Die analytische Tradition
lingustic turn : Wende von der Bewusstseins- zur Sprachphilosophie ab Ende des 19. bzw. Beginn des 20. Jahrhunderts
Die analytische Tradition Die Philosophie ist ein Kampf gegen die Verhexung unsres Verstandes durch die Mittel unserer Sprache. (PU 109)
linguistic turn Frühphase der analytischen Philosophie: linguistic analysis (sprachliche Analyse) als Basis für conceptual analysis (Analyse von Begriffen und Konzepten)
Die analytische Tradition Frege: Unvollkommenheit der Sprache
Die analytische Tradition Frege: In den abstrakteren Teilen der Wissenschaft macht sich immer aufs Neue der Mangel eines Mittels fühlbar, Mißverständnisse bei anderen und zugleich Fehler im eigenen Denken zu vermeiden. Beide haben ihre Ursache in der Unvollkommenheit der Sprache. (G. Frege: Funktion, Begriff, Bedeutung, 91)
Unvollkommenheit der Sprache Frege: Die Sprache aber erweist sich als mangelhaft, wenn es sich darum handelt, das Denken vor Fehlern zu bewahren. Sie genügt schon der ersten Anforderung nicht, die man in dieser Hinsicht an sie stellen muß, der, eindeutig zu sein. (G. Frege, Funktion, Begriff, Bedeutung, 91)
Unvollkommenheit der Sprache Frege: Am gefährlichsten sind die Fälle, in denen die Bedeutungen des Wortes nur wenig verschieden sind, die leisen und doch nicht gleichgültigen Schwankungen. [ ] Das Pferd kann ein Einzelwesen, es kann auch die Art bezeichnen, wie in dem Satze: Das Pferd ist ein pflanzenfressendes Tier. Pferd kann endlich einen Begriff bedeuten wie in dem Satze: Dies ist ein Pferd. Die Sprache ist nicht in der Weise durch logische Gesetze beherrscht, daß die Befolgung der Grammatik schon die formale Richtigkeit der Gedankenbewegung verbürgte. (G. Frege, Funktion, Begriff, Bedeutung, 91)
Die Unvollkommenheit der Sprache Frege: So genügt auch die Wortsprache nicht. Wir bedürfen eines Ganzen von Zeichen, aus dem jede Vieldeutigkeit verbannt ist, dessen strenger logischer Form der Inhalt nicht entschlüpfen kann. (G. Frege, Funktion, Begriff, Bedeutung, 91)
Die analytische Tradition Frege: Untertitel der Begriffsschrift (1879): eine der arithmetischen nachgebildete Formelsprache des reinen Denkens
Die analytische Tradition Frühphase: Philosophie der idealen Sprache Frege, Russell, Wittgenstein I, Carnap ideale Sprache, Logistik gegen Zweideutigkeiten
Wiener Kreis Gruppe von Philosophen und Naturwissenschaftler(innen) um Moritz Schlick (1882-1936): Treffen ab WS 1924/25 Logischer Empirismus: 1. Kritik an der Metaphysik 2. Forderung, sinnvolle Aussagen auf Beobachtungssätze zu reduzieren oder aus ihnen logisch abzuleiten
Die analytische Tradition Neue Entwicklung ab etwa 1930/40: Philosophie der normalen Sprache Ordinary language philosophy Modell: Alltagssprache George E. Moore (1873-1958), Wittgenstein II
3.2 Ludwig Wittgenstein
Gliederung TLP 1. Die Welt ist alles, was der Fall ist. 2. Was der Fall ist, die Tatsache, ist das Bestehen von Sachverhalten. 3. Das logische Bild der Tatsachen ist der Gedanke. 4. Der Gedanke ist der sinnvolle Satz. 5. Der Satz ist eine Wahrheitsfunktion der Elementarsätze. 6. Die allgemeine Form der Wahrheitsfunktion ist: [p,, N( )] Dies ist die allgemeine Form des Satzes. 7. Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen.
Logische Struktur von Sprache und Wirklichkeit SPRACHE WIRKLICHKEIT Satz Tatsache Elementarsatz Sachverhalt Name Gegenstand
TLP Abbildtheorie / abbildende Beziehung (TLP 2.1513): logische Struktur der Welt deckungsgleich mit logischer Struktur der Sprache zwei übereinander liegende Netze (TLP, 6.341)
Abbildtheorie 2.151 Die Form der Abbildung ist die Möglichkeit, dass sich die Dinge so zueinander verhalten, wie die Elemente des Bildes. 2.1511 Das Bild ist so mit der Wirklichkeit verknüpft; es reicht bis zu ihr. 2.1512 Es ist wie ein Maßstab an die Wirklichkeit angelegt. 2.15121 Nur die äußersten Punkte der Teilstriche berühren den zu messenden Gegenstand
TLP Wirklichkeit: Bestehen oder Nichtbestehen von Sachverhalten sinnvolle Sätze darüber: wahr oder falsch Naturwissenschaft: Gesamtheit der wahren und sinnvollen Sätze Sätze der Naturwissenschaft als Modell für ideale Sprache
TLP Philosophie: macht deutlich auf den Unterschied zwischen SAGEN und ZEIGEN sagbar : sinnvolle und wahre Sätze der NW es zeigt sich : Unaussprechliches, das Dass der Welt (Mystische)
Fazit TLP Grenzen der Sprache sind auch die Grenzen der Welt (siehe Vorwort) Sprache als Bild der Wirklichkeit Ethik und Religion übersteigen die Grenze dessen, was sinnvoll sagbar ist sie wollen etwas sagen, was sich nur zeigen lässt
Wittgensteins Werk ist ohne den Rahmen der Analytischen Tradition nicht zu denken. Diese bemüht sich, die philosophischen Probleme mit den Mitteln der Sprachanalyse zu lösen. Muß man in diesem Zusammenhang von einem prägenden Einfluß und Vorbild Wittgensteins sprechen wie Hacker, oder ist er nur ein Vertreter in einem großen Traditionsstrom, wie es Grayling vorschlägt?