I Daniel Hotz Interne versus externe Nachfolgeregelung in familiengeführten KMU Chancen und Risiken für die Motivation und Loyalität der Mitarbeiter In der Schweiz stehen in den nächsten fünf Jahren rund 77 000 kleine und mitt- lere Unternehmen (KMU) vor der Nachfolgeregelung. Fast 50% dieser Nachfol- gen werden nicht oder nur mangelhaft geregelt. Die folgende Studie hat mittels einer Befragung von 141 Mitarbeitenden verschiedener Schweizer KMUs unter- sucht, was eine erfolgreiche Nachfolgeregelung charakterisiert. Ergebnisse der Studie zeigen, dass familienexterne Nachfolgeregelung von einer transparen- ten, persönlichen und wertschätzenden Kommunikation des Nachfolgeprozes- ses profitiert. Familieninterne Nachfolgeregelung soll dagegen neben der Füh- rungskontinuität neue Perspektiven für die Mitarbeitenden bieten. Kontakt: Masterarbeit der Fachhochschule Nordwest Schweiz FHNW- Olten
2 Interne und externe Nachfolgeregelung: Chancen und Risiken Ausgangslage In der Schweiz stehen in den nächsten fünf Jahren rund 77 000 kleine und mittlere Unternehmen (KMU) vor der Herausforderung der Nachfolgeregelung. Das entspricht etwa 26% der Unternehmen in der Schweiz und 30% aller Arbeitsplätze. Statistisch gesehen beschäftigen 99.7% aller Schweizer Betriebe weniger als 250 Mitarbeiter und gehören somit zu den klassischen KMU. Diese beeindruckenden Zahlen zeigen die grosse wirtschaftliche und soziale Bedeutung der Nachfolgeplanung. Es mag deshalb überraschen, dass fast 50% der Nachfolgen nicht oder nur mangelhaft geregelt werden. Nach einer Schätzung der Credit Suisse dürften 8% der Nachfolgeregelungen scheitern. Damit sind ca. 2 000 Arbeitsplätze pro Jahr stark gefährdet. Ein grosser Teil der KMU sind im Familienbesitz und werden auch durch Mitglieder der Eigentümerfamilie geführt. Dies ist jedoch immer seltener der Fall. Während vor fünf Jahren noch 60% der Nachfolgelösungen innerhalb der Familie abgewickelt wurden, trifft dies heute nur noch bei knapp 40% zu. Dies ist ein klarer Paradigmenwechsel. Ob eine Firma im Besitz der Familie bleibt oder ob die Nachfolgeregelung beispielsweise durch einen Verkauf geregelt wird, betrifft die Angestellten solcher Betriebe natürlich sehr direkt. Grund genug, sich mit der Frage zu befassen, was eine erfolgreiche Nachfolgeregelung ausmacht und ob es einen oder mehrere richtige Wege mit hoher Erfolgswahrscheinlichkeit gibt. Um diese Frage zu beantworten, wurden 141 Mitarbeitende von Schweizer KMU vor, während und nach der Nachfolgeregelung (familieninterne und externe) mittels einem Online-Fragebogen interviewt und die gewonnen Erkenntnisse wissenschaftlich ausgewertet. Die folgende Zusammenfassung gibt einen Überblick über die wichtigsten Ergebnisse und ihre Bedeutung und generiert daraus einige Regeln für eine erfolgreiche Nachfolgeregelung.
3 Interne und externe Nachfolgeregelung: Chancen und Risiken Stichprobe Studienteilnehmer wurden auf mehreren Wegen rekrutiert. Der überwiegende Teil der Stichprobe wurde über Newsletter der SECO und kmunext kontaktiert. Weitere Verteiler waren XING, Facebook sowie Banner auf den Webseiten der Firmen Inceptus GmbH und ProVit GmbH. Zusätzliche Teilnehmer wurden via persönliche Anfragen in familiengeführten Traditionsunternehmen sowie Anwaltskanzleien und Treuhandgesellschaften gewonnen. Abbildung 1. Verteilung der Teilnehmer auf die verschiedenen Phasen der Nachfolgeregelung Abbildung 2. Verteilung der Teilnehmer auf die verschiedenen Formen der Führung
4 Interne und externe Nachfolgeregelung: Chancen und Risiken 1. Wie wichtig ist die Kommunikation der Nachfolgeregelung? Im Prozess der Nachfolgereglung ist es wichtig, wie gut sich die Mitarbeiter in den Nachfolgeprozess einbezogen fühlen und wie gut sie informiert werden. Tabelle 1 zeigt, dass insbesondere die Informiertheit über die Nachfolgereglung ausschlaggebend ist. Je besser sich die Mitarbeiter informiert fühlten, desto höher war ihre Bewertung der Unternehmenskultur und desto zufriedener waren sie mit ihrer Arbeitstelle. Darüber hinaus sahen sie die Nachfolgeregelung eher als Chance (im Vergleich zu einer Bedrohung) und überlegten sich seltener, die Stelle zu wechseln. Dies gilt für alle Nachfolgeregelungen, interne wie externe. Tabelle 1. Zusammenhang zwischen dem Grad, in dem sich Mitarbeiter in den Nachfolgeprozess einbezogen und informiert fühlten mit verschiedenen Faktoren der unternehmensbezogenen Zufriedenheit (bivariate Korrelationen). Einbezogen in die Nacholgeregelung Informiert über die Nachfolgeregelung Unternehmenskultur.39**.61*** Arbeitszufriedenheit.17.27* Nachfolge als Chance.19.27* Stellenwechselplanung -.32** -.40*** Bemerkung: *** p <.001. ** p <.01. * p <.05. Je besser die Kommunikation der Nachfolgeregelung, desto besser die Akzeptanz.
5 Interne und externe Nachfolgeregelung: Chancen und Risiken 2. Wie am besten informieren? Nicht nur ob, sondern auch wie Mitarbeitende über den Nachfolgeprozess informiert werden, kann für die Akzeptanz der Nachfolgeregelung von Bedeutung sein. Die Ergebnisse bestätigen diese Vermutung. Je persönlicher die Mitarbeitenden über die Nachfolgeregelung informiert wurden, desto zufriedener waren sie mit ihrer Arbeitsstelle und desto seltener haben sie sich überlegt, die Stelle zu wechseln. Eine schriftliche Mitteilung war dagegen genauso wenig förderlich wie gar keine Information über die Nachfolge. Abbildung 3. Das Vorhaben, die Stelle zu wechseln in Abhängigkeit davon, auf welchem Weg die Mitarbeiter über die Nachfolgeregelung informiert wurden. Je persönlicher die Kommunikation der Nachfolgeregelung, desto höher die Akzeptanz.
6 Interne und externe Nachfolgeregelung: Chancen und Risiken 3. Worüber am besten informieren? Es ist wichtig, die Nachfolgeregelung möglichst persönlich zu kommunizieren. Was soll in einer Nachfolgeregelung aber kommuniziert werden? Das folgende Ergebnis zeigt, dass es vor allem die Information darüber ist, wie sich die eigene Arbeit verändern wird (Abbildung 4). Die Unsicherheit darüber, wie sich die eigene Arbeit verändern wird, war für die Akzeptanz der Nachfolgeregelung fast so wenig förderlich wie die Erwartung einer negativen Veränderung. Wenn man unsicher ist, was einen im Bezug auf die eigene Arbeit erwartet, überlegt man sich genauso oft, die Stelle zu wechseln, als wenn man eine negative Veränderung erwartet. Es ist dagegen nicht nötig, dass sich die Arbeit positiv verändert, solange sie stabil bleibt. Abbildung 4. Stellenwechselplanung in Abhängigkeit der Veränderung der eigenen Arbeit. Eine Information über die Veränderung der eigenen Arbeit ist wichtig für die Akzeptanz der Nachfolgeregelung.
7 Interne und externe Nachfolgeregelung: Chancen und Risiken 4. Wir wirkt sich die Nachfolgeregelung auf die Unternehmenskultur aus? Ein Ziel dieser Arbeit war es, herauszufinden, welche Risiken und Chancen die familienexterne im Vergleich zur familieninternen Nachfolgeregelung birgt. Ein deutliches Ergebnis der Studie war diesbezüglich der Unterschied zwischen der familienexternen und internen Nachfolgeregelung in der Bewertung der Unternehmenskultur. Die familieninterne Nachfolgeregelung wurde in allen Phasen (vor, während und nach der Übernahme) auf folgenden Kriterien höher bewertet als die familienexterne Nachfolgeregelung: Abbildung 5. Kriterien, in welchen familieninterne Nachfolgeregelung signifikant höher bewertet wurde als familienexterne Nachfolgeregelung. Familieninterne Nachfolgeregelung ist verbunden mit höherer Bewertung der Unternehmenskultur als familienexterne Nachfolgeregelung.
8 Interne und externe Nachfolgeregelung: Chancen und Risiken 5. Profitiert familieninterne Nachfolgeregelung von hoher Loyalität der Mitarbeiter? Aus dem vorherigen Ergebnis geht hervor, dass insbesondere die Loyalität und der Stolz, ein Teil des Unternehmens zu sein, in familienintern geführten Unternehmen höher ist, als in familiextern geführten Unternehmen. Kann die Loyalität zum Unternehmen erklären, warum die familieninterne Nacholgeregelung seltener dazu führt, dass sich die Mitarbeiter einen Stellenwechsel überlegen? Folgende Abbildung zeigt, dass das genau so ist. Die Form der Übernahme wirkt sich auf die Loyalität zum Unternehmen aus, welche wiederum das Stellenwechselvorhaben beeinflusst..45*** -.54*** -.16 (-.41***) Abbildung 6. Zusammenhang zwischen Form der Übernahme (1 = extern, 2 = intern ausserhalb der Familie, 3 = intern innerhalb der Familie) und dem Stellenwechselvorhaben, vermittelt durch die Loyalität zum Unternehmen. Bei einer familienexternen Nachfolgeregelung führt die tiefere Loyalität zum Unternehmen öfters zu einer Stellenwechselplanung.
9 Interne und externe Nachfolgeregelung: Chancen und Risiken 6. Profitiert familieninterne Nachfolgeregelung von höheren Aufstiegschancen? Neben der Loyalität berichteten Mitarbeiter von familienintern geführten Unternehmen über höhere Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten als Mitarbeiter von extern geführten Unternehmen. Kann dieser Unterschied erklären, warum sich Mitarbeiter in familienintern übernommenen Unternehmen weniger einen Stellenwechsel überlegen als bei einer externen Regelung? Die Antwort ist, dass dies teilweise zutrifft. Das heisst, auch Mitarbeiter, die in familienintern geführten KMUs nicht gute Aufstiegschancen haben, überlegen sich seltener, die Stelle zu wechseln, als Mitarbeiter der extern geführten KMUs..37*** -.56*** -.25*(-.45***) Abbildung 7. Zusammenhang zwischen Form der Übernahme (1 = extern, 2 = intern ausserhalb der Familie, 3 = intern innerhalb der Familie) und dem Stellenwechselvorhaben, vermittelt durch die Aufstiegschancen. Die höheren Aufstiegsmöglichkeiten in familienintern geführten KMUs erklären zum Teil das höhere Commitment ihrer Mitarbeiter.
10 Interne und externe Nachfolgeregelung: Chancen und Risiken Zusammenfassung der Ergebnisse Das zentrale Interesse dieser Arbeit lag in der Beantwortung der Frage, ob familieninterne Übernahme im Vergleich zu einer externen Nachfolgeregelung positive Konsequenzen für die Mitarbeiter hat. Es zeigte sich ein klarer Vorteil der familieninternen Übernahme im Vergleich zu einer externen Lösung im Bezug auf die Arbeitszufriedenheit und das Commitment der Mitarbeiter. Bei näherem Betrachten hat sich herausgestellt, dass Mitarbeiter in den von der Familie übernommenen Unternehmen eine weit höhere Loyalität dem Unternehmen entgegen bringen (darunter wurden Aspekte wie der familiäre Umgang, das Gefühl der Wertschätzung und der Stolz auf das Unternehmen zusammengefasst), die zum Teil durch bessere Entwicklungs- und Aufstiegschancen erklärt werden kann. Unabhängig von der Form der Übernahme haben Mitarbeiter, die sich gut informiert und in den Prozess der Übernahme einbezogen fühlten, höhere Arbeitszufriedenheit und höhere Unternehmenskulturqualität berichtet, überlegten sich seltener einen Stellenwechsel und nahmen die Übernahme öfters als eine Chance (im Vergleich zu einer Bedrohung) wahr. Dabei war der Grad der Informiertheit wichtiger als das Einbezogenwerden. Schlechte Kommunikation und das Ignorieren der Bedürfnisse der Mitarbeiter "vergiftet" die Atmosphäre im Unternehmen und führt zu Kündigungen. Dabei ist es wichtig, dass die Mitarbeiter persönlich informiert werden (am besten durch den direkten Vorgesetzten, aber auch in einer Sitzung) und nicht nur schriftlich. Dies zeugt vermutlich vom Respekt gegenüber den Mitarbeitern und davon, dass das Unternehmen ihre Mitarbeiter ernst nimmt. Die Kommunikation der Nachfolgeregelung scheint also aus Sicht der Mitarbeiter der wichtigste Aspekt im Nachfolgeregelungsprozess zu sein. Dies wurde durch weitere Analysen bestätigt. Faktoren wie das Geschlecht, das Alter, die Phase der Nachfolgeregelung, aber auch Veränderungen im Lohn, im Ferienguthaben und anderen Sozialleistungen hatten keinen Einfluss auf die Akzeptanz der Nachfolgeregelung. Einzig die Unsicherheit darüber, wie sich die Arbeit mit der Nachfolgeregelung verändern wird, führte zu tieferer Arbeitszufriedenheit und zu Stellenwechselabsichten und war darin genauso problematisch wie eine negative Veränderung der Arbeit. Dieser Befund spricht noch einmal für eine klare Kommunikation der Nachfolgeregelung, nicht nur allgemein, sondern auch in Bezug auf individuelle Veränderungen in der Arbeit der einzelnen Mitarbeiter.
11 Interne und externe Nachfolgeregelung: Chancen und Risiken Fazit Familienexterne Nachfolgeregelung profitiert besonders von einer transparenten, persönlichen und wertschätzenden Kommunikation des Nachfolgeregelungsprozesses, die nicht nur auf einem allgemeinen Niveau gehalten wird, sondern sich auch den individuellen Bedürfnissen und Unsicherheiten der Mitarbeiter (v.a. bezüglich der Arbeitsveränderung) zuwendet. Familieninterne Übernahme profitiert dagegen - auch ohne Kommunikation des Nachfolgeprozesses - von der hohen Loyalität der Mitarbeiter, die nur zum Teil durch die Sicherheit in den Aufstiegschancen erklärt werden kann. Die familieninterne Übernahme muss vermutlich nicht explizit kommuniziert werden, weil es meistens schon lange vor der Übernahme klar ist, dass die Firma vom Sohn, der Tochter oder dem jeweiligen Familienmitglied (oder auch Mitarbeiter) übernommen wird, der für diese Rolle schon seit Längerem vorbereitet wurde. Trotzdem wünschen sich Mitarbeiter öfter eine familienexterne Lösung, vor allem, weil sie Neues, Innovatives und "Frisches" damit verbinden. Die familieninterne Nachfolge kann also davon profitieren, wenn den Mitarbeitern neben der Sicherheit auch neue Perspektiven eröffnet werden.
12 Interne und externe Nachfolgeregelung: Chancen und Risiken Einige Tipps zur Nachfolgeregelung Zusammenfassend können aus der Studie folgende Regeln für die Nachfolgeregelung erstellt werden: Kommunizieren Sie die Nacholgeregelung rechtzeitig und persönlich, insbesondere, wenn es sich dabei um eine externe Nachfolgeregelung handelt. Bleiben Sie dabei nicht allgemein, sondern besprechen Sie mit Ihren Mitarbeitern, wie sich die Nachfolgeregelung auf ihre Arbeit auswirken wird. Zeigen Sie auf, welche Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten Ihre Mitarbeiter haben werden. Zeigen Sie Ihren Mitarbeitern, welche neuen Perspektiven mit der Nachfolgeregelung eröffnet werden, insbesondere, wenn die Nachfolgeregelung intern geregelt wird.
13 Interne und externe Nachfolgeregelung: Chancen und Risiken Zur Person Daniel Hotz absolvierte an der Hochschule für Wirtschaft der Fachhochschule Nordwestschweiz den Studiengang MBA Management Consulting International. Als Inhaber der ProVit GmbH Unternehmenspartner (unternehmenspartner.ch) und Senior Change- & Projectmanagement Consultant und Dozent bei der Inceptus GmbH (www.inceptus.ch) befasst sich Daniel Hotz seit Jahren intensiv mit den Veränderungsprozessen bei Betriebsübergängen und Nachfolgeregelungen. Quelle der Arbeit: Hotz, D. (2011). An investigation and analysis of the influence of internal versus external entrepreneurial succession within family-owned SMEs in Switzerland with focus on employee loyalty and work satisfaction. MBA Master Dissertation submitted to the University of Applied Sciences Northwestern Switzerland, FHNW-Olten. Daniel Hotz, daniel.hotz@inceptus.ch