BKKService. Arbeitsunterbrechungen. Wann besteht die Beschäftigung fort? Informationen für Arbeitgeber Ausgabe 2 2012 www.bkk.de



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Transkript:

BKKService Informationen für Arbeitgeber Ausgabe 2 2012 www.bkk.de Arbeitsunterbrechungen Wann besteht die Beschäftigung fort? 9 Beitragszuschüsse für Arbeitnehmer 18 Der Start der großen Reisekostenreform 20 Neue Anforderungen, andere Krankheiten

EDITORIAL Liebe Leserin, lieber Leser! Der häufigste Grund für eine Arbeitsunterbrechung ist die Krankheit des Arbeitnehmers. Grund genug, dieses Thema einmal grundsätzlich vorzustellen und auch, welche Fristen und Besonderheiten zu beachten sind. Seit Neuestem besteht das Beschäftigungsverhältnis im Falle der Arbeitsunterbrechung sogar länger als einen Monat fort. Der jüngste BKK Gesundheitsreport zeigt eine unerfreuliche Entwicklung, denn der Krankenstand ist erstmals seit Jahren wieder gestiegen. Unter den Auslösern nehmen die psychischen Krankheiten erneut einen prominenten Platz ein, weil sie besonders langwierig sind und daher trotz relativ geringer Fallzahlen mit zwölf Prozent der Krankheitszeiten auf Platz 4 vorgerückt sind. Mehr dazu lesen Sie auf Seite 20. Lesen Sie mehr zu diesen und anderen Themen in unserer aktuellen Ausgabe. Fragen beantworten wir gern! Mit freundlichen Grüßen Ihre BKK SCHWERPUNKT 4 Arbeitsunterbrechungen wann besteht die Beschäftigung fort? Arbeitsverhältnisse können bei Unterbrechungen bis zu drei Monate fortbestehen KURZ UND KNAPP 3 Kurzmeldungen SCHWERPUNKT 4 Arbeitsunterbrechungen wann besteht die Beschäftigung fort? SOZIALVERSICHERUNG 9 Beitragszuschüsse für Arbeitnehmer zur Krankenund Pflegeversicherung 13 Altersteilzeitgesetz Feststellung der SV-Luft bei einem kombinierten Block- und Teilzeitmodell ARBEITSRECHT 15 Aktuelle Urteile 16 Kein Job und keine Erklärung? Auskunftsansprüche abgelehnter Stellenbewerber STEUERRECHT 18 Der Start der großen Reisekostenreform BETRIEBLICHES GESUNDHEITSMANAGEMENT 20 Neue Anforderungen, andere Krankheiten SCHLUSSPUNKT 22 Aktuelle Meldungen, Buchtipp 23 Vorschau, Impressum 2 BKKService 2/2012

KURZ UND KNAPP Beitragspflicht von Arbeitsentgelt in der Unfallversicherung bei flexiblen Arbeitszeitregelungen Bei Wertguthabenvereinbarungen für Zeiten der tatsächlichen Arbeitsleistung und für Zeiten der Inanspruchnahme des Wertguthabens ist das in dem jeweiligen Zeitraum fällige Arbeitsentgelt maßgebend für die Fälligkeitsregelung von Sozialversicherungsbeiträgen. Für die Unfallversicherung gilt eine hiervon abweichende Regelung. Danach ist für die Ermittlung der Unfallversicherungsbeiträge immer das laufende Arbeitsentgelt nach dem sogenannten Entstehungsprinzip heranzuziehen. Damit werden in der Unfallversicherung Beiträge ausschließlich in der Ansparphase der flexiblen Arbeitszeitregelung erhoben. Außerdem besteht Beitragspflicht von laufendem Arbeitsentgelt in der Unfallversicherung, wenn es während der Freistellungsphase monatlich gezahlt und nicht aus dem Wertguthaben entnommen wird (etwa vermögenswirksame Leistungen, Firmenwagen als geldwerter Vorteil, Jubiläumszahlungen). Das der Beitragspflicht zur Unfallversicherung unterliegende laufende Arbeitsentgelt ist im Rahmen der Meldungen des Arbeitgebers für Zwecke der Unfallversicherung in der Konsequenz auch dann anzugeben, wenn ansonsten kein Arbeitsentgelt zur Unfallversicherung beitragspflichtig ist. Arbeitnehmer sind mit Arbeit und Arbeitsplatz zufrieden Deutsche Arbeitnehmer sind zufrieden mit ihrer Arbeit und ihrem Arbeitsplatz, knapp die Hälfte ist sogar hoch zufrieden. Zu diesem Ergebnis kommt das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) nach einer Auswertung von 2.000 repräsentativen Datensätzen des sozio-ökonomischen Panels. Der Wert der Hochzufriedenen habe sich in den vergangenen Jahren kaum verändert. Das Institut ermittelt die Arbeitsplatzzufriedenheit aus den Faktoren Arbeitsinhalte, Arbeitsbedingungen, Betriebsklima, Arbeitseinkommen, Arbeitszeiten und Aufstiegschancen. Insbesondere der Gesundheitszustand der Mitarbeiter hat einen wesentlichen Einfluss auf die Zufriedenheit. Wer sich topfit fühlt, hat am Job selten etwas auszusetzen, konstatiert das IW. Die Unternehmen können die Arbeitsplatzzufriedenheit der Beschäftigten positiv beeinflussen, wenn sie Gesundheitsthemen auf ihrer Agenda haben, verdeutlicht die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw). Unternehmen brauchen nicht nur hoch qualifizierte, sondern vor allem auch gesunde, motivierte und leistungsfähige Mitarbeiter, betont Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer des vbw. Betriebliches Gesundheitsmanagement wird daher für die Unternehmen immer stärker zum Wettbewerbsfaktor. Mehr über die Bedeutung von BGM für die Arbeitsplatzzufriedenheit der Beschäftigten finden Sie auf der vbw-webseite unter http://www.vbw-bayern.de/ newsroom/presse/arbeit nehmerzufriedenheit-indeutschland-auf-hohemniveau_aid_2685.html. ++ Geteiltes Echo auf anonymisiertes Bewerbungsverfahren Anonymisierte Bewerbungen ohne Lichtbild und persönliche Angaben wie Name, Alter, Geschlecht, Herkunft und Familienstand sollen Diskriminierungen in Bewerbungsverfahren vermeiden helfen. Eine Studie ergab jedoch, dass nur 11,7 Prozent der Bewerber in der Anonymisierung eine bessere Chance im Auswahlverfahren sahen viele befürchten eine Verlagerung der Diskriminierung ins Vorstellungsgespräch. Eine Zwischenbilanz zum Pilotprojekt finden Sie auf den Internetseiten der Antidiskriminierungsstelle (www.antidiskrimi nierungsstelle.de). ++ Deutsche arbeiten wieder mehr Im Jahr 2011 haben die Arbeitnehmer in Deutschland im Schnitt sieben Stunden mehr gearbeitet als im Jahr zuvor und durchschnittlich 1.330 Arbeitsstunden geleistet. Das ergab eine Untersuchung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Als Gründe für die Entwicklung gab das Institut längere Arbeitszeiten, mehr Überstunden sowie den Aufbau von Guthaben auf Arbeitszeitkonten an. Zudem sei die Anzahl der Kurzarbeiter von einer halben Million (2010) auf rund 150.000 (2011) zurückgegangen. Die normale Wochenarbeitszeit der Vollzeitbeschäftigten lag nahezu unverändert bei durchschnittlich 38,07 Stunden. Hingegen stieg die Krankenstandsquote von 3,6 Prozent (2010) auf 3,8 Prozent (2011). BKKService 2/2012 3

SCHWERPUNKT Arbeitsunterbrechungen wann besteht die Beschäftigung fort? Arbeitsverhältnisse können bei Unterbrechungen bis zu drei Monate fortbestehen Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt sozialversicherungsrechtlich als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat ( 7 Absatz 3 Satz 1 SGB IV). Für diese Zeiten der Arbeitsunterbrechung ohne Entgeltzahlung sind Sozialversicherungstage (SV-Tage) anzusetzen. Solche Zeiten sind auch bei der Ermittlung der anteiligen Jahresbeitragsbemessungsgrenzen im Rahmen der beitragsrechtlichen Behandlung von Einmalzahlungen zu berücksichtigen. Diese Regelung gilt einheitlich für alle Zweige der Sozialversicherung und führt dazu, dass die Versicherungspflicht für die Dauer der Arbeitsunterbrechung ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt in der Kranken-, 4 BKKService 2/2012

Bezug von Kurzarbeitergeld Während des Bezugs von Kurzarbeitergeld bleibt die Mitgliedschaft in der Kranken- und Pflegeversicherung bestehen. In der Rentenversicherung besteht die Versicherungspflicht während des Bezugs von Kurzarbeitergeld fort. In der Arbeitslosenversicherung bleibt das Versicherungsverhältnis ebenfalls unberührt. Rechtmäßiger Arbeitskampf Während die Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung bei Arbeitskampfmaßnahmen ungeachtet der Tatsache, ob die Maßnahmen rechtmäßig oder rechtswidrig sind längstens für einen Monat fortbesteht, bleibt die Mitgliedschaft in der Kranken- und Pflegeversicherung im Falle eines rechtmäßigen Arbeitskampfes bis zu dessen Beendigung erhalten. Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung für einen Monat fortbesteht. Dabei wird nicht vorausgesetzt, dass die Dauer der Arbeitsunterbrechung von vornherein befristet ist. Die Versicherungspflicht bleibt auch für einen Monat erhalten, wenn die Dauer der Arbeitsunterbrechung nicht absehbar oder die Unterbrechung von vornherein auf einen Zeitraum von mehr als einen Monat befristet ist. Berechnung der Monatsfrist Die Monatsfrist beginnt mit dem ersten Tag der Arbeitsunterbrechung. Sie endet mit dem Tag des nächsten Monats, welcher dem Tag des Fristbeginns vorhergeht. Fehlt dem nächsten Monat der für den Ablauf der Frist maßgebende Tag, dann endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats (siehe Tabelle). Bezug von Entgeltersatzleistungen oder Inanspruchnahme von Elternzeit Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt nicht als fortbestehend, wenn Krankengeld, Krankentagegeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld oder Mutterschaftsgeld oder nach gesetzlichen Vorschriften Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen wird. In diesen Fällen besteht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung grundsätzlich nach anderen gesetzlichen Vorschriften Versicherungspflicht. In der Kranken- und Pflegeversicherung bleibt die Mitgliedschaft erhalten, solange Anspruch auf Krankengeld oder Mutterschaftsgeld besteht oder eine dieser Leistungen bezogen wird. Außerdem bleibt die Mitgliedschaft erhalten, solange nach gesetzlichen Vorschriften Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen wird. Entsprechendes gilt, solange von einem Rehabilitationsträger (etwa Rentenver- Beispiel letzter Tag des entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses Beginn der Monatsfrist 1 15.1. 16.1. 15.2 Ende der Monatsfrist 2 31.1. 1.2. 28.2. oder 29.2. 3 28.2. 29.2. (Schaltjahr) 28.3. 4 29.2. (Schaltjahr) 1.3. 31.3. 5 31.3. 1.4. 30.4. 6 30.4. 1.5. 31.5. BKKService 2/2012 5

SCHWERPUNKT sicherungsträger) während einer medizinischen Maßnahme zur Rehabilitation (etwa eine Kur) Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld gezahlt wird. Schwangere Die Mitgliedschaft von Schwangeren, deren Beschäftigungsverhältnis vom Arbeitgeber zulässig aufgelöst worden ist oder die unter Wegfall des Arbeitsentgelts beurlaubt worden sind, bleibt in der Kranken- und Pflegeversicherung erhalten. aus der gesetzlichen Krankenversicherung). Beziehen dagegen arbeitsunfähige privat krankenversicherte Arbeitnehmer nach dem Ende der Entgeltfortzahlung kein Krankentagegeld, besteht die Versicherungspflicht für einen Monat fort. Zuschüsse des Arbeitgebers zum Krankentagegeld Unterliegen Zuschüsse des Arbeitgebers und sonstige Einnahmen während des Be- Anhäufung unterschiedlicher Unterbrechungstatbestände Treffen mehrere Unterbrechungstatbestände unterschiedlicher Art aufeinander (zum Beispiel unbezahlter Urlaub oder rechtmäßiger Arbeitskampf im Anschluss an den Bezug von Krankengeld, Mutterschaftsgeld oder Elternzeit), sind die Zeiten der einzelnen Arbeitsunterbrechungen nicht zusammenzurechnen. Bezug von Krankentagegeld aus der privaten Krankenversicherung Seit 1. Januar 2008 ist bei privat krankenversicherten Arbeitnehmern ein Fortbestehen der Beschäftigung in der Renten- und Arbeitslosenversicherung im Anschluss an das Ende der Entgeltfortzahlung ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer Krankentagegeld bezieht. Wird die Beschäftigung über einen Kalendermonat hinaus unterbrochen und in dieser Zeit Krankentagegeld bezogen, hat der Arbeitgeber eine Unterbrechungsmeldung mit dem Meldegrund 51 vorzunehmen (analog zu dem Sachverhalt des Bezugs von Krankengeld BEISPIEL 1 Sachverhalt: Johanna Sikora ist privat krankenversichert und steht seit 1. Januar 2005 in einem Beschäftigungsverhältnis. Krankentagegeldbezug ab 17.3.2012 Ein Zuschuss zum Krankentagegeld wird nicht gezahlt. Wiederaufnahme der Beschäftigung am 4.4.2012 Beurteilung: Die Beschäftigung bleibt in der Zeit vom 17. März bis 3. April 2012 nicht erhalten. Da der Krankentagegeldbezug keinen vollen Kalendermonat andauert, ist eine Unterbrechungsmeldung (Abgabegrund 51 ) nicht abzugeben. 6 BKKService 2/2012

zugs von Krankentagegeld der Beitragspflicht, weil das Vergleichsnettoarbeitsentgelt um mehr als 50 EUR überschritten wird, besteht weiterhin Versicherungspflicht aufgrund der Beschäftigung. Diese beitragspflichtigen Zeiten gelten als Zeiten der regulären Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung; die sogenannte Ein-Monatsregelung findet keine Anwendung (siehe Beispiel 1). Berücksichtigung von Zeiten des Arbeitslosengeldbezugs wegen Arbeitsunfähigkeit Der Fortbestand des entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses nach 7 Absatz 3 SGB IV ist auf die Sachverhalte beschränkt, in denen ein Anspruch auf Arbeitsentgelt aus der Beschäftigung nicht besteht und bestimmte Entgeltersatzleistungen nicht bezogen werden. Der Bezug von Arbeitslosengeld ist dabei nicht als Bezug einer Entgeltersatz- BKKService 2/2012 7

SCHWERPUNKT BEISPIEL 2 Sachverhalt: Die Arbeitnehmerin Diana Wolters ist seit Jahren beim Arbeitgeber Allfinanz AG versicherungspflichtig beschäftigt. Arbeitsunfähigkeit ab 22.10.2011 Entgeltfortzahlung bis 02.12.2011 Krankengeldbezug bis 16.06.2012 Arbeitslosengeldbezug ( 125 Absatz 1 SGB III) ab 17.06.2012 Feststellung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit am 04.07.2012 Einmalzahlung des Arbeitgebers am 30.06.2012 Beurteilung: Nach dem Ende des Krankengeldbezugs kommt ein Fortbestehen des versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses für Frau Wolters nicht in Betracht. Der Arbeitgeber Allfinanz AG hat zum 16. Juni 2012 eine Abmeldung (Grund der Abgabe 30 ) zu erstatten. Die Einmalzahlung unterliegt nicht der Beitragspflicht, da im Kalenderjahr der Zuordnung keine SV-Tage vorliegen und die anteilige Beitragsbemessungsgrenze damit mit 0 EUR anzusetzen ist. leistung anzusehen. Dies hat folgenden Hintergrund: Der Arbeitslosengeldbezug setzt Arbeitslosigkeit voraus und diese ist nur dann anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit), sich bemüht die Beschäftigungslosigkeit zu beenden und der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht. Den sozialversicherungsrechtlichen Fortbestand einer bereits beendeten Beschäftigung, an die sich der Bezug von Arbeitslosengeld anschließt, sieht 7 Absatz 3 SGB IV nicht vor. Ein Fortbestehen des entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses kommt auch in den Sonderfällen des Arbeitslosengeldbezugs aufgrund fortbestehender Arbeitsunfähigkeit im Anschluss an den Bezug von Krankengeld bzw. das Ende des Krankengeldbezugs nicht in Betracht. Zwar ist das Arbeitsverhältnis in diesen Fällen nicht gelöst. Der Arbeitnehmer muss sich jedoch arbeitslos melden und damit dokumentieren, dass er das Direktionsrecht des Arbeitgebers nicht mehr anerkennt. Da dieser Arbeitslosigkeit lediglich die aufgrund der Arbeitsunfähigkeit mangelnde objektive Verfügbarkeit entgegensteht, werden die Voraussetzungen der Beschäftigungslosigkeit als erfüllt angesehen. Damit scheidet eine Anwendung des 7 Absatz 3 SGB IV aus. Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer in diesen Fällen zum Ende des dem Arbeitslosengeldbezug vorangehenden Krankengeldbezugs abzumelden. Sind bis zum Ende der versicherungspflichtigen Beschäftigung im laufenden Kalenderjahr keine SV-Tage anzusetzen, besteht für einmalig gezahltes Arbeitsentgelt, das nach dem Ende des Krankengeldbezugs gewährt wird, kein Raum für eine Beitragspflicht (siehe Beispiel 2). Fortbestand der Beschäftigung bei Freistellungen von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat im Rahmen sonstiger flexibler Arbeitszeitregelungen Seit 2009 bestand ein sozialversicherungsrechtlich relevantes Beschäftigungsverhältnis nur dann in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat fort, wenn während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben nach 7b SGB IV fällig war. Daraus folgte, dass bei einer entgeltlichen Freistellung für einen Zeitraum von mehr als einem Monat, die nicht aus einem Wertguthaben finanziert wird, sondern aus sonstigen flexiblen Arbeitszeitregelungen herrührt (zum Beispiel Arbeitszeitguthaben), ein Fortbestand des Beschäftigungsverhältnisses (über einen Monat hinaus) nicht in Betracht kam. Diese Rechtslage hat sich zum 1. Januar 2012 geändert. Danach wird ein Beschäftigungsverhältnis auch über einen Monat hinaus bis zur Dauer von drei Monaten angenommen, wenn während dieser Zeit Arbeitsentgelt aus einer Vereinbarung zur flexiblen Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder dem Ausgleich betrieblicher Produktions- und Arbeitszeitzyklen fällig ist (etwa in der Automobilindustrie). Freistellungen von der Arbeitsleistung bei Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses Die auf der Grundlage vertraglicher Regelungen vereinbarten Freistellungen von der Arbeitsleistung (in der Regel am Ende des Arbeitsverhältnisses), die vom Arbeitgeber unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts oder vergleichbarer Bezüge finanziert werden, lassen den Fortbestand des Beschäftigungsverhältnisses auch für eine länger als drei Monate andauernde bezahlte Freistellung zu. Weitere Informationen zum Thema Entgeltfortzahlungen finden Sie im BKK Extra 1, das Sie unter www.bkk.de/extra1 bestellen können. 8 BKKService 2/2012

SOZIALVERSICHERUNG Beitragszuschüsse für Arbeitnehmer zur Kranken- und Pflegeversicherung Wie setzen sich Beitragszuschüsse für freiwillig und privat versicherte Arbeitnehmer zusammen? Arbeitnehmer, die freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung oder privat krankenversichert sind, erhalten unter bestimmten Voraussetzungen von ihrem Arbeitgeber einen Zuschuss zu ihrer Krankenversicherung. Dieser Zuschuss bildet das Gegenstück zu dem den versicherungspflichtigen Beschäftigten zustehenden Arbeitgeberbeitragsanteil und bezweckt die beitragsrechtliche Gleichbehandlung der versicherungsfreien beziehungsweise von der Versicherungspflicht befreiten Arbeitnehmer mit versicherungspflichtigen Beschäftigten. Beitragszuschuss zur Krankenversicherung freiwillig krankenversicherte Arbeitnehmer Freiwillig bei einer gesetzlichen Krankenkasse versicherte Arbeitnehmer erhalten von ihrem Arbeitgeber einen Zuschuss zu ihrem Krankenversicherungsbeitrag, wenn sie wegen Überschreitens der allgemeinen Jahresarbeitsentgeltgrenze (2012 = 50.850 EUR) bzw. der besonderen Jahresarbeitsentgeltgrenze (2012 = 45.900 EUR) versicherungsfrei sind. Für Arbeitnehmer besteht kein Anspruch auf den Beitragszuschuss, wenn sie nicht nur wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze, sondern (auch) aus anderen Gründen nicht der Versicherungs pflicht in der Krankenversicherung unter liegen. So ist der Anspruch zum Beispiel ausgeschlossen, wenn die Beschäftigung wegen ihrer Geringfügigkeit oder wegen der Zugehörigkeit zu einem anderen sozialen Sicherungssystem (zum Beispiel Beamtenbeschäftigung) in der Krankenversicherung versicherungsfrei ist. Dies gilt auch für Arbeitnehmer, die in der Beschäftigung nicht versicherungspflichtig sind, weil sie daneben eine hauptberufliche selbständige Erwerbstätigkeit ausüben. Bemessung des Zuschusses Freiwillig krankenversicherte Arbeitnehmer erhalten als Beitragszuschuss vom Arbeitgeber die Hälfte des Beitrages, der bei Anwendung des um 0,9 Beitragssatzpunkte verminderten allgemeinen Beitragssatzes der gesetzlichen Krankenversicherung (15,5 Prozent) zu zahlen wäre. BKKService 2/2012 9

SOZIALVERSICHERUNG Siehe auch Beitrag Arbeitsunterbrechungen auf Seite 4 dieser Ausgabe. Maßgebliche Beitragsbemessungsgrundlage Für Arbeitnehmer, die wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei sind, gilt als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag 1/30 der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze von 3.825 EUR. Wird unbezahlter Urlaub gewährt oder liegen andere Tatbestände vor, die dazu führen, dass die Beschäftigung als fortbestehend gilt ( 7 Absatz 3 Satz 1 SGB IV), sind die Beiträge für die Dauer eines Monats weiterhin aus der vollen Bemessungsgrundlage zu entrichten. Einmalige beitragspflichtige Einnahmen sind ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt ihrer Entstehung oder des Zuflusses dem jeweiligen Beitragsmonat mit einem Zwölftel des zu erwartenden Betrags zuzuordnen. Dies gilt (abweichend von 23a SGB IV) auch für einmalig gezahltes Arbeitsentgelt aus einer Beschäftigung. Maßgeblicher Beitragssatz Die Berechnung des Beitragszuschusses für freiwillig krankenversicherte Arbeitnehmer mit Anspruch auf Krankengeld erfolgt entsprechend dem festgelegten allgemei- Beitragszuschüsse können die ganze Familie betreffen. 10 BKKService 2/2012

nen Beitragssatz in Höhe von 15,5 Prozent, vermindert um 0,9 Beitragssatzpunkte. Bei krankenversicherten, zuschussberechtigten Arbeitnehmern, die keinen Anspruch auf Krankengeld haben bzw. bei einer Mitgliedschaft in einer gesetzlichen Krankenkasse keinen Anspruch auf Krankengeld hätten (zum Beispiel Personen, die sich in der Freistellungsphase der Altersteilzeit befinden), ist der um 0,9 Beitragssatzpunkte verminderte ermäßigte Beitragssatz in Höhe von 14,0 Prozent (14,9 Prozent./. 0,9 Prozent) anzuwenden. Daraus ergibt sich für 2012 ein Höchstzuschuss von 267,75 EUR (3.825 EUR x 7 Prozent). Privat krankenversicherte Arbeitnehmer Arbeitnehmer, die wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze krankenversicherungsfrei oder von der Krankenversicherungspflicht befreit und privat krankenversichert sind, erhalten von ihrem Arbeitgeber einen Beitragszuschuss zu den Aufwendungen für ihre private Krankenversicherung nach einem maßgeblichen Beitragssatz wie bei freiwillig gesetzlich Krankenversicherten mit Anspruch auf Krankengeld (also 7,3 Prozent). Der monatliche Höchstzuschuss beträgt 2012 279,23 EUR. Ebenso wie bei freiwillig gesetzlich Krankenversicherten ohne Krankengeldanspruch erhalten privat Krankenversicherte ohne Krankentagegeldanspruch 2012 einen Beitragszuschuss von höchstens 267,75 EUR (3.825 EUR x 7 Prozent). Maßgebliche Beitragsbemessungsgrundlage Als Beitragsbemessungsgrundlage für den Beitragszuschuss für privat krankenversicherte Arbeitnehmer ist das tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt bis zur Beitragsbemessungsgrenze (2012: 3.825 EUR) heranzuziehen, das bei Vorliegen der Versicherungspflicht beitragspflichtig wäre. Da sich der Beitragszuschuss am Arbeitsentgelt orientiert, besteht für Zeiten, für die der Arbeitnehmer kein Arbeitsentgelt erhält, kein Anspruch auf den Beitragszuschuss, zum Beispiel l für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit ohne Fortzahlung von Arbeitsentgelt sowie bei Beginn und Ende der Beschäftigung im Laufe eines Kalendermonats l bei unbezahltem Urlaub, l bei unentschuldigtem Fernbleiben von der Arbeit und l bei Arbeitskampf. Begrenzung auf die Hälfte des aufgewendeten Betrages Der Arbeitnehmer erhält als Beitragszuschuss höchstens die Hälfte des Betrages, den er für seine private Krankenversicherung aufwendet. Zuschussfähig sind dabei nur die Aufwendungen für die Leistungen, die der Art nach zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung gehören. Beiträge, die etwa für eine Sterbegeldversicherung gezahlt werden, zählen nicht zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für seine Krankenversicherung (siehe Beispiel). Die Beiträge für einen Angehörigen bleiben bei der Berechnung des Arbeitgeberzuschusses immer dann unberücksichtigt, wenn diesem bei unterstellter Versicherungspflicht des Arbeitnehmers in der gesetzlichen Krankenversicherung keine Leistungen der Familienversicherung zuständen. Beitragszuschuss zur Pflegeversicherung Freiwillig krankenversicherte Arbeitnehmer Arbeitnehmer, die in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig versichert sind, erhalten von ihrem Arbeitgeber einen Zuschuss zu ihrem Pflegeversicherungsbeitrag. BEISPIEL 1 Sachverhalt: Arbeitnehmer Joachim Stolzner ist wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungsfrei und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert. Monatliches Arbeitsentgelt Juli 2012 monatliche Prämie zur privaten Krankenversicherung 4.500,00 EUR 400,00 EUR Beurteilung: Beitragsbemessungsgrenze 2012 3.825,00 EUR allgemeiner Beitragssatz 15,5 % 15,5 % 0,9 % : 2 7,3 % Zwischenergebnis (7,3 % von 3.825,00 EUR) 279,23 EUR Begrenzung auf die Hälfte der Prämie (400 : 2 =) 200,00 EUR Herr Stolzner erhält einen Arbeitgeberzuschuss zur privaten Krankenversicherung in Höhe von 200,00 EUR. BKKService 2/2012 11

SOZIALVERSICHERUNG BEISPIEL 2 Höhe des Beitragszuschusses Als Zuschuss ist der Betrag zu zahlen, der als Arbeitgeberanteil bei Krankenversicherungspflicht des Arbeitnehmers zu zahlen wäre. Der Beitragszuschuss wird also grundsätzlich aus 0,975 Prozent des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts errechnet. Den Beitragszuschlag für Kinderlose von 0,25 Prozent hat der freiwillig Versicherte allein zu tragen. Da die Pflegeversicherung der Krankenversicherung folgt, ist in den Zeiten, in denen ein Beitragszuschuss zur freiwilligen Krankenversicherung nicht gezahlt wird, auch der Anspruch auf den Beitragszuschuss für die Pflegeversicherung ausgeschlossen. Sachverhalt: Das monatliche Arbeitsentgelt eines privat Pflegeversicherten beträgt 4.500 EUR. Der Beitrag zur privaten Pflegeversicherung beträgt 60 EUR. Beurteilung: Im Falle der Versicherungspflicht würde der Arbeitgeberanteil ab 1. Januar 2012 37,29 EUR (3.825 EUR x 0,975 %) betragen. Der monatliche Beitragszuschuss des Arbeitgebers ist aber nur in Höhe von 30 EUR zu zahlen, da der Zuschuss auf die Hälfte des Beitrages begrenzt wird, den der Beschäftigte tatsächlich für seine private Pflegeversicherung zu zahlen hat. Privat versicherte Arbeitnehmer Arbeitnehmer, die in der privaten Krankenversicherung kranken- und pflegeversichert sind erhalten von ihrem Arbeitgeber einen Zuschuss auch zu ihrem Pflegeversicherungsbeitrag. Voraussetzung ist, dass der Beschäftigte für sich und seine Angehörigen, die bei Versicherungspflicht des Beschäftigten in der sozialen Pflegeversicherung familienversichert wären, Vertragsleistungen beanspruchen kann, die nach Art und Umfang den Leistungen des SGB XI gleichwertig sind. Arbeitnehmer, die nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit und Pflege Anspruch auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben und bei einem privaten Versicherungsunternehmen pflegeversichert sind, erhalten keinen Beitragszuschuss. Sie haben Anspruch auf Beihilfe oder Heilfürsorge des Dienstherrn. Höhe des Beitragszuschusses Als Beitragszuschuss ist der Betrag zu zahlen, der als Arbeitgeberanteil bei Versicherungspflicht des Arbeitnehmers in der sozialen Pflegeversicherung zu zahlen wäre. Die Höhe des Beitragszuschusses richtet sich nach der Hälfte des gesetzlich vorgeschriebenen Beitragssatzes von 1,95 Prozent. Der Zuschuss ist allerdings begrenzt auf die Hälfte des Beitrages, den der Beschäftigte für seine private Pflegeversicherung zu zahlen hat. Ein Beitragszuschuss zu den Aufwendungen für die private Pflegeversicherung ist nicht zu leisten, wenn auch der Anspruch auf den Zuschuss für die Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung ausgeschlossen ist, etwa wenn die Beschäftigung wegen Arbeitsunfähigkeit nicht ausgeübt wird und die Entgeltfortzahlung geendet hat (siehe Beispiel 2). Bei Fragen zum Thema wenden Sie sich bitte an Ihre BKK. Sie können auch das BKK Extra Beitragszuschüsse (www.bkk.de/ extra11) nutzen. 12 BKKService 2/2012

Altersteilzeitgesetz Feststellung der SV-Luft bei einem kombinierten Block- und Teilzeitmodell Beitragsberechnung in einem speziellen Fall der Altersteilzeit Vergleiche Ziffer 3.8.2.1 des gemeinsamen Rundschreibens vom 2.11.2010 (www.bkk.de/service/ 120201) Kommt es bei einer Altersteilzeitarbeit im Blockmodell zu einer nicht zweckentsprechenden Verwendung von Wertguthaben (sogenannter Eintritt eines Störfalls), ist das bis dahin aufgebaute Wertguthaben nach 23b Absatz 2 bis 3 SGB IV für die Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung und nach 10 Absatz 5 AltTZG für die Rentenversicherung der Beitragsberechnung zugrunde zu legen. Der Arbeitgeber hat von Beginn der Altersteilzeitarbeit an das Wertguthaben (Entgeltguthaben und darauf entfallende Arbeitgeberbeitragsanteile) und die SV-Luft zu bilden. Die SV-Luft ist in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung die Differenz zwischen der maßgebenden Beitragsbemessungsgrenze und dem beitragspflichtigen Arbeitsentgelt und nur während der Arbeitsphase zu bilden. Während der Freistellungsphase wird die SV-Luft in der Regel in Höhe des entnommenen Entgeltguthabens schrittweise wieder abgebaut. In der Rentenversicherung errechnet sich die SV-Luft aus der Differenz zwischen dem Regelarbeitsentgelt für die Altersteilzeitarbeit einschließlich der zusätzlichen beitragspflichtigen Einnahme und dem Doppelten des Regelarbeitsentgelts und ist auch in der Freistellungsphase, längstens jedoch bis zum Eintritt des Störfalls, zu bilden. Das im Störfall beitragspflichtige Wertguthaben wird durch Vergleich des Entgeltguthabens mit der SV-Luft festgestellt. Die SV-Luft stellt im Störfall den maximal beitragspflichtigen Betrag des Entgeltguthabens dar. Anders als bei einer Altersteilzeitarbeit im Blockmodell wird bei einer kontinuierlichen Verteilung der Arbeitszeit (Teilzeitmodell) kein Wertguthaben gebildet. Die Bildung von SV-Luft entfällt somit. BKKService 2/2012 13

SOZIALVERSICHERUNG Es gibt jedoch auch Altersteilzeitmodelle, die sowohl Phasen der kontinuierlichen als auch Phasen der diskontinuierlichen Arbeitszeit enthalten (vergleiche Beispiel). Damit wird ein Gleichklang zu Wertguthabenvereinbarungen außerhalb der Altersteilzeit hergestellt, denn dort ist nach dem erstmaligen Aufbau von Wertguthaben auch dann die SV-Luft zu bilden, wenn im jeweiligen Monat kein weiteres Wertguthaben gebildet wird. Für die Bildung von SV-Luft ist infolgedessen nicht danach zu unterscheiden, in welcher Phase sich der Arbeitnehmer während der Arbeitsphase befindet. Die SV-Luft ist somit auch in der Teilzeitphase zu bilden, in der kein weiteres Wertguthaben aufgebaut wird. Durch diese Betrachtung kann sich gegebenenfalls eine umfangreichere Beitragspflicht von Entgeltguthaben im Störfall ergeben. In der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung kann dies durch die Anwendung des sogenannten Optionsmodells ausgeschlossen werden. In der Rentenversicherung, in der das Optionsmodell nicht zulässig ist, kann das Entgeltguthaben zwar im erhöhten Maße der Beitragspflicht unterliegen. Allerdings wird dies in der Praxis nur selten vorkommen, da durch die Berücksichtigung von einmalig gezahltem Arbeitsentgelt und beitragspflichtiger unregelmäßiger Arbeitsentgeltbestandteile die SV-Luft häufig bis auf 0 EUR gemindert ist. Weitere Informationen zu Altersteilzeitregelungen finden Sie im BKK Extra Altersteilzeitarbeit (www.bkk.de/ extra18). BEISPIEL Sachverhalt: Vereinbarung von Altersteilzeitarbeit über acht Jahre im kombinierten Block- und Teilzeitmodell Arbeitsphase (Vollzeit) 01.07.2010 31.12.2011 Arbeitsphase (hälftige Teilzeit) 01.01.2012 31.12.2016 Freistellungsphase 01.01.2017 30.06.2018 Beurteilung: Dieses Altersteilzeitmodell ist als ein einheitliches diskontinuierliches Arbeitszeitmodell zu betrachten, selbst wenn es Phasen der kontinuierlichen Verteilung der Arbeitszeit enthält. Innerhalb eines solch kombinierten Block- und Teilzeitmodells ist sowohl in der Vollzeit- als auch in der Teilzeitarbeitsphase die SV-Luft zu bilden. Das insgesamt aufgebaute Wertguthaben ist somit im Falle einer vorzeitigen Beendigung der Altersteilzeitvereinbarung (ohne Übertragung des Wertguthabens auf einen neuen Arbeitgeber oder die Deutsche Rentenversicherung Bund) begrenzt auf die festgestellte SV-Luft beitragspflichtig. 14 BKKService 2/2012

ARBEITSRECHT Aktuelle Urteile Bildung von Altersgruppen für Sozialauswahl zulässig Arbeitgeber können weiterhin Altersgruppen bilden, um eine ausgewogene Altersstruktur zu erzielen, wenn sie eine Sozialauswahl durchführen. Der entsprechende 1 Absatz 3 Satz 2 des Kündigungsschutzgesetzes verstößt nicht gegen das EU-Verbot der Altersdiskriminierung (Richtlinie 2000/78/EG). Eine Arbeitnehmerin hatte den Zuschnitt der Altersgruppen ihres Arbeitgebers und des Betriebsrates per Auswahlrichtlinie bemängelt und die Zulässigkeit der Bildung von Altersgruppen insgesamt infrage gestellt. Das BAG entschied, dass die Altersgruppenbildung zwar zu einer Ungleichbehandlung führen könne, diese sei aber durch rechtmäßige Ziele der Beschäftigungspolitik gerechtfertigt. Die Sozialauswahl habe einerseits die schlechteren Chancen älterer Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt und andererseits die Benachteiligung jüngerer Arbeitnehmer durch lineare Regelungen zu berücksichtigen. Beide Aspekte würden aber in Satz 1 und 2 KSchG ausreichend gewürdigt und geregelt. Außerdem fördere die derzeitige Regelung die sozialpolitischen Ziele der Generationengerechtigkeit und der Mitarbeitervielfalt. BAG vom 15.12.2011 2 AZR 42/10 Begründete Kettenbefristungen kontrolliert möglich Befristete Arbeitsverträge wegen Vertretungsbedarfs dürfen verlängert werden, wenn der Bedarf wiederkehrt oder auch ständig besteht. Im verhandelten Fall war eine Arbeitnehmerin elf Jahre lang mit 13 aufeinanderfolgenden befristeten Arbeitsverträgen als Vertretungskraft bei ein und demselben Arbeitgeber beschäftigt. Sie vertrat die Ansicht, dass kein Grund für eine Befristung mehr vorliege, da der Bedarf an Vertretungen nicht vorübergehend gewesen sei. Der EuGH stellte fest, die Mitgliedsstaaten hätten einen Missbrauch aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge zu vermeiden und geeignete sachliche Gründe für Befristungen festzulegen. Selbst wenn der Bedarf erkennbar dauerhaft bestehe, könne es sachliche Gründe für eine Befristung des Arbeitsvertrages geben. Der Arbeitgeber kann dann nicht gezwungen werden, die Ersatzkraft unbefristet einzustellen. Allerdings hätten die nationalen Gerichte auch Anzahl und Gesamtdauer der mit demselben Arbeitgeber geschlossenen Arbeitsverträge zu berücksichtigen, wenn sie über die Rechtfertigung des sachlichen Grundes entschieden. EuGH vom 26.1.2012 C-586/10 Betriebsrat muss Wiedereingliederung überwachen Arbeitgeber müssen Arbeitnehmern, die innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen erkrankt waren, ein betriebliches Eingliederungsmanagement (bem) anbieten ( 84 Absatz 2 Satz 1 SGB IX). Der Betriebsrat hat dies zu prüfen und kann hierfür ohne Einwilligung der Betroffenen die Nennung der Namen aller Arbeitnehmer verlangen, die für die Durchführung eines bem infrage kommen. Im konkreten Fall bestand eine Betriebsvereinbarung zum bem, nach der der Betriebsrat quartalsweise ein Verzeichnis der Mitarbeiter erhalten sollte, die für ein bem in Betracht kommen. Der Arbeitgeber wollte aus datenschutzrechtlichen Gründen die Namen der infrage kommenden Mitarbeiter jedoch nur herausgeben, wenn die Betroffenen zustimmten. Die Richter des Bundesarbeitsgerichts gaben dem Betriebsrat recht, für die Ausübung seines gesetzlichen Überwachungsrechts die betroffenen Arbeitnehmer kennen zu müssen. Die namentliche Nennung der Arbeitnehmer verstoße weder gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen noch gegen das Unionsrecht. BAG vom 7.2.2012 1 ABR 46/10 BKKService 2/2012 15

ARBEITSRECHT Kein Job und keine Erklärung? Auskunftsansprüche abgelehnter Stellenbewerber Bewerber könnten Anspruch auf Auskunft zur Stellenbesetzung bekommen Bereits im Jahre 2006 wurde das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) eingeführt. Im Grundsatz können Bewerber laut AAG eine Entschädigung vom ausschreibenden Arbeitgeber verlangen, wenn es bei der Stellenvergabe nicht mit rechten Dingen zugegangen ist. Spielen nicht fachliche Gründe die Hauptrolle, sondern beispielsweise das Geschlecht, das Alter oder eine Behinderung, kann der abgelehnte Bewerber bis zu drei Monatsgehälter als Entschädigung einfordern und darüber hinaus weitere Schadenersatzansprüche geltend machen, sofern es sich um die ernsthafte Bewerbung eines qualifizierten Bewerbers gehandelt hat. Dieser müsste dann vor dem Arbeitsgericht so überzeugende Indizien vortragen, dass eine diskriminierende Ungleichbehandlung anzunehmen ist. Für den abgelehnten Bewerber ist es aber oft kaum möglich, diesen Indizienbeweis zu führen. Der schwierige Nachweis vor Gericht Üblicherweise gilt auch im Arbeitsgerichtsprozess, dass jede Prozesspartei die Tatsachen beweisen muss, auf die sie sich im Verfahren beruft. Jedoch ist es für einen Kläger, der geltend machen will, vom Arbeitgeber diskriminiert worden zu sein, nicht immer einfach, den Beweis der Ungleichbehandlung mit absoluter Sicherheit zu führen. 22 AGG enthält deshalb eine Regelung zur Beweiserleichterung und verlangt nur, dass der Kläger gewichtige Hinweise, aber eben keine wasserdichten Tatsachen darlegen muss, die auf eine Diskriminierung schließen lassen. Die Entkräftung ist dann Sache des Beklagten. Trotz dieser Beweiserleichterung ist es für den Kläger oft schwierig, den Nachweis der ungerechtfertigten Benachteiligung zu führen. So hatte sich zum Beispiel eine Bewerberin im Prozess auf eine Datenauswertung gestützt und legte durchaus überzeugend dar, dass im Zielunternehmen die Zahl der Frauen in Führungspositionen in keinem Verhältnis zum weiblichen Beschäftigungsanteil der Belegschaft stünde. Nachdem sie in einem Auswahlverfahren einem männlichen Mitbewerber unterlegen war, begründete sie ihre Klage im Wesentlichen damit, dass eine Diskriminierung wegen des Geschlechts zu vermuten sei, wenn in einer bestimmten Hierarchieebene sämtliche Posten mit Männern besetzt würden. Nachdem sie mit dieser Argumentation zunächst vor dem LAG erfolgreich war, vertrat das BAG die Auffassung, dass eine Statistik zwar durchaus Indizienwert haben könne und auch der Umstand, dass in einer oberen Hierarchieebene ein deutlich geringerer Frauenanteil vorliege als im Gesamtunternehmen, beweiserheblich sein könne. ln einer Entscheidung aus dem Jahre 2010 (BAG, 8 AZR 1012/08 22.7.2010) vertraten die Richter des BAG die Meinung, 16 BKKService 2/2012

dass greifbare Anhaltspunkte für die Annahme einer geschlechtsbezogenen Benachteiligung vorgetragen werden müssen. Nach deutschem Recht kein Auskunftsanspruch... Immer wieder diskutiert wird auch, ob abgelehnte Bewerber zur Beweiserleichterung Auskunftsansprüche gegenüber Mitbewerbern haben, um eventuell unter Zuhilfenahme dieser Auskünfte leichter darlegen können, ob die Stellenvergabe korrekt erfolgt ist. Das deutsche Rechtssystem kennt einen solchen Auskunftsanspruch jedoch nicht. Hiergegen sprechen oft Grundsätze des Datenschutzes und des Persönlichkeitsrechts. Die europäischen Antidiskriminierungs-Richtlinien enthalten hier auch keinerlei hilfreiche Verpflichtungen, Auskünfte über Mitbewerber ohne eindeutig nachvollziehbare Anhaltspunkte für eine Diskriminierung zu erteilen (EuGH, 21.7.2011 C-104/10).... aber es zeichnet sich Bewegung ab Trotzdem gab das BAG den Fall einer Klägerin, die sich zweimal bei demselben Arbeitgeber beworben hatte und ohne Angaben beide Male eine Absage erhielt, an den EuGH weiter. Dieser soll nun klarstellen, ob ein Bewerber Auskunft verlangen kann, ob und nach welchen Kriterien eine Stelle vergeben worden ist, wenn er selbst nicht zum Zuge gekommen ist, obwohl er sich für hinreichend qualifiziert hält und ihm darüber hinaus sogar Entschädigungsansprüche zustehen. Weiterhin möchten die Richter des BAG vom EuGH wissen, ob man von einer Diskriminierung schon dann ausgehen kann, wenn der Arbeitgeber diese begehrten Auskünfte nicht erteilt (BAG, 20.5.2010 8 AZR 287/08(A)). Eine Entscheidung zu diesen durchaus interessanten Fragestellungen steht derzeit noch aus. PRAXISHINWEIS BKK Service wird die Entscheidung des EuGH intensiv verfolgen und Sie rechtzeitig über die Konsequenzen hinsichtlich etwaiger Dokumentationspflichten informieren. BKKService 2/2012 17

STEUERRECHT Der Start der großen Reisekostenreform Neue Regeln zur regelmäßigen Arbeitsstätte sind erst der Auftakt BEISPIEL Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat die bisherige Definition des Begriffs regelmäßige Arbeitsstätte endgültig gekippt (BKK Service berichtete über die Planung in Ausgabe 6/2011). Bisher ging die Finanzverwaltung von einer regelmäßigen Arbeitsstätte aus, sobald der Arbeitnehmer die betriebliche Einrichtung durchschnittlich an einem Arbeitstag je Arbeitswoche im Kalenderjahr aufsuchte oder aufzusuchen hatte (R 9.4 Absatz 3 Satz 3 LStR 2011). Diese sogenannte 46-Tage-Regelung konnte dazu führen, dass Arbeitnehmer innerhalb eines Dienstverhältnisses mehrere regelmäßige Arbeitsstätten begründeten. Dies wirkte sich negativ auf die Gewährung von Reisekosten aus und führte bei Mitarbeitern mit Firmenwagen dazu, dass neben dem Ein-Prozent- und 0,03-Prozent-Pauschalbetrag ein zusätzlicher geldwerter Vorteil von 0,002 Prozent des Listenpreises pro Kilometer für Fahrten zu den regelmäßigen Arbeitsstätten angesetzt werden musste (siehe Beispiel). Ein Arbeitnehmer, dem ein Firmenwagen zur Verfügung steht, begründete bisher zwei regelmäßige Arbeitsstätten, eine näher gelegene 10 km, die weiter entfernte 50 km von seiner Wohnung entfernt. Der Arbeitnehmer sucht die näher gelegene Arbeitsstätte an 15 Arbeitstagen im Monat mit seinem Firmenwagen (Listenpreis 30.000 EUR) von seiner Wohnung aus auf. Die weiter entfernt liegende regelmäßige Arbeitsstätte sucht er an fünf Tagen im Monat auf. Für den Mitarbeiter ergab sich bisher folgender steuerpflichtiger geldwerter Vorteil für die Nutzung des Dienstwagens im Monat: Privatnutzung: 1 % von 30.000 EUR = 300 EUR Fahrten Wohnung zur näher gelegenen regelmäßigen Arbeitsstätte 0,03 % von 30.000 EUR 10 km = 90 EUR Fahrten Wohnung zur weiter entfernt liegenden regelmäßigen Arbeitsstätte 0,002 % von 30.000 EUR 40 km (50 km 10 km) 5 Arbeitstage = 120 EUR geldwerter Vorteil insgesamt 510 EUR Durch das BMF-Schreiben vom 15.12.2011 (IV C 5 S 2353/08/1001) können Arbeitnehmer jetzt nur noch maximal eine regelmäßige Arbeitsstätte haben, sodass der zusätzliche Nutzungswert in Höhe von 0,002 Prozent des Listenpreises des Fahrzeugs je Differenzkilometer nicht mehr anzusetzen ist. Neue Grundsätze zur Bestimmung der regelmäßigen Arbeitsstätte Nach der geänderten BFH-Rechtsprechung wird laut BMF-Schreiben keine regelmäßige Arbeitsstätte mehr begründet, wenn der Arbeitnehmer aufgrund der dienstrechtlichen/ arbeitsvertraglichen Festlegungen l einer betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers dauerhaft zugeordnet ist oder l in einer betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers arbeitstäglich, je Arbeitswoche einen vollen Arbeitstag oder mindestens 20 Prozent seiner ver - einbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll (Prognoseentscheidung). Für den Nachweis der regelmäßigen Arbeitsstätte gegenüber der Finanzbehörde kann der Arbeitgeber somit die arbeitsvertraglichen Regelungen zugrunde legen. Soll im Einzelfall geltend gemacht werden, dass eine andere betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers die regelmäßige Arbeitsstätte des Mitarbeiters darstellt, ist dies anhand des inhaltlichen (qualitativen) Schwerpunktes der beruflichen Tätigkeit nachzuweisen oder glaubhaft zu machen. Nach dem Wortlaut des BMF-Schreibens kann eine regelmäßige Arbeitsstätte außerdem ausschließlich an einer betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers entstehen. Entsprechend können das häusliche Arbeitszimmer des Arbeitnehmers oder Einrichtungen von Kunden keine regelmäßige Arbeitsstätte des Arbeitnehmers darstellen, selbst wenn er diese Orte regelmäßig aufsucht. 18 BKKService 2/2012

Die Klärung der regelmäßigen Arbeitsstätte für weiträumige Arbeitsgebiete steht noch aus. Weitere Änderungen im Reisekostenrecht zu erwarten Das Bundesfinanzministerium hat dem Bundestag am 24. Januar 2012 einen Bericht vorgelegt, nach dem das komplexe steuerliche Reisekostenrecht künftig weiter vereinfacht werden kann. Die Vorschläge sollen zu mehr Rechtssicherheit führen, eine vereinfachte Handhabbarkeit gewährleisten sowie zur Entlastung von Arbeitnehmer und Arbeitgeber beitragen. Kernpunkt der geplanten Reform: Es soll nun auch gesetzlich festgestellt werden, dass es für jedes Arbeitsverhältnis nur eine regelmäßige Arbeitsstätte als sogenannte erste Tätigkeitsstätte geben kann. Für die Bestimmung dieser ersten Tätigkeitsstätte kann der Arbeitgeber vereinfachend auf die arbeits-/dienstrechtlichen Festlegungen, quantitativen Kriterien und die räumliche Nähe zur Wohnung des Arbeitnehmers abstellen. Darüber hinaus sollen die Sonderfälle des weiträumigen Arbeitsgebietes (zum Beispiel Wald- oder Hafengebiet, Zustell- und Kehrbezirk), der Fahrtätigkeit sowie der Einsatzwechseltätigkeit gesetzlich geregelt werden. Umfangreiche Änderungen sind auch bei den Pauschalen für Verpflegungsmehraufwendungen geplant. Derzeit verursachen die dreistufige Staffelung (6/12/24 EUR), die Ermittlung und Überwachung der Mindestabwesenheitszeiten sowie die Berechnung der Dreimonatsfrist erheblichen Bürokratieaufwand. Über die aktuelle Entwicklung der Vorhaben informiert Sie der BKK Service weiterhin. Ausführliche Erläuterungen zum Reisekostenrecht finden Sie im BKK Extra Reisekosten unter www.bkk.de/extra9. BKKService 2/2012 19

BETRIEBLICHES GESUNDHEITSMANAGEMENT Neue Anforderungen, andere Krankheiten Weniger körperliche, mehr psychische Erkrankungen der Trend hält an Der durchschnittliche Krankenstand der beschäftigten BKK Pflichtmitglieder ist 2010 gegenüber dem Vorjahr erneut leicht angestiegen von 3,94 auf 4,06 Prozent. Ursachen für diesen seit 2006 anhaltenden Trend sehen die Autoren des gerade erschienenen BKK Gesundheitsreports 2011 in l demografischen Veränderungen, l der Zunahme großer Unternehmen (mindestens 200 Beschäftigte), in denen deutlich höhere krankheitsbedingte Ausfälle verzeichnet werden als in Kleinund Kleinstbetrieben sowie l wachsenden Belastungen durch steigende Leistungsanforderungen bei zunehmender Arbeitsplatzunsicherheit. Seltener, aber länger krank der Wandel in der Arbeitswelt Die Zunahme von Arbeitsplätzen in der Informations- und Wissensdienstleistungsbranche gegenüber Beschäftigungen in den industriellen Fertigungen führte zwar durch die sinkende körperliche Belastung zu einem Rückgang des Krankenstands insgesamt. Steigende Anforderungen und hoher Leistungsdruck verursachten allerdings in spezialisierten Berufen gleichzeitig neue Krankheitsbilder, wie etwa psychische Krankheiten, die in schweren Fällen besonders lange Arbeitsunfähigkeitszeiten auslösen. Auch bei den Krankheitsarten der erwerbstätigen BKK Pflichtmitglieder macht sich die Dynamik der Arbeitswelt bemerkbar (siehe Diagramm). Während die Muskel- und Skeletterkrankungen die Statistik der häufigsten Krankheitsarten bereits seit den 1990er Jahren anführen mit einer Verschiebung zu mehr Rückenerkrankungen im vergangenen Jahrzehnt, ist der Anteil der Verdauungserkrankungen um mehr als die Hälfte (1976: 13,1 Prozent; 2010: 5,8 Prozent), jener der Herz- und Kreislauferkrankungen um fast zwei Drittel (1976: 12,4 Prozent; 2010: 4,5 Prozent) gesunken. Stark zugenommen haben dagegen psychische Erkrankungen, die 2010 mit 12,0 Prozent an vierter Stelle der häufigsten Erkrankungen stehen, bei Frauen mit 15,5 Prozent sogar an zweiter Stelle. Die hierdurch verursachten Arbeitsunfähigkeitstage haben sich bei den beschäftigten BKK Pflichtversicherten von 1976 bis 2010 mehr als verfünffacht. Krankheitsarten nach Branche Die Häufigkeit der Erkrankungen differiert je nach Branche und Beruf. Muskel- und Skeletterkrankungen traten besonders häufig in der Abfallentsorgung und bei den Postdiensten auf (jeweils rund 33 Prozent aller AU-Tage) sowie in eher industriellen Branchen (um die 32,0 Prozent). Atemwegserkrankungen betrafen besonders stark Unternehmen der Datenverarbeitung (21,1 Prozent der AU-Tage), Beschäftigte im Erziehungswesen (19,9 Prozent) sowie im Kredit- und Versicherungsgewerbe (19,5 Prozent). 178 Tage 202 Ta 86 Tage 61 Tage 67 Tage Infektionen Kreislaufsystem Verdauungssystem Psychische Störungen Verletzu Vergiftu AU-Tage je 100 beschäftigte BKK Pflichtmitglieder Bundesgebiet 2010. 20 BKKService 2/2012