CHECKLISTE FÜR DIE ANALYSE VON EINKOMMENSBERICHTEN

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Transkript:

CHECKLISTE FÜR DIE ANALYSE VON EINKOMMENSBERICHTEN STAND: FEBRUAR 2011

Inhalt Einleitung... 3 Sind Frauen und Männer gleich eingestuft?... 4 a) Berufliche Erfahrung... 4 b) Qualifikation/Tätigkeit... 4 Verdienen Frauen und Männer in der gleichen Einstufung gleich viel?... 5 a) Überzahlung beim Grundlohn... 5 b) Zulagen/Zuschläge... 5 c) Überstunden(-pauschalen) und Mehrarbeit... 5 d) Provision, Prämien... 5 e) Sachbezüge... 5 f) Erklärungen, die nicht zulässig sind... 6 Entgeltgleichheit im Gleichbehandlungsgesetz... 7

Einleitung Einkommensunterschiede haben vielfältige Ursachen: unterschiedliche Arbeitszeit, Berufe, Tätigkeiten, Erwerbsverläufe usw. Das heißt, es gibt einerseits eine Reihe von erklärbaren Unterschieden bei der Entlohnung, die sachlich gerechtfertigt sein können. Andererseits ist es auch eine Tatsache, dass Frauen immer wieder für gleiche oder gleichwertige Arbeit schlechter bezahlt werden als ihre männlichen Kollegen. Diese Form der Benachteiligung ist sachlich nicht erklärbar und gesetzlich verboten. Die neuen Einkommensberichte sollen vor allem helfen, diese nicht erklärbaren Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern aufzuzeigen und in der Folge zu beseitigen. Sie werden Anhaltspunkte bieten, diese ungerechtfertigten Unterschiede aufzuspüren, für eine genaue Erklärung wird es jedoch oft erforderlich sein, zusätzliche Informationen einzuholen und weiter in die Tiefe zu gehen. In der Folge sind ungerechtfertigte Unterschiede, dort wo sie entdeckt wurden, natürlich zu beseitigen! Die Einkommensberichte sollen auch Anlass sein, um generell über Schritte in Richtung mehr Gleichstellung im Betrieb zu diskutieren und diese umzusetzen. Beispiele dafür wären etwa, dass Führungspositionen gleichermaßen von Frauen und Männern besetzt werden, oder dass auch Männer stärker Elternkarenz in Anspruch nehmen. Die vorliegende Checkliste soll dabei helfen, die Informationen, die die neuen Einkommensberichte enthalten, gut zu analysieren und die richtigen Fragen zu stellen. Grob geht es um zwei Frageblöcke, zu denen die Einkommensberichte Antworten geben können: 1. Sind Frauen und Männer gleich eingestuft? 2. Verdienen Frauen und Männer in der gleichen Einstufung gleich viel? Wenn eines oder beides nicht zutrifft, stellt sich die Frage: Warum? Im Anschluss soll zu diesen zwei Fragestellungen dargestellt werden, was dazu jeweils im Einkommensbericht abgelesen werden kann, und was mögliche Gründe für die Ergebnisse sind. Dabei werden sachlich erklärbare Ursachen von solchen, die eine ungerechtfertigte Benachteiligung darstellen, zu unterscheiden sein. 3

Sind Frauen und Männer gleich eingestuft? Hier kann analysiert werden, ob etwa Frauen stärker in niedrigen, Männer eher in höheren Stufen vertreten sind oder ob es in allen Stufen ein ausgewogenes Verhältnis gibt. TIPP: Einen schnellen Überblick ermöglicht der Vergleich des Frauenanteils im gesamten Betrieb im Vergleich zur jeweiligen Entlohnungsstufe. Damit wird sofort ersichtlich, ob Frauen in einer bestimmten Stufe zu stark oder zu schwach vertreten sind. Eine ungleiche Verteilung von Frauen und Männern in den jeweiligen Stufen kann aus Sicht der Entgeltgleichheit durchaus gerechtfertigt sein. Ob das tatsächlich der Fall ist, dazu müssen einige Fragen gestellt werden. Ist eine oder sind mehrere der angeführten Fragen mit NEIN zu beantworten, liegt ein Hinweis auf Ungleichbehandlung vor. a) Berufliche Erfahrung Eine bessere Einstufung kann sich aufgrund von mehr Erfahrung ergeben, insbesondere bei Entlohnungsschemata mit Senioritätsprinzip. Alter kann ein Hinweis auf unterschiedliche Vorerfahrung sein, ist aber selbst kein Kriterium. Wichtige Fragen zu diesem Bereich sind: Hat das gleiche Ausmaß von Erfahrung die gleiche Auswirkung auf die Einstufung unabhängig vom Geschlecht? Werden die Vordienstzeiten außerhalb des Betriebs für Frauen und Männer im gleichen Ausmaß und nach den gleichen Maßstäben angerechnet? Gehen vorhandene Unterschiede auf tatsächlich unterschiedliche Vorkarrieren und/oder Unterbrechungen im Erwerbsverlauf zurück? b) Qualifikation/Tätigkeit Eine höhere Qualifikation oder eine anspruchsvollere Tätigkeit sind ebenfalls Gründe für unterschiedliche Einstufungen. Zu fragen ist dabei: Entsprechen die Einstufungen auch den Unterschieden der tatsächlich ausgeführten Tätigkeiten? Führen Frauen und Männer mit gleicher Qualifikation auch gleiche oder gleichwertige Tätigkeiten aus? Erfolgt die Zuteilung zu den Tätigkeiten unabhängig davon, ob jemand Voll- oder Teilzeit (auch Elternteilzeit) arbeitet? Haben Frauen und Männer den Zugang zur betrieblichen Weiterbildung? Wird sie im gleichen Ausmaß vom Arbeitgeber finanziert bzw. erfolgt sie im gleichen Ausmaß in der Dienstzeit? Haben Teilzeitbeschäftigte ebenso die Möglichkeit, an Weiterbildungsmaßnahmen teilzunehmen? Hinsichtlich der Einkommensberichte ist es auch bei einem ausgewogenen Verhältnis in allen Entlohnungsstufen nicht ausgeschlossen, dass ein Geschlecht benachteiligt wird. So wäre es denkbar, dass die weiblichen Beschäftigten in einem Betrieb insgesamt höher qualifiziert sind als die männlichen Beschäftigten, bei den Einstufungen aber in allen Stufen im gleichen Ausmaß vertreten sind. Das würde bedeuten, dass die höhere Qualifikation der Frauen keinen entsprechenden Niederschlag bei der Einstufung findet. 4

Verdienen Frauen und Männer in der gleichen Einstufung gleich viel? Unabhängig von der Frage, ob die Einstufungen korrekt erfolgen, können sich auch innerhalb der einzelnen Entlohnungsstufen Unterschiede ergeben. Dabei ist jeder Entgeltbestandteil einzeln zu prüfen. Es ist daher nicht zulässig, z. B. Nachteile beim Grundlohn durch höhere Prämien oder mehr Überstunden auszugleichen. Mögliche Ursachen für ungleiche Einkommen in der gleichen Einstufung (Funktion) sind: a) Überzahlung beim Grundlohn Ursache für Überzahlungen sind oft All-in-Verträge, innerhalb derer Überstunden bereits als abgegolten gelten. Eine andere Erklärung ist, dass in der gleichen Entlohnungsstufe eine anspruchsvollere Tätigkeit ausgeübt wird, die jedoch nicht in eine höhere Einstufung passt. Fragen dazu sind: Werden anspruchsvolle Tätigkeiten im gleichen Ausmaß höher entlohnt, unabhängig vom Geschlecht? Bekommen Frauen und Männer nach den gleichen Kriterien All-in-Verträge? b) Zulagen, Zuschläge Zulagen und Zuschläge dienen dazu, besondere Arbeitsanforderungen oder Belastungen abzugelten. Dabei ist es wichtig darauf zu achten, dass das gleiche Ausmaß der Belastung gleich abgegolten wird, auch wenn die Belastung eine unterschiedliche Form hat. So kann eine Tätigkeit schweres Heben beinhalten, die andere hohen zeitlichen Druck (z. B. am Fließband), die Belastung bei beiden aber durchaus vergleichbar sein. Bilden die Zulagen oder Zuschläge tatsächlich unterschiedliche Tätigkeiten oder Anforderungen ab? Erhalten Personen für vergleichbare Anforderungen gleichermaßen Zulagen oder Zuschläge und das auch in gleicher Höhe? c) Überstunden(-pauschalen) und Mehrarbeit Die Abgeltung zusätzlicher Arbeitsstunden ist verpflichtend, aus Sicht der Gleichbehandlung sind dabei jedoch folgende Fragen zu stellen: Haben Frauen und Männer unterschiedliche Präferenzen, ob Über- bzw. Mehrarbeitsstunden ausbezahlt oder in Zeitausgleich konsumiert werden? Werden Über- bzw. Mehrstunden für alle MitarbeiterInnen auch tatsächlich abgegolten? d) Provisionen, Prämien Auch leistungsbezogene Entgelt-Bestandteile können Unterschiede in der Entlohnung erklären. Dabei ist aber nicht immer klar, für welche Leistungen welche Provision oder Prämie vergeben wird. Fragen dazu sind: Gibt es klare Kriterien, nach denen Prämien bzw. Provisionen zugeteilt werden? Sind die Kriterien diskriminierungsfrei? e) Sachbezüge Beispiele für Sachbezüge sind Dienstautos, Diensthandys oder Laptops, die auch privat genutzt werden können. Dabei ist zu fragen: Gibt es klare Kriterien, wer ein Dienstauto, Diensthandy usw. bekommt? Z. B. alle Außendienst- MitarbeiterInnen? Sind die Kriterien diskriminierungsfrei? 5

f) Erklärungen, die nicht zulässig sind Es ist gesetzlich verboten, dass bei Entlohnung allein aufgrund des Geschlechts Unterschiede gemacht werden. Aber das Gleichbehandlungsgesetz enthält auch eine Reihe anderer (verpönter) Kriterien, die keine Rolle bei der Bezahlung spielen dürfen. Diese sind: Alter, Herkunft, ethnische Zugehörigkeit, Religion, Weltanschauung, sexuelle Orientierung. Stellt sich etwa heraus, dass eine Personengruppe deswegen schlechter entlohnt wird, nicht weil es Frauen sind, sondern weil diese nicht aus Österreich stammen, handelt es sich genauso um eine gesetzeswidrige Diskriminierung. Auch wenn die Einkommensberichte das Erkennen von Geschlechterdiskriminierung zum Ziel haben, gelten die anderen verpönten Kriterien trotzdem. Liegen diese etwaigen Unterschieden zugrunde, sind sie jedenfalls unsachlich und ungerechtfertigt. Weitere Erklärungen, die keine sachlichen Begründungen darstellen, sind: Arbeitszeit: Die Einkommen müssen auf Vollzeit hochgerechnet werden; nicht zulässig ist ein schlechterer Stundenlohn in Teilzeit oder Eltern(teil)zeit bei ansonsten gleich(wertig)er Tätigkeit. Familienstand: Z. B. höhere Gehälter nur für Männer mit Familie als Familien-Erhalter ; Ausnahme: freiwillige Sozialleistungen für Erwerbstätige, die sich an Mütter und Väter unter gleichen Voraussetzungen richten, sind selbstverständlich zulässig. Diskriminierende Anrechnung von Vordienstzeiten. Marktwert oder unterschiedliches Verhandlungsgeschick oder niedrigere Gehaltsvorstellungen einer Frau: Nur weil jemand weniger verlangt, darf der Arbeitgeber trotzdem gleich(wertig)e Arbeit nicht unterschiedlich entlohnen. Dazu gehört auch, dass jemand nicht nur deswegen besser bezahlt werden darf, weil er oder sie beim vorigen Arbeitgeber ein höheres Einkommen als die Vergleichsperson erhalten hat. Gleichzeitigkeit der zu vergleichenden Arbeiten ist nicht erforderlich: Auch wenn ArbeitnehmerInnen zeitlich hintereinander die gleiche Arbeit ausüben bleibt die Vergleichbarkeit bestehen, etwa dann, wenn ein Arbeitnehmer kündigt und eine neue Arbeitnehmerin die gleiche Tätigkeit übernimmt. Eventuelle nicht geschlechtsspezifische Gründe (Änderungen der Entgeltstruktur oder der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen) sind zu beachten und können Differenzen begründen. Bessere Bezahlung im Vorhinein: Werden zwei Personen für eine gleiche oder gleichwertige Tätigkeit eingestellt, kann nicht eine von ihnen aus Gründen besser bezahlt werden, die zum Zeitpunkt der Einstellung noch gar nicht bekannt sein können. Dazu gehört etwa eine höhere Leistungsfähigkeit oder eine bessere Qualität der Leistung. Kein Thema der Einkommensberichte Die Frage, ob zwischen verschiedenen Kollektivverträgen eine ausgeglichene Bewertung von Arbeit gegeben ist, kann und soll im Rahmen der Einkommensberichte nicht beleuchtet werden. 6

Entgeltgleichheit für Gleichbehandlungsgesetz Bei all diesen Betrachtungen muss bedacht werden, dass die statistische und die rechtliche Sicht zwei grundsätzlich verschiedene Ansätze sind. Während die Statistik wesentlich dazu beitragen kann, gesellschaftliche Probleme festzustellen, kann sie keine Aussage darüber treffen, ob ein rechtliches Problem vorliegt. Die rege Diskussion um die neue Maßnahme sollte jedoch keinesfalls davon ablenken, dass der Grundsatz gleiches Entgelt für gleich(wertig)e Arbeit schon davor im Gleichbehandlungsgesetz und der dazugehörigen Judikatur fest verankert war und unabhängig von den Einkommensberichten weiterhin Gültigkeit hat. Das Verbot der Diskriminierung beim Entgelt ist das älteste Diskriminierungsverbot im Gleichbehandlungsgesetz ( 3 Z. 2 GlBG). Das Gesetz verbietet jede mittelbare oder unmittelbare Diskriminierung bei der Festsetzung des Entgelts aufgrund des Geschlechts, insbesondere die Bezugnahme auf den Ehe- oder Familienstand. Der Anspruch der ArbeitnehmerInnen auf gleiches Entgelt für gleiche bzw. gleichwertige Arbeit samt Rechtsfolgen bei einem Verstoß ist in 12 Abs. 2 GlBG festgelegt. Der Begriff des Entgelts ist laut Europäischem Gerichtshof (EuGH) sehr weit gefasst und umfasst sämtliche Bestandteile wie Grundlohn, Zulagen, Prämien usw. Der EuGH stellt auch klar, dass der Gleichheitsgrundsatz für jeden einzelnen Entgeltbestandteil gilt und es daher unzulässig ist, z. B. durch Zulagen andere Entgeltdiskriminierungen auszugleichen. Nach der Definition des EuGH liegt gleiche Arbeit dann vor, wenn zwei Personen Tätigkeiten verrichten, die keinerlei Unterschied in der Art, dem Arbeitsvorgang und der Arbeitsumgebung aufweisen. Von gleichwertiger Arbeit spricht man, wenn sie denselben Arbeitswert hat bzw. wenn die Tätigkeiten zwar nicht identisch sind, aber bei Gesamtschau unter Berücksichtigung der Vorkenntnisse, Ausbildung, Anstrengungen, Verantwortung und Arbeitsbedingungen keine ins Gewicht fallenden Unterschiede zu erkennen sind. Wichtig für die Beurteilung der Gleichwertigkeit einer Arbeit ist daher eine objektive Bewertung der konkreten Arbeitstätigkeit, insbesondere hinsichtlich Anforderungen der Beschäftigung und der Art der Aufgaben. Es sind zusammengefasst insbesondere folgende Kriterien für die Beurteilung der Gleichwertigkeit heranzuziehen: Gleichwertige Ausbildung, Kenntnisse und Fähigkeiten (Können) Gleichwertiges Ausmaß an Verantwortung (für die Arbeit und die eigene Sicherheit sowie die Sicherheit anderer) Gleichwertige Anstrengungen, Belastung oder Mühe Vergleichbare Arbeitsbedingungen (z. B. Klima, Nässe, Schmutz, Unfallgefährdung etc.) 7

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