Übungen XVII: Auswahlprobleme und Startfinanzierung



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Transkript:

Übungen XVII: Auswahlprobleme und Startfinanzierung Christian Keuschnigg Universität St.Gallen, FGN Dezember 2004 Exercise 1 Angenommen die unternehmerische Fähigkeit a ist in der Bevölkerung wie in (17.2) verteilt. (a) Wenn alle Individuen mit a > die Selbständigkeit wählen und sich alle anderen für eine lohnabhängige Beschäftigung entscheiden, wie gross ist dann der Anteil und die Masse der Unternehmer bzw. der Arbeitnehmer in der Bevölkerung? (b) Schreiben Sie für (17.1) und (17.2) die durchschnittliche Erfolgswahrscheinlichkeit p () für das Intervall [, 1] an. (c) Berechnen Sie die Ableitung der durchschnittlichen Erfolgswahrscheinlichkeit p () nach und zeigen Sie p 0 () > 0. Lösung: (a) Nachdem jede Fähigkeit mit der Dichte g (a) =1vertreten ist und alle a < sich für die lohnabhängige Beschäftigung entscheiden, beträgt der Anteil der Arbeitnehmer G (a) = R g (a) da = und jener der Unternehmer R 1 g (a) da =1 G () =1. 0 Nachdem die Bevölkerungsgrösse auf eins normiert ist, ist der Anteil auch gleich der Masse der Unternehmer, 1, bzw. Arbeitnehmer,. (b) Die Fähigkeit a ist mit der Dichte g (a) in der Gesamtbevölkerung vertreten. Das Intervall [, 1] hat die Masse 1 G () =1. Bezogen auf dieses Intervall hat die Institut für Nationalökonomie, Varnbüelstrasse 19, CH-9000 St.Gallen. 1

Fähigkeit a einen Anteil g (a) / [1 G ()] = 1/ (1 ). Die durchschnittliche Erfolgswahrscheinlichkeit beträgt daher p () = Z 1 p (a) g (a) 1 G () da = 1 Z 1 1 p (a) da. (i) (c) Wir bilden die Ableitung in (i) und verwenden dabei die Leibnitz-Regel, d p () d = 1 (1 ) 2 Z 1 p (a) da + 1 p () p () [ p ()] = > 0. (ii) 1 1 Die Ableitung (ii) ist positiv. Wegen p 0 (a) > 0 nimmt p im Intervall [, 1] zu, so dass der Durchschnittswert zwangsläufig innerhalb des Intervalls liegen muss und die Ungleichung p () < p () <p(1) erfüllt. Dies beweist die positive Ableitung. Exercise 2 Bei Anteilsfinanzierung erwirbt die Bank einen Gewinnanteil 1 σ, ausdes- sen Ertrag sie die Finanzierungskosten RB deckt. Dem Unternehmer verbleibt ein restlicher Anteil σ. Gehen Sie nun von einem unbesteuerten Gleichgewicht D, aus, wie es durch (17.6) und (17.10) gegeben ist. (a) Zeigen Sie, dass die Unternehmer indifferent zwischen Kredit- und Anteilsfinanzierung sind. (b) Zeigen Sie, dass es auch bei Anteilsfinanzierung zu Überinvestition kommt. Lösung: (a) Ohne Steuern lauten die Gleichgewichtsbedingung (17.6) und (17.10) bei Fremdfinanzierung p () D = RI für die Bank, p ()(V D) = w für den kritischen Unternehmer und p (a)(v D) >wfür bessere Projekte mit a>. Im Falle der Anteilsfinanzierung sind die Nullgewinnbedingungen (1 σ) p () V = RI, σp () V = w, a > σp (a) V>w. (i) Es seien nun, p, D wie im Kreditgleichgewicht fixiert. Die Bank muss in beiden Fällen, ob Kredit- oder Anteilsfinanzierung, die Gewinnschwelle schafft. Sie muss also den zu erwerbenden Eigenkapitalanteil wie folgt wählen: (1 σ) pv = RI = pd. DerAnteil genügt daher der Bedingung (1 σ) V = D. Daraus ergibt sich, dass der Unternehmer einen Gewinnanteil σ behält,derihmimerfolgsfalldieselbe Auszahlung sichert wie bei 2

Fremdfinanzierung, d.h. V D = σv. Daher ist der kritische Unternehmer auch bei Anteilsfinanzierung indifferent zwischen Beschäftigung und Selbständigkeit, wenn er es bei Kreditfinanzierung war: p ()(V D) =w = p () Vσ. Aus demselben Grund (d.h. wegen V D = σv ) erzielen die Unternehmer mit besseren Projekten a> auch bei Anteilsfinanzierung dieselbe Rente wie bei Kreditfinanzierung: p (a)(v D) =p (a) Vσ > w. Daher sind sowohl Banken als auch alle Typen von Unternehmern indifferent zwischen Kredit- und Anteilsfinanzierung. (b) Auch bei Anteilsfinanzierung beträgt der gemeinsame Überschuss S (a) =p (a) V RI w, so dass die Wohlfahrtsfunktion wieder gleich (17.13) ist und wir dieselbe Bedingung (17.14) für a erhalten. In Teil (a) haben wir gezeigt, dass das Gleichgewicht bei Kreditfinanzierung nicht verändert wird, wenn wir zur Anteilsfinanzierung mit (1 σ) V = D wechseln. Nachdem das Gleichgewicht unverändert bei <a bleibt, ändert sich auch an der Überinvestition nichts. Bemerkung: Die Indifferenz zwischen Kredit- und Anteilsfinanzierung nach Teil (a) gilt nur im vorliegenden, vereinfachten Modell, wo im Bankrottfall überhaupt kein Ertrag erzielt wird, V =0. De Meza und Webb (1987) zeigen, dass Kreditfinanzierung strikt bevorzugt wird, wenn im ungünstigen Fall noch ein positiver Ertrag erwirtschaftet wird. Exercise 3 Zeigen Sie, dass im Fall von (17.17) mit einer einfachen Eigenkapitalfinanzierung und wettbewerblichen Banken ein effizientes Marktgleichgewicht erreicht werden kann. Anstatt einer fixen Rückzahlung D erwirbt die Bank einen Eigenkapitalanteil von 1 σ (einheitlich für alle Projekte), so dass einem Unternehmer noch eine Gewinnbeteiligung von σ verbleibt. Man beachte, dass alle Projekte denselben Output erzielen, d.h. p (a) V (a) =pv istkonstantfürallea. Führen Sie, falls notwendig, eine NachfragefunktionfürdenaggregiertenOutputQ = pv E ein, wobei pv die Outputmenge pro Projekt ist und E die Masse der Unternehmer (bzw. der realisierten Projekte) darstellt. Der Preis q (Q) fällt mit der aggregierten Angebotsmenge, q 0 (Q) < 0. 3

Lösung: Zunächst ist analog zu (17.4) zu bestimmen, wie der gemeinsame Überschuss aus einem Projekt auf Unternehmer und Bank aufgeteilt wird. Unter Berücksichtigung des Preises q, den alle Parteien als gegeben betrachten, beträgt der erwartete Projektwert pv q und ist gemäss (17.17) für alle Qualitäten a identisch. Im Falle der Eigenkapitalfinanzierung erzielt der Unternehmer einen erwarteten Gewinn π = σpvq. Unter Berücksichtigung der Opportunitätskosten beträgt sein Überschuss S E = σ pv q w, S B = (1 σ) pv q RI, S = S E + S B = pv q RI w. (i) Nachdem die Banken die individuellen Projektqualitäten nicht kennen, können sie nur einen einheitlichen Eigenkapitalanteil erwerben. Ein typspezifischer Anteil wäre allerdings auch nicht notwendig, weil nach (i) bzw. wegen (17.17) alle Projekte denselben Erwartungswert aufweisen. Die Banken müssen jeweils denselben Betrag B = I finanzieren, werden sich aber im Wettbewerb mit dem geringstmöglichen Gewinnanteil begnügen müssen, der gerade noch die Gewinnschwelle zu erreichen erlaubt. Mit anderen Worten, sie bieten 1 σ solange hinunter bzw. den Unternehmeranteil σ hinauf, bis S B =0gilt. Indem wir aus dieser Bedingung RI =(1 σ) pv q in S E einsetzen, erhalten wir S E = pv q RI w = S, (ii) Die Unternehmer können sich also den gesamten Überschuss aneignen. Solange dieser Überschuss positiv ist, werden noch weitere Unternehmer eintreten, so dass das Marktangebot Q = pv E mit E immer mehr zunimmt und damit der Preis q (Q) fällt. 1 Mit diesem Preisverfall sinkt auch der erwartete Unternehmenswert pv q, bis schliesslich in (ii) die Nullgewinnbedingung S E =0erreicht ist und der Marktzutritt aufhört. Im Gleichgewicht berechnen wir also nach (ii) den Preis q derart, dass S E =0ist, und lesen dann auf der Nachfragekurve q (pv E) die Anzahl der Unternehmer ab. 1 Nachdem alle Projekte unabhängig vom Typ a denselben Erwartungswert pv haben, kommt es nicht mehr darauf an, welche Unternehmer sich für die Startinvestition entscheiden. Im Gleichgewicht sind alle indifferent zwischen lohnabhängiger Karriere und Selbständigkeit, so dass die Auswahl zufällig erfolgt. 4

Nachdem die Banken im Wettbewerb keine Gewinne erzielen, können sich die Unternehmer den gesamten Überschuss aneignen, d.h. S E = S wie in (ii). Nachdem im Marktgleichgewicht mit freiem Zutritt der gemeinsame Überschuss eines weiteren Projektes Null ist, kann die soziale Wohlfahrt durch Marktzutritt oder Austritt nicht mehr weiter gesteigert werden. Die Allokation ist effizient. 5