Vorlesung Interkulturelle Germanistik und Deutsch als Fremdsprache: Sommersemester 2006 Prof. Dr. H. Casper-Hehne Januar 2006 Prof. Casper-Hehne 1
4. Sitzung (07.12.06) Thema: Interkulturelle Sprachwissenschaft und die kontrastive Linguistik Januar 2006 Prof. Casper-Hehne 2
Kontrastive Linguistik 1. Sprachen im Vergleich 1.1 Die diachrone komparative Linguistik 1.2 Die synchrone komparative Linguistik 1.2.1 Die Sprachtypologie 1.2.2 Die Kontrastive Linguistik 2. Die Kontrastive Linguistik 2.1 Definitionsversuche 2.2 Annahmen der Kontrastiven Linguistik 2.3 Bewertung der Kontrasthypothese 2.4 Kontrastivität und Fehleranalyse 2.5 Zum Problem des Vergleichs Januar 2006 Prof. Casper-Hehne 3
3. Kontrastivität in der Lexik 3.1 Internationalismen 3.2 Semantische Divergenz und Konvergenz 3.3 Nominationsverfahren 3.4 Kontraste Wortbildungsmittel 3.5 Kontraste durch Kulturhistorik 3.6 Falsche Freunde 4. Beispiel 1: Deutsch-Englisch 4.1 Unterschiede im Bereich der Phonologie 4.2 Unterschiede im Bereich der Morphologie 4.3 Unterschiede im Bereich der Syntax 4.4 Unterschiede im Bereich der Semantik Januar 2006 Prof. Casper-Hehne 4
5. Beispiel 2: Deutsch-Chinesisch 5.1 Das Schriftsystem 5.2 Das Lautungssystem 5.3 Der lexiko-morphologische Bereich 5.4 Der syntaktische Bereich 6. KL / Deutsch als Fremdsprache Januar 2006 Prof. Casper-Hehne 5
1. Sprachen im Vergleich - Erkenntnisinteressen Gesamtvergleich zwischen zwei oder mehr Sprachen für eine Typologie der Sprachen - Spezielle Aspekte zweier Sprachen vergleichend - Aufteilung Vergleichende Sprachwissenschaft diachron synchron Januar 2006 Prof. Casper-Hehne 6
1.1 Die diachrone komparative Linguistik - Vergleich historisch unterschiedlicher Zustände - Genetische Verwandtschaft von Sprachen ermittelnd - Rekonstruktion einer gemeinsamen Ursprache - Schwerpunkt Phonologie und Morphologie - Zusammenhang Deutsch indeuropäisch indogermanisch Januar 2006 Prof. Casper-Hehne 7
1.2 Die synchrone komparative Linguistik Bereiche - Sprachtypologie - Kontrastive Linguistik 1.2.1 Die Sprachtypologie - Ansatz ähnelt dem historisch-vergleichenden - Sprachen typologisch gruppierend - Klassifikation von Sprachen - Nicht genetisch-geschichtliche oder geographische Beziehungen - Sprachtypologie Klassifikation von Sprachen aufgrund grammatischer Eigenschaften Januar 2006 Prof. Casper-Hehne 8
1.2.1. Sprachtypologie Morphologisch orientierte Ansätze - Unterscheidung analytischer und synthetischer Sprachbau - Analytischer Sprachbau chinesische Sprache Syntaktische Beziehungen der Wörter im Satz werden durch Formelemente (z.b. Präpositionen) ausgedrückt. Wo da gei ni Ich geben für dich Ich gebe dir - Unterscheidung Agglutinierende und flektierende Sprachen Januar 2006 Prof. Casper-Hehne 9
Flektierend: Deutsch Morpheme tendieren zur Fusion und entsprechen mehr als einem Merkmal. Singula r Plural Nominativ Jahr Jahre Genitiv Jahres Jahre Dativ Jahre Jahren Akkusativ Jahr Jahre Januar 2006 Prof. Casper-Hehne 10
Agglutinierend: Türkisch Sprachen, die einzelne Morpheme aneinander reihen (auch Japanisch, Finnisch) Singular Plural Nominativ Yil-O Yil-lar Genitiv Yil-in Yil-lar-in Dativ Yil-a Yil-lar-a Akkusativ Yil-i Yil-lar-i Januar 2006 Prof. Casper-Hehne 11
Syntaktische Sprachtypologie Dabei wird unterschieden zwischen SVO-Sprachen vs VSO- vs SOV-Sprachen: The library sold the book Die Bücherein verkauft das Buch. Englisch SVO Taro-ga tegami-o kakimasu Taro Brief schreibt Japanisch SOV Lladdodd y ddraig y dyn Tötet der Drachen den Mann. Walisisch VSO Januar 2006 Prof. Casper-Hehne 12
1.2.2 Kontrastive Linguistik (KL) - ahistorisch - an historischen und geographischen Bezügen interessiert - Sprachtypologie sucht nach Gemeinsamkeiten Oberflächliche Untersuchung einer Vielzahl von Sprachen - Kontrastive Linguistik sucht nach Unterschieden Detaillierte Beschreibung der Einzelsprachen - C. Fries Teaching and Learning English as a foreign Language. 1954 - R. Lado Languages across Cultures. 1957 Januar 2006 Prof. Casper-Hehne 13
1.2.2 Kontrastive Linguistik (KL) - Fremdsprachenunterricht von wissenschaftlich präziser Beschreibung der Fremdsprachen profitierend - wenn verglichen mit präziser Beschreibung der Muttersprache - Verbesserung Methodik und Didaktik FU - KL in den 60er Jahre nach Europa kommend - Wahl der kontrastiven Untersuchung von Sprachen nicht durch genetische oder geographische Verwandtschaft sondern durch gesellschaftliche und didaktische Bedürfnisse begründet - z.b. Deutsch Arabisch Januar 2006 Prof. Casper-Hehne 14
2. Kontrastive Linguistik 2.1 Definitionsversuche [...] eine vergleichende sprachwissenschaftliche Beschreibungs- und Analysemethode, bei deren möglichst detailliertem 'Vergleich' das Hauptinteresse nicht auf den Gemeinsamkeiten, sondern auf den Abweichungen oder 'Kontrasten' zwischen den beiden - oder mehreren - verglichenen Sprachsystemen bzw. Subsystemen liegt (Rein 1983, 1). Weinrich sieht die KL als einen Vergleich [...] derjenigen Teile der Oberflächen- und Tiefenstruktur, die verschieden sind und Interferenzen verursachen können. Die kontrastive Linguistik stellt den Anspruch, Voraussagen machen zu können. (Weinrich 1977, 264). Januar 2006 Prof. Casper-Hehne 15
2.2. Annahmen der Kontrastiven Linguistik Jeder, der eine Fremdsprache lernt, spricht bereits eine Sprache, seine Muttersprache. Jede neue Sprache wird durch den Filter der Muttersprache gesehehen. Jede Sprache hat ihre eigene Struktur. Die gleichen Inhalte können in verschiedenen Sprachen mit verschiedenen Ausdrücken verknüpft sein. Die Zielsprache ist mehr oder weniger stark von der Muttersprache verschieden. Januar 2006 Prof. Casper-Hehne 16
2.2. Annahmen der Kontrastiven Linguistik Der Lernende zeigt die Neigung, Erscheinungen der Muttersprache in die Zielsprache zu übertragen. Die Muttersprache interferiert mit der Zielsprache. Es kommt zu Interferenzen. Ausdrücke der Zielsprache, die von den entsprechenden Ausdrücken der Muttersprache abweichen, sind schwerer zu lernen als solche, die ähnlich oder gleich sind. Je größer die Unterschiede, um so größer sind auch die Lernschwierigkeiten. Durch einen systematischen kontrastiven Vergleich der Eigenschaften von Muttersprache und Fremdsprache können zu erwartende Schwierigkeiten und mögliche Interferenzquellen vorhergesagt und linguistisch erklärt werden. Januar 2006 Prof. Casper-Hehne 17
2.3 Bewertung der Kontrasthypothese - Unterschiede Muttersprache Fremdsprache Haupthindernis beim Fremdspracherwerb - Kontraste beschreiben / Transfer Lernschwierigkeiten / Fehler voraussagend - Anschauung naiv - Ansprüche konnten nicht realisiert werden. - Keine zuverlässige Voraussagbarkeit von Fehlern Januar 2006 Prof. Casper-Hehne 18
2.3 Bewertung der Kontrasthypothese - Fehler prognostiziert, die kaum auftraten Fehler nicht vorausgesagt, die begangen wurden - Interferenzen nicht die einzige Fehlerquelle - KL kann nicht allein zuverlässige Angaben über Fehler machen. - KL Sprachwissenschaftliche Vorarbeiterin des Fremd- und Zweitsprachenunterrichts - Fehleranalyse als empirische Überprüfung der Schwierigkeitsgrade - KL Orientierungs- und Entscheidungshilfe bei der Didaktisierung der grammatischen Komponente Januar 2006 Prof. Casper-Hehne 19
2.4 Kontrastivität und Fehleranalyse -Fehleranalyse - Teildisziplin der Fremdsprachendidaktik - Fehlertherapie, Fehlerprognose, Fehlerprophylaxe - Fehler nicht nur durch erstsprachliche Interferenz - Fehler, die einem bestimmten Lernstadium zuzuordnen sind - Diskussion kontrastive Fehler./. nicht kontrastive Fehler Januar 2006 Prof. Casper-Hehne 20
2.5 Zum Problem des Vergleichs - Kritik: Für Vergleich keine Kritieren - Vorgehen bei Vergleich - Tertium Comparationis suchen - Gemeinsamkeiten und Unterschiede beschreiben Januar 2006 Prof. Casper-Hehne 21
Beispiel z.b. Numerus Deutsch Inuktitut Haus ein Haus Iglu: ein Haus Häuser zwei Häuser Igluk: zwei Häuser Iglut: drei oder mehr Häuser Numerus Deutsch Singular: gleich 1 Plural größer gleich 2 Inuktitut Singular gleich 1 Dual gleich 2 Plural größer gleich 3 Januar 2006 Prof. Casper-Hehne 22
3. Kontrastivität in der Lexik Internationalismen Semantische Divergenz und Konvergenz Nominationsverfahren Kontraste durch unterschiedliche Distribution der Wortbildungsmittel Kontraste durch historisch motivierte Benennungen Januar 2006 Prof. Casper-Hehne 23
4. Ein Beispiel: Kontrastiver Vergleich deutsch-englisch Phonologie Morphologie Syntax Semantik Januar 2006 Prof. Casper-Hehne 24
4. Ein zweites Beispiel: deutsch-chinesisch Lautungssystem Lexiko-morphologischer Bereich Syntax Semantik Januar 2006 Prof. Casper-Hehne 25