Patientenedukation zur Alltagsbewältigung bei chronischer Erkrankung ein Baustein erweiterter Pflegepraxis

Ähnliche Dokumente
ANP konkret: Impulse aus dem Florence-Nightingale-Krankenhaus Düsseldorf. Kerstin Meißner M.Sc. Pflegeexpertin APN Anästhesie

Altersforum Winterthur

Handlungsfelder der onkologischen Pflege

Advanced Nursing Practice (ANP) Was ist das eigentlich?

Lokale Gesundheitszentren Herausforderungen und Perspektiven für die Pflege

Ein Perspektivwechsel: Salutogenese der Blick jenseits der Förderung

Erfahrungen im Handlungsfeld Gerontopsychiatrie

Pflege braucht mehr. - Kommunikation und psychosoziale Beratung in der Uroonkologie. Sonja Kofler

Community Health Nursing Herausforderungen und Perspektiven in Deutschland

«Advanced Nursing Practice» (ANP) im Kinderspital Zürich

ANP und Praxisentwicklung in einem Rollenprofil

Für eine positive Kultur der Anerkennung:

Salutogenese eine Theorie für Gesundheit im Alter?

Langatelier: In der Tretmühle? ODER Alles im Tritt!

Wie gestaltet sich der Alltag im qualifikationsgemixten Team im akutstationären Setting? Elke Keinath, Pflegeexpertin APN, Düsseldorf-Kaiserswerth

Klinische Pflegeexpertise in der Thoraxchirurgie vom Generalisten zum Spezialisten. Elke Keinath, BSc (Hons)

Die gesundheitliche Versorgung aus unterschiedlichen Perspektiven

Advanced Practice Nursing

Gesundheit Institut für Pflege Edukation- die Rolle der APN

Pflegeexperten im Gesundheitszentrum Glantal

Vortrag: Warum beruflich Pflegende oft nicht wissen, was sie alles können Die primär pflegerische Expertise im Pflegealltag

Advanced Nursing Practice Spezialisierung, Erweiterung führt zum Fortschritt pflegerischer Interventionen!

Das Konzept Praxisentwicklung in der Pflege

Ein Modell zur Gesundheits- und Krankheitsentwicklung Das Konzept der Salutogenese. Florian Schmidt, Marius Runkel, Alexander Hülsmann

EVIDENZ-BASIERTE PFLEGE (EBP)

Gesund und aktiv mit chronischer Krankheit leben Selbstmanagement-Programm für Frauen und Männer mit chronischen Erkrankungen

Vorstellung Module in Pädiatrischer Pflege

APN in der Praxis Herausforderungen und Zukunftstrends

Pflege Führung Zukunft

Bachelor of Science in Pflege neue Rollen in der Pflege Konsequenzen für Forschungsanwendung und Forschung

Denn sie wissen, was sie tun: Mitarbeiterbefähigung zur Anwendung von Pflegeklassifikationen

Salutogenese. DIAG vom Dr. Regina Postner

1. Fachtagung Lehrkräftegesundheit; Martin Titzck / Cor Coaching GmbH

Pflegediagnostik lehren Strategien der Vermittlung von Pflegediagnostik in primärqualifizierenden Pflegestudiengängen. Prof. Dr.

Vom Objekt zum Subjekt

Pflege.Macht.Politik! Herausforderungen und Wege. Referent: Univ.-Prof. Dr. Frank Weidner

Die Rolle der Pflege in der Beratung und Prävention

Modul 6: Patientenedukation. Norbert Matscheko 2010 Foliennummer: 1

Auftaktveranstaltung. Als Schulleitung neu im Amt Chancen und Herausforderungen des Anfangs Dresden Maja Dammann

Zusammenarbeit und Rollenverteilung aus Sicht der Pflegewissenschaft

Entlassungsberatung in der neurologischen Frührehabilitation ADVANCED PRACTICE NURSE

Palliative-pflegerische Beratung für Angehörige und Patienten zu Hause Herausforderungen in der allgemeinen ambulanten Palliativversorgung

Gesundheit Institut für Pflege. APN in der Schweiz. Prof Dr. Romy Mahrer Imhof. APN Symposium 17. Januar Bild 28.4 cm x 8 cm

Pflegeexperten im Gesundheitszentrum Glantal - Wegbereiter für eine evidenzbasierte Pflegepraxis 1. Meisenheimer Pflegetag Yvonne Wegner, M.Sc.

Pflege sichtbar machen Daten nutzen. Pflegeklassifikationen machen s möglich

Das Intensivtagebuch als Instrument der Angehörigenarbeit auf der Intensivstation

Palliative Care salutogenetisch denken

Die Mischung macht s Aufbau interner Evidenz als Managementaufgabe in der Pflege

Magnet Hospital Konzept - eine Chance für deutsche Kliniken. Franz Wagner MSc, RbP Bundesgeschäftsführer DBfK

Salutogenese und Resilienz im Betrieb Hintergründe und Umsetzungsmöglichkeiten

Pflegeexperte und ANP in Partnerschaft: Möglichkeiten und Schwierigkeiten

Aufbau berufsbegleitender Studienangebote in den Pflege- und Gesundheitswissenschaften

Palliativmedizin ethische Grundhaltung oder wissenschaftliches Fach?

Empathie statt Mit-Leid Eine Grundlage zur Förderung empathischer Kompetenz in der pflegerischen Bildung

Netzwerk Patienten- und Familienedukation. Pflegeberatung

Gesundheit und Krankheit. Darlegung der "Sense of Coherence Scale" von Aaron Antonovsky

Studiengänge "Advanced Nursing Practice" im deutschsprachigen Raum Vergleichende Curriculumsentwicklung

Gesundheitsförderung in der Langzeitversorgung

EDUKATION VON BEWOHNERN DER

NAC Event Hotel Monopol, Luzern

Die Beziehung zwischen ANP und Pflegewissenschaft Univ.-Prof. Mag. Dr. Hanna Mayer

Inhaltsverzeichnis. O. Einleitung I. Problemdarstellung... 23

FACHLICHKEIT UND PFLEGEWISSENSCHAFT IM KONTEXT NEUER HERAUSFORDERUNGEN

Die Akademisierung der Pflege Überblick und aktueller Stand

Wahrnehmen Verstehen

Prof. Dr. Ruth Schwerdt Fachhochschule Frankfurt am Main. Visionen zur Qualitätsentwicklung der pflegerischen Versorgung im Rahmen von APN und ANP

2016 Kuske, B. Kuske, B. Kuske, B. Kuske, B. Kuske, B.

Wie sieht die Zukunft der onkologischen Pflege in 20 Jahren in Brandenburg aus? 2. Brandenburger Krebskongress, Regina Wiedemann, MScN

Hochbetagte Menschen Herausforderung für die Pflege!?

Brandenburger Netzwerke Gesunde Kinder Wo wollten wir hin?

Leitidee der guten gesunden Schule Begriffsklärungen

Und bist du nicht willig. Was tun mit Schülern, die nicht wollen?

Moderne Pflege heute

SUCCESS. Das Erfolgstraining der Soft Skills

Das AACN-Synergiemodell. Eine Perspektive für das

Mikroschulungen und Informationskonzepte in der Pflege

Herausforderndes Verhalten im Akutkrankenhaus. Milieugestaltung und nicht medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten

Einführung und Gebrauch der NANDA-Pflegediagnosen am Inselspital

LEHRSTUHL FÜR DIDAKTIK UND AUSBILDUNGSFORSCHUNG IN DER MEDIZIN EINE SPANNENDE DREIECKSBEZIEHUNG. Birgit Wershofen Professionsentwicklung

Evidence-based Nursing

Unterlagen für das Seminar. Hilfen für Autisten

Krebs als chronische Krankheit

Aufgabenumverteilung im Krankenhaus - Haftung und Effizienz - aus Sicht der Pflege. Renate Heinzmann

Vom Glück etwas selbst zu schaffen

Hoffnung- eine mächtige Kraft

Präventive Unterstützung von Kindern psychisch erkrankter Eltern

Die ICF: auch eine «Sprache» für die Gesundheitsförderung?

Entwicklungslinien Auf dem Weg von der Gemeindenähe zur inklusiven Gemeindepsychiatrie

Akademisierung im Kontext der Pflege Univ. Prof. Dr. rer. cur. Juliane Eichhorn

Mitten im Geschehen- Fachverantwortliche Pflege

Wie gelingt die Einführung von ANP in die Praxis?

Workshop Pflegedokumentation

Advanced Nursing Practice Praxisfeld akademisierter Pflegender im Krankenhaus

Edukation Beratung und Schulung mit Betroffenen und Angehörigen als Auftrag professioneller Pflege

Stärkung der Gesundheitskompetenz von Pflegekräften in der tertiären Ausbildung

Stressbewältigung eine Intervention für Berufstätige in der Sozialwirtschaft mit dem Fokus auf Regenerative Stresskompetenz

Magnet Krankenhäuser und ihre Erfolgsstory

Von der Pflegewissenschaft in die Pflegepraxis und zurück

Ausgangslage. Alles ANP oder was? Franz Wagner MSc Bundesgeschäftsführer DBfK

Transkript:

Patientenedukation zur Alltagsbewältigung bei chronischer Erkrankung ein Baustein erweiterter Pflegepraxis Annette Müller (B.A., cand. M.Sc) Klinische Pflegeexpertin (ANP) Kinderzentrum Florence-Nightingale-Krankenhaus

2

Eine Frage der Perspektive und der Wahrnehmung Quelle: Hill (1915) Young woman old woman 3

Edukation bei chronischer Erkrankung Irritierte Autonomie Bedarfe und Bedürfnisse Individuelle Lebenswirklichkeit Evidence-basierte Pflege Advocacy Empowerment Partizipative Entscheidungsfindung 4

Edukation als prozesshaftes, interaktives Geschehen auf den Ebenen Information und Orientierung Klärung und Deutung Handlung und Bewältigung Ziele: (vgl. Sander 1999) Förderung der Handlungskompetenz Alltagsbewältigung (vgl. Hüper/Hellige 2007) 5

Bewältigung/Coping Wenn sich eine Bewältigung als kontrollierbar erweist, kehrt sich plötzlich alles um, aus einer Bedrohung wird eine Herausforderung, aus Angst wird Zuversicht und Mut, aus Ohnmacht wird Wille [ ] (Hüther 2004) 6

Konzept der Salutogenese von Antonovsky Salus (lat.)= Heil, Genesis (griech.)= Entstehung Allgemeiner Gesundheits-/Krankheitsstatus Ganzheitliche Lebensgeschichte, Ressourcen Stress: Alltäglich, unbestimmte Konsequenz Stärkung von Bewältigungsressourcen Kontinuum Krankheit Gesundheit 7

Kohärenzgefühl Als eine Grundhaltung die Welt zusammenhängend und sinnvoll zu erleben! Bestehend aus drei Komponenten: Gefühl der Bedeutsamkeit (meaningfulness) Gefühl der Machbarkeit (manageability) Gefühl der Verstehbarkeit (comprehensibility) 8

Was macht Menschen zu guten Schwimmern? 9

Pflege- und Krankheitsverlaufskurve (Trajektmodell) von Corbin/Strauss Stabile Phase Krankheitsarbeit Instabile Phase Akute Phase Alltagsarbeit Krisenphase Phase Abwärts- des Verfalls phase Sterbephase Biographiearbeit Vordiagnose 1996-1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 phase 10

Beispiele aus der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege 11

Organisatorische Verortung - Halbformalisiert vs. Formalisiert? Kennzeichen pflegerischer Edukation: Häufig eingebunden in andere Handlungen Pädagogisch günstige Momente (London 2003) Rund-um-die-Uhr-Anwesenheit von Pflegenden Expliziter Lebensweltbezug 12

Edukation als Kern einer erweiterten Pflegepraxis Angelehnt an die übergeordneten Charakteristika von ANP nach Spirig/de Geest (2004) Fortschritt - Systematische Durchführung auf Basis (pflege)wissenschaftlicher Erkenntnisse (State-of-theart Interventionen) inkl. Evaluation Spezialisierung - Einsatz dort wo Expertise nötig, z.b. komplexe Pflegesituationen, bestimmte Patientengruppen Erweiterung - Integration/Etablierung therapeutischer Ansätze z.b. Fokus auf Familiensysteme Pflegeexperten als Change Agents (vgl. Moers 2004) - Rollenmodell Schließen einer Lücke (vgl. Panfil/Meyer 2010) 13

Herausforderungen Entwicklung von Outcomekriterien für Edukationsangebote Kontinuität, Gleichheit der Versorgung Praxisentwicklung - Professionsentwicklung Rahmenbedingungen - Einflussfaktoren wie Zeit, Verweildauer 14

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit! Annette Müller Klinische Pflegeexpertin (ANP) Kinderzentrum Email: muellera@kaiserswertherdiakonie.de 15

Literatur Abt-Zegelin, A. (2003): Patienten- und Familienedukation in der Pflege. In: Deutscher Verein für Pflegewissenschaft (Hrsg.): Das Originäre der Pflege entdecken. Pflege beschreiben, erfassen, begrenzen. Sonderausgabe Pflege&Gesellschaft. Frankfurt: Mabuse, S. 103-115 Antonovsky, A. (1997): Salutogenese. Zur Entmystifizierung der Gesundheit. Tübingen: dgtv-verlag, dt. erw. Hrsg. von Franke, A. Corbin, J., Strauss, A. (2004): Weiterleben lernen. Verlauf und Bewältigung chronischer Krankheit. Bern: Hans Huber, 2.Aufl. Hill, W. E. (1915): Young woman old woman. In: Ditzinger, T. (2006): Illusion des Sehens Eine Reise in die Welt der visuellen Wahrnehmung. Heidelberg: Elvesier GmbH, Spektrum Akademischer Verlag Hüther, G. (1997): Biologie der Angst, Vandenhoeck & Ruprecht Göttingen Hüper, C., Hellige, B. (2007): Professionelle Pflegeberatung und Gesundheitsförderung für chronisch Kranke. Rahmenbedingungen Grundlagen Konzepte Methoden. Frankfurt am Main: Mabuse-Verlag GmbH London, F. (2003): Informieren, Schulen, Beraten. Praxishandbuch zur pflegebezogenen Patientenedukation. Bern: Verlag Hans Huber, Moers, M (2004): Management, Wissenschaft und Praxis der Pflege - ein magisches Dreieck? In: Die Schwester, der Pfleger. 43.Jg./Heft 3, S. 201 204 Panfil, E.-M., Meyer, G. (2010): Advanced Nursing Practice in Deutschland: Fokussierung auf die juristischen Grenzen statt auf die Gestaltung des Möglichen. In: Pflege, 23.Jg./Heft 6, S. 367-369 Sander, K. (1999): Personenzentrierte Beratung. Köln u.a.: GwG Verlag, Beltz Verlag Spirig, R., de Geest, S. (2004): Advanced Nursing Practice lohnt sich! In: Pflege, 17.Jg./Heft 4, S. 233-236 16