Vom Umgang mit den Kindern krebskranker Eltern

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Transkript:

Vom Umgang mit den Kindern krebskranker Eltern Workshop in St. Gallen am 26.8.2011

Zahlen kein umfassendes Krebsregister in Deutschland nur grobe Schätzungen In Schweiz, Österreich und Deutschland zusammen jährlich ca. 200.000 Kinder von neu erkrankten Eltern ca. 600.000 Kinder und Jugendliche mit erkranktem Elternteil (Heinemann und Reinert 2011)

Studienlage: wenige und z.t. widersprüchliche Ergebnisse (2007: Forschungsschwerpunkt der Deutschen Krebshilfe zu dem Thema aufgelegt Projekte laufen) Problem: viele schwer zu kontrollierende intervenierende Variablen Rückgriff auf die klinische Erfahrung

Zentral: Frühzeitige altersgerechte Information der Kinder Besser durch die Eltern als eine andere Person (zum Erhalt der Rollenfunktion) aber besser durch jemand anderen als gar nicht. Die Aufklärung der Kinder müssen wir von uns aus thematisieren und Unterstützung anbieten!

Konkret: Eltern führen die Gespräche mit den Kindern nicht die Professionellen Ausnahme: wenn für die Kinder eine Bestätigung der elterlichen Aussagen nötig ist Hilfen: Bilderbücher und Informationsmaterial Evt. den Eltern anbieten, gemeinsam Formulierungen zu überlegen auch auf antizipierte Fragen der Kinder

Formulierungen für die Abstufungen von Wahrheit und Hoffnung: abhängig von der eigenen Überzeugung (und den Aussagen der Ärzte) nach bestem Wissen und Gewissen sicher gesund werden: Ich tue jetzt xy und werde dann sicher wieder gesund. wahrscheinlich gesund werden:... und habe dann (sehr) gute Chancen wieder gesund zu werden eher unwahrscheinlich:... und werde dann vielleicht wieder gesund und wenn nicht, werden wir für die Probleme dann auch Lösungen finden.

Kinder unter 3 Jahren reagieren vor allem auf Atmosphäre wichtig: Ruhe und Regelmäßigkeit möglicherweise andere Bezugsperson so wenig verschiedene Bezugspersonen wie möglich

Kinder zwischen 3 und 6 Jahren auch hier: Atmosphäre ist wichtig Erklärung: daß und welche Krankheit besteht sowie geplante Behandlung welche unmittelbaren Konsequenzen für s Kind zu erwarten sind Im Verlauf: Mitteilung von Veränderungen guten und schlechten Kindergarten informieren

Kinder im Grundschulalter Erklärung: daß und welche Krankheit besteht sowie geplante Behandlung gerne technische Erklärungen möglichst viel Alltagsroutine Zeit für s Kind Gespräche ermutigen, nicht fordern kleine Fluchten zulassen Schule informieren

Jugendliche Erklärungen wie für Erwachsene Konflikt zwischen Abnabelung und Loyalität Gespräche ermutigen, nicht fordern Information von Schule / Ausbildern

Erstdiagnose und Primärbehandlung Information der Kinder wahrheitsgemäß und altersentsprechend Auf Gefühlsschwankungen und Anspannung aller vorbereiten Wichtige Bezugspersonen informieren So viel Alltag wie möglich So wenig Veränderungen wie möglich

Progress / Rezidiv Große Enttäuschung, Wut, Zorn, Angst Viele Fragen der Kinder brauchen Antworten Gespräche anbieten Wichtige Bezugspersonen informieren (Erneute) Auseinandersetzung mit Schuld, Tod etc. Ggf. Pläne für den Fall des Sterbens besprechen (ganz besonders Alleinerziehende!)

Bisher geschwiegen? Jetzt dringend die Kinder informieren! Erklärung, warum bisher geschwiegen wurde Versicherung, daß ab jetzt informiert wird Ggf. Bitte um Entschuldigung für bisheriges Schweigen

Wenn Sterben absehbar ist immer wieder Gespräche anbieten Grenzen des Kindes akzeptieren Achtung! Schuldgefühle möglich! so viel Alltag wie irgend möglich Kleine Fluchten akzeptieren Belastung auf viele Schultern verteilen Vertrauensperson für s Kind organisieren Ggf. Pläne für Danach besprechen

Was fehlt: oft unterschätzte Probleme bei Kindern und Jugendlichen: magisches Denken und Schuldgefühle wenn sie unerkannt bleiben: Problemverhalten

Fragen bei kindlichem Problemverhalten in Familien mit an Krebs erkranktem Elternteil: 1. Wie ausgeprägt ist das als problematisch empfundene Verhalten? 2. Wie viel weiß das Kind offiziell? 3. Gibt es andere Probleme beim Kind oder in der Familie unabhängig von der Krebserkrankung? 4. Hat das Kind Ängste, die es nicht zu artikulieren wagt?

Tatsächlich...... gibt es noch andere Probleme für die Kinder als die Krebserkrankung z.b. Ärger in der Schule, Liebeskummer, Umzug eines Freundes, Trotzphase und Pubertät, verlorene Handys,...

Und jetzt zu Ihren Erfahrungen Fragen Widersprüchen

Literatur Heinemann, C. und Reinert, E. (Hg.): Kinder krebskranker Eltern. Kohlhammer Verlag 2011 Romer, G. und Haagen, M.: Kinder körperlich kranker Eltern. Hogrefe Verlag Göttingen 2007 Broeckmann, S.: Plötzlich ist alles ganz anders - wenn Eltern an Krebs erkranken. Klett-Cotta- Verlag 2002 (2. überarbeitete Auflage 2009)