungen und auch hier Übergangsformen. Essstörungen Interdisziplinäre Herausforderung / Dr. R. Ott 4

Empfehlungen gemäss S 3 Leitlinien* zur Behandlung der Anorexia nervosa I 1. Störungsorientiert und körperliche Aspekte berücksichtigen 2. Ambulant, teilstationär und stationär in Einrichtungen oder bei Therapeuten, die Expertise in der Therapie von Essstörungen haben 3. Berücksichtigung, dass der Heilungsprozess einen Zeitraum von vielen Monaten wenn nicht Jahren umfasst *Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften D 2011 Essstörungen Interdisziplinäre Herausforderung / Dr. R. Ott 5

Therapieempfehlungen S3 II 4. Kontinuität anstreben 4. Beteiligte Stellen der Versorgung sollten sich um eine engmaschige Absprache und Kommunikation bemühen 4. Wegen eines erhöhten Risikos für Rückfälle erfordern Übergänge zwischen Settings (z.b.stationär ambulant) besondere Aufmerksameit und Vernetzung der Therapeuten, um die therapeutische Kontinuität zu erhalten. Essstörungen Interdisziplinäre Herausforderung / Dr. R. Ott 6

Wichtig! Die Krankheiten verlaufen in Phasen oder erreichen unterschiedliche Ausprägungen, weshalb verschiedene Therapiestufen empfohlen werden. Stationäre Therapie Tagesklinik Ambulante Behandlung Essstörungen Interdisziplinäre Herausforderung / Dr. R. Ott 7

Übergänge zwischen den Institutionen Abteilungen Stationäre Therapie Tagesklinik Ambulante Behandlung Kommunikation innerhalb den Versorgungsstufen Essstörungen Interdisziplinäre Herausforderung / Dr. R. Ott 8

Therapeutische Ansprüche verändern sich mit der Krankheits- und der Behandlungsstufe Essstörungen Interdisziplinäre Herausforderung / Dr. R. Ott 9

Anorexia nervosa Somatisch stabil kein akutes Risiko Hohes und mittleres somatisches Risiko Ambulante Behandlung Teilstationär Tagesklinik Stationäre Behandlung Essstörungen Interdisziplinäre Herausforderung / Dr. R. Ott 10

Fallführung Das Ziel im Fallmanagement ist ein wohl organisiertes und bedarfsgerecht auf den einzelnen Fall zugeschnittenes therapeutisches Setting Bei der Planung müssen Angebote und Zuständigkeiten definiert werden. Wichtig sind Koordination, Verlaufsbeobachtung und Evaluation. Essstörungen Interdisziplinäre Herausforderung / Dr. R. Ott 11

1. Ambulante Behandlung Die Basis der ambulanten Behandlung sollte aus Psychotherapie, Ernährungsberatung und körperlichem Monitoring durch den Hausarzt bestehen. Erweiterungen Richtung Körperwahrnehmung und spezialisierter Physiotherapie oder Gruppenangeboten werden individuell angepasst. Essstörungen Interdisziplinäre Herausforderung / Dr. R. Ott 12

Fallführung Spezialist Hausarzt D Patient D D Spezialist AN D Spezialist Ambulatorium Essstörungen Essstörungen Interdisziplinäre Herausforderung / Dr. R. Ott 13

Fallführung?? Patient Unklare Fallführung bei AN besonders heikel da oft Ambivalenzen im Spiel AN Ambulatorium für Essstörungen Essstörungen Interdisziplinäre Herausforderung / Dr. R. Ott 14

Frau B. S. 1990 Zuweisung durch HA März 2014. Bei Erstkonsultation BMI 14.1kg/m 2. Leichte depressive Episode. Kein Einverständnis der Patientin für eine stationäre Aufnahme. Anbindung ans Ambulatorium («Sprechstunde Essstörungen») in Kooperation mit dem Hausarzt. Verteilung der Zuständigkeiten und Vertragsvereinbarung zwischen der Patientin, dem Hausarzt und den Mitarbeiterinnen des Ambulatoriums (Psychotherapeutin, Ernährungsberaterin und Oberärztin). Kommunikationspartnerin für den Hausarzt ist die Oberärztin der Sprechstunde für Essstörungen im Ambulatorium. Essstörungen Interdisziplinäre Herausforderung / Dr. R. Ott 15

Behandlungsvereinbarung Frau 3. Ambulante Behandlung III Behandlungsvereinbarung Ambulante Psychotherapie und ambulante Behandlung von wenn ihre körperliche Gesundheit genügend gut ist. sind nur möglich, Im Hinblick auf dieses Ziel erklären sich die Unterzeichneten mit folgenden Punkten einverstanden: 1. Aktuelles Körpergewicht in normaler Kleidung Aktuelles Zielgewicht beträgt bis in drei Monaten Längerfristig Normalgewicht Häufigkeit des Erbrechens aktuell: Ziel mittelfristig: Ziel von Woche zu Woche: 2. - Mindestens 1x wöchentlich Gewichtskontrolle bei - Die ist fallführend. - Sie wird vertreten durch - Anfangs 14 tgl. Konsultationen und Laboranalysen beim Hausarzt/Hausärztin dann nach Absprache. - Rhythmus der Ernährungsberatung gemäss Empfehlung der Ernährungsberaterin, Frau 3. verpflichtet sich die vereinbarten individuellen Konsultationen einzuhalten. 4. informiert die Angehörigen über die Therapie und gelegentliche Einladungen zu Gesprächen. 5. Der Abschluss der Behandlung erfolgt nur nach gemeinsamer Absprache mit allen Beteiligten. 6. Fällt das Körpergewicht von unter oder stagniert es nach 3 Monaten im aktuellen Bereich, erklärt sich mit einer stationären Behandlung einverstanden. 7. Frau plant die Teilnahme an einem Besuchstag in der Klinik Ist einverstanden mit einer vorsorglichen Anmeldung zur stationären Behandlung. Patientin: Psychotherapeutin: Oberärztin Psychosomatik: Hausarzt: Ernährungsberaterin: Essstörungen Interdisziplinäre Herausforderung / Dr. R. Ott 16

Essstörungen Interdisziplinäre Herausforderung / Dr. R. Ott 17

2. Tagesklinik Indikation Ambulante Therapie nicht ausreichend Bei chronischen Verläufen und nach wiederholten stationären Aufenthalten Verbesserung der sozialen Einbindung Übergang nach stationärer Behandlung stufenweise Rückkehr in den Alltag «step down approach» Essstörungen Interdisziplinäre Herausforderung / Dr. R. Ott 18

3. Stationäre Behandlung Notwendigkeit der Behandlung durch ein multiprofessionelles Team mit krankenhaustypischen Heilmethoden Essstörungen Interdisziplinäre Herausforderung / Dr. R. Ott 19

Kriterien für stationäre Behandlung I Rapider oder anhaltender Gewichtsverlust (> 20% über 6 Mte) Gravierendes Untergewicht (BMI <15 kg/m2)bzw. Kinder unter d.3. Altersperzentile) Anhaltender Gewichtsverlust, unzureichende Gew.zunahme über 3 Mte. trotz amb. oder tagesklinischer Behandlung Ungünstige soziale oder familiäre Einflussfaktoren Essstörungen Interdisziplinäre Herausforderung / Dr. R. Ott 20

Kriterien für eine stationäre Behandlung II Ausgeprägte psychische Komorbidität Schwere bulimische und Purging Symptomatik oder exzessiver Bewegungsdrang Geringe Krankheitseinsicht Überforderung im ambulanten Setting Körperliche Gefährdung und Komplikationen (evtl.notfallmässige Aufnahme) Essstörungen Interdisziplinäre Herausforderung / Dr. R. Ott 21

Einteilung der stationären Behandlung nach Dauer 1. Kurzaufenthalt 1-2 Wochen für Diagnostik und Therapiebeginn Refeedingphase 2. Mittlere Dauer ca. 4 Wochen zur somatischen Sicherung und mit Ziel einer Gewichtszunahme 3. 3-9 Monate Spital und/oder spezialisierte Institution mit dem Ziel eines mehrstufigen Prozesses Bei den Varianten 1 und 2 besteht eine sehr enge Verflechtung mit den teilstationären und ambulanten Angeboten. Variante 3 konzentriert sich auf die Mitarbeiter der Institution und wird vorübergehend unabhängiger von ambulanten Bezugspersonen funktionieren. Essstörungen Interdisziplinäre Herausforderung / Dr. R. Ott 22

Erfahrung einer Kurzhospitalisation Frau P.T. 18 jg. Gewichtsverlust 20% KG innerhalb von 4 Monaten Gewicht: 38,5kg, 164cm, BMI 14,3 kg/m² Wenig Krankheitseinsicht und fremd motiviert Regulär auf die Innere Medizin eingetreten 2 Tage nach Anmeldung mit hoher Dringlichkeit 5 Tage auf der Inneren Medizin stationär Essstörungen Interdisziplinäre Herausforderung / Dr. R. Ott 23

Erfahrung einer Kurzhospitalisation Frau P.T. 18 J. Schwere der Erkrankung erkannt, Problembewusstsein gestärkt, Diagnose Anorexie akzeptiert Intensive Auseinandersetzung mit den körperlichen Folgen der Anorexie (Bradykardie, Hypotonie) Gespräche mit Ärzten und Therapeuten (Physio, Erb, Ergo) hätten ihr die Augen geöffnet Verstärkte Motivation das Problem anzugehen Essstörungen Interdisziplinäre Herausforderung / Dr. R. Ott 24

Erfahrung einer Kurzhospitalisation Frau P.T. 18 jg. Fortsetzung nach der Kurzhospitalisation Patientin wünscht eine Fortsetzung der Behandlung. Bereitschaft sich mit einer längeren stationären Behandlung auseinanderzusetzen vorhanden. Procedere Anmeldung zur stationären Behandlung an eine externe spezialisierte Klinik. Überbrückung der Wartezeit mittels engmaschigen ambulanten und hausärztlich gestützten Kontrollen. Essstörungen Interdisziplinäre Herausforderung / Dr. R. Ott 25

Fallbeispiel Variante 2 mittlere Hospitalisationsdauer Frau B.M. 26 J. Bulimische Anorexia nervosa Eintrittsgewicht 37.4 kg, BMI 14.1 kg/m² Gemäss Indikationsgespräch regulärer Eintritt auf die Abteilung für Psychosomatik Vorbereitung des Aufenthalts war im Rahmen der ambulanten Psychotherapie erfolgt Integration des Erarbeiteten in die weitere Planung Essstörungen Interdisziplinäre Herausforderung / Dr. R. Ott 26

Bisherige Stationen 1989: seit 7-jährig willentlich erbrochen Zwischen dem 16. und dem 25. Altersjahr insgesamt 10 Hospitalisationen in verschiedenen Institutionen. Gesamthaft ca. 2 1/2 Jahre stationäre Aufenthalte Klinik X Station Z Spital Y Essstörungen Interdisziplinäre Herausforderung / Dr. R. Ott 27

Ziele für 4 Wochen Hospitalisation abgesprochen mit dem ambulanten Therapeuten Gewichtszunahme bis mind. 40 kg Erbrechen reduzieren Annäherung an ausgewogene Ernährungsweise Einhalten von Tages- und Wochenstrukturen Essstörungen Interdisziplinäre Herausforderung / Dr. R. Ott 28

Verlauf stationär Bulimie Kein Erbrechen, postprandial «überwacht». Pflege Mahlzeiten Um Zwischenmahlzeiten aktiv bemüht. Nahrungsmenge gesteigert. Ernährungsberatung Bewegung Ruhephasen gut eingehalten. Auseinandersetzung mit Entspannungstechniken. Physio Aktionsradius?? Kognition Distanzierter gegenüber ihrem dysfunktionalen Denken Psychologie Essstörungen Interdisziplinäre Herausforderung / Dr. R. Ott 29

Bilanz nach 4 Wochen Frau B.M. 26 J. BMI bei Eintritt 14.1 kg/m² BMI bei Austritt 15.4 kg/m² Gesteckte Ziele erreicht Ausdrücklich als «Etappensieg» zu verstehen Essstörungen Interdisziplinäre Herausforderung / Dr. R. Ott 30

Während der stationären Behandlung blieben die Abmachungen mit dem Therapeuten aus der Vorbereitungsphase integriert. Essstörungen Interdisziplinäre Herausforderung / Dr. R. Ott 31

Ambulantes Setting Frau B.M. 26.J. Austrittsvereinbarung zur Regelung von: Gewichtslimite und Gewichtskontrollen Ernährungsberatung Ärztl. Konsultationen Psychotherapie Einhalten der gyn. Kontrolle Kriterien für Rehospitalisation Essstörungen Interdisziplinäre Herausforderung / Dr. R. Ott 32

Fallführung Das Ziel im Fallmanagement ist ein wohl organisiertes und bedarfsgerecht auf den einzelnen Fall zugeschnittenes therapeutisches Setting. Bei der Planung müssen Angebote und Zuständigkeiten definiert werden. Wichtig sind Koordination, Verlaufsbeobachtung und Evaluation. Essstörungen Interdisziplinäre Herausforderung / Dr. R. Ott 33

Zwischenbericht 4 Wochen nach Austritt und 1 Jahr später Regelmässige Konsultationen beim Psychotherapeuten Kein Erbrechen Gewicht stabil Psychisch aufgehellt, wirke gefestigt Sehr positive Erfahrung bei mehrtägigem freiwilligem Einsatz in pädagogischer Funktion Nach 1 Jahr nochmals Verlaufskontrolle bei uns ähnliche Rückmeldung Essstörungen Interdisziplinäre Herausforderung / Dr. R. Ott 34

Geschafft???? Klinik X Station Z Spital Y Essstörungen Interdisziplinäre Herausforderung / Dr. R. Ott 35

Indikation zur Rehospitalisation nach Kurzhospitalisationen und Hospitalisationen von mittlerer Dauer - Modulprinzip Ein Teil des bei der vorangehenden Hospitalisation Erreichten sollte nach Möglichkeit noch vorhanden sein. Sinnvolle Indikationen sind : Zu langsamer Fortschritt Stagnation Ein Teilschritt rückwärts Bei vollständigem Rückfall ist die Indikation u.u. anders z.b. vital Essstörungen Interdisziplinäre Herausforderung / Dr. R. Ott 36

Einteilung der stationären Behandlung nach Dauer 1. Kurzaufenthalt 1-2 Wochen für Diagnostik und Therapiebeginn Refeedingphase 2. Mittlere Dauer ca. 4 Wochen zur somatischen Sicherung und mit Ziel einer Gewichtszunahme 3. 3-9 Monate Spital und/oder spezialisierte Institution mit dem Ziel eines mehrstufigen Prozesses Bei den Varianten 1 und 2 besteht eine sehr enge Verflechtung mit den teilstationären und ambulanten Angeboten. Variante 3 konzentriert sich auf die Mitarbeiter der Institution und wird vorübergehend unabhängiger von ambulanten Bezugspersonen funktionieren. Essstörungen Interdisziplinäre Herausforderung / Dr. R. Ott 37

Fallführung bei Spitaleintritt Variante 3 Amb. «Team» P Multiprofessionalität Wohnen Arbeit Ärzte Soz Pflege Erb Psy Köwa Physio Wohnen? Arbeit? Amb. «Team» Essstörungen Interdisziplinäre Herausforderung / Dr. R. Ott 38

Fallführung bei spezialisierten ambulanten und stationären Therapien Die Fallführung auf der vertikalen, individuellen Ebene verläuft über verschiedene Phasen: Beratung Fallaufnahme Standortbestimmung Berücksichtigung der bestehenden Bezugssysteme Planung Zielvereinbarung Intervention Durchführung Kontrolle und Optimierung Evaluation Ergebnisbewertung und Dokumentation Essstörungen Interdisziplinäre Herausforderung / Dr. R. Ott 39

Fallführung bei spezialisierten ambulanten und stationären Therapien Im horizontalen, institutionellen System geht es um: Bedarfs- und Bestandesaufnahme Maßnahmeplanung und -steuerung Ergänzung des verfügbaren Dienstleistungsangebots Ausbau der Kooperationsnetze Integration bestehender Bezugssysteme im Verlauf oder im Anschluss beim Übergang Essstörungen Interdisziplinäre Herausforderung / Dr. R. Ott 40

Planung und Orientierung sind hilfreich bei einer Krankheit die stark von Angst und Ambivalenz geprägt ist Essstörungen Interdisziplinäre Herausforderung / Dr. R. Ott 41

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit! FRAGEN? DISKUSSION Essstörungen Interdisziplinäre Herausforderung / Dr. R. Ott 42

Essstörungen Interdisziplinäre Herausforderung / Dr. R. Ott 43