Arbeit, Karriere oder Berufung? Daniela Blickhan 2012 Meine Arbeit macht mir Freude und ich sehe, was ich dadurch bewirken kann. Diese Einstellung ist nicht nur persönlich positiv, sondern hält auch langfristig gesund, da sie dem Burnout vorbeugt. Menschen, die so über ihre Arbeit denken, setzen sich mehr ein, erzielen größere Erfolge und leisten mehr. Doch wovon hängt das ab? Ist es einfach Glückssache, ob man einen Traumjob gefunden hat? Oder Kopfsache? Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass der Schlüssel zu diesen positiven Effekten in unserer eigenen Hand liegt. Forscher von der amerikanischen Yale Universität haben drei grundlegende Einstellungen zur Arbeit herausgefunden: Die Arbeit als Arbeit Zentral für diese innere Einstellung ist die Frage: "Wann habe ich wieder Urlaub?" Arbeit wird als lästige Pflicht betrachtet, der es möglichst rasch zu entkommen gilt. Lohn und Gehalt werden als Belohnung wahrgenommen. Ein wahrscheinliches Ergebnis dieser Einstellung ist der Dienst nach Vorschrift. Die Arbeit als Karriere "Ich will etwas erreichen!" Die Arbeit ist Mittel zum Zweck: um damit zum Beispiel Erfolg, Ansehen, Anerkennung, Beförderung oder einfach materiellen Wohlstand zu erreichen. Menschen mit dieser Einstellung arbeiten durchaus hart und interessieren sich auch für das, was sie tun. Doch es besteht das Risiko, dass auf diese Weise arbeitet zu einem Dauerlauf wird ("schneller höher weiter ). Die Arbeit als Berufung "In meiner Arbeit setze ich meine Stärken für etwas Sinnvolles ein. " Die Arbeit hat subjektiv Sinn und Bedeutung, sie wird nicht als Abfolge von einzelnen Aufgaben erlebt, sondern dient einem größeren Ganzen. Mit diesem Ziel bzw. Wert kann sich der Arbeitende innerlich identifizieren. Menschen mit dieser Einstellung können sehr intensiv arbeiten und erleben es doch nicht als Pflicht, sondern als innere Erfüllung. Ihr (engagierter) Einsatz erfüllt sie mit Zufriedenheit, sie bringen hohe Leistung und erzielen Erfolge. Im Unterschied zu der Einstellung Arbeit als Karrieresprungbrett ist die Beförderung aber für jemand, der Arbeit als Berufung erlebt, eher ein angenehmer Nebeneffekt.
Jede Arbeit kann Berufung sein Hängt die Einstellung zur Arbeit nicht maßgeblich von der Art der Tätigkeit ab? Auf den ersten Blick mag es so scheinen, dass einfache, wenig anspruchsvolle Tätigkeiten weniger Möglichkeiten zur Berufung/Erfüllung bringen als herausfordernde Aufgaben. Der Arzt sollte also glücklicher sein als der Hausmeister. Dieser Frage gingen die Forscher wissenschaftlich nach und kamen zu dem Ergebnis, dass jede Arbeit das Potenzial zur Berufung in sich trägt. Entscheidend ist die innere Einstellung dessen, der die Arbeit ausführt. Die Forscher fanden Ärzte, die ihre Tätigkeit als bloßen Job betrachteten, und Hausmeister, die sich berufen fühlten. Ein Hausmeister an einer Grundschule kann seine tägliche Aufgabe, das Schulgelände in Ordnung zu halten als Ärgernis betrachten (" warum müssen die Kinder auch immer so viel Chaos anrichten? ). Mit einer anderen Einstellung ist die Wahrscheinlichkeit wesentlich höher, dass er seine Arbeit als Berufung wahrnimmt und mit Freude Erfolg ausführt: Ich trage dazu bei, den Kindern eine optimale Umgebung zu schaffen, in der sie ihre Fähigkeiten entfalten können. Wahrscheinlich ist er sogar früher mit seiner täglichen Arbeit fertig als der genannte Kollege! Alles eine Sache der Einstellung In einer weiteren Untersuchung gingen die Forscher der Frage wie, ob die Arbeitsbedingungen die Einstellung beeinflussen. Sie untersuchten eine Gruppe von Buchhaltern, die unter den gleichen Bedingungen arbeiteten, identische Aufgabenbereiche hatten und auch einen vergleichbaren Ausbildungs Hintergrund. In dieser Stichprobe fanden sie die drei Einstellungen "Job", "Karriere" oder "Berufung "nahezu gleich verteilt. Die innere Einstellung dieser Buchhalter war also der entscheidende Faktor.
Job Crafting Die Ergebnisse dieser Untersuchungen haben praktische Auswirkungen auf die Arbeitswelt. Unter dem Begriff Job Crafting versteht man verschiedene GestaltungsGMöglichkeiten, einen definierten Tätigkeitsbereich so zu verändern, dass er subjektiv als interessanter, anregender und motivierender erlebt wird. Auf lange Sicht trägt das dazu bei, Burnout zu verhindern und Motivation und Zufriedenheit zu sichern Job Crafting ist in drei Bereichen möglich: - Aufgaben ändern Art der Aufgabe: was? Ausführung der Aufgabe: wie? Menge an Aufgaben: wieviel? - Beziehungen verändern Personen: mit wem? Mittel und Wege: wie? (z. B. EGMail schreiben oder beim Kollegen vorbeigehen?) - Eigene Einstellung ändern Arbeit als Job, Karriere oder Berufung? Bewusstsein über Werte und Ziele die eigene Arbeit als Beitrag zu einem größeren Ganzen erkennen und wertschätzen In diesem Abschnitt stellen wir die Veränderung der eigenen Einstellung in den Mittelpunkt, da das eine rein subjektive Entscheidung darstellt, die weder von äußeren Bedingungen noch von anderen Personen abhängt. Natürlich ist das kein Patentrezept gegen Burnout, da BurnoutGProzesse erstens langfristig stattfinden und zweitens komplexe Ursachenbereiche haben. Doch es ist auf alle Fälle eine zusätzliche Unterstützung dabei, nicht weiter in den BurnGOut zu rutschen, sondern sich wieder darauf zu konzentrieren, was einem wichtig und sinnvoll erscheint. Auch und gerade in schwierigen Arbeitsumfeldern, ist es hilfreicher, mit einer Einstellung zu arbeiten, die auf persönliche Werte und Ziele bezogen ist, als sich als Opfer der Umstände zu begreifen und innerlich zu kündigen.
Übung: Vom Job zur Erfüllung persönlicher Werte und Ziele Nehmen Sie ein Blatt Papier quer und schreiben Sie auf die linke Seite untereinander verschiedene Aufgaben oder Tätigkeiten, die Sie im Rahmen Ihrer täglichen Arbeit tun (müssen). Notieren Sie Tätigkeiten, die Sie als wenig oder nicht sinnhaft erleben, ebenso wie Routinearbeiten und ebenso wie Tätigkeiten, die Sie gerne tun. Dann nehmen Sie sich die erste dieser Tätigkeiten vor und fragen Sie sich: Was ist der Nutzen hinter dieser Tätigkeit/ Aufgabe? Was wird damit sichergestellt? Welchem Ziel dient das? Ziehen Sie von der Tätigkeit dann einen Pfeil nach rechts und schreiben Sie das Ziel/ den Nutzen hinter der Tätigkeit auf. Wenn Ihnen das immer noch unwichtig erscheint, fragen Sie sich wieder: Wofür ist das gut? Welcher Wert steckt in einem größeren Zusammenhang dahinter? Was wird damit erreicht? Schreiben Sie das auch wieder auf. Wenn Sie bei einem Wert angekommen sind, der Ihnen persönlich wichtig ist, unterstreichen Sie diesen. Erst dann nehmen Sie sich die nächste Tätigkeit vor. Tätigkeit X Nutzen.. persönlicher Wert Tätigkeit Y persönlicher Wert Persönliche Auswertung: Welche Werte tauchen häufiger auf? Welche Ergebnisse überraschen Sie? Was erscheint Ihnen vertraut und bekannt? Ankern: Finden Sie konkrete (am besten sichtbare) Anker in Ihrem Arbeitsalltag, damit Sie das nächste Mal, wenn Sie sich an die Tätigkeit X machen, unmittelbar an den persönlichen Wert erinnert werden, der dahinter steht.
Wer sich für die wissenschaftlichen Quellen interessiert: Wrzesniewski, A., Dutton, J. E., & Debebe, G. (2003). Interpersonal sensemaking and the meaning of work. Research in Organizational Behavior, 25, 93G135. Wrzesniewski, A., McCauley, C. R., Rozin, P., & Schwartz, B. (1997). Jobs, careers, and callings: People s relations to their work. Journal of Research in Personality, 31, 21G33. (Yale University) oder (leichter verständlich) The Happiness Advantage: The Seven Principles of Positive Psychology That Fuel Success and Performance at Work. Crown Business. 2010 (Harvard University)