Integrationsplanung als Voraussetzung für eine erfolgreiche Systemintegration Von Dipl.-Ing. Achim Heidemann, VDI

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Transkript:

Auszug aus dem DE-Jahrbuch Gebäudetechnik 2007 Integrationsplanung als Voraussetzung für eine erfolgreiche Systemintegration Von Dipl.-Ing. Achim Heidemann, VDI Funktionierende Gebäude können nur entstehen, wenn sie mit einem ganzheitlichen Ansatz geplant und errichtet werden. Dies gilt insbesondere für den technischen Ausbau oder wie in der DIN 276 benannt die Technische Gebäudeausrüstung (TGA), deren Anteil an den Gesamt-Herstellkosten nach wie vor signifikant zunimmt und die einen erheblichen Teil der Funktionalität eines Gebäudes beeinflussen. Bindeglied zwischen den Systemen und Geräten der verschiedenen Gewerke der TGA ist die Automatisierungstechnik, die heute aus keinem technischen Gewerk mehr wegzudenken ist. Hinzu kommt, dass Zweckgebäude immer seltener als eigenständiger Wert gesehen (Immobilienwert) angesehen werden. Vielmehr liegt die Bewertung darin, in welcher Form ein Gebäude die Wertschöpfungsprozesse einer Organisation unterstützt. Das Gebäude wird also als Betriebsmittel betrachtet. Das Gebäude als Betriebsmittel muss der von ihm erwarteten Nutzung entsprechen. Auch bei dieser Nutzung von Gebäuden spielt die Technische Gebäudeausrüstung (TGA) und vor allem die Automatisierungstechnik eine zunehmend wichtige Rolle beim Verhalten des Gebäudes hinsichtlich Komfort, Sicherheit, Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit, Behaglichkeit, Flexibilität etc. Auch der Einfluss der TGA auf die für den Gebäudebetrieb anfallenden Kosten ist erheblich. Vorrangig sind hier Instandhaltungs- und Wartungskosten aber auch Energie- und Betriebspersonalkosten zu nennen. Die Nutzung von Informationstechnologien ist der Schlüssel für die Optimierung der TGA im Sinne einer Wertoptimierung des gesamten Gebäudes. Der Automatisierungstechnik kommt dabei, als Medium für den Informationsaustausch, eine tragende Rolle zu. Optimale Lösungen lassen sich erzielen, wenn die Automatisierungstechnik als homogenes System über alle Gewerke der TGA aufgesetzt wird. Dies ist jedoch in der Regel nicht möglich, da nach wie vor in der traditionell in Gewerken denkenden Baubranche innerhalb der einzelnen technischen Gewerke unterschiedliche Systeme geplant und implementiert werden. Dies wird schon durch die Begriffsvielfalt deutlich: Gebäudeautomation, Raumautomation, Gebäudesystemtechnik sind Begriffe, hinter denen im Prinzip derselbe Grundgedanke, nämlich die Automation von Systemen der TGA steht, die aber in unterschiedlichen Gewerken entstanden sind und in der Regel die Anforderungen anderer Gewerke nicht vollständig abdecken. Selbst wenn im Ausführungsprozess ein Systemintegrator hinzu gezogen wird, kann er häufig nur in der Regel mit hohem Kostenaufwand improvisieren. Um alle Potenziale moderner Automatisierungstechnik mit Ihren seriellen Bussystemen als Medium für den Informationsaustausch ausschöpfen zu können, müssen die Organisation der Planung und der Planungsprozess den veränderten Anforderungen entsprechend angepasst werden! Bauplanung konventionell Für die meisten Bauplaner ist Automatisierungstechnik fremd und wird häufig abgelehnt. Nach wie vor dominieren bei der Planung Architektur und ggf. noch in der Mode befindliche Technologien - jedoch nicht der Nutzen oder Nutzwert der Immobilie, der sich durch Automation ergibt. Planer für Automatisierungstechnik finden, selbst wenn Sie rechtzeitig Seite 1 von 8

vom Betreiber hinzugezogen werden, selten die richtigen Planungspartner, um eine homogene Automationslösung umsetzen zu können. Dies wird durch die traditionell bestehende Trennung in Bau-Gewerke noch zusätzlich erschwert. Auch die geltende Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) und vor allem deren Handhabungspraxis motivieren Planer der Gewerke der TGA nicht gerade dazu, den Anteil Automation aus Ihrem Gewerk übergeordnet von einem Planer für Automatisierungstechnik planen zu lassen, denn dies bedeutet, dass sich ihre anrechenbaren Kosten verringern und sich damit das Honorar reduziert. So entstehen auch heute im Zeitalter der Informationstechnologien selbst bei Neubauten oder Komplettsanierungen Immobilien mit Automatisierungslösungen, die nicht dem Stand der Technik entsprechen, obwohl die technologischen Voraussetzungen gegeben sind. Hinter anderen Branchen ist die Baubranche zumindest was Automatisierungstechnik angeht um Jahre wenn nicht Jahrzehnte zurück. Da hilft auch das so oft als Allheilmittel dahergesagte Integrale Planen nichts, jedenfalls nicht, wenn der Planungsprozess nicht entsprechend angepasst wird. Grafik 1 zeigt den zeitlichen Ablauf bei der Erstellung einer Immobilie. Der Bauidee folgt ein Konzept für die Umsetzung. Darauf aufbauend der Entwurf, dessen Realisierung, und nach der Inbetriebnahme und Übergabe des Bauwerks die Nutzung. Dementsprechend orientieren sich die Phasen des Planungsprozesses wie dargestellt: Bedarfsplanung, Konzeptentwicklung, Detailplanung, Ausführung, und nach Übergabe dann der Betrieb. Hier werden bewusst nicht die Begriffe der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure HOAI verwendet, denn nur ein Teil dieser Phasen ist durch die geltende Honorarordnung abgedeckt und wird demzufolge beauftragt und erbracht. Phasen des Bauplanungsprozesses und HOAI Idee Konzept Entwurf Realisierung Inbetriebn. Nutzung Bedarfsplanung Konzeptentwicklung Detailplanung Ausführung Betrieb HOAI Klassischer Planungsbeginn Grafik 1: Phasen des Bauplanungsprozesses und HOAI Der Zuständigkeitsbereich der HOAI und damit die klassische Bauplanung - beginnen erst während Konzeptionsphase und enden mit der Übergabe an die Nutzung. Dazu kommt noch etwas, das viele nicht Wissen, nämlich das die HOAI ausschließlich Preisrecht darstellt. Sie Seite 2 von 8

enthält keine rechtsverbindliche Aussage darüber, welche Leistungen die Planer detailliert zu erbringen haben. Und schon gar nicht, welche Methoden und Arbeitsmittel (Tools) sie dabei zu verwenden und welche Unterlagen sie in welcher Form ihrem Auftraggeber zu übergeben haben. Demzufolge werden die vor der eigentlichen Bauplanung liegenden Phasen der Bedarfsermittlung und die Grundlagen der Konzeptentwicklung bei den allermeisten BVH unbewusst durchlaufen. Die DIN 18205 Bedarfsplanung im Bauwesen ist nach wie vor weitgehend unbekannt. Dazu kommt, dass wegen der fehlenden detaillierten Vorgaben für die beteiligten Planer, in den Übergängen zwischen den Planungsphasen mit einem hohen Informations- und damit Qualitätsverlust gerechnet werden muss. Anpassung des Planungsprozesses Der erste Lösungsansatz für die richtige Planung von Automatisierungstechnik liegt in der Reformation des Planungsprozesses wie in Grafik 2 dargestellt. Qualität, Tools, Methoden, Verantwortung und Termine für den einzelnen Planer sowie die Schnittstellen zwischen allen Planern müssen klar definiert und vorgegeben werden. Wenn ein homogenes Automationssystem implementiert werden soll, dann sind die Anforderungen daran ganz zu Anfang zu detailliert zu erarbeiten und zu dokumentieren. Es bietet sich an, dieses in Anlehnung an die oben genannte DIN 18205, die übrigens mit wenigen Änderungen aus der internationalen Norm ISO 96 99 Performance Standards in Buildings übernommen und ins Deutsche übersetzt wurde, zu tun. Die Praxis zeigt jedoch, dass durch diese Norm nicht alles abgedeckt wird, was zu einer detaillierten Bedarfermittlung erforderlich ist. Die Frage ist ferner, mit welchen Methoden und Tools gearbeitet werden kann? Hier bietet es sich an, auf Erfahrungen in anderen Branchen aufzusetzen, in denen Automatisierungstechnik schon seit vielen Jahren eingesetzt wird. Als Tools dienen hier Lastenhefte und Pflichtenhefte. In Lastenheften werden zunächst die herausgearbeiteten Anforderungen des Bauherrn dokumentiert. Das Lastenheft enthält Aussagen darüber, WAS und WOFÜR geplant werden soll. Ein Lastenheft sollte auch alle die für den effizienten Betrieb des Gebäudes erforderlichen Anforderungen enthalten. Nachdem das Lastenheft vom Bauherrn verabschiedet wurde, erfolgt darauf aufbauend die Entwicklung eines Realisierungskonzepts. Um optimale Ergebnisse zu erzielen, ist es, zumindest für die TGA dabei wichtig, dass dieses Konzept aus einer Hand kommt. Ganzheitlich und Gewerke-übergreifend. Da durch die Automatisierungstechnik das Kommunikationsnetzwerk zur Verfügung gestellt werden muss ist es von Vorteil, hier die Federführung anzusiedeln. Ergebnis der Konzeptentwicklung ist ein Pflichtenheft in dem dokumentiert ist, WIE und WOMIT das Projekt realisiert werden soll. Auch das Pflichtenheft wird vom Bauherrn verabschiedet. Es bietet sich ferner die Anwendung der VDI/VDE 3694 Lastenheft/Pflichtenheft für den Einsatz von Automatisierungssystemen mit folgender Struktur an: 1. Einführung in das Projekt 2. Beschreibung der Ausgangssituation (Ist-Zustand) 3. Aufgabenstellung (Soll-Zustand Seite 3 von 8

4. Kommunikationsschnittstellen 5. Anforderungen an die Systemtechnik 6. Anforderungen für die Systementwicklung, die Inbetriebnahme und den Einsatz 7. Anforderungen an die Qualität 8. Anforderungen an die Projektabwicklung 9. Gliederung Pflichtenheft 10. Systemtechnische Lösung 11. Systemtechnik (Ausprägung) Die Qualität von Lastenheft und Pflichtenheft hängt im Wesentlichen davon ab, mit welchen Hilfsmitteln sie entwickelt werden. Hierbei ist neben umfangreichen Checklisten und einer geeigneten Struktur des Inhalts vor allem die Fähigkeit des Redakteurs entscheidend, die Anforderungen des Bauherrn oder Betreibers im Dialog herauszuarbeiten und unmissverständlich zu formulieren. Planungsvorgaben für Objekt- und Fachplaner Idee Konzept Entwurf Realisierung Inbetriebn. Nutzung Bedarfsplanung Konzeptentwicklung Detailplanung Ausführung Betrieb HOAI Lastenheft / Nutzungskonzept (was und wofür) Pflichtenheft / Realisierungskonzept (wie und womit) Planungsvorgaben für Objekt- und Fachplaner Klare Schnittstellen zwischen den Planern Grafik 2: Lastenheft, Pflichtenheft und Planungsvorgaben im Planungsprozess Aufbauend auf dem Pflichtenheft können nun geeignete Fachplaner ausgewählt werden, die genau für diese, individuell konzipierte Lösung die besten Voraussetzungen mitbringen. So entstehen nicht nur für die Automatisierungstechnik sondern für die gesamte TGA Lösungen, die sich nicht am Planungshonorar, sondern am Nutzen für den Bauherrn, Investor oder Betreiber orientieren. Basierend auf dem Pflichtenheft werden für die Fachplaner klare, unmissverständliche Vorgaben erarbeitet, nach denen sie ihre Berechnungen, Schemata und Pläne erstellen können. Weiter enthält das Pflichtenheft eindeutige Angaben darüber, welche Schnittstellen zwischen den Planern der TGA untereinander sowie auch zum Objektplaner bestehen. Auf das Schnittstellenmanagement ist besonderer Wert zu legen, denn die Definition der Schnittstellengrenzen einschl. der präzisen Zuordnung von Leistungen (Verantwortungen) zu den die Schnittstelle betreffenden Gewerken (Planer, Ausführende) bestimmt in hohem Maße die Qualität, d.h. die praktische Umsetzbarkeit der gewünschten Funktionen im vorgegebenen Zeit- und Kostenrahmen. Das nachstehende Beispiel zeigt die Definition einer Seite 4 von 8

Schnittstelle zwischen der Automatisierungstechnik, der Elektrotechnik und der Architektur für einen außen liegenden Sonnenschutz an einer verglasten Fassade. Schnittstellenbeschreibung: Sonnenschutz- und Verschattungseinrichtungen werden inkl. Motoren mit Steckverbindern und Kupplung vom Objektplaner geplant und ausgeschrieben. Die Schnittstelle zur Gebäudeautomation stellt der Hirschmann-Steckverbinder STAS 3 mit zugehöriger Kupplung STAK 3 an der Anschlussleitung des Jalousieantriebes dar. Die Spezifikation des Motors erfolgt durch das Gewerk Systemintegration an den Objektplaner. Regelung und Steuerung der Sonnenschutz- und Verschattungseinrichtungen sowie deren Bedienung einschl. Einbindung in die Visualisierung werden im Gewerk Systemintegration geplant und ausgeschrieben. Anpassung der Organisationsstruktur Die praktischen Erfahrungen zeigen, dass unter den heute bestehenden Rahmenbedingungen die Planung und Umsetzung von zeitgemäßer Automatisierungstechnik im Bauwesen nicht möglich ist. Dies liegt in der historischen Entwicklung der Organisationsstruktur in der Bauplanung begründet. Während früher durch einen Baumeister integrierte Lösungen mit einem ganzheitlichen Ansatz erarbeitet wurden, planen heute eine Anzahl von Fachspezialisten. Organisationsstruktur klassisch Bauherr, Investor Objektplaner Fachplaner Statik Bauphysik HLK S ELT GA Sonstige Ausführende Firmen Maurer Zimmerer Fensterbau Dachdecker Stuckateur... HLK- S- ELT- MSR- Sonstige- Grafik 3: Klassische Organisationsstruktur bei der Bauplanung Ein Bauherr oder Investor sucht sich für die Realisierung eines Bauvorhabens in der Regel einen Objektplaner oder auch Architekten (siehe Grafik 3). Dieser erarbeitet üblicherweise als Erstes einen gestalterischen Entwurf und schätzt auf dessen Basis Kosten grob ab. Da er aber nicht dafür ausgebildet ist, ein Bauvorhaben komplett mit eigenem Fachwissen zu planen, schlägt er dem Bauherrn vor, so genannte Fachingenieure hinzuzuziehen. Diese sind Fachspezialisten für Statik, Bauphysik, Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik, Sanitärtechnik, Elektrotechnik. Je nach Komplexität kommen weitere hinzu, z.b. für Beleuchtung, Fassadentechnik oder Gebäudeautomation (wobei unter Gebäudeautomation Seite 5 von 8

häufig die MSR-Technik für HLK-Anlagen verstanden wird). Weitere Fachplaner sind ggf. für Sonderlösungen wie Medizintechnik, Küchentechnik, Fördertechnik etc. erforderlich. Wenn man die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure zu Grunde legt, hat der Objektplaner gemäß Leistungsbildern 15,55 Abs. 2 Leistungsphasen 2,3,4,5 Verhandlungen mit den fachlich Beteiligten sowie die Integrierung der Beiträge anderer an der Planung Beteiligter etc. zu erbringen. Koordinierungsleistungen sind aber lediglich in den Leistungsphasen 6 und 8 zu erbringen. Dies ist völlig unzureichend. Um integrierte Automationslösungen zu koordinieren und zu implementieren ist es darüber hinaus absolut unabdinglich, auch über das entsprechende Fachwissen zu verfügen. Die Praxis zeigt, dass dieses Fachwissen bei Objektplanern nicht verfügbar und auch nur sehr schwierig zu vermitteln ist. Hinzu kommt ein gewisser Honorarneid. In der Regel ist dem Bauetat auch innerhalb der Gewerke eine Obergrenze gegeben, aus der sich die für die Honorarermittlung des Objektplaners und der beteiligten Fachingenieure relevanten anrechenbaren Kosten ergeben. Je höher der Anteil der Kosten eines Gewerks, desto höher das Honorar. Wer will es da dem Objektplaner als Koordinator verdenken, wenn er dem Anteil Bau eine höhere Priorität einräumt als dem Anteil Technik und schon gar der Automatisierungstechnik, von der er nichts versteht. Bauen in dieser Konstellation ist heute üblich. Es führt allerdings in vielen Bauvorhaben zu Schwierigkeiten. Kostenüberschreitungen, Terminüberschreitungen, Baumängel mit teils massiven Auswirkungen sind an der Tagesordnung und führen zu Differenzen zwischen den Planern, ausführenden Firmen und dem Bauherrn. Automatisierungstechnik ist zweitrangig. Der Bauherr oder Betreiber merkt dies jedoch in der Regel erst dann, wenn es schon zu spät ist. Wenn ein Gebäude mit moderner Architektur entstanden ist, das zwar toll aussieht, aber das einfach nicht optimal funktioniert. Strukturierung nach Themen All dies kann nicht im Sinne des Bauherrn oder Investors und schon gar nicht im Sinne eines späteren Betreibers sein. Für ihn steht an oberster Stelle sein Bedarf. Und dieser Bedarf muss durch Bauwerk und Technik umgesetzt werden. Teilt man jetzt Bau und Technik auf die üblicherweise in der Bauplanung mitwirkenden Planer auf, ergibt sich eine Struktur wie in Grafik 4 dargestellt. Die Leistungen der Ingenieure Technik müssen nun mit den Leistungen der Ingenieure Bau unter Berücksichtigung der übergeordneten Anforderungen zusammengefügt werden. Und das Ganze im Technikbereich unter Federführung der Informationstechnologien, d.h. der Automatisierungstechnik. Es gibt mehrere Gründe dafür, die Federführung bei der Automatisierungstechnik anzusiedeln: 1. Die Herstellkosten werden durch eine homogene Automationslösung und weitgehenden Verzicht auf teure Schnittstellen zwischen verschiedenen Systemen gesenkt. Seite 6 von 8

Strukturierung nach Themen Anforderung, Bedarf Kosten, Nutzbarkeit, Nachhaltigkeit, Zeit, Menge, Inhalt, Aufwand Bau Technik Statik Bauphysik Informationen HLK S ELT GA Sonstige Maurer Zimmerer Fensterbau Dachdecker Stuckateur... HLK- S- ELT- MSR- Sonstige- Grafik 4: Strukturierung der Bauplanung nach Bau und Technik 2. Durch die Vermeidung von Schnittstellen und Herstellung der Gesamt-Funktionalität der TGA durch einen Systemintegrator sinkt die System-Fehlerwahrscheinlichkeit zu Gunsten besserer Zuverlässigkeit, Verfügbarkeit und Sicherheit. 3. Die Grundlage für ein Facility Management wird durch direkten Datenzugriff auf Komponenten geschaffen (Neue Technik-Komponenten sind heute mit Mikroprozessoren ausgestattet und bieten eine ganze Anzahl von Zusatz- Informationen wie Selbstdiagnose, Wartungsmeldungen und Eigendokumentation. Bei entsprechender Planung wird es also möglich, die FM-Datenbank so zu optimieren, dass sie zum großen Teil auf reale Daten zugreift. Die benötigten Daten werden dabei einfach online aus der Komponente ausgelesen). Organisationsstruktur der Integrationsplanung Eine Organisationsstruktur mit Integrationsplanung stellt dem Objektplaner mit dem Integrationsplaner einen Partner zur Seite, den man quasi als Technischen Architekten bezeichnen könnte. Der Integrationsplaner entwickelt gemeinsam mit dem Objektplaner ein Konzept für das Bauvorhaben. Dabei übernimmt der Integrationsplaner die Rolle eines Generalplaners der TGA und/oder das technisch wirtschaftliche Projektmanagement der technischen Gewerke. Gemeinsam mit dem Bauherrn erarbeiten Integrationsplaner und Objektplaner zunächst im Team die Anforderungen des Bauherrn und halten diese in einem Lastenheft fest. Aufbauend auf dem Lastenheft werden dann die Verantwortungen und Planungsschnittstellen zwischen TGA und Bauwerk, das heißt zwischen Integrationsplaner und Objektplaner festgelegt und exakt definiert. Die Schnittstellendefinition sollte dabei bereits bis in die Ausführungsphase hinein erfolgen, um auch den späteren Leistungsumfang und die Leistungsgrenzen der einzelnen ausführenden Firmen schon festzulegen. Seite 7 von 8

Organisationsstruktur der Integrationsplanung Bauherr, Investor Objektplaner Integrationsplanung TGA Fachplaner Statik Bauphysik HLK S ELT GA Sonstige Ausführende Firmen Maurer Zimmerer Fensterbau Dachdecker Stukkateur... HLK- Systemintegrator S- ELT- System Integrator Sonstige- Grafik 5: Organisationsstruktur der Integrationsplanung In der ganzheitlichen Entwicklung eines Realisierungskonzepts und der anschließenden Umsetzung der Planung der TGA unterscheidet sich der Integrationsplaner jedoch vom klassischen Generalplaner grundsätzlich. Bei der Integrationsplanung wird nämlich die in jedem technischen Gewerk anteilig vorhandene Automatisierungstechnik herausgelöst und übergeordnet über alle TGA-Gewerke in dem neu hinzukommenden Gewerk Systemintegration geplant und ausgeschrieben, welches die bisherigen Gewerke Gebäudeautomation, Gebäudesystemtechnik, MSR-Technik etc. zusammenfügt und substituiert. Damit wird es möglich, losgelöst von den Anforderungen der jeweiligen Technologien in den TGA-Gewerken, homogene Automationslösungen mit den im Vortext beschriebenen Vorteilen zu entwickeln. In den klassischen Gewerken wird die Anlagentechnik mit Ihren großteils mechanischen Komponenten geplant und ausgeschrieben. Dabei liegt die Federführung beim Integrationsplaner (als TGA-Generalplaner und/oder TGA- Projektmanager) einschl. der sehr wichtigen detaillierten und tiefgehenden Festlegung von Schnittstellen zwischen den Gewerken der TGA untereinander und insbesondere zum Gewerk Systemintegration. Die Kernkompetenzen des Integrationsplaners müssen demzufolge im Bereich Projektmanagement und Automatisierungstechnik angeordnet sein, in den TGA-Gewerken reichen ihm systemische Kenntnisse aus. Kontakt: GmbH Friedhofstrasse 21 78333 Stockach Telefon +49 (0) 700 47760000 Telefax +49 (0) 700 47761111 E-Mail info@buswissen.de Web www.buswissen.de Seite 8 von 8