Örtliche Hinweise zum SGB II zu 22 SGB II (selbst genutztes Wohneigentum) Stand: 07/12 Den Bedarf im Fall einer im Eigentum des Leistungsberechtigten stehende Unterkunft hat der Gesetzgeber nunmehr in 22 Abs 2 SGB II zumindest teilweise geregelt. Grds gilt, dass Tilgungsleistungen als Bestandteil der Finanzierungskosten einer vom Leistungsberechtigten selbst genutzten Wohnungseigentum vom Grundsicherungsträger ausnahmsweise bis zur Höhe der angemessenen Kosten einer Mietwohnung als Kosten der Unterkunft zu übernehmen sind, wenn der Leistungsberechtigte andernfalls gezwungen wäre, seine Wohnung aufzugeben 1. Das Verbot der Vermögensbildung aus Fürsorgeleistungen tritt insoweit zurück. In einer neueren Entscheidung 2 betont das BSG allerdings den Ausnahmecharakter dieser Rspr, die nur für langjährig bewohntes und bereits fast abbezahltes Wohneigentum gelten soll, das vor dem Bezug von Hilfeleistungen erworben wurde. Nicht zu berücksichtigen sind insbesondere Verzugszinsen nach Kündigung des Darlehens 3 : Allgemeines Die Aufwendungen für Heizung richten sich nach allgemeinen Grundsätzen, zumal hier oft kaum Unterschiede gegenüber Mietunterkünften bestehen. Im Gegensatz hierzu regelt 22 Abs 2 SGB II die Übernahme von Aufwendungen, die im Mietverhältnis jedenfalls regelmäßig nicht anfallen. Die Begriffe Instandhaltung und Reparatur sind im Sinne der auch vom BSG betonten Gleichbehandlung von Eigentümern und Mietern vor diesem Hintergrund auszulegen und umfassen auch die Wartung und Kontrolle von Einrichtungen. Zur Abgrenzung von Instandhaltung und (nicht aus SGB II-Mitteln zu finanzierender) Wertsteigerung vgl LSG Sachsen-Anhalt 4 In die nach beiden Sätzen der Vorschrift anzustellende Wirtschaftlichkeitsprüfung sind alle Bedarfe nach 22 SGB II einzustellen ( Aufwendungen insgesamt ). Das nach 22 Abs 2 S 2 SGB II im Ermessen der Behörde stehende Darlehen stellt den Leistungsberechtigten ähnlich wie einen sonstigen 1 BSG SozR 4-4200 22 Nr 13 mwn = BeckRS 2008, 57730; zur Bestimmung der Angemessenheit von Kosten der Unterkunft und Heizung für ein Eigenheim nach altem Recht weiterhin BSG SozR 4-4200 22 Nr 25 = BeckRS 2009, 74109 sowie 2.7.2009 BeckRS 2009, 73703 2 7.7.2011 BeckRS 2011, 78041 3 LSG Baden-Württemberg Beschl v 22.5.2012 L 13 AS 3213/11 4 Beschl v 9.7.2012 L 5 AS 178/12 B ER. Seite 1 von 5
Geringverdiener. Gewährt es der Leistungsträger, so muss im Regelfall eine dingliche Sicherung erfolgen. Haushaltsgröße Eigentumswohnung/Einfamilienhaus 1 Person 80 m² 90 m² 2 Personen 80 m² 90 m² 3 Personen 100 m² 110 m² 4 Personen 120 m² 130 m² jede weitere Person + 20 m² + 20 m² I.d.R. angemessen sind 500 m² im städtischen und 800 m² im ländlichen Bereich. Höhere Werte sind anzuerkennen, wenn diese in Bebauungsplänen so vorgesehen sind. angemessene Wohnungsgröße angemessene Grundstücksgröße Geringfügige Überschreitungen sind unbeachtlich. Bei deutlichen Überschreitungen ist eine Einzelfallprüfung vorzunehmen. Dabei sind insbesondere folgende Faktoren zu betrachten: Voraussichtliche Dauer des Leistungsbezuges Zusätzlicher Raumbedarf in absehbarer Zeit - Familienplanung Wert des Objektes bzw. voraussichtlicher Gewinn bei einem Verkauf Möglichkeit eigentumsrechtlich abtrennbare Gebäudebestandteile oder Grundstücksteile zu bilden Verwertbarkeit des Grundstück im Einflussbereich des Kunden gegeben (Problem: Nießbrauch, lebenslanges Wohnrecht etc.) Ergibt die Prüfung, dass die selbst bewohnte Immobilie nicht von angemessener Größe ist und übersteigt der voraussichtliche Überschuss bei einem Verkauf zusammen mit ggfs. weiteren Vermögenswerten die Freibeträge nach 12 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 4, so kommt nur eine darlehensweise Hilfegewährung nach 24 Abs. 5 SGB II in Betracht, sofern der Kunde bei der Bank nachweislich kein Darlehen erhalten kann und eine sofortige Verwertung nicht möglich ist.. Wird die Hilfe darlehensweise gewährt, so entsteht keine Sozialversicherungspflicht. Falls erforderlich, muss sich der Kunde freiwillig versichern. Es besteht Anspruch auf Wohngeld für die gesamte Bedarfsgemeinschaft, ein Erstattungsanspruch ist nicht möglich, daher ist vom Kunden eine Abtretungserklärung einzufordern, alternativ kommt die Anrechnung der Nachzahlung als einmaliges Einkommen in Betracht. Darlehen nach 24 Abs. 5 Es ist zu prüfen, ob das Darlehen durch Eintragung einer Sicherungshypothek oder einer Grundschuld zu sichern ist, wenn der Verkauf längere Zeit in Anspruch nimmt. Zumindest sollte sofern bspw. ein Makler mit der Veräußerung beauftragt ist, der Verkaufserlös zugunsten des KJC abgetreten werden. Seite 2 von 5
Die unterschiedlichen Wohnflächengrenzen zur Festlegung der Angemessenheit für selbstgenutztes Wohneigentum und für Mietwohnungen sind in den unterschiedlichen Zielen, denen die Prüfung der Angemessenheit dient, begründet. 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II ist eine rein vermögensrechtliche Schutzvorschrift, es bedeutet daher nicht, dass unverhältnismäßige Unterkunftskosten zu übernehmen sind, wenn die Immobilie nach 12 SGB II geschützt ist. Angemessenheit der Kosten der Unterkunft bei einer Immobilie Für die Kosten, die im Rahmen des 22 Abs. 1 SGB II für eine selbst bewohnte Immobilie zu übernehmen sind, gelten daher die gleichen Obergrenzen, wie sie auch für Mietwohnungen vorgesehen sind. Daher wird auf die Hinweise zu 22 Abs. 1 SGB II (Angemessene Leistungen für Unterkunft und Heizung) verwiesen. Dies bedeutet, dass auch das Kostensenkungsverfahren identisch ist. Die Rechtsprechung wurde lediglich dahin gehend konkretisiert, dass der Vergleich zwischen den Kosten für eine im örtlichen Vergleichsraum abstrakt angemessene Nettokaltmiete und den Kosten, die bei der Nutzung von Eigenheimen oder Eigentumswohnungen entstehen, an Hand der im Kalenderjahr anfallenden Kosten vorzunehmen ist. Dies rechtfertigt sich daraus, dass üblicherweise vor allem die Betriebskosten für Eigenheime (etwa Grundsteuern, Beiträge zur Versicherungen, Wasser- und Abwassergebühren) nicht monatlich, sondern jährlich, halbjährlich oder vierteljährlich anfallen. Um die regelmäßigen Kosten von Eigenheimen realistisch abzubilden, erscheint eine monatliche Betrachtungsweise damit nicht geeignet. Um festzustellen, ob die Unterkunftskosten angemessen sind, ist eine Ermittlung der anzuerkennenden Unterkunftskosten durch eine Rentabilitätsberechnung vorzunehmen. Bei Eigenheimen mit nur einer Wohnung und bei Eigentumswohnungen sind dabei 1/12 der jährlichen Ausgaben zugrunde zu legen. Bei einer eigen genutzten Wohnung in einem Zwei- oder Mehrfamilienhaus sind als Belastung 1/12 der Jahresausgaben zu berücksichtigen, die auf den von den Leistungsberechtigten selbst genutzten Teil entfallen. Die Belastungen sind auf der Grundlage der Ausgaben für das letzte Kalenderjahr unter Berücksichtigung der bereits eingetretenen und noch zu erwartenden Veränderungen zu ermitteln. anrechenbaren Kosten 5 BSG, Urt. v. 24.02.2011 - B 14 AS 61/10 - Rn. 14 6 BSG, Urt. v. 24.02.2011 - B 14 AS 61/10 - Rn. 15 7 BSG vom 18.06.2008 B 14/11b AS 67/06 R Seite 3 von 5
Zu den vorgenannten Ausgaben gehören: Schuldzinsen, soweit sie mit dem Hausgrundstück in unmittelbarem Zusammenhang stehen (Leibrenten als Gegenleistung für den Erwerb eines Hausgrundstücks sind nicht zu berücksichtigen), Steuern vom Grundbesitz, sonstige öffentliche Abgaben und Versicherungsbeiträge, nicht aber Glasbruchversicherung, Hochwasserversicherung, sonstige Aufwendungen zur Bewirtschaftung des Haus- und Grundbesitzes. Hierzu gehören z.b. die Kosten für Schornsteinfeger, Wasser, Flurbeleuchtung usw., alle diejenigen Aufwendungen, die der Leistungsberechtigte als mit dem Eigentum unmittelbar verbundene Lasten zu tragen hat 5. Ausschlaggebend ist, dass die Aufwendungen für den Eigentümer unvermeidbar und unmittelbar mit der Nutzung des Grundstücks verbundene Lasten sind 6, z.b. Kanalanschlussgebühren, Straßen und Erschließungsbeiträge etc., sofern sie unvermeidbar sind. bei Eigentumswohnungen: Instandhaltungspauschale, sofern diese an Dritte (z.b. Verwalter der Wohnanlage) zu zahlen ist und die Pauschale angemessen ist, Erhaltungsaufwand, sofern es sich um dringend notwendige, unaufschiebbare Arbeiten handelt und eine anderweitige Finanzierung nicht möglich ist, aufgrund eines gesonderten Antrages. Es werden keine mtl. Pauschalbeträge gewährt, denen keine nachgewiesenen Kosten gegenüberstehen. Zum Erhaltungsaufwand gehören die Ausgaben für Instandsetzung und Instandhaltung, nicht jedoch die Ausgaben für Verbesserungen. Nach einer Entscheidung des Bundessozialgerichtes (BSG) 7 setzt die Übernahme von Tilgungsleistungen voraus, dass das Hausgrundstück von angemessener Größe ist, es zur Erhaltung des Wohneigentum unvermeidbar ist und die angemessenen Kosten der Unterkunft wie sie auch bei einer Mietwohnung zu übernehmen wären- nicht überschritten werden. Darüber hinausgehende Beträge können allenfalls als Darlehen übernommen werden, sofern er zur Erhaltung des Wohneigentums unvermeidbar ist. Seite 4 von 5
Die Eigenheimzulage ist gem. 1 Abs. 1 Nr. 7 der ALG II-V nicht als Einkommen zu berücksichtigen, soweit sie nachweislich zur Finanzierung einer nach 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II nicht als Vermögen zu berücksichtigenden Immobilie verwendet wird Gemäß Urteil des BSG 8 muss die Errichtung der zu Beginn des Leistungsbezugs bereits vorhandenen Immobilie mit der Eigenheimzulage finanziert werden Es beschränkt sich nicht auf die Zinszahlungen, sondern der Kunde kann sie auch zum unmittelbaren Erwerb von Baumaterialien oder dem "Einkaufen" von Handwerkerleistungen einzusetzen, sofern sie zur Errichtung der Immobilie beitragen. Verwendet der Kunde die Eigenheimzulage nicht für die Errichtung der Immobilie, sondern finanziert bspw. Steuern und Gebühren davon, ist sie als einmaliges Einkommen anzurechnen. Eigenheimzulage 8 BSG, Urteil vom 30. 9. 2008 - B 4 AS 19/07 R (LSG NRW Urteil 9. 5. 2007 L 12 AS 32/06) Seite 5 von 5