Sprachlich-kulturelle

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Transkript:

Sprachlich-kulturelle Auslösung von Konflikten Tobias Schröder, FU Berlin Interdisziplinäres Wolfgang-Köhler-Zentrum zur Erforschung von Konflikten in intelligenten Systemen - Workshop Soziale Konflikte Erkner, 22.-23. Januar 2010

Überblick Kernthese: Emotionale Folgen sprachlicher Situationsdeutungen lassen Konflikte entstehen bzw. halten sie aufrecht. 1. Die Affect Control Theory (Heise, 1979, 2007) 2. Arten von Konflikten im Rahmen der ACT 3. Demonstration: Computersimulation beispielhafter Konfliktverläufe 4. Fazit 2

Theoretische Wurzeln der ACT: Balancetheorie von Heider (1946) Abstrakte Kunst Abstrakte Kunst + - + + Peter + Gabi Peter + Gabi 3

Erste Modifikation: Satzstruktur als kognitive Triade Grundgrammatik (Subjekt Verb Objekt) Eine Mutter spielt mit einem Kind (balanciert: S+V+O+) Eine Mutter schlägt ein Kind (unbalanciert: S+V O+) 4

Zweite Modifikation: 3 Affektdimensionen statt 1 Einstellungsdimension Semantisches Differenzial: Begriffe rufen Gefühle (affektive Bedeutung) hervor, die auf drei universalen Dimensionen messbar sind (Osgood et al., 1957): Evaluation: angenehm vs. unangenehm Potenz: schwach vs. stark Aktivierung: ruhig vs. erregt Diese Basisdimensionen sozialer Interaktion (Scholl, 2009) finden sich wieder in Sprache, Emotionen, Persönlichkeit, Körpersprache etc. 5

Die Affect Control Theory (Heise, 1979; 2007; MacKinnon, 1994; Smith-Lovin & Heise, 1988) Sprachliche Deutung sozialer Situationen Motor der sozialen Interaktion: durch emotional passende Handlungen Konsistenz der affektiven Repräsentation herstellen Dualität sozialer Interaktion Biologische Grundlage: EPA Emotionen Kulturelle Grundlage: Symbolsystem Sprache 6

Mathematische Formalisierung und Computersimulation Kulturspezifische mathematische Modelle der sozialen Interaktion (z.b. Schröder, in press) Bausteine : Affektives Lexikon: 1.000-2.000 Wörter einer Sprache (Soziale Rollen, Handlungen, Emotionen, Traits), von Vpn auf den Basis- Emotionsdimensionen bewertet (EPA). Eindrucksbildungsgleichungen (modellieren die Veränderung affektiver Bedeutung infolge sozialer Handlungen), empirisch anhand der Bewertung von Beispielsätzen ermittelt. 7

Beispiel Eine Mutter spielt mit einem Kind. (3,4 / 1,8 / 0,9) eine Mutter (2,9 / 1,5 / 0,6) E P A 8

Deflektion: Maß für affektive Dissonanz Eine Mutter schlägt ein Kind. (-1.0 / 3.5 / 2.2) eine Mutter (2,9 / 1,5 / 0,6) E P + + A 9

Interact: Simulation sozialer Interaktion (Heise, 1997; deutsch: Schröder & Heise, 2008) 10

Demonstration: Verschiedene Konflikt- Dynamiken im Rahmen der ACT Grundannahme: Konfliktdynamik unterliegt den gleichen Konsistenzmechanismen wie jede andere Interaktion auch. 1. Interpersonaler Rollenkonflikt 2. Intrapersonaler Rollenkonflikt 3. In der Rolle angelegter Konflikt 4. Interkultureller Konflikt 11

(1) Interpersonaler Rollenkonflikt Konfliktauslöser: Beteiligte Personen haben unterschiedliche Deutungen der interpersonalen Situation. Beispiel: Junger Kollege stößt auf alten Hasen. 12

Tobias Schröder Humboldt-Universität zu Berlin 13

(2) Intrapersonaler Rollenkonflikt Konfliktauslöser: Eine Person muss simultan verschiedenen Rollen- Identitäten gerecht werden. Beispiel: Beruf vs. Familie 14

Tobias Schröder Humboldt-Universität zu Berlin 15

(3) In der Rolle angelegter Konflikt Konfliktauslöser: Konfliktbehaftete Handlungen sind für eine spezifische Akteurskonstellation affektiv konsistent. Beispiel: Wissenschaft vs. Wirtschaft 16

Tobias Schröder Humboldt-Universität zu Berlin 17

Tobias Schröder Humboldt-Universität zu Berlin 18

(4) Interkultureller Konflikt Konfliktauslöser: Unterschiedlicher kultureller Hintergrund der Interagierenden, deswegen verschiedene affektive Bedeutung der gleichen Situation. Beispiel: Multinationales Unternehmen 19

Interaktion Manager mit Mitarbeiter (Schneider, 2002; Schneider & Schröder, in Vorb.) Unterschiedliche Machtdistanz: USA: Manager E=0.98, P=1.57, A=1.34 Deutschland: E=-1.48, P=2.37, A=1.69 Manager weist Mitarbeiter zurecht - Deflektion(US)=1.3 vs. (DE)=4.4 - Erwartete Reaktion (US)=analysieren, ansprechen, gestehen, sich entschuldigen vs. (DE)=anmachen, kritisieren 20

Fazit Konflikte als Folge von interpersonalen Situationsdeutungen Emotion als Berührungspunkt zwischen sozialem und biologischem System Konfliktdynamik entsteht aus Wechselspiel zwischen Regulation des intrapersonalen und des interpersonalen Systems Praxisrelevanz: manche Konflikt lassen sich nicht lösen, ohne veränderte Situationsdeutungen zu erreichen. 21

Literatur zur Affect Control Theory Kurzer, aktueller Überblick: Schröder, T. (2009). Affect Control Theory. In W. Scholl (Ed.). Interact Communicate A wiki on social interaction and communication. Available online: http://www.socialinteractionresearch.com Ausführlichere Reviews: Heise, D. R. (2007). Expressive order: Confirming sentiments in social action. New York: Springer. Robinson, D. T. & Smith-Lovin, L. (2006). Affect Control Theory. In P. Burke (Ed.). Contemporary social psychological theories (pp. 137-164). Stanford: Stanford University Press. Internetressourcen (incl. Datensätze, Software): Englisch: http://www.indiana.edu/~socpsy/act/index.htm: Ausführliche, von David Heise auf dem aktuellen Stand gehaltene Theoriedarstellung sowie Literatursammlung. Deutsch: http://www.tschroeder.eu/index_act.html 22

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit! Tobias Schröder Freie Universität Berlin Kontakt: mail@tschroeder.eu INTERACT-Software und weiteres Material verfügbar unter: www.tschroeder.eu/computersimulation