TK Lexikon Sozialversicherung Fahrten Wohnung - erste Tätigkeitsstätte Fahrten Wohnung - erste Tätigkeitsstätte HI521040 Zusammenfassung LI1928422 Begriff Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Fahrten von der Wohnung zur Arbeit gehören zu den abzugsfähigen Werbungskosten, die in Höhe der Entfernungspauschale (0,30 EUR pro Entfernungskilometer) angesetzt werden können. Während zuvor Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte unter den Anwendungsbereich der Entfernungspauschale gefallen sind, gilt dies seit 1.1.2014 für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte. Durch die gesetzlichen Reisekostenvorschriften wird der Begriff der regelmäßigen Arbeitsstätte sowohl formal als auch inhaltlich durch den Arbeitsort "erste Tätigkeitsstätte" ersetzt. Die bisherige Rechtsprechung und die Verwaltungsregelungen zur Anwendung und Berechnung der Entfernungspauschale gelten uneingeschränkt fort, sofern sie sich nicht auf die Auslegung und Bestimmung des Arbeitsstättenbegriffs beziehen. So ist für den Ansatz der Entfernungspauschale weiterhin nicht entscheidend, mit welchem Transportmittel der Weg zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte zurückgelegt wird. Liegen die tatsächlichen Aufwendungen für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel über der Entfernungspauschale, kann auch der übersteigende Betrag angesetzt werden. Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung Lohnsteuer: Rechtsgrundlage für die Entfernungspauschale ist 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 und Abs. 2 EStG i. d. F. des Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20.2.2013, BStBl 2013 I S. 188. Verwaltungsanweisungen hierzu enthalten R 9.10 LStR und H 9.10 LStH. Allgemeine Grundsätze regelt das BMF-Schreiben v. 24.10.2014, IV C 5 - S 2353/14/10002, BStBl 2014 I S. 1472. Es berücksichtigt die durch die gesetzliche Neuregelung der steuerlichen Reisekostenvorschriften erforderlichen Änderungen, insbesondere die formelle und inhaltliche Anpassung an die neue Arbeitsortbestimmung "erste Tätigkeitsstätte". Sozialversicherung: Die Zurechnung des vom Arbeitgeber im Rahmen des
Arbeitsverhältnisses geleisteten Fahrtkostenersatzes zum beitragspflichtigen Arbeitsentgelt in der Sozialversicherung ergibt sich aus 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Die Ausnahmeregelung für pauschal versteuerten Fahrtkostenersatz ist in 1 Satz 1 Nr. 3 i. V. m. Satz 2 SvEV geregelt. Kurzübersicht Entgelt LSt SV Arbeitgeberzuschüsse oder Firmenwagen *soweit keine Pauschalbesteuerung mit 15 % Arbeitgeberzuschüsse oder Firmenwagen bei Pauschalbesteuerung mit 15 % pflichtig frei pflichtig* frei Arbeitsrecht HI726861 Die Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte trägt der Arbeitnehmer selbst, wenn nicht ausdrücklich oder stillschweigend etwas anderes vereinbart ist. Letzteres ist insbesondere anzunehmen bei häufig wechselnden und weit von der Wohnung entfernt liegenden Arbeitsstätten. Da die Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte grundsätzlich zum privaten Lebensbereich des Arbeitnehmers gehört, rechnet sie nicht zur Arbeitszeit. Erleidet der Arbeitnehmer auf der Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit seinem Kraftfahrzeug einen Unfall, so ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, den Sachschaden zu ersetzen. Der Weg ist allerdings durch die gesetzliche Unfallversicherung versichert. Entgelt 1 Anwendungsbereich der Entfernungspauschale HI726862 HI2330562 Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte gehören zu den abzugsfähigen Werbungskosten. Seit 1.1.2014 berechnet sich die Entfernungspauschale nach der Wegstrecke, die für die arbeitstäglichen Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte maßgebend ist. Immer dann, wenn die tatsächliche Arbeitsstätte zugleich auch erste Tätigkeitsstätte ist, kann der Arbeitnehmer keine Reisekosten erhalten. Die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte unterliegen in diesem Fall der begrenzten Abzugsfähigkeit der Entfernungspauschale.
Steuerlich werden diese Aufwendungen im Rahmen einer verkehrsmittelunabhängigen Entfernungspauschale i. H. v. 0,30 EUR pro Entfernungskilometer als Werbungskosten berücksichtigt. [ 1 ] Das gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer solche Fahrten kostenfrei mit Verkehrsmitteln des Arbeitgebers durchführen könnte, aber seinen eigenen Pkw nutzt; für diese Fahrten einen Dienstwagen seines Arbeitgebers nutzt und er hierfür einen geldwerten Vorteil versteuert; nicht sein eigenes Fahrzeug, sondern z. B. das eines Familienmitglieds nutzt; die Strecke als Mitfahrer einer Fahrgemeinschaft zurücklegt, das gilt auch für die Fahrgemeinschaft von Ehe-/Lebenspartnern. Beitragsrechtliche Bewertung Die vom Arbeitgeber für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte gezahlten lohnsteuerpflichtigen Fahrkostenzuschüsse sind sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt und damit beitragspflichtig. Die Beitragspflicht des Ersatzes der Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte zur Sozialversicherung gilt unabhängig davon, ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bei Benutzung eines eigenen Fahrzeugs Kilometergeld zahlt oder ein Firmenfahrzeug für derartige Fahrten unentgeltlich oder verbilligt zur Verfügung stellt. Keine Entfernungspauschale bei steuerfreier Sammelbeförderung Nutzt der Arbeitnehmer für die Strecke zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte eine steuerfreie Sammelbeförderung durch den Arbeitgeber [ 2 ], können für diese Fahrten keine Werbungskosten (Entfernungspauschale) mehr angesetzt werden, es sei denn, der Arbeitnehmer leistet einen Zuschuss für die Beförderung. Dieser Zuschuss kann als Werbungskosten angesetzt werden. 2 Berechnung der Entfernungspauschale HI2761971 Die verkehrsmittelunabhängige Entfernungspauschale beträgt 0,30 EUR für jeden Entfernungskilometer der Wegstrecke zwischen der Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte. Sie ist durch die folgende Berechnungsformel festgelegt, nach der die abzugsfähige Entfernungspauschale zu ermitteln ist: Entfernungspauschale = Zahl der Arbeitstage 0,30 EUR Entfernungskilometer Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung
Die Entfernungspauschale gilt ebenfalls für die wöchentlichen Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung, die der Arbeitnehmer als Werbungskosten geltend machen kann. [ 3 ] Allerdings darf der Arbeitnehmer 0,30 EUR pro Entfernungskilometer für die Entfernung zwischen dem Ort des eigenen Hausstands und dem auswärtigen Beschäftigungsort ansetzen. 2.1 Kürzeste Straßenverbindung maßgebend HI2761972 Für die Berechnung der Entfernungspauschale ist auf die kürzeste Straßenverbindung abzustellen. Anzusetzen sind nur volle Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte. Ein angefangener Kilometer bleibt unberücksichtigt. Die Entfernungsbestimmung richtet sich immer nach der kürzesten Straßenverbindung, die von einem Kfz mit einer Höchstgeschwindigkeit von mehr als 60 km/h benutzt werden darf [ 4 ] ; sie ist unabhängig vom tatsächlich benutzten Verkehrsmittel. Entsprechend den vorstehenden Ausführungen dürfen dabei Teilstrecken mit steuerfreier Sammelbeförderung nicht in die Entfernungsermittlung einbezogen werden. [ 5 ] Für die Entfernungspauschale ist die kürzeste Straßenverbindung auch dann maßgeblich, wenn diese mautpflichtig ist oder mit dem tatsächlich verwendeten Verkehrsmittel aufgrund dessen Geschwindigkeitsbegrenzung verkehrsrechtlich nicht benutzt werden darf. [ 6 ] Die kürzeste Straßenverbindung ist für alle Fahrzeuge einheitlich zu bestimmen, unabhängig vom gewählten Verkehrsmittel des Arbeitnehmers. Praxis-Beispiel Kürzeste Straßenverbindung bei öffentlichen Verkehrsmitteln Ein Arbeitnehmer fährt mit der U-Bahn zu seiner ersten Tätigkeitsstätte. Die Kosten für die Monatstickets belaufen sich auf 840 EUR im Jahr. Einschließlich der Fußwege und der U- Bahnfahrt beträgt die zurückgelegte Entfernung 30 Kilometer. Die kürzeste Straßenverbindung beträgt 25 Kilometer. Ergebnis: Für die Ermittlung der Entfernungspauschale ist eine Entfernung von 25 Kilometern anzusetzen. Bei 220 Arbeitstagen berechnet sich die abzugsfähige Entfernungspauschale mit 1.650 EUR (220 Tage 0,30 EUR 25 km). Anzusetzen ist die Entfernungspauschale, da sie höher ist als die tatsächlichen Kosten für die Fahrscheine. 2.2 Verkehrsgünstigere Strecke bei Zeitersparnis HI2761973 Bei Benutzung eines Kraftfahrzeugs kann eine andere als die kürzeste Straßenverbindung zugrunde gelegt werden, wenn diese offensichtlich verkehrsgünstiger ist und vom Arbeitnehmer regelmäßig für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte benutzt wird. [ 7 ] Dies gilt auch, wenn der Arbeitnehmer ein öffentliches Verkehrsmittel benutzt, dessen Linienführung über
die verkehrsgünstigere Straßenverbindung geführt wird. Eine von der kürzesten Straßenverbindung abweichende (längere) Strecke ist verkehrsgünstiger, wenn der Arbeitnehmer seine erste Tätigkeitsstätte trotz gelegentlicher Verkehrsstörungen i. d. R. schneller und pünktlicher erreicht. Für die Prüfung, ob eine weitere Strecke offensichtlich verkehrsgünstiger ist, darf ausschließlich die vom Arbeitnehmer regelmäßig benutzte Streckenführung mit der kürzesten Straßenverbindung verglichen werden. [ 8 ] Unerheblich ist, ob die vom Arbeitnehmer gewählte Strecke verkehrsgünstiger als jede andere Verbindung ist. Das Gesetz verlangt für den Werbungskostenabzug nicht, dass es sich hierbei um die verkehrsgünstigste Strecke überhaupt handelt. Praxis-Beispiel Höhere Entfernungspauschale bei Nutzung eines verkehrsgünstigen Umwegs Arbeitnehmer A fährt im Kalenderjahr 2017 an 220 Arbeitstagen mit seinem Pkw in den Betrieb. Die kürzeste Straßenverbindung beträgt 45 km. Dasselbe gilt für die Arbeitnehmer B und C. Arbeitnehmer B benutzt für seine Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte das eigene Motorrad und wählt die unstreitig verkehrsgünstigere Straßenverbindung, die 50 km beträgt. Arbeitnehmer C fährt dagegen ausschließlich mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Durch die Benutzung der Bahn erhöht sich die arbeitstägliche Wegstrecke um 10 km auf 55 km (monatlicher Ticketpreis 200 EUR). Ergebnis: Für die Berechnung der Entfernungspauschale ist - unabhängig von dem benutzten Verkehrsmittel - grundsätzlich auf die kürzeste Straßenverbindung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte abzustellen. Die Arbeitnehmer A und C erhalten deshalb im Kalenderjahr 2017 den Werbungskostenabzug in gleicher Höhe. Entfernungspauschale Arbeitnehmer A und C 220 Tage 45 km 0,30 EUR = 2.970 EUR Entfernungspauschale Arbeitnehmer B Arbeitnehmer B kann die Umwegstrecke für den Werbungskostenabzug ansetzen, weil sie verkehrsgünstiger ist. 220 Tage 50 km 0,30 EUR = 3.300 EUR
Die Entfernungspauschale bewirkt, dass grundsätzlich alle Arbeitnehmer unabhängig davon, wie sie ihren Weg zur Arbeit zurücklegen bei gleicher Entfernung denselben Werbungskostenabzug erhalten. Der Fahrpreis für öffentliche Verkehrsmittel ist in diesem Fall ohne Bedeutung, da er niedriger ist als die Entfernungspauschale. Wichtig Keine absolute Fahrzeitverkürzung erforderlich Konkrete zeitliche Vorgaben, die erfüllt sein müssen, um eine Straßenverbindung als "offensichtlich verkehrsgünstiger" als die kürzeste Fahrtroute anzusehen, ergeben sich weder aus dem Gesetz noch aus der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung. Zwar ist die zu erwartende Zeitersparnis ein gewichtiges Indiz dafür, dass die längere Umwegstrecke "offensichtlich verkehrsgünstiger" und damit für die Entfernungspauschale maßgebend ist. Eine Straßenverbindung kann ungeachtet einer Zeitersparnis aber auch dann "offensichtlich verkehrsgünstiger" sein als die kürzeste Verbindung, wenn sich dies aus anderen Umständen, wie beispielsweise der Streckenführung (Verkehrsaufkommen, Landstraße, Autobahn u. a.), ergibt. [ 9 ] 2.3 Werbungskostenabzug nur für eine Fahrt täglich HI2761974 Die Entfernungspauschale darf für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die erste Tätigkeitsstätte aufsucht, nur einmal angesetzt werden. Ein weiterer Kostenabzug für zusätzliche Fahrten ist ausdrücklich ausgeschlossen. Dies gilt auch an Arbeitstagen, an denen der Arbeitnehmer mehr als eine Fahrt zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte zurücklegt, z. B. wegen einer längeren Arbeitszeitunterbrechung oder eines zusätzlichen Arbeitseinsatzes außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit. Nachteile für Arbeitnehmer mit Bereitschaftsdienst Nachteilig kann sich dies für Arbeitnehmer mit Bereitschaftsdienst auswirken. Die Abgeltungswirkung der Entfernungspauschale gilt auch, wenn der Arbeitnehmer wegen atypischer Arbeitszeiten täglich 2 Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte durchführt. Auch hier kann die Entfernungspauschale arbeitstäglich nur einmal angesetzt werden. [ 10 ] 2.4 Entfernungspauschale auch bei öffentlichen Verkehrsmitteln HI2761975 Die Höhe der tatsächlichen Aufwendungen ist für den Ansatz der Pauschale und damit für die Höhe des Werbungskostenabzugs unbeachtlich. [ 11 ] Sie gilt unabhängig davon, ob der Weg
zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte mit einem Kraftfahrzeug, mit einem öffentlichen Verkehrsmittel, mit einem Fahrrad oder zu Fuß zurückgelegt wird. Die gesetzliche Pauschale von 0,30 EUR gilt deshalb auch für Benutzer des öffentlichen Personennahverkehrs. Ein weitergehender Kostenabzug i. H. d. nachgewiesenen tatsächlichen Aufwendungen für die Fahrausweise ist zulässig, wenn diese über dem Betrag liegen, der nach den Regeln der Entfernungspauschale als Werbungskosten abzugsfähig ist. Der Werbungskostenabzug höherer tatsächlicher Kosten für öffentliche Verkehrsmittel wird ausdrücklich zugelassen. [ 12 ] 3 Abzug der tatsächlichen Aufwendungen HI2761976 Unabhängig von der Entfernungspauschale kann der Arbeitnehmer in bestimmten Fällen die tatsächlich entstandenen Aufwendungen für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte abziehen. [ 13 ] Folgende 4 Fallgruppen sind zu unterscheiden, auf die sich der Ansatz der tatsächlichen Aufwendungen anstelle der Entfernungspauschale für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte beschränkt: Öffentliche Verkehrsmittel Aufwendungen für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel sind aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Regelung in tatsächlicher Höhe als Werbungskosten abzugsfähig, soweit sie den als Entfernungspauschale abziehbaren Betrag übersteigen. Flugstrecken Vom Ansatz der Entfernungspauschale ausgenommen sind ausdrücklich Flugstrecken. Insoweit berechnen sich die abzugsfähigen Werbungskosten in Höhe der durch das Ticket nachgewiesenen Flugkosten. Steuerfreie Sammelbeförderung Entgeltzahlungen des Arbeitnehmers bei steuerfreier Sammelbeförderung sind als Werbungskosten abzugsfähig. Arbeitnehmer mit einer Behinderung Sie dürfen unter bestimmten Voraussetzungen für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte anstelle der Entfernungspauschale die tatsächlichen Aufwendungen als Werbungskosten abziehen. 4 Deckelung der Entfernungspauschale HI2761977
4.1 Höchstbetrag von 4.500 EUR pro Kalenderjahr HI2761979 Die Entfernungspauschale ist für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte auf einen Höchstbetrag von 4.500 EUR pro Jahr begrenzt. Dieser Betrag entspricht in etwa dem Preis einer Jahresnetzkarte für die 1. Klasse der Deutschen Bahn AG. Bei der 4.500-EUR-Grenze handelt es sich um einen arbeitnehmerbezogenen Jahresbetrag, der auch dann nicht zu kürzen ist, wenn der Arbeitnehmer während des Jahres nur zeitweise beschäftigt ist. Ebenfalls ist bei einem Arbeitgeberwechsel keine Aufteilung erforderlich. Die Beschränkung auf 4.500 EUR gilt nicht uneingeschränkt für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte. Die Beschränkung auf den Höchstbetrag von 4.500 EUR pro Jahr gilt, wenn der Weg zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte mit einem Motorrad, Motorroller, Fahrrad oder zu Fuß zurückgelegt wird, bei Benutzung eines Pkw, für die Teilnehmer an einer Fahrgemeinschaft, und zwar für die Tage, an denen der Arbeitnehmer seinen eigenen oder zur Nutzung überlassenen Pkw nicht einsetzt, bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Praxis-Beispiel Deckelung bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel Ein Arbeitnehmer mit Wohnsitz in Freiburg ist bei einem Versicherungsunternehmen in Karlsruhe mit erster Tätigkeitsstätte beschäftigt. Die Entfernung zur ersten Tätigkeitsstätte beträgt 110 km. Der Arbeitnehmer fährt arbeitstäglich ausschließlich mit der Bahn zu seinem Arbeitgeber. Für das Jahresabo hat er 3.250 EUR bezahlt. Ergebnis: Der Arbeitnehmer kann folgende Entfernungspauschale für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte in Anspruch nehmen: 230 Arbeitstage x 110 km x 0,30 EUR = 7.590 EUR; maximal jedoch 4.500 EUR. Da der Arbeitnehmer öffentliche Verkehrsmittel benutzt, ist die 4.500-EUR-Grenze als Höchstbetrag für den Werbungskostenabzug zu beachten. Hätte der Arbeitnehmer nachweislich für die Fahrten nach Karlsruhe einen Pkw benutzt, hätte er die Entfernungspauschale in voller Höhe als Werbungskosten abziehen können (= 7.590 EUR).
4.2 Keine Deckelung für Fahrten mit dem Pkw HI2761978 Eine Ausnahme von der Abzugsbeschränkung auf 4.500 EUR besteht, soweit der Arbeitnehmer einen eigenen oder zur Nutzung überlassenen Pkw nutzt. Ergeben sich aufgrund der Entfernungspauschale Werbungskosten von mehr als 4.500 EUR, kann auch der übersteigende Betrag berücksichtigt werden, soweit der Arbeitnehmer hierfür nachweislich einen Pkw benutzt. Wichtig Nachweise für die Jahresfahrleistung aufbewahren Der Werbungskostenabzug über die Grenze von 4.500 EUR hinaus ist an den Nachweis der tatsächlichen Pkw-Nutzung geknüpft. Der Arbeitnehmer hat deshalb im Einzelfall die gesamte Jahresfahrleistung mit dem Pkw durch geeignete Belege zu dokumentieren. Es empfiehlt sich, durch entsprechende Nachweisführung der Tachometerstände in TÜV- oder Inspektionsrechnungen Vorsorge zu treffen. Der Nachweis der für das Fahrzeug tatsächlich angefallenen Kosten ist dagegen für den Ansatz eines höheren Betrags als 4.500 EUR nicht erforderlich. 4.3 Keine Vervielfachung des Höchstbetrags bei mehreren Arbeitsverhältnissen HI2761980 Bei mehreren Dienstverhältnissen ist die 4.500-EUR-Grenze nicht mehrfach zu gewähren. Für die Prüfung der Freigrenze müssen zunächst die Entfernungspauschalen aus den verschiedenen Beschäftigungsverhältnissen zusammengerechnet werden und anschließend ist die sich ergebende Summe auf den Jahresbetrag von 4.500 EUR anzurechnen. 5 Anrechnung von Fahrtkostenzuschüssen HI2761981 Auf die Entfernungspauschale sind steuerfreie und pauschal besteuerte Arbeitgeberleistungen anzurechnen. [ 14 ] Anzurechnen sind steuerfreie Preisvorteile durch ein vom Arbeitgeber verbilligt oder unentgeltlich überlassenes Jobticket für die Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Außerdem wird die Entfernungspauschale gekürzt um die mit 15 % pauschal besteuerten Fahrtkostenzuschüsse des Arbeitgebers sowie um den pauschal besteuerten geldwerten Vorteil für die Benutzung von Dienstwagen zu Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte. Praxis-Beispiel Anrechnung pauschal besteuerter Fahrtkostenzuschüsse Ein Arbeitnehmer mit einer 5-Tage-Woche benutzt für die Fahrten zwischen Wohnung und
erster Tätigkeitsstätte (kürzeste Straßenverbindung 30 km) ausschließlich öffentliche Verkehrsmittel. Das Jahresabo hierfür kostet 1.000 EUR. Der Arbeitgeber leistet einen Zuschuss i. H. v. 500 EUR, den er mit 15 % pauschal versteuert. Für die als Werbungskosten abziehbare Entfernungspauschale ergibt sich folgende Berechnung: 220 Tage 30 km x 0,30 EUR 1.980 EUR - Pauschalbesteuerter Arbeitgeberzuschuss - 500 EUR = Abziehbare Werbungskosten 1.480 EUR Fahrtkostenzuschüsse mindern die auf 4.500 EUR gedeckelte Entfernungspauschale Ist der Höchstbetrag von 4.500 EUR zu beachten, muss die Anrechnung der Arbeitgeberleistungen bei Jobtickets von dem auf 4.500 EUR gedeckelten Abzugsbetrag vorgenommen werden. In gleicher Weise anzurechnen sind auch die pauschal besteuerten Arbeitgeberleistungen bei Benutzung eines Dienstwagens oder eigenen Pkw für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte. [ 17 ] Dasselbe gilt für die Sachbezüge, die im Rahmen des Rabattfreibetrags steuerfrei bleiben, wenn ein Verkehrsunternehmen als Arbeitgeber seinen Mitarbeitern kostenlose oder verbilligte Jobtickets gewährt. Fahrtkostenzuschüsse müssen in der Lohnsteuerbescheinigung angegeben werden Damit das Finanzamt bei der Einkommensteuerveranlagung die steuerfreien und pauschal besteuerten Arbeitgeberleistungen auf die Entfernungspauschale zutreffend anrechnen kann, wurde eine betragsmäßige Bescheinigungspflicht eingeführt. Der Arbeitgeber muss den Betrag der steuerfreien Bezüge in Zeile 17 der Lohnsteuerbescheinigung 2016 ausweisen, den Betrag der pauschal besteuerten Bezüge in Zeile 18. [ 18 ] Beitragsrechtliche Folgen der Pauschalbesteuerung Werden die vom Arbeitgeber gewährten Fahrtkostenzuschüsse nach 40 Abs. 2 Satz 2 EStG pauschal besteuert, führt dies zur Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung. [ 19 ] Entscheidend für die Beitragsfreiheit ist allerdings, dass der Fahrtkostenzuschuss vom Arbeitgeber mit der Entgeltabrechnung für den jeweiligen Abrechnungszeitraum tatsächlich lohnsteuerfrei belassen oder pauschal besteuert wird. [ 20 ] Mit dieser zum 22.4.2015 wirksam gewordenen Ergänzung in der SvEV wird klargestellt, dass es für die Beitragsfreiheit auf die tatsächliche Erhebung der Pauschalsteuer ankommt. Eine nachträglich geltend gemachte Steuerfreiheit bzw. eine nachträglich durchgeführte Pauschalbesteuerung führt nicht dazu, dass für steuer- und beitragspflichtig abgerechnete Arbeitsentgeltbestandteile die
Sozialversicherungsbeiträge zu erstatten sind, wenn der Arbeitgeber die vorgenommene steuerpflichtige Erhebung nicht mehr ändern kann. Die steuerliche Erhebung kann grundsätzlich dann nicht mehr korrigiert werden, wenn die elektronische Lohnsteuerbescheinigung abgegeben worden ist. Achtung Nachträgliche steuerrechtliche Bewertung Die Regelung des 1 Abs. 1 Satz 2 SvEV enthält seit 22.4.2015 einen Katalog von Fällen, für die es zu der Bewertung kein Arbeitsentgelt also beitragsfrei kommt. Es handelt sich bei den in Satz 2 genannten Zuwendungen um zu Recht in der jeweiligen Lohnabrechnung steuerfrei belassene oder pauschal besteuerte Zuwendungen. Eine falsche steuerrechtliche Behandlung kann vermutlich noch so lange korrigiert werden, bis die Jahreslohnsteuerbescheinigung für das jeweilige Jahr an das Finanzamt abgeschickt wurde. Das muss bis zum 28.2. des Folgejahres erfolgen. Bis zu diesem Zeitpunkt kann auch die beitragsrechtliche Bewertung möglicherweise geändert werden. Diese nachträgliche Möglichkeit der Korrektur ist aber noch nicht festgelegt worden. Etwas anderes gilt, wenn der Arbeitgeber die Regelbesteuerung nach den ELStAM des Arbeitnehmers individuell durchführt. In diesem Fall ist der vom Arbeitgeber gezahlte Fahrtkostenzuschuss beitragspflichtiges Arbeitsentgelt. 6 Abgeltungswirkung der Entfernungspauschale 6.1 Fahrtkosten Wohnung erste Tätigkeitsstätte HI2761982 HI2330565 Mit der Entfernungspauschale sind grundsätzlich sämtliche Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Benutzung des Fahrzeugs für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte abgegolten; hierzu gehören neben den laufenden Kosten z. B.: Parkgebühren für das Abstellen des Fahrzeugs während der Arbeitszeit, Straßenbenutzungsgebühren (Maut), Aufwendungen für einen Motorschaden infolge einer Falschbetankung [ 21 ], Aufwendungen für einen vorzeitig benötigten Austauschmotor, Aufwendungen für andere Fahrzeugteile und Zinsen für einen Kredit zur Anschaffung des Fahrzeugs. Leasingsonderzahlung durch Entfernungspauschale abgegolten Die Abgeltungswirkung der Entfernungspauschale umfasst auch die anteilige Leasingsonderzahlung. Das gilt auch dann, wenn im Jahr des Abflusses der
Leasingsonderzahlung noch keine Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte erfolgen, der Pkw aber in der Zukunft (ab dem folgenden Jahr) für diese Nutzung bestimmt ist. Für die Qualifizierung von Aufwendungen ist die zukünftige Nutzung maßgeblich. [ 22 ] 6.2 Unfallkosten neben Entfernungspauschale abzugsfähig HI2761983 Aufwendungen für Unfallschäden während beruflich bedingter Fahrten können als außergewöhnliche Aufwendungen neben der Entfernungspauschale als allgemeine Werbungskosten angesetzt werden. Dies gilt auch bei Unfällen auf Familienheimfahrten bei doppelter Haushaltsführung. Sämtliche laufenden Aufwendungen für die täglichen Wege zur Firma, ins Büro u. a. werden durch die Entfernungspauschale erfasst, nicht dagegen außergewöhnliche Kosten. Unfallkosten sind außergewöhnliche Aufwendungen und deshalb nicht durch die Entfernungspauschale abgegolten. [ 23 ] Hinweis Nur Unfallkosten anlässlich beruflich bedingter Fahrt Unfallkosten werden nur berücksichtigt, wenn sich der Unfall auf einer beruflichen Fahrt ereignet hat. Dazu gehören auch Umwege zum Betanken des Fahrzeugs oder zum Abholen der Mitglieder einer Fahrgemeinschaft. [ 24 ] Unerheblich ist grundsätzlich, ob der Arbeitnehmer den Unfall schuldhaft herbeigeführt hat. Die Kosten sind nur dann nicht abziehbar, wenn der Arbeitnehmer unter Alkoholeinfluss stand und dieser Umstand für den Unfall maßgeblich war. [ 25 ] Unfallbedingter Verlust privater Kleidung kann Werbungskosten sein Zu den Unfallkosten gehören selbstverständlich die Reparaturrechnung der Werkstatt, daneben Aufwendungen wegen der Beschädigung der privaten Kleidung und eventuell anderer privater Gegenstände, die in dem Pkw mitgeführt wurden. [ 26 ] Wird der Pkw nicht repariert, ist der Wertverlust als Werbungskosten anzusetzen. Der fiktive Restwert des Pkw wird als Werbungskosten anerkannt. Die früheren Anschaffungskosten sind um fiktive Abschreibungen zu mindern. Ggf. ist der Restwert mit 0 EUR anzusetzen. Nicht zulässig ist es, die Abschreibung aufgrund der Differenz der Zeitwerte vor bzw. nach dem Unfall zu berechnen. [ 27 ] 6.3 Unfallversicherung HI2800038
Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte unterliegen dem Versicherungsschutz in der Unfallversicherung. [ 1 ] 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG. [ 2 ] 3 Nr. 32 EStG. [ 3 ] 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG. [ 4 ] BFH, Urteil v. 20.9.2013, VI R 20/13, BStBl 2014 II S. 259. [ 5 ] BMF, Schreiben v. 31.10.2013, IV C 5 S 2351/09/10002:002, BStBl 2013 I S. 1376, Tz. 1.4. [ 6 ] BFH, Urteil v. 20.9.2013, VI R 20/13, BStBl 2014 II S. 259. [ 7 ] 9 Abs. 2 Satz 4 EStG. [ 8 ] BFH, Urteil v. 16.11.2011, VI R 46/10, BStBl 2012 II S. 470. [ 9 ] BFH, Urteil v. 16.11.2011, VI R 19/11, BStBl 2012 II S. 520. [ 10 ] BVerfG, Urteil v. 26.10.2005, 2 BvR 2085/03. [ 11 ] Niedersächsisches FG, Urteil v. 27.1.2015, 8 K 345/14, EFG 2016 S. 570, Rev. eingelegt, Az. beim BFH, VI R 48/15. [ 12 ] 9 Abs. 2 Satz 2 EStG. [ 13 ] 9 Abs. 2 EStG. [ 14 ] 9 Abs. 1 Nr. 4 Satz 5 EStG. [ 15 ] [ 16 ] [ 17 ] 40 Abs. 2 Satz 2 EStG. [ 18 ] BMF, Schreiben v. 30.7.2015, IV C 5 S 2378/15/10001, BStBl 2015 I S. 614. [ 19 ] 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SvEV. [ 20 ] 1 Abs. 1 Satz 2 SvEV. [ 21 ] BFH, Urteil v. 20.3.2014, VI R 29/13, BStBl 2014 II S. 849. [ 22 ] BMF, Schreiben v. 31.8.2009, IV C 5 S 2351/09/10002, BStBl 2009 I S. 891, Tz. 4; BFH, Urteil v. 15.4.2010, VI R 20/08, BStBl 2010 II S. 805. [ 23 ] BMF, Schreiben v. 31.8.2009, IV C 5 S 2351/09/10002, BStBl 2009 I S. 891, Tz. 1.1. [ 24 ] BFH, Urteil v. 11.10.1984, VI R 48/81, BStBl 1985 II S. 10. [ 25 ] BFH, Urteil v. 6.4.1984, VI R 103/79, BStBl 1984 II S. 434. [ 26 ] BFH, Urteil v. 9.2.1962, VI 10/61 U, BStBl 1962 III S. 235. [ 27 ] BFH, Urteil v. 24.11.1994, VI R 25/94, BStBl 1995 II S. 318.