Die neue Normalität und ihre Konsequenzen Thomas Mayer Gründungsdirektor Flossbach von Storch Research Institute www.fvs-ri.com
Agenda Ökonomisches Umfeld Kapitalmarktumfeld Folgen für die Anlagestrategie Seite 2
Ökonomisches Umfeld Seite 3
Die neue Normalität Nach dem Platzen der Kreditblase in den Jahren 2008-2009 folgte dem vorangegangenen Aufschwung der Abschwung im Kreditzyklus. Während im Aufschwung steigende Verschuldung hohes und scheinbar stabiles Wachstum über einen langen Zeitraum ermöglichte, kehren sich im Abschwung alle Vorzeichen um: Der notwendige Abbau der Überschuldung vollzieht sich in krisenhaften Schüben, so dass nun das Wachstum der Wirtschaft instabil und im Durchschnitt schwach ist. Erholungsphasen sind zu kurz und kraftlos als dass die Zinsen stark ansteigen könnten. Daher verharren im Abschwung des Kreditzyklus die Zinsen für lange Zeit auf sehr niedrigem Niveau. Zentralbanken erzeugen finanzielle Repression (steigende Inflation bei niedrigen Zinsen). Seite 4
Kredit-Boom-Bust-Zyklus BIP Marktzins = natürlicher Zins Marktzins < natürlicher Zins Investmentbust Entschuldung t Seite 5
Regionale Besonderheiten Die USA haben den Prozess des De-leveraging früher und energischer begonnen als andere Länder. Aus diesem Grund sind sie früher als andere auf einen Pfad moderaten Wachstums zurückgekehrt. China versucht, seine Kredit- und Investitionsblase kontrolliert zu deflationieren. Gleichzeitig soll der Finanzsektor schrittweise liberalisiert werden. Wir sind vorsichtig optimistisch, dass der Umbau der chinesischen Wirtschaft gelingt. Euroland hat Anpassung und De-leveraging zeitlich hinausgezogen. Länder der Peripherie sind weiter als Länder im Kern. Strukturelle Rigiditäten behindern die Anpassung und halten das Wachstum auch auf mittlere Sicht schwach. Japan macht mit Abenomics einen verzweifelten Versuch, der Stagnation zu entkommen. Demografie und strukturelle Verkrustung sind im Weg. Am Ende könnte Stagflation und ein Verfall der Währung stehen. Seite 6
Der Kredit- und Schuldenzyklus in den G7-Ländern (gesamte Verschuldung) 650 600 550 500 450 400 350 300 250 200 % of GDP Quelle: Haver Analytics euro area US UK Japan Seite 7
Der Kredit- und Schuldenzyklus im Euroland (gesamte Verschuldung) 550 500 450 % of GDP 400 350 300 250 200 150 100 Quelle: Haver Analytics France Italy Spain Germany Seite 8
Schwacher Aufschwung mit Schwankungen Purchasing Managers Indices global, in Industrie- und Schwellenländern 60 58 56 54 52 50 48 Quelle: Haver Analytics Global EM DM Seite 9
Schwacher Aufschwung mit Schwankungen Purchasing Managers Indices in den großen Vier 65 60 55 50 45 40 35 Quelle: Haver Analytics China euro area Japan US Seite 10
Die Zukunft des Euro Der Euro war im Maastrichtvertrag als Warengeld konzipiert. Im Zuge des Krisenmanagements wurde er zum Staatsgeld umgebaut. Zur Stabilisierung des Euro als Staatsgeld wurde ein Euro-Schattenstaat aufgebaut. Dieser erweist sich jedoch als Papiertiger: Weder Länder an der Peripherie noch im Kern respektieren die Regeln. Als Staatsgeld ohne Staat kann der Euro nicht überleben. Die Frage ist nicht ob, sondern wann die EWU zerbricht. Der Niedergang der Einheitswährung kann lange dauern. Während des Siechtums des Euro bleibt das Wachstum im Euroraum schwach, die Zinsen besonders niedrig, und der Euro wertet gegenüber anderen Währungen ab. Seite 11
Der Euro ist in der Kreditgeldordnung als Einheitswährung ohne Staat nicht lebensfähig Ein instabiler Schattenstaat für den Euro Stabilitätspakt Fiskalpakt Überwachung, Geldstrafen Haushaltsdisziplin Überwachung, Geldstrafen OMT Anpassungsfinanzierung Anpassungsfinanzierung Preisstabilität EZB ESRB ESM ESFS, SRM Finanzmarktstabilität Überwachung, Kreditgeber der letzten Instanz Sechserpack/ Zweierpack Euro-Plus Pakt Überwachung, Geldstrafen Wirtschaftliche Flexibilität (und Wachstum) Seite 12
Von der Finanzkrise zur Geldkrise Die Finanzkrise wurde durch das Platzen der Kreditblase ausgelöst. Dieses Ereignis markierte den Wendepunkt im Kreditzyklus. Im Zuge der Finanzkrise haben die Zentralbanken schlechten Kredit monetisiert. Weiterhin haben sie mit ihrer Politik der niedrigen Zinsen und quantitativen Lockerung die Steuerungsfunktion des Kapitalmarkts außer Kraft gesetzt. Neue schlechte Kredite sind die Folge. Durch finanzielle Repression soll die reale Last alter und neuer Schulden, die nicht mehr zurückgezahlt werden können, verringert werden. Im Endeffekt wird die Schuld monetisiert. Monetisierung ist möglich, solange niedrige Inflation den Glauben an die Werthaltigkeit des Geldes stützt. Inflation ist aber nötig, um die reale Schuldenlast zu verringern. Inflation untergräbt den Glauben an die Werthaltigkeit des Geldes. Logische Folgerung: Nach der Finanzkrise kommt die Geldkrise Seite 13
Kapitalmarktumfeld Seite 14
Gründe für den Zinsverfall Es wird behauptet, dass der Zins durch eine globale Ersparnisschwemme nach unten gedrückt wird. Wenn dies so wäre, dann müssten die globalen Spar- und Investitionsquoten steigen und viele wenig rentierliche Investitionen finanziert werden. Tatsächlich stieg die globale Sparquote 2009-14 nur auf ihr Niveau vor der Krise und die Sparquoten der Haushalte in vielen Industrieländer fielen. Es ist deshalb plausibler, dass die großen Zentralbanken für den globalen Zinsrückgang verantwortlich sind. Je länger der Zins tief gehalten wird, desto mehr kommt es zu Fehlallokation von Kapital und desto schmerzhafter wird die Korrektur. Seite 15
Weltersparnis Strukturelle Sparschwemme oder Kreditzyklus? 25.5 25.0 % des BIP 24.5 24.0 23.5 23.0 22.5 22.0 21.5 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 Quelle: IMF, World Economic Outlook Seite 16
Zeitweise Negativrenditen bis zu einer Laufzeit von 8 Jahren Renditeverfall bei Bundesanleihen Rendite 2.0% 1. Januar 2014 1.5% 1.0% 0.5% 0.0% 01. 17. April 2015-0.5% 3M 6M 1Y 3Y 5Y 7Y 10Y Laufzeit in Jahren Quelle: Thomson Reuters, Flossbach von Storch, Stand: 18. Mai 2015 Seite 17
und steigender Bewertungen Ertragsmultiplikatoren für unterschiedliche Zinsen und Risikoprämien Risikoprämie 1% 2% 3% 4% 5% Zins 5% 16,7 14,3 12,5 11,1 10,0 4% 20,0 16,7 14,3 12,5 11,1 3% 25,0 20,0 16,7 14,3 12,5 2% 33,3 25,0 20,0 16,7 14,3 1% 50,0 33,3 25,0 20,0 16,7 Seite 18
Zins und Bewertung (unendliche/lange Laufzeit) 1. Aktien: P = D / (k g), wobei P=Preise, D=Dividende, k=zins (einschl. Risikoprämie), g=gewinnwachstum P steigt, wenn k stärker fällt als g 2. Immobilien: P = M / (k g), wobei P = Preise, M = Miete, k = Zins, g = Wachstum der Miete P steigt, wenn k stärker fällt als g 3. Renten P = C / k, wobei P = Preis, C= Coupon, k=zins P steigt wenn k fällt 4. AL-Lücke: GW(A) = a n / (1 + g) n, GW(L) = l n / (1 + k) n, wobei a = Ertrag der Assets und l = Kosten der Liabilities GW(A) GW(L) fällt wenn k fällt Seite 19
Bewertungsausweitung Kurs- und Gewinnentwicklung der DAX-Unternehmen 13,000 1300 DAX-Performance (linke Skala) 11,000 9,000 Bewertungsausweitung 1100 900 für die nächsten 12 Monate erwarteten Unternehmensgewinne, 1/1/1998=100 (rechte Skala) 7,000 700 5,000 500 3,000 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 300 Quelle: Thomson Reuters, Flossbach von Storch, Stand: 18. Mai 2015 Seite 20
Bewertung Aktien (KGV) und Anleihen (KRV) Aktien bleiben vergleichsweise billig KGV 55x 45x Barclays US Corporate Bonds Aa KRV S&P 500 12M Forward KGV Anlagenotstand in der Zentralbankgeldwirtschaft 35x 25x Aktieneuphorie 15x 5x 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 Quelle: Thomson Reuters, Barclays, Flossbach von Storch, Stand: 31. Dezember 2014 Seite 21
Logarithmische Skalierung Langfristig liegen Aktien vorn Total Nominal Return Indices USA, 1802 bis 2012 $100,000,000 $10,000,000 1. Von Agrar zu Industrie 2. Weg zur Weltmacht 3. Weltwirtschaftskrise & Nachkriegsexpansion US Aktien $ 13,48 mio $1,000,000 $100,000 $10,000 US Anleihen $ 33.922 $1,000 $100 $10 $1 Gold US CPI $ 86,40 $ 19,11 $0 1802 1812 1822 1832 1842 1852 1862 1872 1882 1892 1902 1912 1922 1932 1942 1952 1962 1972 1982 1992 2002 2012 Quelle: Stocks for the Long Run (Jeremy Siegel), Stand: Dezember 2012 Seite 22
Logarithmische Skalierung und das nicht nur in den USA DAX vs. REXP vs. Gold, 1954 2014 1,000 100 10 DAX Performance Index REXP Goldpreis in CPI 125,63 (12.463 % = 8,4 % p.a.) 43,06 (4.206 % = 6,5 % p.a.) 12,95 (1.195 % = 4,4 % p.a.) 4,77 (377 % = 2,7 % p.a.) 1 1954 1962 1970 1978 1986 1994 2002 2010 0 Quelle: Thomson Reuters, Flossbach von Storch, Stand Januar 2015. Vgl. Stehle/Huber/Maier (1996) für die Rückberechnung des DAX für die Jahre 1955 bis 1987. Seite 23
Wahrscheinlichkeit einer Überrendite von DAX gegenüber REXP Nach Haltedauer 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 84 % 71 % 57 % 53 % 52 % 1 Jahr 5 Jahre 10 Jahre 20 Jahre 30 Jahre Quelle: Thomson Reuters, Flossbach von Storch, Stand Januar 2015 Seite 24
DAX-Renditen Nach Haltedauer 100% 80% 60% 40% 20% 0% -20% -40% -60% 85 % 34 % 27 % 12 % 9 % 11 % 8 % 16 % 15 % 8 % 9 % 11 % 5 % 1 % 3 % 5 % 1 % -2 % -9 % -44 % 1 Jahr 5 Jahre 10 Jahre 20 Jahre 30 Jahre Mittelwert Minimum Maximum Standardabweichung Quelle: Thomson Reuters, Flossbach von Storch, Stand Januar 2015 Seite 25
USA liegt vor Deutschland S&P500 versus DAX seit 1973 9000 8000 7000 6000 5000 S&P 500 TR 10,7 % p.a. DAX -Performance Index 7,4 % p.a. 4000 3000 2000 1000 0 1973 1978 1983 1988 1993 1998 2003 2008 2013 Quelle: Thomson Reuters, Flossbach von Storch, Stand Seite 26
Gibt es in den USA höhere Qualität? Beispiel: Coca-Cola USD USD EPS (Gewinn pro Aktie) 2.50 50.00 Dividende pro Aktie 2.25 45.00 Kurs (rechte Skala) 2.00 1.75 1.50 1.25 1.00 0.75 0.50 0.25 0.00 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014E 40.00 35.00 30.00 25.00 20.00 15.00 10.00 5.00 0.00 Quelle: Bloomberg, Flossbach von Storch, Stand: 05. Januar 2015 Seite 27
Chance oder Risiko in China? 2,500 2,000 1,500 1,000 500 Hang Seng 12,9 % p.a. S&P 500 9,6 % p.a. FTSE 100 8,1 % p.a. DAX -Performance Index 7,6 % p.a. CAC 40 6,9 % p.a. 0 1990 1994 1998 2002 2006 2010 2014 Quelle: Thomson Reuters, Flossbach von Storch, Stand März 2015 Seite 28
Wahrscheinlichkeit für einen absoluten Verlust Anlage in S&P 500, DAX, FTSE 100, CAC 40 und Hang Seng (1990-2014) 35% 30% 25% 20% 15% 10% S&P 500 DAX -Performance Index FTSE 100 CAC 40 Hang Seng 5% 0% 1 Jahr 5 Jahre 10 Jahre 11 Jahre 12 Jahre 13 Jahre Quelle: Thomson Reuters, Flossbach von Storch, Stand März 2015 Seite 29
Sayonara? Kursindizes, Logarithmische Skalierung 1000 100 10 Hang Seng 9,5 % p.a. S&P 500 8,1 % p.a. DAX Kursindex 6,6 % p.a. CAC 40 6,1 % p.a. FTSE 100 5,3 % p.a. NIKKEI 225-0,3 % p.a. Quelle: Thomson Reuters, Flossbach von Storch, Stand Seite 30
Die Zeitbombe der Betriebspensionen Veränderung der leistungsorientierten Pensionsverpflichtungen (DBO) und Effekt auf das Eigenkapital (EK) bei einem Fall des Rechnungszinses von 3,7% auf 1,7% für DAX Unternehmen auf der Basis von Daten für 2014 Anzahl von Unternehmen und Veränderung der DBO 19 Anzahl von Unternehmen und Veränderung des EK 12 21 18 7 8 1 3 4 3 3 1 10% bis 15% 15% bis 20% 20% bis 25% 25% bis 30% 30% bis 40% > 40% 0% bis - 5% -5% bis - 10% -10% bis -15% -15 bis - 20% -20 bis - 50% > -50% Quelle: Thomson Reuters, Flossbach von Storch Seite 31
Die wichtigsten Herausforderungen Abschwung im Kreditzyklus zwingt zur Entschuldung, die das Wachstum dämpft und destabilisiert Die EWU und der Euro gehen durch ein langfristiges Siechtum Die Manipulation der Zinsen durch die Zentralbanken wird zu irrationalen Bewertungen realer Vermögenswerte führen Null- oder Negativzinsen führen zu einer Explosion der Pensionsverpflichtungen Seite 32
Folgen für die Anlagestrategie Seite 33
Was ist Risiko? In der Theorie: Volatilität In der Praxis: Verlust, der innerhalb des Anlagehorizonts nicht mehr aufgeholt werden kann Praktisches Risikomanagement: Haltedauer Qualität des Investments Diversifizierung idiosynkratischer Risiken Seite 34
Wahrscheinliche, mittelfristige Trends Aktien schlagen Anleihen (Gewinnmultiplikator expandiert) Rohstoffpreise bleiben schwach (wachstumsbedingt) Goldpreis (in USD) erholt sich (put option auf Fiat-Geld) Euro wird schwächer, insbesondere gegen USD (Konjunktur und Eurokrise) Chinesische Aktien sind kurzfristig enorm volatil, profitieren langfristig (Weiche Landung und Liberalisierung des Finanzsektors) Seite 35
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