Arbeitshilfe der DVG für eine Beurteilungsrichtlinie

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Transkript:

Arbeitshilfe der DVG für eine Beurteilungsrichtlinie I. Vorbemerkungen Die Deutsche Verwaltungs-Gewerkschaft (DVG) tritt für ein leistungsorientiertes und an den Grundsätzen moderner Personalentwicklung ausgerichtetes Beurteilungswesen ein. Der gerechte und chancengleiche Zugang zu Beförderungsämtern und ein weitestgehend verobjektiviertes System der Leistungsfeststellung sind für die DVG unerlässlich, um Leis- einen fairen Zugang zu Beförderungen, Leistungsprämien, Leistungszulagen und tungsstufen möglichst transparent sicherzustellen die in dem dbb - Eckpunktepapier Neue Wege für den öffentlichen Dienst eingeforderte stärkere Leistungsbezogenheit des Bezahlungssystems für Beamtinnen/Beamte umzusetzen die nachgewiesene Benachteiligung / Diskriminierung einzelner Beschäftigtengruppen ( z. B: Teilzeitbeschäftigter, Schwerbehinderter u.a.) zu verhindern sachfremde Erwägungen bei der Leistungsmessung (sog. Nasenbeurteilungen oder parteibzw. verbandspolitisch motivierte Beförderungsentscheidungen) auszuschließen. Die DVG tritt in seinem Rahmenpapier Beurteilungsrichtlinien für einheitliche, länderübergreifende Beurteilungsgrundsätze ein. In Zeiten des Wettbewerbsföderalismus und der drohenden materiellen Zersplitterung weiter Teile des Beamtenrechtes muss auch künftig ein Wechsel des Dienstherren ohne nachteilige Folgen für die Beschäftigten möglich sein. Dafür sind jedoch gleiche Standards und Maßstäbe bei der Beurteilung dienstlicher Leistungen eine zwingende Voraussetzung. Die nachfolgend ausgeführten Grundsätze im Beurteilungsverfahren sind die aus unserer Sicht tragenden Pfeiler für die neue Vertrauenskultur in den Behörden und Dienststellen. Nach unseren Erfahrungen kann die dienstliche Beurteilung als derzeit einziges Instrument individueller Leistungsmessung und Leistungskritik tief in das persönliche Selbstwertgefühl des Beurteilten eingreifen. Eine schlechte, vermeintlich unbegründete Beurteilung führt häufig zu innerer Kündigung oder gar Leistungsverweigerung. Für die DVG ist die dienstliche Beurteilung oder jede andere Form dienstlicher Leistungsmessung ein zentraler Baustein moderner Personalentwicklung und kann nicht isoliert von den anderen Personalentwicklungsmaßnahmen (z. B. Fortbildung und Qualifizierung, Mitarbeitergespräche, Zielvereinbarungen und Kontraktmanagement) betrachtet werden. Da eine formell einwandfrei erstellte Leistungsbeurteilung nach der herrschenden Rechtsprechung nur in engen Grenzen korrigierbar ist, setzt die DVG ihr Gewicht auf eine für die Beschäftigten transparente und an ihren Bedürfnissen ausgerichtete Beurteilungsrichtlinie als Rahmenvorgabe der individuellen dienstlichen Beurteilung. Am Ende des nun angestoßenen Diskussionsprozesses kann der Entwurf einer Musterbeurteilungsrichtlinie stehen. Die Deutsche Verwaltungs-Gewerkschaft (DVG) ist die Dachorganisation für die Beschäftigten der allgemeinen und inneren Verwaltung in den Bundesländern. Als Mitglied im dbb - beamtenbund und tarifunion - vertreten bzw. fördern wir die berufspolitischen und rechtlichen Belange unserer Mitglieder aus 15 Mitgliedsgewerkschaften. Unser Internetauftritt ist unter "www.verwaltungs-gewerkschaft.de" erreichbar.

- 2 - Da die abzuarbeitenden Einzelschwerpunkte sehr vielfältig sind, beschränken sich die nachfolgenden Ausführungen zunächst auf die wesentlichsten Bausteine einer Beurteilung. Das im Entwurf des Besoldungsstrukturreformgesetzes entwickelte Leistungsstufenmodell bzw. die nach dem TVöD vorgesehene Einführung einer Leistungsvergütung als variabler Bestandteil der Vergütung werden nur im Hinblick auf die Schnittstellen zu der Leistungsbeurteilung behandelt. II. Vorüberlegungen 1. Differenzierung zwischen Beurteilungsrichtlinie und Beförderungsrichtlinie 2. Arten bereits existierender Beurteilungsrichtlinien 3. Urteile zur Leistungskomponente 4. Beurteilungsrichtlinie als Grundlage für Leistungsprämien bzw. Leistungsstufen? 5. Gerechtigkeitsaspekte - Fairness - Diskriminierungsfreiheit - Anciennitätsprinzip - Warte- bzw. Stehzeiten - Mitarbeitervotum 6. Dienstpostenbewertung - Vor- und Nachteile 7. Formalbetrachtung zum Beurteilungssystem - Bewertung nach Punkten/Noten/Buchstaben/römischen Ziffern - Leistungsbewertung - Befähigungsbewertung - Führungsbewertung 8. Inhalte - Leistungs-, Befähigungs- und Führungsmerkmale - siehe Muster Rheinland-Pfalz 9. Beurteilungskommission - Zusammensetzung - Richtwerte - Gaussche Normalverteilung 10. Beurteilung auch für Angestellte? - Neue arbeitsgerichtliche Rechtsprechung 11. Ausschlussgründe für eine Beurteilung - Altersgrenze

- 3 - - Nichtbewerbung (bei Vorliegen von reinen Anlassbeurteilungssystemen) - Problem, falls Beurteilung Grundlage für Leistungsstufe Zu 1: Bevor man sich weiteren Überlegungen zu einer Beurteilungsrichtlinie zuwendet, muss man diese gedanklich von in manchen Ländern existierenden Beförderungsrichtlinien trennen können. Während Beurteilungsrichtlinien zum Inhalt haben, wie, wann und auf welche Weise Beamtinnen und Beamte beurteilt werden, legen Beförderungsrichtlinien fest, wie diese beurteilten Beamtinnen und Beamte ggf. unter Berücksichtigung einer gewissen Zeitkomponente in das Beförderungsgeschehen einzugliedern sind. Beurteilungsrichtlinien sind in aller Regel in Form einer Verwaltungsvorschrift oder sogar in Form einer Landesverordnung gefasst. Ebenso können Beförderungsrichtlinien in dieser Art und Weise festgelegt werden. Bei den Mittelinstanzbehörden in Rheinland-Pfalz beispielsweise werden Beförderungsrichtlinien in Form von sogenannten Beförderungskonzepten jährlich fortgeschrieben, damit sie den jeweiligen temporären und strukturellen Schwankungen angepasst werden können. Diese Konzepte werden jährlich in Zusammenarbeit mit der Personalvertretung schriftlich quasi per Dienstvereinbarung festgelegt. In einer Beförderungsrichtlinie oder einem Konzept werden Elemente wie Steh-/Wartezeiten, die über die jeweiligen Laufbahnverordnungen und sonstigen gesetzlichen Regelungen gelten sollen, bestimmt. Diese Wartezeiten, auch wenn sie über die gesetzlichen Mindestvorgaben hinausgehen und eigentlich nicht leistungsunmittelbare Komponenten darstellen, werden von der geltenden Rechtsprechung als verbindlich anerkannt, sofern diese Steh- und Wartezeiten als bindendes internes Recht gelten können. Sobald solche Wartezeiten in einer Behörde mit dem zuständigen Personalrat vereinbart worden sind bzw. durch dauernde Übung angewendet werden, sind sie als verbindlich anzusehen. Über den Sinn und Zweck von Beförderungsrichtlinien und deren Inhalte sollte man sich zeitnah zu der Erarbeitung von Beurteilungsrichtlinien positionieren. Zu 2: Beurteilungen dienen zur Entscheidungsgrundlage über den weiteren beruflichen Einsatz und das berufliche Fortkommen von Beamtinnen und Beamten. Der verfassungsrechtliche Grundsatz der Bestenauslese ist zu beachten und daher müssen Beurteilungen objektivierbar sein. Das heißt, sie müssen untereinander vergleichbar sein. Beurteilt werden grundsätzlich vier Bereiche: a) die Leistung selbst b) die Befähigung und c) die Einreihung in eine bestimmte Potenzialgruppe (innovatives Kriterium und optional) d) das Führungsverhalten.

- 4 - Die Beurteilungsrichtlinien im Vergleich ähneln sich alle sehr, denn die Anlässe für die Erstellung von Beurteilungen sind in fast allen Bundesländern gleich. Es sind hier insbesondere Anlässe wie folgt: a) Beurteilungen vor Ablauf der Probezeit b) Beurteilungen für einen Aufstieg in die nächsthöhere Laufbahn c) Beurteilungen für eine Bewerbung um eine ausgeschriebene Stelle bzw. Funktion und d) Beurteilungen für die Bewerbung um ein Beförderungsamt. Es gibt nun Länder, die ausschließlich mit Anlassbeurteilungen arbeiten, wie beispielsweise das Land Rheinland-Pfalz und solche Länder, die eine sogenannte Mischform bevorzugen, bei der es zwar sogenannte Anlässe und Anlassbeurteilungen gibt, die aber den Ausnahmefall darstellen. Insbesondere für Bewerbungen um Beförderungsämter bzw. um ausgeschriebene Stellen und Funktionen und möglicherweise auch für den Aufstieg in die nächsthöhere Laufbahn wird in diesen Ländern die sogenannte Regelbeurteilung zugrunde gelegt, die in festgelegten Abständen (3 5 Jahre) durchgeführt wird. Beide Arten von Beurteilungen haben jeweils in sich ruhende Vor- bzw. Nachteile. Beim rheinland-pfälzischen Modell hat jede Beamtin und jeder Beamte praktisch jedes Jahr eine neue Chance, sich mit einer neu ausgebildeten Beurteilung um ein Beförderungsamt oder um sonstige Stellen zu bewerben und schleppt wegen der Nachwirkung der ein Jahr früher erstellten Beurteilung die Altbeurteilung maximal zwei Jahre mit. Nach der derzeitigen Rechtsprechung wirkt die letzte Beurteilung höchstens drei Jahre nach. Der Nachteil ist, dass eine mehr oder weniger verlässliche Beförderungsliste mit sogenannten Platzziffern, wie sie in manchen Ländern existiert, hier kaum möglich ist. Der Nachteil der Regelbeurteilungen liegt auf der Hand. Es gibt praktisch kaum eine Möglichkeit, sich innerhalb der Regelbeurteilungszeit eine bessere Beurteilung zu verschaffen, auch wenn man seine persönliche Leistung über längere Zeit (2 3 Jahre) erhöht hat. Die Chancen für eine schnellere Beförderung wachsen somit erst nach Ablauf des Beurteilungszeitraums. Zu 3: Die vorhandenen bzw. gesammelten Urteile zur Leistungskomponente sind als Diskussionsgrundlage zur Erörterung einer entsprechenden Beförderungsrichtlinie an anderer Stelle zu bewerten. Zu 5: Die beispielhaft aufgeführten Gerechtigkeitsaspekte, wie Fairness, Diskriminierungsfreiheit, Anciennitätsprinzip, Wartezeiten, Gleichstellungsproblematik, etc. sollten bei den Beförderungsrichtlinien Eingang finden. Außer den gesetzlich vorgeschriebenen formalen Aspekten sollen in einer Beurteilungsrichtlinie ausschließlich Aussagen über Leistung, Befähigung und evtl. Potenzialen (beispielsweise Führungseigenschaften) getroffen werden und die dazu gehörigen formalen Abläufe beschrieben sein. Zu 8:

- 5 - Bei der formalen Betrachtung bzw. der Auswahl des Beurteilungssystems gibt es relativ viele Möglichkeiten. Es gibt die rein schulmäßige Betrachtung nach Noten von 1 bis 6; daneben gibt es Punktesysteme, Systeme, die mit Buchstaben werten oder mit römischen Ziffern. Es gibt weiterhin Kombinationssysteme, die sowohl mit Buchstaben als auch mit römischen Ziffern arbeiten, wie beispielsweise in Rheinland-Pfalz. Es gibt Mischsysteme, bei denen für mehrere Einzelkomponenten einer Beurteilung Punkte vergeben werden und auch für Wartezeiten und Stehzeiten Punktesummen ausgebracht werden, die dann zu den primär leistungsbezogen vergebenen Punkten (= aus Leistungs-, Befähigungs- und Führungsbewertung) addiert werden. Beispiel hierfür: Man vergibt für eine sehr gut bewertete Beamtin bzw. Beamten 100 Punkte, für eine mit gut bewerteten Beamtin oder Beamten 80 Punkte, für eine(n) befriedigend bewertete(n) Beamtin oder Beamten 60 Punkte usw. und addiert zu dieser Punktesumme, die anlässlich der Beförderung ermittelt wird, weitere Punkte, die sich durch Wartezeiten bzw. Sonderleistungen der Beamtin bzw. des Beamten im Laufe der Zeit ergeben haben, so dass beispielsweise folgender Punktestand auftreten kann: 100 Punkte wegen sehr guter Leistung 30 Punkte wegen einer Wartezeit von drei Jahren seit der letzten Beurteilung (10 Punkte/Jahr) 20 Punkte für eine besonders gute Einzelleistung im Rahmen einer Projektverwirklichung, macht summa summarum 150 Punkte.

- 6 - Bei 10 zu vergebenden Beförderungen haben die ersten 10 Bewerber allerdings (möglicherweise insbesondere wegen längerer Wartezeiten) einen Punktestand von mindestens 170 Punkten erreicht. Insofern kann der beispielhaft genannte Bewerber mit 150 Punkten trotz seiner sehr guten Leistung nicht berücksichtigt werden. Diese Art einer kombinierten Beurteilungs- und Beförderungsrichtlinie wurde im Schulbereich des Landes Rheinland-Pfalz lange Jahre mit Erfolg praktiziert. Das System wurde allerdings anlässlich einer Klage als zu leistungsfern angesehen, da zu starke Wartezeitelemente eingebracht wurden und dadurch der in Art. 33 GG herrschende Leistungsgrundsatz verletzt wurde. Mittlerweile ist rechtlich gesichert, dass für eine Auswahlentscheidung primär die in Art. 33 GG genannten Kriterien zu prüfen sind und erst danach sekundäre Kriterien ins Spiel gebracht werden dürfen, die dann als sog. leistungsferne Elemente gelten (Anstellungszeitpunkt, Lebensalter, Beförderungswartezeiten, soziale Komponenten). Solche Kriterien wären nach Meinung des Ausschusses in separaten Beförderungsrichtlinien festzulegen. Zu 9. Kommission Aufgabe einer Beurteilungskommission ist es, darüber zu wachen, dass die in der Beurteilungsrichtlinie vorgegebenen Richtwerte (Gaussche Normalverteilung) und eine einheitliche Handhabung des Beurteilungsmaßstabs eingehalten werden. Weiterhin sind die Beurteilungen auf Schlüssigkeit zu prüfen. Eigene Wertungen kann die Kommission nicht vornehmen. Die Kommission tagt in Rheinland-Pfalz beispielsweise nach der Erstellung der Einzelbeurteilungen anlässlich des jährlichen Beförderungstermins 18.05. in der Regel schon im März. In anderen Bundesländern, die eine Regelbeurteilung bevorzugen, tagt die Kommission nach den jeweiligen Beurteilungsstichtagen. Die Kommission wird unter dem Vorsitz des Zentralabteilungsleiters des Innenministeriums gebildet und setzt sich aus den betroffenen Behördenvertretern, den zuständigen Gesamtpersonalratsvertretern, einer Gleichstellungsbeauftragten und dem Vertrauensmann für Schwerbehinderten zusammen. Nach Prüfung der Beurteilungen gibt die Beurteilungskommission diese mit evtl. Prüfvermerken bzw. Hinweisen an die Beurteiler zurück. Die Dienststellenleiter stellen die Umsetzung zur Vereinheitlichung der Beurteilungsmaßstäbe aufgrund der Beanstandungen bzw. getroffenen Festlegungen der Beurteilungskommission sicher. Von den Beurteilern wird verlangt, dass die in der Beurteilungsrichtlinie Rheinland-Pfalz vorgegebenen Prozentanteile von sehr guten, guten, mittleren und weniger guten Beurteilungen, soweit wie möglich, eingehalten werden.

- 7 - Es ist klar, dass die Anwendung der Gausschen Normalverteilung nur dann stattfinden kann, wenn eine entsprechende Basiszahl bzw. Anzahl von Bewerbern zugrunde gelegt werden kann, das heißt zum Beispiel, dass bei einer möglichen Bewerberzahl von 10 Personen die Normalverteilung nicht angewendet werden kann. Zu 10: Völlig neu aber auch dringend erforderlich ist die Beurteilung von Angestellten. Bewertungsprobleme dieser Art tauchen ständig dann auf, wenn sich Angestellte und Beamte um eine für beide Bereiche ausgeschriebene Stelle bewerben. Bisher gibt es hierzu keinen einheitlichen Bewertungsmaßstab, was regelmäßig heftige Probleme bei der Diskussion um die Auswahl auslöst. Neuerliche Urteile (BAG AZR 208/00 vom 08.05.2001, PersV 2002 S. 559) und (BAG 9 AZR 537/03 vom 07.09.2004 RiA 2005, 220 ff) lassen erkennen, dass auch Angestellte künftig beurteilt werden müssen. Dies insbesondere dann, wenn es um Konkurrenzsituationen geht mit Beamtinnen oder Beamten oder auch untereinander. Die Beurteilungen haben dann die Qualität eines quasi Dienstzeugnisses, welches allerdings verbal an die Maßstäbe der Beurteilungen für Beamtinnen und Beamten anzugleichen ist.