A. N. Danilewsky 1. Inhalt des 1. Kapitels

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Transkript:

A. N. Danilewsky 1 Inhalt des 1. Kapitels 1 Vom Raumgitter zur Kristallstruktur... 2 1.1 Definition und Nomenklatur... 2 1.2 Gittergerade...4 1.3 Gitterebene...4 1.4 Raumgitter...5 1.5 Kristallsysteme... 7 1.6 Kristallographische Bezeichnungen für Punkte, Geraden, Netzebenen... 7 1.6.1 Gitterpunkt uvw... 8 1.6.2 Gittergerade [uvw]... 8 1.6.3 Gitterebenen und ihre Indizierung... 10 1.7 Kristallstruktur... 11 1.8 Beispiele... 13

2 Kristallographie I 1 Vom Raumgitter zur Kristallstruktur 1.1 Definitionen und Nomenklatur Aggregatzustände: Chemische Elemente und ihre Verbindungen können gasförmig, flüssig oder fest vorliegen Gas, Flüssigkeit: atomare/molekulare Teilchen sind ungeordnet und gegeneinander frei beweglich, im statistischen Mittel gleichmäßig verteilt = statistisch homogen => makroskopisch isotrop (Eigenschaften in alle Richtungen gleich Feste Phase: a) Glas: ebenfalls ungeordnete Teilchen, "unterkühlte Schmelze", statistische Homogenität => isotrop, man spricht von amorphen Körpern z. B. Obsidian (natürliches Glas), sonst in der Natur selten: Metastibnit (Sb 2 S 3, St. Ulrich); künstliche Gläser, amorphe Metalle etc. b) Kristalliner Zustand: gesetzmäßige Ordnung der Teilchen erzeugt dreidimensionale periodische Anordnung, reelle periodische Homogenität => dreidimensionales Kristallgitter die Punktlagen, die von Bausteinen eingenommen werden, bilden mathematisch ein dreidimensionales Punkt- oder Raumgitter und ist damit reell, homogen, unendlich = Diskontinuum (die Oberfläche stellt also eine Störung des Diskontinuums dar) Eigenschaften in alle Richtungen unterschiedlich => anisotrop Gegenteil Kontinuum: bei der Betrachtung der äußeren Gestalt und vieler physikalischer und chemischer Eigenschaften erscheinen uns Kristalle als kontinuierlich mit Masse gefüllte Körper

A. N. Danilewsky 3 Beispiele: Disthen (Härte), Steinsalz (Spaltbarkeit),Cordierit (Farbe), Gips (Wärmeleitfähigkeit) Abb. 1.1.1 Abb. 1.1.2 Abb. 1.1.3 Handstück Cordierit Mg 2 Al 3 [AlSi 5 O 18 ] Kristalle erscheinen: idiomorph mit ausgebildeten, glatten Flächen xenomorph als unregelmäßige Körner einkristallin als mehr oder weniger perfektes Individuum polykristallin als meist regellose Verwachsung von Kristallindividuen homogen: heterogen: eine Phase (Kristall) mehrphasig (z.b. viele verschiedene Kristalle im Gestein) J.Kepler 1611: erste Hinweise auf ein Bauprinzip aus der Beobachtung von Schneeflocken: Beschreibung der Entstehung von hexagonalen Schneekristallen durch Anlagerung "kugelförmiger Dunsttröpfchen" R. J. Haüy 1784: Prinzip der kleinsten Spaltkörperchen L. A. Seeber 1822: Hypothese: "Versuch einer Erklärung des Baues der festen Körper" (Freiburg) Max v. Laue 1912: Bestätigung durch Röntgenbeugung

4 Kristallographie I Definition: Ein Kristall ist ein anisotroper homogener Körper, der eine dreidimensional periodische Anordnung der Bausteine besitzt. D.h.: Das anisotrope, reell homogene Diskontinuum ist die charakteristische Erscheinungsform der Kristalle Es folgt die mathematische Herleitung des Raumgitters ausgehend von einem Gitterpunkt 1.2 Gittergerade Gegeben ist ein Punkt 0 und ein Vektor a r Abb. 1.2.1 Verschiebung des Punktes 0 um a r ergibt Punkt 1 Verschiebung des Punktes 1 um a r ergibt Punkt 2, usw. Es entsteht eine Reihe von Punkten, die jeweils durch die Verschiebung zur Deckung gebracht werden: Deckoperation = Gitter-Translation Punkte, die durch eine Gitter-Translation entstehen, liegen auf einer Gittergeraden Gegeben ist ein Punkt 0 und ein Vektor a r Alle Punkte die durch Gitter-Translation ineinander übergeführt werden können, heißen identische/translatorisch gleichwertige Punkte Der Betrag des Verschiebevektors a r wird als Gitterparameter a 0 bezeichnet: a r = a 0 1.3 Gitterebene Zusätzlicher Vektor b r ( b r r r a ), der mit a den Winkel γ einschließt: a r b r = γ Die Vektoren a r und b r spannen eine Elementarmasche auf Translation der Gittergeraden um b r ergibt eine Gitter- bzw. Netzebene

A. N. Danilewsky 5 Die Elementarmasche a r = a 0, b r = b 0, γ 0 beschreibt die ganze Netzebene vollständig: führt man mit den Punkten der Elementarmasche eine Gitter-Translation durch, so kommen sie immer wieder mit anderen Punkten zur Deckung. Eine Netzebene enthält nicht nur die Gitter-Translationen parallel a r und b r sondern eine unendliche Zahl anderer Gitter-Translationen Abb. 1.3.1: Elementarzelle 2D 1.4 Raumgitter Abb. 1.4.1: Elementarzelle 3D Zusätzlicher Vektor c r a r a r b r mit den Winkeln a r c r = β und b r c r = α Aufstellung beachten: Rechtssystem! ist auf den Betrachter, b r nach rechts und c r nach oben gerichtet

6 Kristallographie I Translation der Netzebene um c r führt zu einem dreidimensionalen Raumgitter Die Vektoren a r b r c r spannen eine Elementarzelle (EZ) auf Das Einwirken der Gitter-Translation auf die Elementarzelle ergibt wieder das Raumgitter Die Elementarzelle enthält also die Gesamtinformation des Raumgitters Jede EZ hat 8 Ecken und 6 "Flächen" (Parallelepiped) Ein Eckpunkt D gehört zu 8 umgebenden Elementarzellen, also zu einer EZ nur zu 1/8 Eine EZ mit 8 Ecken besitzt also 8 x 1/8 = 1 Gitterpunkt EZ mit nur 1 Gitterpunkt heißen einfach primitiv mit dem Symbol P Ein Raumgitter besitzt unendlich viele Gitterpunkte, Gittergeraden und Netzebenen Die Metrik einer EZ ist durch 6 Größen der Gitterkonstanten gegeben: Translationsbeträge: a r = a 0 Winkel: a r b r = γ b r = b 0 c r = c 0 a r c r = β b r c r = α Entsprechend den Vektoren a r, b r, den kristallographischen Achsen a, b, c in das Gitter c r legt man ein Koordinatensystem oder Achsenkreuz mit Aufstellung beachten, s. o. und Abb. 1.5.1!

A. N. Danilewsky 7 1.5 Kristallsysteme In der Kristallographie ist es üblich, Koordinatensysteme zu verwenden, die dem jeweiligen Kristallgitter angepaßt sind. Man unterscheidet 7 Kristallsysteme, wobei die 7 Achsenkreuze den 7 Grundformen der primitiven EZ entsprechen. 1.6 Kristallographische Bezeichnungen für Punkte, Geraden, Netzebenen Abb. 1.5.1: 7 Kristallsysteme (nach Klockmann, 1978)

8 Kristallographie I 1.6.1 Gitterpunkt uvw Zu jedem Gitterpunkt des Raumgitters führt ein Vektor r τ vom Ursprung aus: r τ = u a r + v b r + w c r a r, b r, c r sind die Basisvektoren, die durch die Koordinaten u, v, w skaliert werden u, v, w werden zu einem Zahlentripel zusammengefaßt: uvw z. B. Abb. 1.6.1: r τ = 2 a r + 3 b r + 1 c r => 231 Koordinaten der Eckpunkte: 000, 100, 010, 001, 110, 101, 011, 111 zur Beachtung: bei negativen Achsenabschnitten wird das Minus-Zeichen über die Ziffer geschrieben! Also z. B. 1, 2 etc. 1.6.2 Gittergerade [uvw] Die Lage einer Geraden in einem Koordinatensystem ist durch 2 Punkte festgelegt Abb. 1.6.1: Raumgitter, Geraden Im Beispiel von Abb. 1.6.1 geht die Gerade durch die Punkte 000 und 231

A. N. Danilewsky 9 Geht eine Gittergerade durch 000 bestimmt der 2. Punkt die Richtung Angabe der Richtung in eckigen Klammern [231], allgemein [uvw] Jede Gittergerade läßt sich durch Parallelverschiebung durch den Ursprung 000 legen In Vektorschreibweise: Vektor τ r repräsentiert die Schar der Vektoren mit der Richtung [uvw] r r r r τ = u a + v b + w c Das Tripel [uvw] repräsentiert nicht nur die Gittergerade die 000 und uvw schneidet, sondern eine unendliche Schar zu ihr paralleler Gittergeraden, die den gleichen Translationsbetrag besitzen. Verwendet werden nur kleinste (positive) Zahlentripel, z. B. Abb. 1.6.2: Gerade A geht durch die Punkte 2 1 0, 000, 210, 420 Die Zahlentripel haben alle das selbe Verhältnis u : v : w = 2 : 1 : 0 Gittergeraden parallel a r werden mit [100], parallel b r mit [010], parallel c r mit [001] bezeichnet [1 3 0] und [ 1 3 0] bzw. [ 2 1 0] und [210] bezeichnen als Richtung und Gegenrichtung dieselbe Gerade Abb. 1.6.2: Projektion in die a-b-ebene, c r = 0

10 Kristallographie I 1.6.3 Gitterebenen und ihre Indizierung Mathematisch ist eine Ebene durch 3 Punkte eindeutig bestimmt. Geschnitten werden: die Achsen in den Koordinaten a-achse: m00 b-achse: 0n0 c-achse: 00p m,n,p müssen im Gegensatz zu uvw nicht ganzzahlig sein! Die direkten Koordinaten mnp heißen Weißsche Koeffizienten Häufiger werden die reziproken Werte verwendet: a-achse: h ~ 1/m b-achse: k ~ 1/n c-achse: l ~ 1/p Die Millerschen Indizes (hkl) sind die kleinsten ganzzahligen gemeinsamen Vielfache der reziproken Achsenabschnitte z. B. Abb. 1.6.3: Ebene 1 schneidet die Achsen in m=1, n=1, p=1 => Weißsche Koeffizienten 111 => Kehrwerte und kleinste gemeinsame Vielfache sind 111 => Millersche Indizes sind (111) Ebene 2 schneidet in m=1, n=2, p=2 Weißsche Koeffizienten 122 => Kehrwerte und kleinste gemeinsame Vielfache sind 1 1/2 1/2 => Millersche Indizes sind (211) Abb. 1.6.3: Beispiel für Millersche Indizes

A. N. Danilewsky 11 Verläuft eine Ebene parallel zu Achsen, z.b. zu b- und c-achse, so hat sie nur einen Schnittpunkt mit der a-achse. Als Weißsche Koeffizienten ergeben sich 1, da mathematisch Parallelität als Schnittpunkt im Unendlichen verstanden wird. Die Kehrwerte 1 1/ 1/ ergeben somit die Millerschen Indizes (100). 1.7 Kristallstruktur Das Raumgitter aus Punkten stellt eine ideale, mathematische Konstruktion dar Besetzung der mathematische Punkte mit gleichartigen Atomen, Ionen, Molekülen oder allgemein mit gleichartigen Bausteinen ergibt das Kristallgitter. Dabei wird das Punktgitter durch die Schwerpunkte gleichartiger Bausteine gebildet Beschreibung der Lage eines Punktes innerhalb einer Elementarzelle durch den Vektor r : r r r r = x a + y b + z c Die Koordinaten innerhalb einer EZ werden wiederrum zu einem Zahlentripel zusammengefaßt: x,y,z mit 0 x,y,z < 1 Abb. 1.7.1: Koordinaten x,y,z Beispiel 1: 3-dim. Anordnung der Bausteine in den Ecken eines Würfels (α- Pollonium) Abb. 1.7.2: als Kugelmodell mit kugelförmigen Atomen Abb. 1.7.2: kubisch primitiv Koordinaten der Atome: 0,0,0; 1,0,0; 0,1,0; 0,0,1; 1,1,0; 1,0,1; 0,1,1; 1,1,1 (vergl. Abb. 1.6.1) primitives oder P- Gitter

12 Kristallographie I Beispiel 2: Abb. 1.7.3: (a) rechtwinkliges Gitter mit a b, (b) Anordung der verschiedenen Bausteine A, B, C in der Elementarzelle (c) Kristallstruktur Abb. 1.7.3: Zusammenhang Gitter, Basis, Kristalltruktur (nach Borchardt-Ott) Gitter Basis

A. N. Danilewsky 13 A liege auf 000 Die Lage von B,C innerhalb einer Elementarzelle können dann wieder durch Vektor r r 1,2 beschrieben werden: r 1,2 = x 1,2 a r + y 1,2 b r + z 1,2 c r also A: 0,0,0 B: x 1,y 1,z 1 C: x 2,y 2.z 2 Die Anordung der Bausteine A,B,C in einer Elementarzelle heißt Basis es gilt: Gitter + Basis = Kristallstruktur Ein mathematisches Punktgitter wird also zu einer physikalischen Kristallstruktur, wenn jeder Gitterpunkt mit einer gleichartigen Basis von atomaren Teilchen besetzt ist. Nicht nur die A-Atome sondern auch die B- und C-Atome liegen auf konkruenten Gittern. Diese sind durch die Beträge der Vektoren r r 1,2 gegeneinander verschoben. Alle Bausteine einer Kristallstruktur unterliegen dem gleichen Translationsprinzip. Alle Gitterebenen (hkl) und Gittergeraden [uvw] können mit ganzen rationalen Zahlen dargestellt werden, Koordinaten von Atomlagen in einer Elementarzelle x, y, z mit gebrochen rationale Zahlen, Abstände im Gitter mit reelle Zahlen. Definition (Wiederholung): Kristalle sind diejenigen festen chemischen Substanzen, die eine dreidimensionale periodische Anordnung der Bausteine, also eine Kristallstruktur. besitzen und sind damit ein reelles, homogenes, anisotropes Diskontinuum 1.8 Beispiele Steinsalz NaCl kristallisiert kubisch mit der Gitterkonstanten a 0 = 0,562767 nm d.h.: a 0 = b 0 = c 0 = 0,562767 nm und α = β = γ = 90 und besitzt je 4 Ionen Na + und Cl - in der Elementarzelle, d.h. Formeleinheiten Z = 4

14 Kristallographie I Abb. 1.8.1: NaCl Struktur Die Basis ist: Cl - : 0,0,0 ½, ½, 0 ½, 0, ½ 0, ½, ½ Na + : ½,00 0, ½, 0 0,0, ½ ½, ½, ½ Berechnung der Dicht ρ: ρ = m/v g/cm 3 mit: m = Masse der sich in der EZ befindenden Bausteine (Formeleinheiten) V = Volumen der EZ die Masse erhält man aus dem Periodensysztem der Elemente über die Beziehung: mit: M = molare Masse m = M x Z/N A N A = Avogadro-Konstante = 6,022 x 10 23 mol -1 also: Z M ρ = g/cm 3 N V A Für NaCl ergibt sich also mit M Na = 22,99 g/mol und M Cl =35,453 g/mol: 4 58,443 ρ = = 2,187 g/cm 3 23 3 24 6,022 10 5,62 10 Da die Gitterkonstanten meist aus Röntgenbeugungsexperimenten ermittelt werden, spricht man auch von der Röntgendichte