Rede der Senatorin für Stadtentwicklung, Ingeborg Junge-Reyer, am im Berliner Abgeordnetenhaus.

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Transkript:

Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung - Pressestelle - Rede der Senatorin für Stadtentwicklung, Ingeborg Junge-Reyer, am 15.9.2005 im Berliner Abgeordnetenhaus. Es gilt das gesprochene Wort! Antwort auf die Große Anfrage der FDP-Fraktion über Endbahnhof Berlin (Die Beantwortung der Fragen ist so umgestellt: Allgemeine Einleitung; Bahnhof Zoo ; Fragen zum Hauptbahnhof/Pilzkonzept; MOE-Anbindung) Frage 1: Wie ist die von der DB AG beabsichtigte weitgehende Schließung der Stadtbahn für den Fernverkehr der Bahn im Hinblick auf die Rolle Berlins im mitteleuropäischen Ost-West-Fernbahnverkehr zu bewerten? Soll Berlin mit seinem neuen Nord-Süd-Tunnel zum Endbahnhof werden, während sich z.b. Wien zu einer Ost-West-Durchgangsstation Europa Mitte entwickelt? Berlin wird im kommenden Jahr ein modernes, ja das modernste innerstädtische Eisenbahnnetz bekommen. Der zukünftige Bahnknoten Berlin hat gegenüber den meisten anderen Eisenbahnanbindungen großer Städte drei entscheidende Vorteile: Erstens: Durch den Tunnel und die jetzt realisierte Streckenführung wird die Fahrzeit über den Pilz erheblich verkürzt. Zweitens: Die Streckenführung des Pilzkonzeptes ist so angelegt, dass alle Ziele über den Hauptbahnhof erreicht werden können. Drittens: Das Konzept hat mit dem neuen Hauptbahnhof einen idealen Umsteigebahnhof und dazu mehrere dezentrale Bahnhöfe. Dieses ist ein gewaltiger Fortschritt für die Anbindung des Eisenbahnfernverkehrs in Berlin: Vom alten Kopfbahnhofkonzept des 19. Jahrhundert über die völlig unzureichende und langsame Verbindung ausschließlich über die Stadtbahn nun zu einem modernen Knotenkonzept: Berlin bekommt ein Verkehrsnetz, um das uns alle anderen beneiden werden. Frage 3: Welche stadtstrukturellen Auswirkungen kann die von der DB AG geplante Schließung der Bahnhöfe Zoologischer Garten und Ostbahnhof für den Fernverkehr mit sich bringen? Geht angesichts der Tatsache, dass die Bereiche Hauptbahnhof/Lehrter Bahnhof und Ostbahnhof keine städtischen Zentren sind, im Falle der Schließung des Bahnhofs Zoo die Entwicklung der innerstädtischen Zentren und Bahnhofsstandorte für den Fernverkehr endgültig getrennte Wege? Frage 4:

Wie konnte es angesichts der beabsichtigten Stärkung integrierter Zentren als ein langfristiges Ziel der Berliner Stadtentwicklungspolitik zu dieser Entwicklung überhaupt kommen (auch unter Berücksichtigung der Sekundärfunktion der Fernbahnhöfe als Shopping-Malls)? Frage 5: Wie würde sich die von der DB AG beabsichtigte Schließung auf die verkehrliche Erreichbarkeit der Zugangsstellen des DB-Fernverkehrs aus der Innenstadt und ihren Zentren auswirken? Sind im Straßennetz Verkehrsverlagerungen zu erwarten? Frage 9: Welche (auch planerischen) Schlussfolgerungen und Konsequenzen sind aus den hier angesprochenen Aspekten zu ziehen und wie gedenkt sich der Senat insoweit gegenüber dem Bund und der Bahn zu verhalten? Das neue Pilzkonzept wird grundlegende Änderungen mit sich bringen. Ein erheblicher Teil der Linien wird in Zukunft durch den Tunnel geführt, weil das einen bedeutenden Zeitgewinn bringt und darum im Interesse der Fährgäste liegt. Durch die Inbetriebnahme der Nord-Süd-Verbindung mit den neuen Fernbahnhöfen Hauptbahnhof, Südkreuz und Gesundbrunnen wird das Verkehrsangebot und der Zugang zum Fernverkehr der DB AG für die Berlinerinnen und Berlin deutlich verbessert. So werden z.b. auf den Nord-Süd-Relationen Berlin Leipzig und Berlin Stralsund Fahrzeitgewinne von jeweils 40 min erreicht. In dem zwischen allen Beteiligten abgestimmten und planfestgestellten Pilzkonzept war allerdings das von der Deutschen Bahn AG jetzt dargelegte Haltekonzept der DB AG unter anderem die Aufgabe des Bahnhofs Zoo als Haltepunkt für den Fernverkehr so nicht vorgesehen. Nach Planung der DB AG soll der Bahnhof Zoologischer Garten vom Fernbahnhof zum Regionalbahnhof heruntergestuft werden. Damit würden alle auf der Stadtbahn verkehrenden Fernzüge der genannten Linien im Bahnhof Zoo durchfahren. Der Senat hält dies für eine falsche Entscheidung der DB AG, weil sich damit die Gesamtreisezeiten für viele der Zu- und Aussteiger auf den genannten Linien deutlich verlängern. 2 Es widerspricht auch den bisherigen Absprachen zum sogenannten Pilzkonzept, das auf einer der Stadtstruktur entsprechenden dezentralen Erschließung mit mehreren Fernbahnhöfen basiert und dabei natürlich auch den Bahnhof Zoo mit seiner hervorragenden Nahverkehrsanbindung einbezieht. Durch den Wegfall des Bahnhofs Zoo als Fernbahnhof wird sich die Erreichbarkeit auf den Ost-West-Relationen der Bahn verschlechtern, denn dieser Bahnhof hat wegen seiner stadträumlichen Lage und seiner hervorragenden ÖPNV-Anbindung für Fernzüge einen sehr hohen Verkehrswert. Für einen größeren Teil der heutigen Fernverkehrsreisenden am Bahnhof Zoo würde sich die Reisezeit um ca. 10 20 min verlängern (zusätzliche Reisezeit zum Hauptbahnhof einschließlich ggf. 1 mal zusätzliches Umsteigen bei Nutzung des ÖV und entsprechende Pufferzeiten). Für einen kleineren Teil der heutigen Ein- und Aussteiger am Bahnhof Zoo führt die Inbetriebnahme des Hauptbahnhofs und des Bahnhofs Südkreuz al-

lerdings auch zu Vorteilen in der Erreichbarkeit gegenüber der heutigen Situation. Auch für Fahrgäste, die mit dem Kfz fahren oder gebracht werden, ist die Verschlechterung der Erreichbarkeit bei Wegfall des Fernbahnhaltes Zoo ähnlich. Allerdings bietet sowohl der Hauptbahnhof als auch vor allem der Bahnhof Südkreuz gegenüber Zoo ein deutlich besseres Angebot an Parkmöglichkeiten. Die damit verbundenen Verlagerungen im Straßenverkehr sind bezogen auf die Gesamtverkehrsbelastung im Straßennetz begrenzt und beherrschbar. Der Senat geht daher aus allen diesen Überlegungen heraus davon aus, dass die Bahn auch in ihrem eigenen Interesse ihre Vorstellungen zum Haltekonzept überprüft. Der Senat geht davon aus, dass Qualität, d.h. Kundenorientierung, eine wesentliche Rolle bei den Überlegungen der Bahn zur Sicherung der Wirtschaftlichkeit ihres Angebots spielt. Erklärtes Ziel des Senats ist es, insbesondere die beiden Zentrumsbereiche City-West und Historische Mitte für Touristen noch attraktiver zu machen. Hierzu bedarf es eines komplexen Ansatzes und gemeinsamer Anstrengungen aller Akteure. Die Aufgabe der Fernverkehrsfunktion des Bahnhofs Zoo durch die DB AG ist unter diesen Gesichtspunkten nicht das gewünschte Signal für die City-West. Angesichts von täglich ca. 200-300.000 Passanten in der City-West mögen die rund 25.000 Fernbahnreisenden, die am Bahnhof Zoo täglich ein- und aussteigen zwar zahlenmäßig nicht entscheidend sein. Dennoch ist es nicht unerheblich für die Bahn und den Standort Zoo gleichermaßen, wenn gerade Geschäftsreisende und Touristen die Tagungsstätten, Banken, Hotels, das Ludwig-Erhardt-Haus, die Technische Universität, Kudamm und Tauentzien nicht direkt erreichen. In Ihrer Anfrage vergleichen Sie den Bahnhof Zoo mit anderen Bahnhöfen, die mehr und mehr eine Funktion als Shopping-malls übernehmen. Der Bahnhof Zoo hat solche Funktionen nach dem Umbau aufgenommen. Der Unterschied zu anderen Bahnhöfen, die nicht in dieser Weise in die Stadt integriert sind, ist allerdings, dass der Bahnhof Zoo eine wichtige Rolle in dieser gewachsenen urbanen Umgebung spielt. Hier haben wir also eine sinnvolle Ergänzung von Zentrums- und Bahnhofsfunktionen: Das ist ein stadtentwicklungspolitisch vernünftiges und gewolltes Ziel. Jenseits dieser Frage nach der Streichung von Haltepunkten für den Fernverkehr kann allerdings von einer weitgehenden Schließung der Stadtbahn für den Fernverkehr keine Rede sein. Nach dem Betriebskonzept der Deutschen Bahn AG ist vorgesehen, dass ab dem 28. Mai 2006 die ICE-Linien Köln Hannover - Berlin und Basel/Stuttgart - Frankfurt(M) Berlin sowie die IC- Linien Amsterdam Hannover Berlin und Warschau Berlin auf der Stadtbahn verbleiben. Zudem verkehren auch weiterhin einzelne IC-Züge von und nach Magdeburg/Dessau über die Stadtbahn. Ab Dezember 2006 soll dann die ICE-Linie Basel/Stuttgart - Frankfurt(M) Berlin von der Stadtbahn auf die Nord-Süd-Bahn umgelegt werden. 3 Eine Schließung des Ostbahnhofs für den Fernverkehr ist im Betriebskonzept 2006 der DB AG nicht vorgesehen. Danach sollen die auf der Stadtbahn verbleibenden Fernzüge von und nach Köln, Amsterdam, Warschau und Magdeburg/Dessau auch weiterhin in Ostbahnhof halten. Durch die Inbetriebnahme

der Nord-Süd-Verbindung werden danach ab dem 28. Mai 2006 die Fernverkehrshalte am Ostbahnhof von derzeit 146 auf 98 Halte pro Tag gegenüber dem heutigen Fernverkehrsangebot reduziert. Die ICE-Linie Berlin - Frankfurt (Main) soll noch bis Dezember 2006 über die Stadtbahn verkehren und damit auch in Ostbahnhof halten. 4 Frage 6: Welche Anforderungen an die Straßenerschließung des Hauptbahnhofs/Lehrter Bahnhof sind zu erwarten? Kann der sich u.a. vom Bahnhof Zoo hierher verlagernde Pkw- und Busverkehr reibungslos abgewickelt werden? Ich komme nun zu Ihren Fragen, die den neuen Hauptbahnhof und die Einführung des Pilzkonzeptes betreffen. Für die Straßenerschließung des Hauptbahnhofs/Lehrter Bahnhof wurden und werden im Umfeld des Bahnhofs mehrere neue Straßen gebaut, mit denen die Anbindung an das Hauptverkehrsstraßennetz und die Erschließung des Bahnhofs reibungslos sichergestellt werden können. Der neue Bahnhof wird durch den südlichen Vorplatz (Washingtonplatz), eine westliche und östliche Erschließungsstraße (Ella-Trebe-Straße bzw. Friedrich-List-Ufer) sowie die nördliche Erschließungsstraße mit angrenzendem Bahnhofsvorplatz (Europaplatz) eingefasst. Durch die nördliche Erschließungsstraße werden Taxis und Pkw angebunden. Hier sind Stellplätze zum kurzzeitigen Halten der Pkw sowie Taxihaltezonen zum Vor- und Abfahren vorgesehen. Das Nachrücken der Taxis erfolgt von einer nahe gelegenen Taxiaufstellfläche im Westbereich des Bahnhofsviadukts. Auch auf dem südlichen Vorplatz ist eine Taxivorfahrt vorgesehen. Für Reisebusse werden im Südabschnitt der westlichen Bahnhofstraße 5 Stellplätze angeordnet, die zum Aus- und Einsteigen der Busreisenden vorgesehen sind. In der Tiefgarage des neuen Bahnhofs werden ca. 900 Pkw-Parkplätze zur Verfügung stehen. Damit werden im Vergleich zum Bahnhof Zoo / Hardenbergplatz, wo sich ca. 220 Pkw-Stellplätze befinden - deutlich höhere Stellplatzkapazitäten angeboten. Ich gehe aber davon aus, dass Fahrgäste, die mit eigenem PKW oder als Mitfahrer einen innerstädtischen Fernbahnhof aufsuchen wollen, künftig den neuen Fernbahnhof Südkreuz aufsuchen werden, der in der 1. Baustufe bis 2006 ca. 600 Stellplätze anbieten kann und direkt am Stadtring liegt. Frage 7: Würde sich die Schließung auch umweltbelastend auswirken (speziell Lärm)? Wie wäre es z.b. im Bereich der Anhalter Bahn? Was die Lärmbelastungen auf der Anhalter Bahn angeht, sind die dem Betriebskonzept 2006 zugrunde liegenden Zugbelastungen geringer als die, die der Planfeststellung zugrunde gelegt wurden. Mit Fahrplanwechsel am 28. Mai 2006 werden nach Information der DB AG im Fernverkehr 25 Zugpaare pro Tag die Anhalter Bahn nutzen. Das dem Planfeststellungsbeschluss zugrundeliegende Betriebsprogramm 2010 der DB AG sieht im Fernverkehr 58 Zugpaare pro Tag vor. Damit ergeben sich gegenüber den zugrundeliegenden Annahmen im Planfeststellungsverfahren zur Anhalter Bahn eher geringere Umweltbelastungen. Ab Dezember 2006 wird dann die ICE-Linie Basel/Stuttgart- Frankfurt-Berlin ebenfalls in Nord-Süd-Richtung verkehren. Sie soll am Bahn-

hof Südkreuz enden und wird daher die Anwohner entlang der Anhalter Bahn im Südwesten der Stadt nicht zusätzlich belasten. 5 Frage 8: Ist die Schließung im so genannten Pilzkonzept bereits angelegt, das offenbar ein Trassen- jedoch kein Betriebskonzept darstellt? Ist die Stadtbahn unter betrieblichen Gesichtspunkten längerfristig für den ICE-Verkehr überhaupt geeignet (z.b. Trennung von Regional- und Fernverkehr, Wirtschaftlichkeit)? Wenn nein, welche Konsequenzen ergeben sich daraus bei zunehmender Ausweitung des Ost-West-Fernverkehrs? Das Pilzkonzept ist ein Infrastrukturkonzept, auf dessen Grundlage der viergleisige Nord-Süd-Tunnel sowie dessen Verbindung zur Stadtbahn mit dem neuen Hauptbahnhof gebaut und die Zulaufstrecken ausgebaut werden. Den für diese Neu- und Ausbaumaßnahmen erforderlichen Planfeststellungsbeschlüssen wurde ein Betriebsprogramm 2010 der DB AG zugrunde gelegt, das nun für die Inbetriebnahme der Nord-Süd-Verbindung durch das Betriebskonzept 2006 konkretisiert wurde. Durch die Führung der Linien des Nord-Süd- Verkehrs über den Nord-Süd-Tunnel werden auf der Stadtbahn Kapazitäten frei, so dass die Stadtbahn auch in Zukunft nicht nur aus verkehrlichen, sondern auch aus betrieblichen Gründen für den ICE-Verkehr geeignet ist. Frage 2: Teilt der Senat die Auffassung, dass das Vorhaben der DB AG die unzureichende Bedeutung Berlins in den wirtschaftlichen und damit verkehrlichen Beziehungen in den MOE-Raum widerspiegelt, zugleich aber auch ein gerütteltes Maß an verkehrs- und standortpolitischer Kurzsichtigkeit verrät? Wie steht der Senat dazu? Berlin mit seiner zukünftigen herausragenden Bahninfrastruktur ist gut gerüstet, zusätzlichen Fernverkehr von und nach Osten und Südosten aufzunehmen. Das Betriebskonzept der DB AG basiert in bezug auf die verkehrliche Nachfrage von und nach Mittel- und Ost-Europa auf den aktuellen Prognosen der Bundesverkehrswegeplanung. Der Senat ist bemüht, die wirtschaftlichen Beziehungen in den MOE-Raum weiter auszubauen. Die Dynamik des wirtschaftlichen Strukturwandels im MOE-Raum macht insbesondere Polen zu einem hochinteressanten Wirtschaftspartner vor der eigenen Haustür. Dies gilt insbesondere für die Großstädte Breslau, Posen und Stettin als Motoren der Entwicklung, die Berlins Know how beim Stadtmanagement über Fachkontakte nachfragen und deren Bewohner das Kultur-, Einzelhandels- und Dienstleistungsangebot unserer Stadt immer stärker nutzen. Diese Nachfrage entwickelt sich auch in umgekehrter Weise. Die Länder Berlin, Brandenburg und der Freistaat Sachsen bemühen sich, das Bahnangebot zu diesen westpolnischen Städten zu verbessern. Dies gilt auch für Warschau, Danzig und die weiteren polnischen Ballungsräume darüber hinaus auch für den sogenannten III. Europäischen Verkehrskorridor hinter Breslau, das mehrere Mio. Einwohner zählende Oberschlesische Industriegebiet um Kattowitz sowie die Kulturmetropole Krakau. Berlin ist für die Entwicklung des Eisenbahnverkehrs gut gerüstet. Das gilt sowohl für den Zugang aus Richtung Osten, das heißt über Frankfurt/Oder von und nach Warschau, ebenso für den nordöstlichen Verkehr nach Stettin und Danzig als auch für den südöstlichen Verkehr über den Flughafen Schönefeld. Berlin wird in alle diese Richtungen gute Anbindungen in die Stadt haben. Gerade die jetzt getroffen Vereinbarung mit der Bundesregierung über Einbezie-

hung von Schönefeld in das Eisenbahnnetz ist ein Meilenstein auch für die Verkehrsanbindung des neuen Großflughafens und Berlins in Polen und Tschechien. 6 Das Problem ist allerdings, dass die Strecken nach Mittel- und Osteuropa insgesamt in einem sehr schlechten Zustand sind und dass Berlin auf Partner in den Nachbarländern und in der Europäischen Union angewiesen ist. Berlin hat dazu bereits eine Reihe von Initiativen ergriffen, die ich als Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz befördern konnte. In diesem Zusammenhang möchte ich auf mein gemeinsam mit Brandenburg und Sachsen gefasstes Schreiben an den Bundesverkehrsminister vom 5. Juli 2005 hinweisen, in dem wir an den Bund appelliert haben, die Rahmenbedingungen für die Bahn nach Polen zu verbessern und Einfluss auf die bundeseigene DB AG beim Fernverkehrsangebot zu nehmen. Aber lassen Sie mich auch das realistischerweise hinzufügen: Der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur gerade zwischen den Ostdeutschen Ländern und unseren Nachbarn in der erweiterten Europäischen Union ist auch finanziell eine große Herausforderung und keine kurzfristige Frage. Und daher freue ich mich darüber, dass wir hier in Berlin alle gemeinsam an einem Strang ziehen. Mein Dank gilt dabei besonders der Industrie- und Handelskammer, die sehr aktiv den Ausbau der Verkehrswege fordert und die auch mithilft, mit Partnern in den Nachbarländern selbst diese Frage voranzubringen. Berlin erhält mit dem neuen Eisenbahnknoten eine herausragende Schieneninfrastruktur, die auf der Welt ihresgleichen sucht. Das wird ein Standortvorteil sein, und es gibt gar keinen Zweifel darüber, dass die Menschen, die unsere Stadt besuchen, das auch so sehen werden. Auch wenn wir uns darüber einig sind, dass dieses hervorragende neue Eisenbahnkonzept nicht dazu führen darf, dass der Bahnhof Zoo als Ein- und Aussteigemöglichkeit für den Fernverkehr zukünftig völlig wegfällt: Berlin hat eine vorbildliche Verkehrsinfrastruktur wir haben allen Grund dies öffentlich als Standortvorteil herauszustellen.