Objektivierung vorsprachlicher Entwicklung nach früher cochleärer Implantation im Vergleich zum normalhörigen Kleinkind und ihre Bedeutung für den Rehabilitationsprozess Neckarsulm, 26.09.2008 Lang, S., Leistner, S., Kröger, B. Dr. phil. P. Sandrieser Prof. Dr. J. Maurer Zentrum für Hören und Kommunikation Sep-08 Rudolf-Virchow-Str. 7 56073 Koblenz Telefon (02 61) 4 96-3643 www.kk-koblenz.de p.sandrieser@kk-koblenz.de
Der Begriff vorsprachliche Entwicklung umfasst die Entwicklung von Vokalisationen, die Säuglinge auf dem Weg hin zum Äußern der ersten sinntragenden Wörter durchlaufen. Im Allgemeinen: Schreiperiode (1. Lebensmonat) Gurrperiode (1.- 4. Lebensmonat) Erste Lallperiode (4.- 6. Lebensmonat) Zweite Lallperiode (6.- 9. Lebensmonat) In der Fachliteratur: Vorsprachliche Entwicklung als hierarchisch gegliederte, sich zeitlich überlappende Stufen 2
Frage, wie implantierte Kinder die vorsprachliche Phase durchlaufen in derzeitiger Literatur wenig beantwortet Die vorsprachliche phonetische Entwicklung jedoch von besonderem Interesse! Veränderungen vorsprachlicher Vokalisationsformen können den Beginn des Hörspracherwerbs anzeigen Die Untersuchung früher Vokalisationen ermöglicht das Erfassen von Fort-/ Rückschritten u.a. zur Unterstützung bei der Feineinstellung des Sprachprozessors Eltern warten oft auf die ersten messbaren Erfolge 3
Fragestellung Wie entwickelt sich die Sprache eines früh implantierten Kindes innerhalb seiner ersten 12 Monate mit Hörerfahrung? Ist das Stark Assessment of Early Vocal Development Revised (SAEVD-R) ein sinnvolles Instrument zur Erfassung der vorsprachlichen phonetischen Entwicklung? 4
Probandinnen Annika geboren: Januar 2006 drittes Kind hochgradige Hörstörung Keine Entwicklungsauffälligkeiten Hauptbezugsperson: Mutter Implantation: Oktober 2006 Anpassung: November 2006 Bilaterale Versorgung mit CI RE 24 der Firma Cochlear Johanna geboren: November 2006 Erstes Kind Normakusis (Keine Entwicklungsauffälligkeiten) Hauptbezugsperson: Mutter 5
Erhebung der Daten: Durchführung monatlicher Videoaufnahmen mit jeweils 50-60 Minuten natürlichen Spielsituationen zwischen Mutter und Kind Vorbereitung der Daten: Auswahl von je zwei 10-minütigen Aufnahmesequenzen je Aufnahmemonat Vorbereitung des Datenmaterials durch Unterteilen der Sequenzen in insgesamt 100 Äußerungen je Aufnahmemonat Technische Hilfsmittel: Camcorder, Mikrophon, Video-Bearbeitungs-Software, Kopfhörer 6
SAEVD-R 7
Kodierung (SAEVD-R) Zunächst: Training des Kodierens mit ca. 500 Äußerungen eines Übungs-Kindes Dann: auditive Analyse der insgesamt 1300 Äußerungen und Vergabe der im Untersuchungsverfahren vorgeschlagenen Vokalisationskategorien Transkription (IPA) aller Erwachsenenvokale und -konsonanten (V,V2, CV, CB, WP, CV-C, CVCV, CMPX, JN, DIP) 8
Analyse Interrater- und Intrarater-Übereinstimmungen Vokalisationsarten und Entwicklungslevel Analyse der Verteilung der verschiedenen Vokalisationsarten je Monat Analyse der Verteilung der Entwicklungs-Level je Monat Vokale und Konsonanten Analyse der Vokale/ Konsonanten bezüglich ihres ersten Auftretens ihrer Häufigkeit pro Monat Artikulationsort und Artikulationsart 9
Reliabilitätsprüfung Interrater-Übereinstimmung Kappa-Werte: 0.51-0.69 akzeptabel bis gut Inter Annika 10
Intrarater-Übereinstimmung Kappa-Werte: 0.61-0.83 => gut bis sehr gut Intrarater-Reliabilität (Kodierung) 0,9 0,8 0,7 0,6 Kappa 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 Intra Annika 0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 (Hör-) Alter (in Monaten) 11
Ergebnisse Hörmonate 1-6: wenig Veränderung zum Entwicklungsstand vor der EA Hörmonate 7-12: Abnahme von L1 und L2 Zunahme von L3, L4 und L5 Level 1 Level 2 Level 3 Level 4 Level 5 12
Ergebnise Level 1 (A) Level 2 (A) Level 3 (A) Level 4 (A) Level 5 (A) Level 1 (J) Level 2 (J) Level 3 (J) Level 4 (J) Level 5 (J) 13
Hauptergebnisse sind: Dominanz präkanonischer Vokalisationen in den ersten 12 Hörmonaten Zunahme kanonischer und postkanonischer Vokalisationen ab dem zweiten Hörhalbjahr Vergleichbarkeit mit Daten anderer normalhörender bzw. früh implantierter Kinder SAEVD-R zur Erfassung der vorsprachlichen Entwicklungsstufen sensitiv und nach Training reliabel durchführbar Nachteil: großer Aufwand Ausblick: Entwicklung eines weniger aufwändigen und im klinischen Alltag praktikablen Untersuchungsverfahrens Fortführung der Forschungsarbeit mit größeren Probandengruppen 14
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