Kapitel 3 Dreieck, Viereck, Fünfeck, Kreis Anwendungen & bekannte Sätze 1 Maximilian Geier, Institut für Mathematik, Campus Landau, Universität Koblenz Landau
Im Folgenden werden Maßzahlen für Winkelgrößen (i.d.r. 0 360 ) und für Streckenlängen (in der Regel in cm, oder ganz ohne Maßeinheit) so genutzt, als wären sie formal und korrekt eingeführt worden. Wir verlassen uns da auf unser Schulwissen. Die Flächenmessung beruht auf folgender Idee: So wie die Einheitsstrecke (Länge 1) genutzt wird um eine Strecke auszumessen, soll eine Fläche mit Einheitsquadraten (Seitenlängen 1(cm), Flächeninhalt 1(cm 2 ) ausgelegt werden. 2 Maximilian Geier, Institut für Mathematik, Campus Landau, Universität Koblenz Landau
In einem Rechteck mit ganzzahligen Seitenlängen a und b ist offensichtlich die Maßzahl seiner Flächengröße gleich dem Produkt der Maßzahlen seiner Seitenlängen. Dies gilt aber sogar für alle a, b R. Wir definieren: Der Flächeninhalt A eines Rechtecks R mit den Seitenlängen a und b ist das Produkt der Längen a und b: A(R) = a b Flächeninhalte weiterer n-ecke lassen sich über die anschauliche Eigenschaft der Zerlegungsgleichheit definieren. Wir nennen zwei n-ecke P, Q zerlegungsgleich, wenn sie sich so in gleichviele Teilpolygone zerlegen lassen, dass es eine 1-zu-1-Zuordnung kongruenter Teilpolygone von P und Q gibt. 3 Maximilian Geier, Institut für Mathematik, Campus Landau, Universität Koblenz Landau
Ein Parallelogramm P = ABCD ist ein konvexes Viereck, bei dem gegenüberliegende Seiten parallel sind. Die Höhe eines Parallelogramms ist der Abstand der Trägergeraden zweier paralleler Seiten. Ist z.b. [AB] eine dieser Seiten, bezeichnen wir die Höhe mit h [AB]. Ein Parallelogramm hat zwei i.d.r. verschiedene Höhen. Für ein Parallelogramm P gilt A(P) = AB h [AB] P hat somit den gleichen Flächeninhalt wie ein Rechteck mit den Seitenlängen AB und h [AB]. 4 Maximilian Geier, Institut für Mathematik, Campus Landau, Universität Koblenz Landau
A(P) = AB h [AB] P = ABCD hat den gleichen Flächeninhalt wie R = ABEF h [AB] = BE 5 Maximilian Geier, Institut für Mathematik, Campus Landau, Universität Koblenz Landau
Gilt [CD] [EF] = φ, ist der Nachweis nicht ganz so einfach 6 Maximilian Geier, Institut für Mathematik, Campus Landau, Universität Koblenz Landau
Gilt [CD] [EF] = φ, ist der Nachweis nicht ganz so einfach Eine Parallele zu AB liefert zwei kongruente Dreiecke. 7 Maximilian Geier, Institut für Mathematik, Campus Landau, Universität Koblenz Landau
Gilt [CD] [EF] = φ, ist der Nachweis nicht ganz so einfach Eine Parallele zu AB liefert zwei kongruente Dreiecke. Nun ist noch die Flächengleichheit des übrigen Rechtecks und übrigen Parallelogramms nachzuweisen. 8 Maximilian Geier, Institut für Mathematik, Campus Landau, Universität Koblenz Landau
Gilt [CD] [EF] = φ, ist der Nachweis nicht ganz so einfach Eine Parallele zu AB liefert zwei kongruente Dreiecke. Nun ist noch die Flächengleichheit des übrigen Rechtecks und übrigen Parallelogramms nachzuweisen. Die beiden grün markierten Rechtecke sind kongruent. 9 Maximilian Geier, Institut für Mathematik, Campus Landau, Universität Koblenz Landau
Die Höhe eines Dreiecks ABC ist der Abstand der Trägergeraden einer Seite zum Punkt außerhalb dieser Geraden. Z.B. ist h [AB] = d(ab, C) eine dieser Seiten, bezeichnen wir die Höhe mit. Ein Dreieck hat drei i.d.r. verschiedene Höhen. Für ein Dreieck Δ = ABC gilt A(Δ) = 1 2 AB h [AB] Dies folgt aus der Betrachtung eines entsprechenden Parallelogramms. 10 Maximilian Geier, Institut für Mathematik, Campus Landau, Universität Koblenz Landau
Ein Trapez T = ABCD ist ein konvexes Viereck mit eiem Paar symmetrischer Seiten. Die Höhe eines Trapezes ABCD ist der Abstand der Trägergeraden der parallelen Seiten. Ist z.b. [AB] eine dieser Seiten, bezeichnen wir die Höhe mit h [AB]. Ein Trapez, das kein Parallelogramm ist, hat eine eindeutige Höhe. Ein symmetrisches Trapez T s = ABCD ist ein Trapez, und es gibt eine Symmetrieachse m mit AB m CD S m (A) = B S m (C) = D. Flächenformel: A(T s ) = AB + CD 2 h [AB] 11 Maximilian Geier, Institut für Mathematik, Campus Landau, Universität Koblenz Landau
Kurzdefinitionen der besonderen (einfachen) Vierecke: Das Parallelogramm hat zwei Paar gegenüberliegender paralleler Seiten Das symmetrische Trapez hat ein Paar gegenüberliegender paralleler Seiten und eine zu diesen senkrechte Symmetrieachse. Das Drachenviereck hat zwei Paar benachbarter Seiten gleicher Länge. Die Raute hat vier gleichlange Seiten Das Rechteck hat vier rechte Innenwinkel. Das Quadrat hat vier gleichlange Seiten und vier rechte Winkel. 12 Maximilian Geier, Institut für Mathematik, Campus Landau, Universität Koblenz Landau
Das Haus der Vierecke Eine Möglichkeit, die besonderen Vierecke zu charakterisieren, führt über die Betrachtung der Punktund Achsensymmetrien., ist ein 13 Maximilian Geier, Institut für Mathematik, Campus Landau, Universität Koblenz Landau
Eine letzte Formel für die Berechnung der Fläche eines besonderen Vierecks fehlt noch: Für ein Drachenviereck D = ABCD gilt: A(T s ) = 1 2 AC BD Einer der bekanntesten Sätze im Zusammenhang mit Flächenberechnung ist der Satz des Pythagoras: a 2 + b 2 = c 2 14 Maximilian Geier, Institut für Mathematik, Campus Landau, Universität Koblenz Landau
In einem rechtwinkligen Dreieck ist die Hypotenuse die dem rechten Winkel gegenüberliegende Seite; die Katheten sind die am rechten Winkel anliegenden Seiten. Im Folgenden liegt der rechte Winkel immer am Punkt C. Satz des Pythagoras: Bei jedem rechtwinkligen Dreieck ist die Summe der Flächeninhalte der Quadrate über den Katheten mit den Längen a, b gleich dem Flächeninhalt des Quadrates über der Hypotenuse mit der Länge c. Es gilt also: a 2 + b 2 = c 2 15 Maximilian Geier, Institut für Mathematik, Campus Landau, Universität Koblenz Landau
Dieser Satz bildet gemeinsam mit den folgenden beiden Sätzen die Satzgruppe des Pythagoras: Sei D der Fußpunkt des Lots auf AB durch C. Wir nennen AD, BD Hypotenusenabschnitte, und es sei p = AD q = BD. Kathetensatz (des Euklid) Bei jedem rechtwinkligen Dreieck hat das Quadrat über einer Kathete denselben Flächeninhalt wie das Rechteck über dem anliegenden Hypotenusenabschnitt mit der Seitenlänge der Hypotenuse. a 2 = c p b 2 = c q 16 Maximilian Geier, Institut für Mathematik, Campus Landau, Universität Koblenz Landau
Höhensatz (des Euklid) Bei jedem rechtwinkligen Dreieck hat das Höhenquadrat denselben Flächeninhalt wie ein Rechteck mit den beiden Hypotenusenabschnitten als Seitenlängen. h 2 = p q ä (Das Höhenquadrat ist das Quadrat über CD) Für alle drei Sätze gilt auch die Umkehrung, bzw.: In einem nicht rechtwinkligen Dreieck gilt keine dieser Gleichungen. 17 Maximilian Geier, Institut für Mathematik, Campus Landau, Universität Koblenz Landau
Es gibt eine Vielzahl an Beweisen für diese Sätze, Euklid beweist den Kathetensatz über Kongruenzen. Daraus folgt dann direkt der Satz des Pythagoras. Satz des Pythagoras Kongruenzbeweis: Aus den gegebenen rechten Winkeln und den rechten Winkeln im Quadrat folgt: AC BE CD BH 18 Maximilian Geier, Institut für Mathematik, Campus Landau, Universität Koblenz Landau
Satz des Pythagoras Kongruenzbeweis: Aus den gegebenen rechten Winkeln und den rechten Winkeln im Quadrat folgt: AC BE CD BH Mit Kongruenzsatz SWS gilt ABE HBC, denn [AB] [HB] und [BE] [BC] und EBA CBH Damit gilt auch A(ABE) = A(HBC) 19 Maximilian Geier, Institut für Mathematik, Campus Landau, Universität Koblenz Landau
Satz des Pythagoras Kongruenzbeweis: Aus den gegebenen rechten Winkeln und den rechten Winkeln im Quadrat folgt: AC BE CD BH Mit Kongruenzsatz SWS gilt ABE HBC, denn [AB] [HB] und [BE] [BC] und EBA CBH Damit gilt auch A(ABE) = A(HBC) A(HBC) = A(HBD) und A(ABE) = A(CBE) A(HBD) = A(CBE) A(HBDG) = A(CBEF) 20 Maximilian Geier, Institut für Mathematik, Campus Landau, Universität Koblenz Landau
Satz des Pythagoras Kongruenzbeweis: Aus den gegebenen rechten Winkeln und den rechten Winkeln im Quadrat folgt: AC BE CD BH Mit Kongruenzsatz SWS gilt ABE HBC, denn [AB] [HB] und [BE] [BC] und EBA CBH Damit gilt auch A(ABE) = A(HBC) A(HBC) = A(HBD) und A(ABE) = A(CBE) A(HBD) = A(CBE) A(HBDG) = A(CBEF) Damit ist ein Teil des Kathetensatzes bewiesen. Der zweite Teil wird analog bewiesen. Der Satz des Pythagoras folgt direkt 21 Maximilian Geier, Institut für Mathematik, Campus Landau, Universität Koblenz Landau
Winkel am Kreis In einem Kreis k = k(m, r) nennen wir einen orientierten Winkel AMB, wobei A,B k Kreispunkte sind, einen Zentri- oder Mittelpunktswinkel. Einen gleich orientierten, nicht überstumpfen Winkel ACB mit C k nennen wir zugehörigen Peripherie- oder Umfangswinkel über der Sehne [AB]. Achtung: Oft findet man in der Literatur keine Festlegung der Orientierung. Dann sind die Bezeichnungen und viele Aussagen nicht eindeutig! 22 Maximilian Geier, Institut für Mathematik, Campus Landau, Universität Koblenz Landau
Zentri-Peripheriewinkelsatz Jeder Zentriwinkel ist doppelt so groß wie ein zugehöriger Peripheriewinkel. Im ZPWS enthalten: Umfangswinkelsatz Alle Peripheriewinkel über derselben Sehne sind kongruent. Sonderfall des ZPWS: Satz des Thales Die Sehne [AB] ist der Durchmesser des Kreises 23 Maximilian Geier, Institut für Mathematik, Campus Landau, Universität Koblenz Landau
Beweis: Gegeben: Peripheriewinkel: ACB, γ = ACB Und Zentriwinkel AMB, μ = AMB Sei g = m [AC], h = m [BC] g h = {M} S g (A) = C S h (C) = B (S h S g )(A) = S h (C) = B S h S g = D M,μ μ = 2 (g, h) Noch zu zeigen: γ = (g, h) 24 Maximilian Geier, Institut für Mathematik, Campus Landau, Universität Koblenz Landau
Wir zeigen, dass es eine Kongruenzabbildung φ gibt mit φ( (g, h) ) = ACB, also gilt: ACB (g, h) Mit D M,90 ( (g, h)) = (g, h ) gilt g, h = g, h und AC g g g AC und BC h h h BC Damit kann der Winkel (g, h ) auf den Winkel ACB geschoben werden: T MC (M) = C T MC ( (g, h )) = ACB γ = ACB = (g, h ) = (g, h) 25 Maximilian Geier, Institut für Mathematik, Campus Landau, Universität Koblenz Landau
Satz des Thales (nach Thales von Milet, ca. 600 v. Chr.): Jeder Peripheriewinkel über dem Durchmesser eines Kreises ist ein rechter Winkel. Der Zentriwinkel ist gestreckt. Bekanntere Formulierung: Liegt der Punkt C eines Dreiecks ABC auf einem Halbkreis über der Strecke AB, dann hat das Dreieck bei C immer einen rechten Winkel. Die Umkehrung gilt auch (zwei Formulierungen): Bei rechtwinkligen Dreiecken liegt der Punkt, an dem der rechte Winkel liegt, auf einem Halbkreis über der Hypotenuse. Bei rechtwinkligen Dreiecken liegt der Umkreismittelpunkt auf der Hypotenuse. 26 Maximilian Geier, Institut für Mathematik, Campus Landau, Universität Koblenz Landau
Der Goldene Schnitt in 5-Eck und Pentagramm Beim regelmäßigen Fünfeck sind alle Seiten gleich lang und alle Innenwinkel gleich groß. Beim einfachen regelmäßigen Fünfeck messen alle Innenwinkel 3 180 5 = 108 Ein überschlagenes regelmäßiges Fünfeck besteht aus den fünf Diagonalen des einfachen regelmäßigen Fünfecks und heißt Pentagramm (fünfzackiger Stern). Dieses hat eine mannigfaltige kulturelle und ästhetische Bedeutung Symbol der Venus, des Abraxas und anderer Götter Symbol für Gesundheit, u.a. bei Pythagoras Symbol der Freimaurer in der Heraldik und Numismatik (auf Wappen/Flaggen und Münzen) in Religion und Okkultismus 27 Maximilian Geier, Institut für Mathematik, Campus Landau, Universität Koblenz Landau
Seine besondere Ästhetik wird oft mit dem Goldenen Schnitt in Verbindung gebracht: Als Goldenen Schnitt bezeichnet man die Teilung einer Strecke (auch Fläche oder anderen Größe), bei dem das Verhältnis des Ganzen zu seinem größeren Teil a gleich dem Verhältnis des größeren zum kleineren Teil b ist: a + b a = a b Im Pentagramm und der Figur F (rechts) haben alle Strecken nur vier verschiedene Längen 2a + b, a + b, a, b Es gilt sogar 2a + b a + b = a + b a = a b 28 Maximilian Geier, Institut für Mathematik, Campus Landau, Universität Koblenz Landau
Ausführliche Untersuchung/Beweisskizze: 5-Eck P und Pentagramm Dsind drehsymmetrisch mit dem Winkel 360 = 72 : D M,72 (P D) = P D 5 Die Größe aller in der Figur P D eingezeichneten Winkel ein ganzzahliges Vielfaches von 36 ist. Es folgt: (1) Die Schnittpunkte der Diagonalen bilden ein weiteres einfaches regeläßiges 5-Eck (2) Jede Diagonale ist parallel zu einer Seite. 29 Maximilian Geier, Institut für Mathematik, Campus Landau, Universität Koblenz Landau
Mit den vielfachen Winkelkongruenzen können wir die Existenz vieler gleichschenkliger Dreiecke nachweisen: A A B, A B B BA B, BA B Es folgen sämtliche Kongruenzen, insbesondere gelten A B B B und ZB A B Damit gilt nämlich: d(p) s(p) = s(p) d(p) s(p) = s(p) d(q) = d(q) s(q) Mit den Bezeichnungen Diagonalenlänge d, Seitenlänge s, großes 5-eck P, kleines 5-eck Q 30 Maximilian Geier, Institut für Mathematik, Campus Landau, Universität Koblenz Landau