INHALT 1 Vorwort... 4 2 Markt und Verbrauch... 5 3 Fleischerzeugung... 6 Schweinefleisch... 6 Rindfleisch... 10 Lammfleisch... 12 Ziegenfleisch... 14 Kaninchenfleisch... 14 Handelsklassen und Fleischteilstücke... 15 4 Warenkunde Fleisch... 16 Schweinefleisch... 16 Rindfleisch... 19 Kalbfleisch... 24 Lammfleisch... 26 Ziegenfleisch... 28 Jungmastkaninchen... 28 Innereien... 28 5 Fleischqualität... 30 6 Warenkunde Fleischerzeugnisse... 33 Pökelfleischerzeugnisse... 34 Bratenerzeugnisse... 38 Rohwürste... 39 Kochwürste... 41 Brühwürste... 43 Hackfleisch... 45 7 Qualitätskriterien für Fleischerzeugnisse... 48 8 Fleisch in der Ernährung... 49 9 Angebotsformen........................................... 54 10 Fleisch im Haushalt... 55 11 Verbraucherschutz... 59 Anhang: Nährwerttabelle... 66 aid-medien... 69 3
1 VORWORT Fleisch und Fleischerzeugnisse haben für viele Menschen einen hohen Stellenwert in ihrer Speisenplanung. Die vielfältigen Zubereitungsmöglichkeiten von Frischfleisch sowie die große Produktpalette bei Fleisch- und Wurstwaren versprechen einen abwechslungsreichen und hohen Genusswert. Auch aus ernährungsphysiologischer Sicht kann Fleisch punkten, enthält es doch viele Nährstoffe, die vom Körper besonders gut aufgenommen und verwertet werden können. Allerdings bietet Fleisch auch Anlass zur kritischen Reflexion: zum einen haben in der Vergangenheit diverse Skandale dem Image geschadet, zum anderen geraten die Produktionsmethoden, deren Einfluss auf die Umwelt sowie gesundheitliche Aspekte zunehmend in den Fokus der öffentlichen Diskussion. Nach einer im Januar 2013 vorgestellten Verbraucherumfrage des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft liegt 89 Prozent der Deutschen das Thema tiergerechte Haltung am Herzen. Hinzu kommen die regionale Herkunft (32 Prozent) und der biologischer Anbau (22 Prozent). Der Preis (19 Prozent) stehen nach Angaben der Befragten nicht zentral im Vordergrund ihrer Kaufentscheidung. Die Erfahrung lehrt jedoch, dass Angaben in Interviews und tatsächliches Kaufverhalten zwei Paar Schuhe sind; zumal rund zwei Drittel der Befragten mit der Fleischqualität in den Billig-Supermärkten zufrieden sind. Der Verbraucher hat die Wahl: Neben den klassischen Qualitätskriterien wie Geschmack, Zartheit, Nährstoffgehalt, hygienische Unbedenklichkeit und Eignungswert sowie Preis und Haltbarkeit, sind zunehmend die Lebensmittelsicherheit bei voller Transparenz und Rückverfolgbarkeit von Aufzucht, Transport, Schlachtung und Handel wichtig sowie ökologische Aspekte, etwa Haltungsformen und Futtermittel. Beim Fleischeinkauf kann man nur wenige Qualitätsmerkmale mit seinen eigenen Augen beurteilen. Je mehr Informationen man jedoch hat, umso bewusster kann die Kaufentscheidung sein. 4
2 MARKT UND VERBRAUCH In Deutschland ist die Tierproduktion von großer ökonomischer Bedeutung. Ein großer Teil der Erlöse der deutschen Landwirtschaft stammen aus dem Verkauf von Erzeugnissen der Tierhaltung. Der Verbrauch an Fleisch stieg hierzulande bis in die 1970er beziehungsweise 1980er Jahre stark an und ist seitdem leicht rückläufig. Bemessungsgrundlage für den Fleischverbrauch ist das Schlachtgewicht. Nach Abzug des Knochenanteils, der Abfälle, des Gewichtsverlustes während der Kühlung, Lagerung und Verarbeitung im Haushalt sowie eines für Tierfutter verwendeten Anteils, verbleiben etwa zwei Drittel des Schlachtgewichtes für die menschliche Ernährung. Diese Menge wird als Fleischverzehr bezeichnet. Mit einer Verzehrmenge von durchschnittlich rund 60 Kilogramm pro Kopf liegen die Bundesbürger im europäischen Mittelfeld. Schweinefleisch Geflügel Rind- und Kalbfleisch sonstiges Fleisch Schaf- und Ziegenfleisch Innereien 38,1 kg 11,6 kg 8,9 kg 1,0 kg 0,6 kg 0,2 kg Wurst und sonstige Fleischerzeugnisse haben hierzulande eine große Bedeutung: Mehr als die Hälfte der zur Verfügung stehenden Fleischmenge ging in den zurückliegenden Jahren in die Verarbeitung zu Fleischerzeugnissen. Allein auf Brühwursterzeugnisse (einschließlich Würstchen) entfällt gut ein Drittel der Wurstwaren, gefolgt von Rohwurst, Pökelwaren und Kochwurst. 2013 verzehrten die Bundesbürger durchschnittlich 29,6 Kilogramm Fleischwaren pro Kopf. Brühwurst Rohwurst Schinken Würstchen Kochwurst Bratwurst Aufschnitt Aspik, Sülze Speck Fleischpasteten/Rouladen Braten 7,1 kg 5,3 kg 4,8 kg 4,1 kg 2,7 kg 2,6 kg 0,9 kg 0,8 kg 0,7 kg 0,4 kg 0,2 kg 5
3 FLEISCHERZEUGUNG SCHWEINEFLEISCH Die Schweinezucht unterliegt einem rasanten Fortschritt. Das hat unter anderem mit der enormen Fruchtbarkeit der Tiere und der sehr kurzen Generationenfolge zu tun. Die heutigen Ziele der Schweinezucht erfüllen am besten Hybridschweine. Das sind Schweine, die aus der Kreuzung mehrerer Linien entstanden sind. Sie machen inzwischen einen Anteil von etwa 90 Prozent aller Schweine aus. Das hat dazu geführt, dass zahlreiche Schweinerassen heute bereits ausgestorben oder aber stark gefährdet sind. In Deutschland engagiert sich die Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Nutztierrassen e. V. seit 1981 für alte Schweinerassen. In den letzten 60 Jahren hat sich die Schweinehaltung in Deutschland stark intensiviert. Sie ist geprägt durch regionale Konzentrationen, vor allem in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, und immer größere Schweinebestände bei immer weniger Haltern. Deutschland ist innerhalb der Europäischen Union der größte Schweineerzeuger und weltweit der drittgrößte. Im Jahr 1950 gab es in Deutschland noch knapp 2,4 Millionen Schweinehalter und etwa 12 Millionen Schweine. Auf jeden Halter kamen durchschnittlich fünf Schweine. Im November 2014 hielten knapp 26.800 Schweinehalter in Deutschland rund 28,3 Millionen Schweine. Das sind pro Betrieb im Durchschnitt über 1.000 Schweine. 1 1 Quelle: Statistisches Bundesamt, 2014 Der Selbstversorgungsgrad mit Schweinefleisch liegt in Deutschland rein rechnerisch bei etwa 115 bis 118 Prozent. Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, dass viele Teilstücke in den Export gehen, die hierzulande nicht mehr gegessen werden; sogenannte Edelteile wie Filet und Schinken werden dagegen zu einem gewissen Anteil importiert. Alle Abläufe der Erzeugung sind genauestens organisiert. Viele Betriebe spezialisieren sich auf nur eine oder zwei Produktionsrichtungen. Dabei ist zu unterscheiden zwischen der Zucht, Jungsauenaufzucht, Ferkelerzeugung, Ferkelaufzucht und Mast. Es gibt also Betriebe, die beispielsweise nur Sauen halten und kleine Ferkel an Betriebe verkaufen, die Ferkel aufziehen und an spezialisierte Mastbetriebe weitergeben. Bei einem geschlossenen System werden von außen keine Tiere zugekauft, sondern die Ferkel sowohl für die späteren Jungsauen als auch für die Mast im eigenen Betrieb erzeugt. Ferkelbehandlung und Mast Nach dem deutschen Tierschutzgesetz darf generell an einem Wirbeltier ohne Betäubung ein mit Schmerzen verbundener Eingriff nicht vorgenommen werden. Eine Betäubung ist jedoch nicht erforderlich: für das Kürzen des Schwanzes von unter vier Tage alten Ferkeln. Werden die Schwänze beim Saugferkel 2 nicht gekürzt, 2 Als Saugferkel werden die Tiere vor dem Absetzen bezeichnet (0 bis circa 4 Wochen). 6
3 FLEISCHERZEUGUNG Foto Ludger Bütfering kann es später im Maststall zum Phänomen des Schwanzbeißens kommen, was für die betroffenen Tiere infolge Entzündungen und Nekrosen äußerst schmerzhaft sein kann. Bei 90 bis 95 Prozent der Schweine, die zum Schlachthof kommen, sind die Schwänze kupiert; für das Abschleifen der Eckzähne von unter acht Tage alten Ferkeln. Bei Saugferkeln werden die Zähne kurz geschliffen, um Verletzungen des mütterlichen Gesäuges vorzubeugen; für die Kennzeichnung durch implantierten elektronischen Transponder, durch Ohrtätowierung oder durch Schlagstempel. Männliche Ferkel werden in der Regel kastriert, damit der spezifische Ebergeruch und -geschmack den das Fleisch entwickeln kann, wenn die Tiere älter werden nicht entsteht. Nach dem Tierschutzgesetz dürfen Ferkel bis zu einem Alter von sieben Tagen ohne Betäubung und Schmerzmittelverabreichung kastriert werden. Ist das männliche Ferkel älter als sieben Tage, darf die Kastration nur durch einen Tierarzt unter Anästhesie und anschließender Verwendung schmerzstillender Mittel durchgeführt werden. 3 Ab einem Alter von vier Wochen dürfen die Ferkel abgesetzt, das heißt von der Mutter getrennt werden. Sie wiegen nun ungefähr acht Kilogramm. Bei der konventionellen Ferkelaufzucht werden die Tiere meist in speziellen Buchten mit Gitterböden oder in warmluftbeheizten Kisten gehalten. 3 Ab dem 1. Januar 2019 ist aufgrund einer Reform des Tierschutzgesetzes das Kastrieren ohne Betäubung verboten. 7
Die eigentliche Mast beginnt ab 25 Kilogramm und dauert bis zu einem Gewicht von etwa 110 Kilogramm. In der Regel sind konventionelle Mastschweineställe mit Spaltenböden ausgelegt. Das heißt, die Tiere stehen auf Betonböden, in denen in regelmäßigen Abständen Spalten vorhanden sind, durch die sie den Kot hindurchtreten. Das ist für den Landwirt die Stallform, die am wenigsten Arbeit macht. Schweine sind von Natur aus neugierig und verspielt. Es muss ausreichend Spielmaterial vorhanden sein, sonst würden die Schweine an den Schwänzen ihrer Buchtengenossen knabbern. Außer Spielzeug gibt es auch Futter- und immer häufiger auch Strohautomaten, die das Futter mehrmals am Tag geben und die Schweine beschäftigen. Schweine haben im Gegensatz zum Wiederkäuer Rind einen einhöhligen Magen. Sie benötigen leicht verdauliches Futter und können kein Gras verwerten. Schweine sind wie die Menschen Allesfresser, das heißt sie können sich sowohl von tierischen als auch von pflanzlichen Futtermitteln ernähren. Aus Kostengründen baut der Landwirt in der Regel viele Bestandteile seines Schweinefutters selbst an. Hauptgrundlage dafür sind vor allem Getreide und Mais. Die Eiweißkomponenten bestehen allerdings oft aus importiertem Soja mit seinen bekannt negativen Auswirkungen für die Anbauländer. Da Soja sehr teuer ist, wird diese Eiweißkomponente zunehmend durch Rapsexktraktionsschrot ersetzt, das in Deutschland in großen Mengen bei der Biodieselherstellung anfällt. Was ist anders bei Bio-Fleisch? Dieses Fleisch muss nach den Vorgaben der EU-Öko-Verordnung produziert worden sein. Schwerpunkte sind eine artgerechte Haltung und die grundsätzliche Fütterung mit ökologisch erzeugten Futtermitteln. Obwohl die Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln ständig steigt, liegt der Anteil der geschlachteten Bio-Schweine bei noch nicht einmal einem Prozent. Bio-Fleisch insgesamt ist ein Nischenmarkt mit etwa 1,5 Prozent Marktanteil in Deutschland; bei Fleisch erzeugnissen liegt der Marktanteil bei 1,2 Prozent Bio-Ware (2014). Die ökologische Schweinehaltung ist sehr aufwändig und die Jungtierverluste sind teilweise höher als in der konventionellen Haltung. Die Tiergesundheit zu erhalten und die Fütterung sind deutlich anspruchsvoller. Die Verbraucherpreise sind daher höher. Bio-Siegel Die wichtigsten Unterschiede zur konventionellen Haltung sind: Es muss uneingeschränkt eine Weide oder ein Auslauf vorhanden sein. Die vorgeschriebenen Mindeststallflächen pro Tier sind größer. Vollspaltenböden sind nicht erlaubt, der Spaltenboden darf maximal 50 Prozent einnehmen. 8