L E I T F A D E N. Lohnsteuerliche Behandlung von Arbeitgeberleistungen zu freiwilligen Unfallversicherungen. Mü n c hen, 16.



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Transkript:

Mü n c hen, 16. November 2009 L E I T F A D E N Lohnsteuerliche Behandlung von Arbeitgeberleistungen zu freiwilligen Unfallversicherungen Verfasserin: Verena Richter Rechtsanwältin

Gliederung A. Einführung...3 B. Arbeitnehmer als Versicherungsnehmer einer Unfallversicherung...4 1. Berufsunfälle...4 2. Privatunfälle...4 3. Umfassender Unfallschutz...4 4. Beispiele...5 5. Beitragsübernahme durch den Arbeitgeber...6 C. Versicherungen auf fremde Rechnung...7 1. Unentziehbarer Rechtsanspruch des Arbeitnehmers...8 2. Ausübung der Rechte steht ausschließlich dem Arbeitgeber zu...8 D. Besteuerung der Beitragsleistungen...13 1. Individueller Lohnsteuerabzug...13 2. Lohnsteuerpauschalierung nach 40b Abs. 3 EStG...14 3. Konzernumfassende Gruppenunfallversicherung...15 4. Ausschluss der Pauschalierungsmöglichkeit...16 E. Sozialversicherung...16 2

A. Einführung Die Gruppenunfallversicherung zählt zum klassischen Bestand der betrieblichen Zukunftssicherung (vgl. 2 Abs. 2 Nr. 3 LStDV). Der Arbeitgeber schließt hier zugunsten seiner Arbeitnehmer mit Rücksicht auf das Arbeitsverhältnis als Versicherungsnehmer eine Unfallversicherung ab. Auf diese Weise soll der Schutz aus der gesetzlichen Unfallversicherung ergänzt werden, der lediglich Arbeitsunfälle sowie solche Unfälle umfasst, die sich auf der Wegstrecke von/zur Wohnung/Arbeitsstätte ereignen (vgl. 8 SGB VII). Im Versicherungsfall erhält der Versicherungsbegünstigte eine Kapitalleistung und/oder eine (Unfall-/Leib-)Rente. Ganz allgemein werden unter dem Begriff Zukunftssicherung Vorsorgeleistungen eines Arbeitgebers verstanden, die der Sicherung der Arbeitnehmer oder diesen nahe stehenden Personen für Fälle von Krankheit, Unfall, Invalidität, Alter und/oder Tod dienen. Zukunftssicherungsleistungen werden aufgrund gesetzlicher Verpflichtung (gesetzliche Altersversorgung) oder infolge freiwilliger Verpflichtung (betriebliche Altersversorgung) gewährt. Sie werden z.b. als Zuschüsse zu Aufwendungen des Arbeitnehmers für eine Lebensversicherung (auch für eine mit einer Pensionskasse abgeschlossene Versicherung), eine Unfallversicherung, für die freiwillige Weiterversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung oder zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für eine öffentlich-rechtliche Versicherungsoder Versorgungseinrichtung seiner Berufsgruppe gezahlt. Fraglich ist der Umfang der Besteuerung. Entscheidend ist, ob der Arbeitgeber die Beiträge freiwillig oder aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung leistet. Besteht eine gesetzliche Verpflichtung gilt Steuerfreiheit gem. 3 Nr. 62 EStG. Werden Leistungen freiwillig gewährt, ist zu prüfen, in welchem Umfang hieraus resultierende Vorteile für den Arbeitnehmer steuerpflichtigen Arbeitslohn darstellen und zu welchem Zeitpunkt der Arbeitnehmer über diese Einnahmen wirtschaftlich verfügen kann (sog. Zuflussprinzip, 11 EStG ). Mit Urteil vom 11.12.2008 äußerte sich der BFH zum Zufluss von Arbeitslohn bei Zukunftssicherungsleistungen in Form der Gruppenunfallversicherung und stellte dadurch die bisherige Verwaltungspraxis in Frage. Nachstehende Ausführungen geben daher einen Überblick über die steuerliche Rechtslage zur lohnsteuerlichen Behandlung von Arbeitgeberleistungen zur freiwilligen Unfallversicherung unter Berücksichtigung der jüngsten Entscheidung des BFH vom 11.12.2008 (VI R 9/05) und dem zwischenzeitlich neu gefassten Schreiben des BMF vom 28.10.2009 (IV C 5 S-2332 / 09 / 10004). 11 EStG regelt die zeitliche Zurechnung von Einnahmen und Ausgaben und bestimmt damit den Besteuerungszeitpunkt. 3

B. Arbeitnehmer als Versicherungsnehmer einer Unfallversicherung Zur Bestimmung der steuerlichen Absetzbarkeit von Versicherungsbeiträgen eines Arbeitnehmers zu einer Unfallversicherung ist deren Versicherungsschutz zu ermitteln. Unfallversicherungen können Berufs- und/oder Privatunfälle umfassen. 1. Berufsunfälle Versicherungsschutz besteht ausschließlich gegen Unfälle, die mit der beruflichen Tätigkeit in einem unmittelbaren Zusammenhang stehen, einschließlich der Unfälle auf dem Weg von und zur regelmäßigen Arbeitsstätte. Ein Arbeitnehmer kann im Rahmen seiner Steuerveranlagung die gesamten Prämien als Werbungskosten abziehen ( 9 Abs. 1 Satz 1 EStG). 2. Privatunfälle Versicherungsschutz besteht ausschließlich für private Unfälle bzw. Unfälle von Familienmitgliedern. Diese Aufwendungen können vom Arbeitnehmer lediglich wie andere Versicherungsbeiträge als Sonderausgaben ( 10 Abs. 1 Nr. 2 lit a) EStG) abgezogen werden. Dies erscheint insoweit steuerlich nachteilig, da der Sonderausgabenabzug auf Höchstbeträge begrenzt ist und zumeist durch andere Posten bereits vollumfänglich ausgeschöpft wird. 3. Umfassender Unfallschutz Der umfassende Versicherungsschutz spiegelt den in der Praxis wohl am häufigsten vorkommende Fall wider. Versichert sind hier alle Unfälle, die während der beruflichen Tätigkeit, dem Weg von oder zur Arbeit oder aber im Kontext des privaten Bereichs auftreten. Für diese umfassenden Unfallversicherungen lässt das BMF (vgl. BMF-Schreiben vom 28.10.2009, IV C 5 S 2332-09/10004) eine Aufteilung der Versicherungsprämien zu. Beiträge zu einer Unfallversicherung können im Rahmen der Steuerveranlagung teilweise als Werbungskosten und teilweise als Sonderausgaben angegeben werden. Der Gesamtbeitrag einschließlich Versicherungssteuer ist für beide Risiken entsprechend aufzuteilen. Für die Sonderausgaben sind private Ausgaben, die nicht in wirtschaftlichen Zusammenhang mit einer der sieben Einkunftsarten des Einkommensteuergesetzes stehen. Sie dürfen daher weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sein. Die 10 ff. EStG enthalten eine abschließende Aufzählung. Sonderausgaben werden unterteilt in unbeschränkt abziehbare (z.b. Unterhaltsleistungen, Kirchensteuer) und beschränkt abziehbare Sonderausgaben (z.b. Aufwendungen für eine Berufsausbildung, Vorsorgeaufwendungen wie Beiträge zu Kapitallebensversicherungen, Berufsunfähigkeitsversicherungen, Arbeitslosen- Unfall-, Kranken-, Pflege- und Haftpflichtversicherungen) sowie Sonderfälle (z.b. 10a und 82 EStG, zusätzliche Altersvorsorge). 4

Aufteilung ist dabei maßgeblich, welcher Teil des Gesamtbeitrags für das berufliche bzw. private Unfallrisiko verwendet wird. Fehlen derartige Angaben, ist der Gesamtbeitrag durch Schätzung aufzuteilen, wobei keine Bedenken bestehen, die Anteile auf jeweils 50 % des Gesamtbeitrags zu schätzen. 4. Beispiele a) Berufsunfälle Arbeitnehmer V zahlt jährlich 250,- für eine Versicherung, die ausschließlich berufliche Unfälle absichert. Inwieweit sind diese Beiträge steuerlich zu berücksichtigen? Arbeitnehmer V kann die Versicherungsbeiträge als Werbungskosten in der Anlage N seiner Steuererklärung eintragen ( 9 Abs. 1 Satz 1 EStG). b) Außerberufliche Unfälle Arbeitnehmer V zahlt jährlich 250,- Versicherungsbeiträge für eine private Unfallversicherung. Wie sind diese Beiträge steuerlich zu berücksichtigen? Gem. 10 Abs. 1 Nr. 2 lit a) EStG kann Arbeitnehmer V diese Beiträge im Rahmen des Sonderausgabenabzuges geltend machen (Mantelbogen). c) Umfassender Unfallschutz Arbeitnehmer V zahlt jährlich Beiträge in Höhe von 500,- für eine Unfallversicherung, die nicht nur berufliche, sondern auch private Unfälle abdeckt. Er hat die Versicherung vornehmlich deswegen abgeschlossen, weil er seine tägliche Wegstrecke Wohnort/Arbeitsstätte mit dem Auto bewältigt. Wie sind diese Beiträge steuerlich zu berücksichtigen? Arbeitnehmer V kann von den Gesamtkosten in Höhe von 500,- als Werbungskosten 250,- geltend machen, wenn der Anteil des Gesamtversicherungsbeitrags, der das berufliche Unfallrisiko abdeckt, nicht ermittelbar ist. Dem 50-prozentigen Ansatz steht nicht entgegen, dass der Unfallschutz vornehmlich Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in den Fokus rückt. Dies wird damit begründet, dass Kosten für eine Unfallversicherung nicht unter Kfz-Kosten subsumiert und daher nicht mit der Entfernungspauschale von 0,30 je Entfernungskilometer abgegolten werden können. 5

5. Beitragsübernahme durch den Arbeitgeber Welche steuerlichen Auswirkungen resultieren aus der Übernahme der dem Arbeitnehmer anfallenden Versicherungsbeiträge (-prämien) durch den Arbeitgeber? a) Arbeitslohn Vom Arbeitgeber übernommene Versicherungsbeiträge des Arbeitnehmers sind steuerpflichtiger Arbeitslohn. Zum Arbeitslohn gehören alle Einnahmen, die einem Arbeitnehmer aus einem Arbeitsverhältnis zufließen. Dabei können die Einnahmen in Geld oder in Geldeswert (z.b. Sachbezüge) bestehen. Es ist unerheblich, ob es sich um laufende Bezüge handelt oder der Arbeitnehmer auf die Zahlung einen Rechtsanspruch hat. Der Arbeitslohn gehört zu den Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit. Neben dem laufenden Arbeitslohn (z.b. Monatsgehalt, Tageslohn, geldwerte Vorteile, Mehrarbeitszuschläge) können dem Arbeitnehmer aber auch sonstige Bezüge zufließen, die nicht regelmäßig zur Auszahlung kommen. Typische sonstige Bezüge sind beispielsweise das 13. Gehalt, Abfindung oder Tantiemen. Vgl. im Übrigen 8 EStG, LStR 2008 R 8 und R 19.3. Keinen Arbeitslohn stellen Leistungen dar, die im ganz überwiegend betrieblichen Interesse des Arbeitgebers erbracht werden, da in diesen Fällen eine Gegenleistung für die zur Verfügung gestellte Arbeitskraft nicht vorliegt. Als Beispiel sind hier vor allem Fortbildungsmaßnahmen, aber auch Vorsorgeuntersuchungen zu nennen (vgl. 8 EStG, LStR 2008 R 8 und R 19.3). Werden Beiträge zu Versicherungen gezahlt, die berufliche Unfälle oder jedenfalls das Unfallrisiko bei Auswärtstätigkeiten (Dienstreisen, vgl. LStR 2008 R 9.4 Abs. 2) abdecken, liegt (insoweit) kein steuerpflichtiger Arbeitslohn vor. Dies resultiert aus 3 Nrn. 13 und 16 EStG, wonach der auf Unfälle bei Auswärtstätigkeiten (Dienstreisen) entfallende Beitrag als Kostennote für Reisennebenkosten steuerfrei ist. Nach LStR 2008 R 9.8 sind Reisenebenkosten tatsächliche Aufwendungen für z.b. Beförderung und Aufbewahrung von Gepäck, Ferngespräche und Schriftverkehr beruflichen Inhalts mit dem Arbeitgeber oder dessen Geschäftspartner, Straßenbenutzung und Parkplatz sowie Schadensersatzleistungen infolge von Verkehrsunfällen, soweit die jeweils damit verbundenen Fahrtkosten als Reisekosten i.s.d. LStR 2008 R 9.5 anzusetzen sind. Reisenebenkosten können in tatsächlicher Höhe als Werbungskosten abgezogen werden, soweit sie nicht vom Arbeitgeber steuerfrei erstattet werden. Steuerfrei sind stets diejenigen Erstattungsleistungen, die die tatsächlichen Aufwendungen nicht überschreiten. Insoweit hat der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber Unterlagen vorzulegen, aus denen die tatsächlichen Aufwendungen ersichtlich werden. Diese Unterlagen hat der Arbeitgeber als Belege zum Lohnkonto aufzubewahren. 6

b) Berechnung steuerfreier Anteile Fehlen Angaben zur Aufteilung in einen beruflichen und privaten Teil, ist der Versicherungsbeitrag durch Schätzung aufzuteilen, wobei der Ansatz mit jeweils 50 % des Gesamtbeitrags zulässig ist (s. zuvor). Der auf den beruflichen Bereich entfallende Beitrag ist wiederum aufzuteilen in eine steuerfreie Reisekostenerstattung und einen steuerpflichtigen Werbungskostenersatz (z.b. Unfälle auf der Wegstrecke zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte). Der auf die steuerfreien Reisekostenerstattungen entfallende Beitrag kann auf 40 % geschätzt werden. c) Beispiel Arbeitnehmer V zahlt in eine umfassende Unfallversicherung jährlich 500,- an Beiträgen. V ist häufig auf Dienstreisen, so dass der Arbeitgeber ihm den gesamten Versicherungsbeitrag i.h.v. 500,- erstattet. Der Gesamtbeitrag, der hier auf das berufliche Unfallrisiko entfällt, ist durch Schätzung zu ermitteln und mit 250,- in Ansatz zu bringen. Davon bleibt als Reisekostenersatz derjenige Anteil steuerfrei, der das Unfallrisiko bei Auswärtstätigkeiten (Dienstreisen) abdeckt ( 3 Nrn. 13 und 16 EStG). Dieser Anteil kann pauschal mit 20 % des Gesamtbeitrages bzw. 40% des beruflichen Beitragsanteils angesetzt werden. Vorliegend beträgt die steuerfreie Erstattung 100,- (20 % von 500,- (Gesamtbeitrag) oder 40% von 250,- (beruflicher Beitragsanteil)). Den Restbetrag über 400,- muss der Arbeitgeber zu Lasten des Arbeitnehmers lohnversteuern. Der auf das berufliche Risiko entfallende (lohnversteuerte) Restbetrag von 150,- ( 100,- wurden bereits steuerfrei erstattet) kann der Arbeitnehmer im Rahmen der Werbungskosten und der auf den Privatbereich entfallenden Anteil in Höhe von 250,- als Sonderausgabenabzug im Rahmen seiner Steuererklärung ansetzen. C. Versicherungen auf fremde Rechnung Im Gegensatz zu den unter B. besprochenen Fallkonstellationen, in denen der Arbeitnehmer eine Versicherung als Versicherungsnehmer abschließt, werden unter C. diejenigen Sachverhalte erläutert, in denen der Arbeitgeber eine Versicherung auf fremde Rechnung ( 179 Abs. 1 S. 2 i.v.m. 43 bis 48 VVG) zugunsten aller, einer Gruppe oder einzelner Arbeitnehmer abschließt. Der versicherte Arbeitnehmer wird in den meisten Fällen gegenüber dem Versicherer nicht benannt, sondern durch die Betriebszugehörigkeit im Zeitpunkt des Versicherungsfalles individualisiert. 7

Wann und inwiefern steuerpflichtiger Arbeitslohn vorliegt, hängt maßgeblich davon ab, ob dem Arbeitnehmer ein unentziehbarer Rechtsanspruch eingeräumt wird oder die Ausübung der Rechte ausschließlich dem Arbeitgeber zusteht. 1. Unentziehbarer Rechtsanspruch des Arbeitnehmers Kann der Arbeitnehmer den Versicherungsanspruch unmittelbar gegenüber dem Versicherungsunternehmen geltend machen, stellen bereits die Beitragszahlungen durch den Arbeitgeber einen für den Arbeitnehmer steuerpflichtigen Arbeitslohn dar (vgl. A.), der als Einkunft aus nichtselbstständiger Tätigkeit in Form der Zukunftssicherungsleistung der Lohnsteuer zu unterwerfen ist ( 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG, 2 Abs. 2 Nr. 3 S. 1 LStDV). Dem Rechtsanspruch des Arbeitnehmers steht jedoch entgegen, wenn die Versicherungsleistung mit befreiender Wirkung an den Arbeitgeber ausgezahlt werden kann. Im Übrigen ist unerheblich, ob es sich um eine Einzel- oder eine Gruppenunfallversicherung handelt. Im Hinblick auf die Beiträge zu einer Gruppenunfallversicherung sind diese ggf. nach der Zahl der versicherten Arbeitnehmer aufzuteilen ( 2 Abs. 2 Nr. 3 S. 3 LStDV). Ausweislich LStR 2008 R 9.8 Abs. 3 sind Beiträge oder Beitragsteile, die das Unfallrisiko auf Auswärtstätigkeiten (Dienstreisen) abdecken und deshalb als Reisekostenvergütung zu werten sind, steuerfrei. Betreffend die Aufteilung eines auf den beruflichen Bereich entfallenden Gesamtbeitrags in steuerfreie Reisenebenkosten und steuerpflichtigen Werbungskostenersatz ist die Vereinfachungsregel, die bereits unter Punkt B. 2. b) dargelegt wurde, anzuwenden. Die steuerfreie Reisekostenvergütung kann auf 20 % des Gesamtbeitrags bzw. 40% des beruflichen Beitragsanteils geschätzt werden. Der dem Lohnsteuerabzug unterworfene Beitrag gehört zu den Werbungskosten des Arbeitnehmers. Ist eine Versicherungsleistung ausnahmsweise als Entschädigung im Sinne von 24 Nr. 1 a) EStG zu qualifizieren, die für entgangene oder entgehende Einnahmen aus dem Arbeitsverhältnis gezahlt wird, liegen im Zeitpunkt der Leistungsgewährung durch die Versicherung zusätzlich Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit und damit steuerpflichtiger Arbeitslohn vor. Der Arbeitgeber hat die Lohnsteuer gem. 38 Abs. 1 S. 3 EStG einzubehalten, wenn er weiß (positive Kenntnis) oder erkennen kann, dass derartige Lohnzuwendungen erbracht wurden (s. hierzu auch S. 12 unten). 2. Ausübung der Rechte steht ausschließlich dem Arbeitgeber zu Schließt der Arbeitgeber eine Versicherung auf fremde Rechnung zugunsten seiner Arbeitnehmer ab und steht die Ausübung der Rechte ausschließlich den Arbeitgeber zu, stellen die Beträge im Zeitpunkt der Zahlung durch den Arbeitgeber keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn dar. Dies gilt unabhängig vom Versicherungsumfang (beruflicher und/oder privater Schutz). 8

Kommt es zum Versicherungsfall und folglich zur Inanspruchnahme von Leistungen aus der Unfallversicherung, richtet sich nach Ansicht des BFH die Besteuerung zum Zeitpunkt der Leistungsgewährung nach den bis dahin vom Arbeitgeber entrichteten Beiträgen/Prämien, begrenzt auf die dem Arbeitnehmer ausgezahlte Versicherungsleistung (BFH vom 11.12.2008, VI R 9/05). Das BMF ist dieser Auffassung mit Schreiben vom 21.8.2009 (aao) gefolgt und gab damit seinen bis dato vertretenen Standpunkt auf (BMF-Schreiben vom 17.7.2000, IV C 5 S 2332 67/00), wonach die ausgekehrte Versicherungsleistung als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu behandeln war, wenn die Ausübung der Rechte aus dem Vertrag dem Arbeitgeber vorbehalten war. Bei einem Arbeitgeberwechsel (auch innerhalb des Konzerns) sind stets nur die Beiträge zu berücksichtigen, die seit Begründung des neuen Arbeitsverhältnisses geleistet wurden. Dies gilt auch dann, wenn der bisherige Versicherungsvertrag vom neuen Arbeitgeber übernommen wurde. Im Falle eines Betriebsübergang gem. 613a BGB wird ein neues Arbeitsverhältnis nicht begründet, so dass bisher geleistete Beiträge mit einzubeziehen sind. a) Beispiele Die nachstehenden Beispiele zeigen die Berechnung zur Ermittlung des steuerpflichtigen Arbeitslohns nach der neuen Rechts- und Verwaltungsauffassung auf: aa) Versicherungsleistung als einmaliger Betrag Der Arbeitnehmer erhält eine Versicherungsleistung in einem einmaligen Betrag. - Arbeitgeber X hat für einen angestellten Außendienstmitarbeiter eine freiwillige Unfallversicherung abgeschlossen. Die Ausübung der Rechte aus dem Vertrag steht ausschließlich Arbeitgeber X zu. Infolge eines Unfalls im privaten Bereich erhält der Mitarbeiter eine Versicherungsleistung in Höhe von 6.000,- ausbezahlt. Seit Beginn des Arbeitsverhältnisses hat X für den Versicherungsschutz des betroffenen Mitarbeiters 7 Jahre 70,- zzgl. 13,30 Versicherungssteuer (19%), also insgesamt 583,10 ( 83,30 x 7) gezahlt. Dieser Betrag wurde nicht pauschal besteuert. Vor der Entscheidung des BFH vom 11.12.2008 musste der angestellte Außendienstmitarbeiter einen Betrag in Höhe von 6.000,- versteuern. Nach jetzigem Rechtsstand ist nicht mehr die Versicherungsleistung ( 6.000,-) steuerpflichtig, sondern die bisherigen, ihrer Natur nach steuerpflichtigen Beiträge, begrenzt auf 9

die ausgezahlte Versicherungssumme. Daraus ergibt sich ein steuerpflichtiger Betrag in Höhe von 466,48 ( 583,10 abzgl. der steuerfreien Reisekostenerstattungen, die mit 20% in Ansatz gebracht werden ). - Beispiel wie zuvor, nur hat der Mitarbeiter nach 2 Jahren erneut einen Unfall, der eine Versicherungsleistung in Höhe von 1.500,- nach sich zieht. Seit Beginn des Arbeitsverhältnisses hat Arbeitgeber X für den Versicherungsschutz des betroffenen Mitarbeiters 9 Jahre 70,- zzgl. 13,30 Versicherungssteuer (19%), also insgesamt 749,70 ( 83,30 x 9) gezahlt. Dieser Betrag wurde nicht pauschal besteuert. Es entsteht steuerpflichtiger Arbeitslohn in Höhe von 133,28 ( 749,70 abzgl. 583,10 abzgl. 20%). bb) Versicherungsleistung in Teilbeträgen Erhält ein Arbeitnehmer eine Versicherungsleistung in mehreren Teilbeträgen oder ratierlich, bezieht der Arbeitnehmer so lange Arbeitslohn in Form von Barlohn, bis die Versicherungsleistungen die Summe der auf den Versicherungsschutz des Arbeitnehmers entfallenden Beiträge erreicht haben. - Arbeitgeber X hat für einen angestellten Außendienstmitarbeiter eine freiwillige Unfallversicherung abgeschlossen. Die Ausübung der Rechte aus dem Vertrag steht ausschließlich dem X zu. Infolge eines Unfalls im privaten Bereich erhält der Mitarbeiter eine Versicherungsleistung in Höhe von insgesamt 2.000,-, die in fünf monatlichen Teilbeträgen von jeweils 400,- ausbezahlt werden. Seit Beginn des Arbeitsverhältnisses hat X für den Versicherungsschutz des betroffenen Mitarbeiters 12 Jahre 70,- zzgl. 13,30 Versicherungssteuer (19%), also insgesamt 999,60 ( 83,30 x 12) gezahlt. Dieser Betrag wurde nicht pauschal besteuert. Es entsteht steuerpflichtiger Arbeitslohn in Höhe von 799,68 ( 999,60 abzgl. 20%). Die ersten zwei Raten in Höhe von jeweils 400,- (insgesamt 800,-) stellen steuerpflichtigen Arbeitslohn dar. Ab der dritten Rate findet keine Versteuerung mehr statt, da die Versicherungsleistungen mit den ersten zwei Monatsraten eine Summe erreicht Der auf das Risiko beruflicher Unfälle entfallende Beitragsanteil ist zum Zeitpunkt der Leistungsgewährung entweder steuerfreier Reiskostenersatz oder steuerpflichtiger Werbungskostenersatz des Arbeitnehmers. Hinsichtlich der Aufteilung und Zuordnung wird auf die Ausführungen unter Punkt 5. (vornehmlich Seite 5) verwiesen. 10

haben, die sich mit den auf den Versicherungsschutz des Arbeitnehmers entfallenden Beiträgen decken. cc) Versicherungsleistung als Leibrente Erhält ein Arbeitnehmer eine Versicherungsleistung in Form der Leibrente, bezieht er solange Barlohn, wie der Teil der Versicherungsleistungen, der nicht Ertragsanteil ist ( 22 Nr. 1 S. 3 a) bb) EStG ggf. i.v.m. 55 EStDV), die Summe der auf den Versicherungsschutz des Arbeitnehmers entfallenden Beiträge erreicht hat. Nach einem Unfall erhält ein Mitarbeiter aus einer privaten Unfallversicherung eine Leibrente in Höhe von jährlich 800,-. Der Ertragsanteil beträgt 25%. Bis zum Zeitpunkt des Unfallereignisses hat Arbeitgeber X für den Versicherungsschutz des betroffenen Mitarbeiters 15 Jahre 70,- zzgl. 13,30 Versicherungssteuer (19%), also insgesamt 1.249,50 ( 83,30 x 15) gezahlt. Es entsteht steuerpflichtiger Arbeitslohn in Höhe von 999,60 ( 1.249,50 abzgl. 20%). Dieser beläuft sich im ersten Jahr auf einen Betrag in Höhe von 600,- und im zweiten Jahr auf einen solchen in Höhe von 399,60 ( 600,- zzgl. 399,60 = 999,60). Darüber hinaus ist die Leibrente als sonstiger Bezug gem. 22 Nr. 1 S. 3 a) bb) EStG mit jährlich 200 ( 800,- x 25%) steuerlich zu berücksichtigen. b) Schadensersatzleistungen Ereignet sich ein Unfall im beruflichen Bereich und erhält der Arbeitnehmer eine Versicherungsleistung, fließt ihm kein steuerpflichtiger Arbeitslohn zu, wenn der Arbeitgeber gesetzlich zur Schadensersatzleistung verpflichtet ist oder soweit dieser einen zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers wegen schuldhafter Verletzung arbeitvertraglicher Fürsorgepflichten erfüllt (BMF-Schreiben vom 28.10.2009, aao und BFH vom 20.9.1996, VI R 57/95). Die Gewährung des Versicherungsschutzes liegt bei schuldhafter Verletzung arbeitsvertraglicher Fürsorgepflichten im ganz überwiegenden Interesse des Arbeitgebers. Der Arbeitnehmer erhält in diesen Fällen eine Zuwendung durch den Arbeitgeber nicht deshalb, weil er eine Arbeitsleistung erbracht hat, sondern weil ihm gegen den Arbeitgeber ein zivilrechtlicher Anspruch auf Schadensausgleich zusteht. Der gesetzliche Schadensersatzanspruch aus unfallbedingten Personenschäden im beruflichen Bereich wird regelmäßig durch Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherungen erfüllt, wobei hinsichtlich dieser Leistungen gem. 3 Nr. 1 a) EStG Steuerfreiheit besteht. Der Ertragsanteil ist der im Rentenbetrag enthaltene Zinsanteil. 11

Renten gem. 253 Abs. 2 BGB, 843 Abs. 1 Alt. 2 BGB, 844 Abs. 2 BGB sowie 845 BGB sind bereits nicht steuerbar (vgl. BMF-Schreiben vom 15.7.2009 IV C 3 S 2255 / 08 / 10012). c) Entgangene Einnahmen Ist eine Versicherungsleistung ausnahmsweise als Entschädigung im Sinne von 24 Nr. 1 a) EStG zu qualifizieren, die für entgangene oder entgehende Einnahmen aus dem Arbeitsverhältnis gezahlt wird, liegen zusätzlich Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit und damit steuerpflichtiger Arbeitslohn vor. Nach BFH vom 21.1.2004 (XI R 40/02) ist dies zu bejahen, wenn Leistungen infolge einer Körperverletzung ausfallende Verdienste ersetzen (vgl. auch EStH 2008 H 24.1). Nach einem Unfall im privaten Bereich erhält ein Mitarbeiter aus einer Unfallversicherung eine Versicherungsleistung in Höhe 10.000,-. Hiervon sind 9.000,- als Entschädigung für entgangene und entgehende Einnahmen zu qualifizieren. Bis zum Zeitpunkt des Unfallereignisses hat Arbeitgeber X für den Versicherungsschutz des betroffenen Mitarbeiters 15 Jahre 100,- zzgl. 19,90 Versicherungssteuer (19%), also insgesamt rund 1.800,- ( 119,90 x 15 = 1.798,50) gezahlt. Unter Berücksichtigung der geleisteten Beiträge wäre auf den ersten Blick ein Arbeitslohn in Höhe von rund 1.440,- ( 1.800,- abzgl. 20%) zu versteuern. Vorliegend liegen jedoch steuerpflichtige Leistungen im Sinne des 24 Nr. 1 a) EStG vor, die sich auf einen Betrag in Höhe von 9.000,- belaufen, so dass der durch die Beitragsübernahme entstandene zu besteuernde Betrag anteilig zu mindern ist, um eine Doppelbesteuerung auszuschließen. 9/10 der geleisteten Beiträge, also 1.620,- ( 9.000,- / 10.000,- x 1.800,-), entfallen auf die steuerpflichtigen Leistungen gem. 24 Nr. 1 a) EStG. Als steuerpflichtige Beitragszahlungen sind schließlich 1/10 der geleisteten Beiträge abzgl. der steuerfreien Reisekostenerstattungen, also 144,- zu berücksichtigen ( 1.000,- / 10.000,- x 1.800,- abzgl. 20%). Wickelt das Versicherungsunternehmen die Auszahlung der Versicherungsleistungen unmittelbar mit dem Arbeitnehmer selbst ab, so hat der Arbeitgeber die Lohnsteuer gem. 38 Abs. 1 S. 3 EStG nur dann einzubehalten, wenn er weiß (positive Kenntnis) oder erkennen kann, dass derartige Lohnzuwendungen erbracht wurden. Sind Arbeitgeber und das zahlende Versicherungsunternehmen konzernverbundene Unternehmen ( 15 AktG), so unterstellt das Gesetz (widerlegbar) die Kenntnis des Arbeitgebers mit der Rechtsfolge der Lohnsteuerabzugspflicht. Schmidt/Drenseck (Kommentar zum EStG, 28. Auflage 2009, 38 Rn 11, m.w.n.) stehen dieser Vorgehensweise kritisch gegenüber. 12

D. Besteuerung der Beitragsleistungen Beitragsleistungen, die der Lohnsteuer zu unterwerfen sind, werden regelmäßig nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt und stellen damit einen sonstigen Bezug gem. 22 Abs. 1 Nr. 1 EStG dar. Dieser wird in dem Kalenderjahr bezogen, in dem er dem Arbeitnehmer zufließt ( 11 Abs. 1 Satz 3 i.v.m. 38a Abs. 1 Satz 3 EStG). Nach ständiger höchstrichterlicher BFH-Rechtsprechung tritt der Zufluss mit der Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht ein (z.b. BFH-Urteil vom 1.2.2007, VI R 73/04). Ohne eigenen Rechtsanspruch kann der Arbeitnehmer über den durch die Beitragsleistung erlangten Vorteil wirtschaftlich also erst bei Eintritt des Versicherungsfalles und Erhalt der Versicherungsleistung verfügen. Insoweit verhält es sich nicht anders als bei Vorteilen aus Aktienoptionsprogrammen, die erst in dem Zeitpunkt zufließen, in dem die Ansprüche aus den Optionsrechten erfüllt werden. Bei der Versteuerung ist ferner zu prüfen, ob es sich bei den im Zuflusszeitpunkt zu versteuernden Beiträgen oder Leistungen um außerordentlichen Einkünfte gem. 34 EStG handelt. Insoweit bestünde die Möglichkeit, durch die Besteuerung mit einem ermäßigten Steuersatz, Steuervorteile zu erlangen. Gem. 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG zählen zu den außerordentlichen Einkünfte solche nach 24 Nr. 1 EStG, also Entschädigungen für entgangene oder entgehende Einnahmen (s. zuvor). Nach 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG zählen zu den außerordentlichen Einkünften aber auch solche Vergütungen, die für eine mehrjährige Tätigkeit gezahlt werden. Diese liegt dann vor, wenn sie länger als zwölf Monate dauert und sich über wenigstens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt. Auch Wertzuflüsse aufgrund der Ausübung von Optionen (z.b. auf Bezug zu einem bestimmten Kurs) sind grundsätzlich Vergütungen für eine mehrjährige Tätigkeit (vgl. Schmidt/Drenseck, aao, 34 Rn 40). Die Beitragszahlungen bzw. die Beitragsübernahme durch den Arbeitgeber zugunsten seiner Arbeitnehmer sind dementsprechend als Entgelt für eine mehrjährige Tätigkeit zu qualifizieren. 1. Individueller Lohnsteuerabzug Beiträge zu einer Unfallversicherung hat der Arbeitnehmer dann individuell zu versteuern, wenn der Arbeitgeber Versicherungsbeiträge eines Arbeitnehmers u.a. zu dessen privater Unfallversicherung übernimmt oder wenn der Arbeitgeber als Versicherungsnehmer eine umfassende Unfallversicherung auf fremde Rechnung abgeschlossen hat und dem Arbeitnehmer das Recht einräumt, den Versicherungsanspruch selbst unmittelbar gegenüber dem Versicherer geltend zu machen 13

und eine Pauschalbesteuerung nach 40b EStG nicht durchgeführt wurde. 2. Lohnsteuerpauschalierung nach 40b Abs. 3 EStG Beiträge für eine private Unfallversicherung des Arbeitnehmers kann der Arbeitgeber aber pauschal versteuern und die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz von 20% der Beiträge erheben, wenn mehrere Arbeitnehmer gemeinsam in einem Unfallversicherungsvertrag versichert sind (sog. Gruppenunfallversicherung ) und der steuerpflichtige Durchschnittsbeitrag von 62,- im Kalenderjahr nicht überschritten wird. Zur Ermittlung des Durchschnittsbeitrags sind die gesamten Beiträge zu addieren und nach Abzug der Versicherungssteuer durch die Zahl der begünstigten Arbeitnehmer zu teilen. Sollte die Freigrenze von 62,- überschritten werden, ist der steuerpflichtige Durchschnittsbetrag der individuellen Lohnsteuer zu unterwerfen. a) Beispiele Der jährliche Beitrag für zwanzig im Rahmen einer Gruppenunfallversicherung begünstigten Arbeitnehmer, die nur außerberufliche Risiken abdeckt, beträgt 1.000,-. Auf einen Arbeitnehmer fällt folglich ein Teilbetrag von 50,-, so dass der gesamte Betrag ( 1.000,-) pauschalierungsfähig ist. Sachverhalt wie zuvor, nur deckt der Gruppenunfallversicherungsvertrag auch berufliche Risiken sowie Unfälle auf Dienstreisen ab. Ohne Versicherungssteuer beträgt der jährliche Beitrag 1.400,-. Davon sind infolge der pauschalen Aufteilungsregelung 20% als Reisekostenersatz steuerfrei, also 280,- (Alternativer Rechnungsweg: 1.400 / 2 x 40% = 280). Auf einen Arbeitnehmer fällt letztlich ein Teilbetrag von 56,- ( 1.400,- abzgl. 280,- dividiert durch 20 = 56,-), so dass eine Lohnsteuerpauschalierung durch den Arbeitgeber möglich ist. b) Direktversicherung Wie stellt sich die rechtliche Situation dar, wenn der Arbeitgeber für seine Arbeitnehmer eine beitragsbegünstigte Versicherung in Form einer Direktversicherung abschließt? 14

Arbeitgeber X schließt für Arbeitnehmer V eine Direktversicherung bei Unternehmer Z ab, für die er nur Beiträge in Höhe von 30,- statt 100,- zu zahlen hat. Zunächst ist festzuhalten, dass es sich bei den Beiträgen um steuerpflichtigen Arbeitslohn handelt, der gem. 40b EStG pauschal besteuert werden kann. Infolge des begünstigten Versicherungsschutzes ( Rabatt durch Dritte) erhält C jedoch zudem einen geldwerten Vorteil, der im Rahmen der Lohnsteuer nach dem individuellen Steuersatz zu berücksichtigen ist. Der geldwerte Vorteil beläuft sich in diesem Beispiel auf 76,-. Dieses Ergebnis ergibt sich wie folgt: Endpreis 100,- abzgl. 4% 4,- Üblicher Endpreis = 96,- Vereinfachungsregel, LStR 2008 R 8.1 Abs. 2 S. 9, 8 Abs. 2. S. 1 EStG abzgl. Beitragszahlung 30,- pauschale Besteuerung mit 20% ( 40b EStG) Geldwerter Vorteil = 76,- individueller Steuersatz maßgeblich, 40b EStG nicht anwendbar c) Sonderkonstellationen Ist der Arbeitgeber selbst Versicherer und gewährt er seinen Arbeitnehmern verbilligt oder gar unentgeltlich Versicherungsschutz, ist dieser Sachbezug nach 8 Abs. 3 EStG zu bewerten. Dies hat zur Folge, dass der Rabattfreibetrag bis 1.080,- ( 8 Abs. 3 Satz 2 EStG) abgezogen und der Bewertungsabschlag von 4 % ( 8 Abs. 3 Satz 1 a.e. EStG) berücksichtigt werden kann. Räumt ein Versicherer jedoch einem fremden Arbeitnehmer verbilligten Versicherungsschutz ein und hat der Arbeitgeber im Rahmen der Verschaffung dieser Preisvorteile mitgewirkt, können Rabatte von dritter Seite vorliegen, die nach 8 Abs. 2 EStG zu bewerten wären. Berücksichtigung könnte dann die 44,- Freigrenze des 8 Abs. 2 S. 9 EStG, nicht aber der Rabattfreibetrag nach 8 Abs. 3 EStG finden. Die 44,- Freigrenze des 8 Abs. 2 S. 9 EStG findet immer nur dann Anwendung, wenn der Arbeitgeber Sachlohn (nicht Barlohn) zuwendet. 3. Konzernumfassende Gruppenunfallversicherung Die Lohnsteuerpauschalierung nach 40b Abs. 3 EStG ist nicht zulässig, wenn der steuerpflichtige Durchschnittsbeitrag ohne Versicherungsteuer 62,- jährlich übersteigt. In die- 15

sen Fällen ist der steuerpflichtige Durchschnittsbeitrag dem normalen Lohnsteuerabzug zu unterwerfen (s. zuvor). Bei konzernumfassenden Gruppenunfallversicherungen ist der Durchschnittsbeitrag festzustellen, der sich bei Aufteilung der Beitragszahlungen des Arbeitsgebers auf die Zahl seiner begünstigten Arbeitnehmer ergibt. Es ist dabei nicht zulässig, den Durchschnittsbeitrag durch Aufteilung des Konzernbeitrags auf alle Arbeitnehmer des Konzerns zu ermitteln Ein gemeinsamer Unfallversicherungsvertrag i. S. d. 40b Abs. 3 EStG liegt außer bei einer Gruppenversicherung auch dann vor, wenn in einem Rahmenvertrag mit einem oder mehreren Versicherern sowohl die versicherten Personen als auch die versicherten Wagnisse bezeichnet werden und die Einzelheiten in Zusatzvereinbarungen geregelt sind. Ein Rahmenvertrag, der beispielsweise nur den Beitragseinzug und die Beitragsabrechnung regelt, kann nicht als gemeinsamer Unfallversicherungsvertrag bewertet werden (vgl. LStR 2008 R 40b2). 4. Ausschluss der Pauschalierungsmöglichkeit Übersteigt der ermittelte Durchschnittsbeitrag die Freigrenze von 62,- hat der Arbeitgeber die Beiträge bei jedem begünstigten Arbeitnehmer individuell zu versteuern. Sollte aus dem Versicherungsvertrag der auf den einzelnen Arbeitnehmer fallende Beitrag ersichtlich sein, ist dieser Betrag der individuellen Lohnsteuer zu unterwerfen. Ist dagegen nur ein Gesamtbetrag bekannt, ist der Durchschnittsbetrag maßgeblich. Die Versteuerung erfolgt regelmäßig nicht als laufender Arbeitslohn, sondern als sonstiger Bezug. Von einem sonstigen Bezug ist die Lohnsteuer stets in dem Zeitpunkt einzubehalten, in dem er zufließt (s. zuvor). Zur Lohnsteuerermittlung sind die auf der Lohnsteuerkarte eingetragenen Merkmale heranzuziehen, die für den Tag des Zuflusses gelten. E. Sozialversicherung Soweit Beträge des Arbeitgebers zu einer Unfallversicherung des Arbeitnehmers steuerpflichtigen Arbeitslohn darstellen und dementsprechend zu versteuern sind, unterliegen sie auch der Sozialversicherungspflicht (vgl. Besprechungsergebnis der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger vom 30./31.5.2000, ab Seite 29). Etwas anderes gilt, wenn der Arbeitgeber die Lohnsteuer gem. 40b Abs. 3 EStG pauschal mit 20% erhoben hat. Nach 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SvEV werden Beiträge dann nicht dem Arbeitsentgelt zugerechnet, wenn sie zusätzlich zum diesem gewährt werden und eine Barlohn/Entgeltumwandlung nicht vorliegt. 16

Liegt in der Beitragszahlung kein steuerpflichtiger Arbeitslohn so fallen auch keine Beiträge zur Sozialversicherung an (vgl. Besprechungsergebnis, aao). 17