Helmut Bez KAHLENBERG. Komödie in fünf Akten

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Transkript:

Helmut Bez KAHLENBERG Komödie in fünf Akten 1

henschel SCHAUSPIEL Theaterverlag Berlin GmbH 2001 Als unverkäufliches Manuskript vervielfältigt. Alle Rechte am Text, auch einzelner Abschnitte, vorbehalten, insbesondere die der Aufführung durch Berufs- und Laienbühnen, des öffentlichen Vortrags, der Buchpublikation und Übersetzung, der Übertragung, Verfilmung oder Aufzeichnung durch Rundfunk, Fernsehen oder andere audiovisuelle Medien. Das Vervielfältigen, Ausschreiben der Rollen sowie die Weitergabe der Bücher ist untersagt. Eine Verletzung dieser Verpflichtungen verstößt gegen das Urheberrecht und zieht zivil- und strafrechtliche Folgen nach sich. Die Werknutzungsrechte können vertraglich erworben werden von: henschel SCHAUSPIEL Marienburger Straße 28 10405 Berlin Wird das Stück nicht zur Aufführung oder Sendung angenommen, so ist dieses Ansichtsexemplar unverzüglich an den Verlag zurückzusenden. F1 2

PERSONEN Ortwin, ehemaliger Buchhändler und jetziger Ortschronist Carlos, ehemaliger Intendant des Stadttheaters Kahlenberg Theo, Schauspieler am Stadttheater Kahlenberg Guido Schnez, Schauspieler am Stadttheater Kahlenberg Hertha Endruweit, Garderobiere am Stadttheater Kahlenberg Oskar Wätzlich, Wirt des Hotels Sächsischer Reiter in Kahlenberg, seine Tochter Otto Schaffrath, früher Ingenieur und Held der Arbeit, jetzt arbeitslos Bregulla, früher Losverkäufer, jetzt Rentner Spangenberg, früher Schulrat, jetzt Rentner Gonnermann, früher Polizist, jetzt Rentner Else Schaffrath, Ottos Frau Yvonne Wittstock, Schauspielerin am Stadttheater Kahlenberg Melanie Hoffnung, Journalistin beim Lausitzer Boten Robert Hanning, ein berühmter Schauspieler Bernd Schaffrath, Sohn von Otto und Else Schaffrath Das Stück spielt in den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts in einer sächsischen Kleinstadt. 3

ERSTER AKT Erste Szene Ortwin s Studierstube. Ortwin schreibt an seiner Kahlenberger Chronik. Ich bin Ortwin und zähle 65 Jahre. Ich war bis vor kurzem der Besitzer der schen Buchhandlung, eines seit über hundert Jahren im Familienbesitze befindlichen und im ganzen Kreis Kahlenberg bekannten Unternehmens. Für einen Zeitraum von siebenundzwanzig Jahren trug sie den Namen Franz-Mehring-Buchhandlung und war eine sogenannte Volksbuchhandlung, in welcher ich als eine Art Geschäftsführer fungierte. Jetzt bin ich nun dabei, die Chronik unserer Stadt zu schreiben, für die Nachgeborenen und für die Zeit, in der es Kahlenberg nicht mehr geben wird. (Zwölf Schläge einer Turmuhr.) Das ist die Uhr von St. Marien. Mitternacht in Kahlenberg. Kahlenberg. Eine deutsche Kleinstadt. An jeglicher Peripherie gelegen... Was für eine schöne Nacht... Seit dem Jahre 1989 ist die sche Buchhandlung wieder in schem Besitz und trägt auch wieder ihren alten Namen. (Carlos tritt in Ritterrüstung auf. In der Hand hat er eine weiße Fahne: ein an einem Besenstiel befestigtes Bettlaken.) He,! Wer ruft mir? Carlos. Ah, Carlos! Hier bin ich, Herr. Ortwin, mein Rabe. Bins, Ortwin, dein Rabe. Was tust du, mein Junge? Ich schreibe die Chronik der Stadt Kahlenberg. Ich hoffe, ich komm drin vor. Wie gehts meiner lieben Stadt Kahlenberg? 5

Es geht ihr gar nicht gut. Es geht mir durch und durch, dieses Es geht ihr gar nicht gut. Die Leute gehen weg. Gehen weg gehen weg. Was heißt das: sie gehen weg? Komm mit, sagte der Hahn, etwas Besseres als den Tod werden wir überall finden. Sie suchen woanders ihr Glück. Ihr Glück... Es ist wohl nicht mehr hier zu Hause. Es sei denn, der Robert Hanning kommt mal hierher und macht im hiesigen Schützenhaus seine Fernsehschau, in der eine Million zu gewinnen ist. Aber die gewinnt ja dann auch nur einer. (Nachdenklich.) Robert Hanning... Der Name kommt mir bekannt vor. (Er denkt nach, doch ohne Ergebnis.) Die Leute gehen weg, sagtest du? Nun, andere kommen auch, oder sie kommen wieder, wie Wätzlich zum Beispiel, die Tochter vom Wätzlich Oskar, wenn Sie sich erinnern, der Besitzer vom Sächsischen Reiter. Sie will den Laden wieder in Schwung bringen. Jedenfalls: Die Stadt liegt schwer darnieder und kommt nicht wieder hoch, doch frische Farben überall, den Augen zum Trost für die wunden Seelen. Hab ich sie dafür seinerzeit vorm Untergang bewahrt? Ach, was für ein namenloses Elend, ach... ( setzt sich schwer atmend auf einen Stuhl.) Darf ich Ihnen meinen bequemen Sessel anbieten? Wie soll ich mich in einen Sessel können zwängen in dieser Rüstung? (Er sitzt stöhnend auf dem Stuhl und reibt seine Waden.) Und diese Beinschienen geben mir den Rest. (Draußen gehen Theo, Guido Schnez und Hertha Endruweit vorbei und grüßen zum Fenster heraus oder herein.) Einen schönen guten Abend, Herr! 6

Schnez Schnez Schnez Schnez Hertha Hertha Hertha Wir hatten Kabale und Liebe heute abend, und ich hatte als Hofmarschall von Kalb einige komische Effekte. Der Theo war als Kammerdiener wirklich glänzend. Legts zu dem übrigen. Wir haben dann noch ein paar Bierchen getrunken im Sächsischen Reiter. Ich hatte einen großen persönlichen Erfolg, und darum ist es Zeit, daß ich Kahlenberg endlich hinter mir lasse. Wo willst du hin, Theo? Ich überlegs mir. Dann beeil dich aber. Das tu ich, Bruder. Nur weg von hier! Jeden Abend diese Biertrinkerei. Das wird noch mal dein Tod sein, Theo. Und wessen Tod bist du? Der Tod jeder hübschen Party. Steht da wie aus dem Boden gewachsen und röhrt ihr schreckliches: Es ist Zeit nach Hause zu gehn, Theo. Du sollst an deine Prostata denken. Komm nach Hause, Weib, wir wollen beieinanderliegen und das Tier mit den zwei Rücken spielen. Was du so redest. Und daß es die ganze Stadt hört. Die Leute schlafen. Schämst du dich nicht? Was denn nun? Hören sie mir zu oder schlafen sie? Wer zu dieser Stund noch offne Ohren hat, erfährt die Wahrheit über die Dinge des Lebens. Man müßte dahin gehen, wo man nichts Kahlenbergisches mehr antrifft. Aber ich habe einen fatalen Verdacht, Freunde: Kahlenberg ist überall. Denn es ist kein Ort, sondern eine Weltanschauung. Eine Lebensweise. Zum Beschluß, meine geliebten Zuhörer, laßt uns alle Lampen auspissen, so hoch sie auch hängen, damit Kahlenberg im Dunkel liegt, wie es ihm zukömmt. (Alle drei ab.) 7

War das nicht der Schauspieler Theo? Theo und Guido Schnez. Und dazu die Garderobiere Hertha Endruweit. Sie lebt mit dem Theo zusammen. Und wer ist Guido Schnez? Er ist der Komiker des Stadttheaters. Ich erinnre mich gut an Theo : er hat den Hamlet gegeben seinerzeit in jener Aufführung, in welcher ich der Geist von Hamlets Vater war. Den Fortinbras gab ein junger Mann, dessen glänzendes Talent nicht mal eine Schauspielschule verderben konnte, und sein Name war (Mit einer Erleuchtung.) Robert Hanning. Er war begabt. Im Gegensatz zu mir. So ist es, mein Junge. Ich erinnre mich: Du kamst eines schönen Tages zu mir und wolltest auch Schauspieler werden. Ich sprach etwas von Grillparzer und von Hebbel vor. Und ich sagte nach vollbrachter Tat zu dir... Wenn du schon gar nicht vom Theater lassen kannst, werde Zuschauer. Das habe ich wirklich gut gesagt. Denn auch zum Zuschauen gehört ein gewisses Talent. Ich bin schrecklich müde. Sie können sich ausruhn bei mir. Weck mich, eh der Tag anbricht. Ich schreibe noch ein wenig an meiner Chronik. Die Chronik schreiben ist das eine. Das andere ist: was tun für die Stadt. Aber was? (Er schläft ein. schreibt weiter an seiner Chronik.) 8

Zweite Szene Die Gaststube des Hotels Sächsischer Reiter. (Die sollte so gestaltet und ausgestattet werden, daß sich auch die Zuschauer darin wohlfühlen könnten. Das Hotel ist erst kürzlich renoviert und saniert worden und macht einen außerordentlich gediegenen Eindruck.) Es ist Vormittag. Oskar Wätzlich kommt, blickt sich prüfend um und entdeckt einen noch nicht abgeräumten Frühstückstisch. Er macht sich seufzend daran, den Tisch abzuräumen. Seine Tochter kommt dazu. Wätzlich Wätzlich Wätzlich Wätzlich Was machst du denn da, Vater? Was andere haben liegen lassen, bleibt eben für mich. Mein Gott, die beiden Herrn aus Frankfurt sind ja man gerade erst raus. Es muß alles seine Ordnung. Wie steht der Sächsische Reiter sonst da. (Beiseite.) Wenn er mal nicht bald die Hufe hochreißt. Du mußt schon etwas lauter sprechen, wenn ich dich verstehen soll. Ich kann ihnen ja nicht die Stühle unterm Hintern wegziehn, daß sie die Hufe hochreißen. Nun laß mich das mal machen. Setz dich hin, und ruh dich aus. (Sie räumt den Tisch ab.) Was willst du überhaupt schon? Ich muß nach dem Rechten sehn. Es muß alles seine Ordnung. Ach Gott, das laß mal meine Sorge sein. (Sie wechselt auch die Tischdecke.) Ob sie aus Frankfurt am Main kommen oder aus Frankfurt an der Oder: die Kleckerflecken gleichen sich aufs Haar. (Oskar Wätzlich hat sich schwer atmend hingesetzt.) Warum bleibst du nicht liegen bis Mittag? Das Abendgeschäft würd ich zur Not auch noch alleine schaffen. Das bißchen Frühstück für die beiden Herrn aus Frankfurt kriege ich ja auch allein zusammen. Die sind übrigens ganz nett. Ganz angenehme Leute. Da gibt es sicher Schlimmeres. Aber Kahlenberg muß ja für alles dankbar sein. Ja, es geht unserm Kahlenberg nicht besonders gut, was vor allem daran liegt, daß es sozusagen hinterste Provinz ist doch was heißt schon hinterste Provinz, es ist der Arsch der Welt. 9