Vergabetagung Angebotspreis: Kalkulationsfreiheit und die Schranken. Vergabetagung 2014 Daniela Lutz

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Vergabetagung 2014 Angebotspreis: Kalkulationsfreiheit und die Schranken 1

Übersicht Kalkulation und Offertpreis Zur Interessenlage von Anbietenden und Vergabestellen Die vergaberechtlichen Fragestellungen Ungewöhnlich niedrige Angebote Spekulationspreise und spekulative Angebote Vergaberechtliche Handlungsoptionen Fazit und Ausblick Diskussion 2

Leistung Entschädigung 3

Kalkulation und Offertpreis Gewinn/Marge/ Risiko Kalkulation? Allgemeinkosten Personal Material Offertpreis? 4

Interessen von Anbietenden und Vergabestellen Gemeinsame Interessen Vertragsschluss Erbringen der vereinbarten Leistung Gute Zusammenarbeit einschätz- und berechenbare Risiken 5

(oft) divergierende Interessen Auftragnehmer/Anbietende Erhalt des Auftrags mit allen Mitteln Tiefer Offertpreis, besserer Vertragspreis und hoher Abrechnungspreis Vertrag mit Claim-Potenzial Innovationen, Ausnützen von Know- How (allgemein oder projektorientiert) Faire Entschädigung des Risikos Geheimnisschutz Auftraggeber Wirtschaftlich günstigstes Angebot, Rechtssicherheit Preissicherheit und -stabilität «wasserdichter» Vertrag mit klaren und eingeschränkten Anpassungsregeln Verhindern eines Informationsnachteils, Ausnützen von Know-How Berechenbare und minimale finanzielle Risiken «Rosinenpicken» 6

Die vergaberechtlichen Fragestellungen Freier Bieterwettbewerb, d.h. Zulassung aller Angebote auch preislich oder anderweitig auffälliger Angebote? Oder Ausschluss bzw. Schlechterbewertung infolge. Unvollständigkeit? Verletzung der Regeln für die Preisbildung, fehlender Ausschreibungskonformität? fehlender Vergleichbarkeit und damit Unmöglichkeit einer objektiven Bewertung? vertraglicher und preislicher Risiken, die der angestrebten Risikoverteilung widersprechen? Alternativen? 7

Ungewöhnlich niedrige Angebote Definition Relativer Vergleich innerhalb des Preisspiegels Teilweise mit fixer Prozentregel umschrieben (- 30%) Regelungen im Gesetz Recht oder Pflicht? zur Einholung von Erkundigungen, Treffen weiterer Abklärungen Konsequenzen Ausschluss Schlechterbewertung? Verstoss gegen Kartellgesetz oder UWG Die Rechtsprechung 8

Spekulationspreise und spekulative Angebote Begriff bei Ausschreibungen mit Ausmasspreisen bei anderen Preismodellen Häufigste Erscheinungsformen Auf- und Abpreisen von Einheitspreisen Umlagerungen zwischen Einheitspreis-Positionen Umlagerungen von Einheitspreis-Positionen in Positionen mit Globalen Spekulationen auf Alternativpositionen, Optionen und Eventualpositionen Minuspreise alternative Vergütungsarten 9

Motivation und Anlass für Spekulationen unvollständige, ungenaue, auslegungsbedürftige Leistungsverzeichnisse (bzw. deren Grundlagen dazu) Leistungsverzeichnisse mit grossen Ausmassreserven und/oder vielen Eventualpositionen und Optionen Wissensvorsprung eines oder mehrerer Anbieter keine oder unklare Preisbildungsregeln in der Ausschreibung ich nicht, die andern auch. 10

Vergaberechtliche Handlungsoptionen I Kalkulationsfreiheit der Anbieter geht aufgrund der Gerichtspraxis weit Ausschluss? bei Verletzung der (definierten) Preisbildungsregeln wenn ein ungewöhnlich niedriges Angebot vorliegt, das keine ausschreibungskonforme Vertragserfüllung erwarten lässt Nachweis oft schwierig! bei Umlagerungen von Einheitspreisen in Global- /Pauschalpreise bei Minuspreisen 11

Vergaberechtliche Handlungsoptionen II Kein Ausschluss aber Berücksichtigung im Kriterium Preis? Mit Aufrechnungen in CHF? kritisch! Mit Punkteabzügen wegen fehlender Plausibilität nur wenn Abzusgregime transparent und messbar festgelegt wird aber Berücksichtigung in einem Kriterium Einhaltung Preisbildungsregeln? - möglich 12

Fazit und Ausblick Empfehlungen für Vergabestellen Klare Projekte und Ausschreibungen/Leistungsverzeichnisse Klare Preisbildungsregeln Klare und transparente Kriterien sich nicht auf das Prinzip Hoffnung verlassen Empfehlungen für Anbietende Transparenz bei der Preisbildung Ernstnehmen der definierten Preisbildungsregeln Kommunikation bei unklaren/auslegungsbedürftigen Leistungsverzeichnissen sich nicht auf das Prinzip Hoffnung verlassen 13

Schaffung von noch mehr gemeinsamen Interessen durch mehr Vertrauen mit weniger unangemessenen Risikoverlagerungen mit klareren Projekten mit der Prüfung und dem Ausprobieren neuer Zusammenarbeits- und Entschädigungsmodelle (Projektbündnis) 14

Diskussion und Fragen 15

Besten Dank! RA Daniela Lutz, M.B.L-HSG Fachanwältin SAV Bau- und Immobilienrecht Lindtlaw Anwaltskanzlei Zürich/Kreuzlingen www.lindtlaw.ch lutz@lindtlaw.ch lutz@lindtlaw.ch 16