Insolvenzverfahren 1. Wozu dient das Insolvenzverfahren? 2. Was bedeutet Restschuldbefreiung? 3. Gibt es unterschiedliche Insolvenzverfahren?

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Transkript:

Insolvenzverfahren 1. Wozu dient das Insolvenzverfahren? Das Insolvenzverfahren dient dazu, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt oder in einem Insolvenzplan eine abweichende Regelung insbesondere zum Erhalt des Unternehmens getroffen wird. Dem redlichen Schuldner wird Gelegenheit gegeben, sich von seinen restlichen Verbindlichkeiten zu befreien. ( 1 InsO) 2. Was bedeutet Restschuldbefreiung? Mit Durchführung eines Insolvenzverfahrens einschließlich des Restschuldbefreiungsverfahrens besteht für natürliche Personen die Möglichkeit von ihren Schulden nach 6 Jahren (beginnend ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens) befreit zu werden. Ausgenommen hiervon sind Forderungen aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung, wenn diese im Insolvenzverfahren angemeldet und festgestellt worden sind und der Schuldner diesen nicht widersprochen hat. 3. Gibt es unterschiedliche Insolvenzverfahren? Ja, es wird zwischen dem»normalen«insolvenzverfahren (zumeist Regelverfahren genannt) und dem Verbraucherinsolvenzverfahren unterschieden. Das erstgenannte Verfahren ist generell nicht für Verbraucher, sondern nur für Unternehmen (auch Einzelunternehmen) zulässig. 4. Wer gilt als Verbraucher im Sinne der Insolvenzordnung? Gemäß 304 InsO ist derjenige Verbraucher, der nie selbständig tätig war. Zudem gelten ehemalig Selbständige, gegen die keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen (z. B. Lohn oder Sozialversicherungsbeiträge früherer Arbeitnehmer) und deren Vermögensverhältnisse überschaubar sind (i. d. R. nicht mehr als 19 Gläubiger), ebenfalls als Verbraucher im Sinne der Insolvenzordnung. 5. Was ist die Aufgabe des vom Insolvenzgericht bestellten Gutachters? Der Gutachter hat die Aufgabe das Vermögen (Aktiva und Passiva) zu erfassen und zu bewerten. Darüber hinaus soll er feststellen, ob Insolvenzeröffnungsgründe vorliegen (Zahlungsunfähigkeit, Überschuldung) und ausreichende Mittel zur Finanzierung eines Insolvenzverfahrens vorhanden sind. 6. Was bedeutet die Ablehnung der Verfahrenseröffnung mangels Masse? Wenn der Schuldner über kein oder nur wenig Aktivvermögen verfügt, so dass die zu erwartenden Kosten eines Insolvenzverfahrens (Gerichtskosten, Vergütung und Auslagen eines Insolvenzverwalters) nicht gedeckt sind, wird das Insolvenzverfahren»mangels Masse«nicht eröffnet. Durch den Abweisungsbeschluss werden mögliche Sicherungsmaßnahmen aufgehoben. 7. Was versteht man unter Stundung der Verfahrenskosten? Soweit das Vermögen des Schuldners für eine Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht reicht, besteht die Möglichkeit einer Stundung der Kosten eines Insolvenzverfahrens ( 4a InsO). Voraussetzung für die Bewilligung einer solchen Kostenstundung ist ein eigener Insolvenzantrag des Schuldners, ein Stundungsantrag sowie der Antrag auf Restschuldbefreiung. Hierfür sollten die jeweiligen Vordrucke des Insolvenzgerichts verwendet werden. 8. Welche Auswirkungen hat die Abweisung des Insolvenzverfahrens mangels Masse auf den Schuldner? Die Tätigkeit des Insolvenzgerichtes, des Gutachters sowie eines vorläufigen Insolvenzverwalters wird (durch Beschluss) eingestellt. Ein Insolvenzbeschlag des schuldnerischen Vermögens entfällt. Die Verfügungsgewalt geht wieder vollständig auf den Schuldner (bzw. dessen Vertretungsberechtigte) über. 9. Welche Auswirkungen hat die Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf den Schuldner? Mit dem Zeitpunkt der Eröffnung geht die Befugnis des Schuldners das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und zu verfügen auf den Insolvenzverwalter über. Eigene Verfügungen des Schuldners sind danach unwirksam. Leistungserbringungen an den Schuldner haben keine Erfüllungswirkung, d.h. es ist an die Insolvenzmasse nochmals zu leisten. 10. Muss ich als Schuldner zu allen Terminen beim Insolvenzgericht erscheinen? Ja, wenn Sie vom Richter oder Rechtspfleger persönlich geladen werden. Dies ist Folge der dem Schuldner obliegenden Auskunfts- und Mitwirkungspflichten im Insolvenzverfahren. Das Erscheinen kann hier durch Vorführung erzwungen werden. Eine Teilnahme an der Gläubigerversammlung, dem Prüfungs-, Berichts- und Schlusstermin steht Ihnen frei. Das persönliche Erscheinen im Prüfungstermin ist hier jedoch dann anzuraten, wenn Forderungen aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung (deliktische Forderungen) angemeldet worden sind. Es besteht jedoch auch die Möglichkeit einen Vertreter zu bestellen (schriftliche Vollmacht).

11. Kann ich im Insolvenzverfahren (über das Vermögen einer natürlichen Person) eine selbständige Tätigkeit weiterführen bzw. eine neue aufnehmen? Grundsätzlich hindert die Eröffnung des Verfahrens die Ausübung der selbständigen Tätigkeit nicht. Dies muss jedoch in Absprache mit dem Insolvenzverwalter erfolgen. Abhängig vom jeweiligen Einzelfall ist beim zuständigen Insolvenzgericht ein Antrag auf Festsetzung eines Unterhaltsbetrages einschließlich der Werbungskosten zu stellen. 13. Was muss ich im Insolvenzverfahren von meinen Arbeitseinkommen an den Insolvenzverwalter abgeben? Das laufende Einkommen des Schuldners fällt ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens lediglich mit dem einer Pfändung gemäß 850c ZPO unterliegenden Anteil in die Insolvenzmasse. Erhöhungen/Minderungen des pfändbaren Anteils unterfallen den Bestimmungen der Einzelzwangsvollstreckung. 14. Was bedeutet die Freigabe von Gegenständen im Insolvenzverfahren? Ausgangspunkt ist die gesetzliche Regelung der 35, 36 InsO, wonach sich beurteilt, welche Gegenstände des Insolvenzschuldners Bestandteil der Insolvenzmasse sind. Eigentümer dieser Gegenstände bleibt der Schuldner. Er verliert jedoch die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis (vgl. Auswirkung). Mit der Freigabeerklärung hat der Insolvenzverwalter die Möglichkeit den Insolvenzbeschlag für einzelne Gegenstände aufzuheben und diese damit dem Schuldner wieder zu seiner freien Verfügung zu überlassen. 15. Was geschieht mit dem Kraftfahrzeug/Motorrad des Schuldners im Insolvenzverfahren? Diese Gegenstände sind pfändbar und somit Bestandteil der Insolvenzmasse. Auf Antrag des Schuldners beim Insolvenzgericht kann der Vermögensgegenstand als unpfändbar erklärt werden (z. B. Schuldner ist erwerbstätig und benötigt Fahrzeug zur Erhaltung dieser Tätigkeit). 16. Kann der Schuldner einzelne Gläubiger im Insolvenzverfahren befriedigen? Eine Befriedigung von Insolvenzgläubigern stellt eine unzulässige Bevorteilung dar und kann zur Versagung der Restschuldbefreiung führen. 17. Was passiert mit Verbindlichkeiten, die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingegangen werden? Diese Neuverbindlichkeiten sind nicht Bestandteil des Insolvenzverfahrens und müssen entsprechend der Fälligkeit beglichen werden. Neugläubiger sind an einer zwangsweisen Forderung nicht gehindert. Debitoren 1. Was sind Debitoren? Das Wort Debitoren wird vom lateinischen Wort»debet«- er schuldet - abgeleitet. Das Gegenstück sind die»kreditoren«(gläubiger). m Insolvenzverfahren sind dies die Schuldner des Schuldners, also all diejenigen, von denen der Schuldner bzw. der Insolvenzverwalter etwas beanspruchen kann. 2. Wie kann ich meiner Zahlungspflicht nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nachkommen? Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis hinsichtlich des schuldnerischen Vermögens auf den Insolvenzverwalter über. In Bezug auf Forderungen gegen Debitoren kann nur der Insolvenzverwalter wirksam verfügen (z.b. verzichten, abtreten, u. ä.). Eine schuldbefreiende Leistung durch den Debitor ist nach Eröffnung nur durch Zahlung an den Insolvenzverwalter möglich. Bei Leistungen an den Schuldner muss möglicherweise nochmals gezahlt werden (vgl. 82 InsO). 3. Wie werden im Insolvenzverfahren Forderungen gegen Debitoren geltend gemacht? Alle aus den Geschäftsunterlagen des Insolvenzschuldners ersichtlichen Debitoren werden vom (vorläufigen) Insolvenzverwalter angeschrieben und aufgefordert, nur noch auf ein bestimmtes Konto der Insolvenzveraltung zu bezahlen. Es liegt eine Rückantwort als Fragebogen bei, mit deren Rücksendung zum Bestand der Forderung, zu etwa bereits erfolgten Zahlungen oder zu Einreden oder Gegenansprüchen Stellung genommen werden soll. 4. Macht der Insolvenzverwalter Forderungen gegen Debitoren immer gerichtlich geltend? Nein, der Insolvenzverwalter ist in der Regel an einer außergerichtlichen und schnellen Regelung interessiert. Deshalb sollten ihm Einwendungen, Gegenansprüche usw. umgehend mitgeteilt und etwaige Zahlungsbelege in Kopie übersandt werden. Der Insolvenzverwalter wird häufig vom Insolvenzschuldner nur unzulänglich informiert, ist also auf die Kooperation des Debitors angewiesen. 5. Welche Möglichkeiten bestehen für den Fall von Einwendungen gegen die Forderung des Insolvenzschuldners? Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird der Inhalt des Schuldverhältnisses grundsätzlich nicht verändert. Soweit dem Debitor Einwendungen oder Einreden (Erfüllung, Stundung, Verjährung u. ä.) gegen die Forderungen bereits nach Insolvenzeröffnung zustanden, kann er diese auch weiterhin grundsätzlich entgegenhalten. Ausnahmen bestehen jedoch im Rahmen der insolvenzrechtlichen Anfechtungsvorschriften.

6. Welche Möglichkeiten zur Aufrechnung mit Gegenforderungen bestehen? Durch die Aufrechnungserklärung kommt es zum Erlöschen der gegenseitigen Forderungen. Diese Möglichkeit zur Aufrechnung bleibt, soweit sie zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits bestanden hat, auch danach erhalten, 94 InsO. Eine Aufrechnung durch den Insolvenzgläubiger mit einer Gegenforderung, welche erst nach Insolvenzeröffnung entstanden ist, ist ausgeschlossen. Gleiches gilt, wenn die Aufrechnungslage zwar vor Insolvenzeröffnung, jedoch durch eine anfechtbare Rechtshandlung ( 129 ff. InsO) erlangt worden ist. Gläubiger 1. Welche Forderungen sind als Insolvenzforderung geltend zu machen? Alle Forderungen, die zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens bereits begründet waren ( 38 InsO), evtl. Zinsansprüche und Kosten die bis zum Tag der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind. 2. Wie sind Forderungen zum Insolvenzverfahren anzumelden? Forderungen sind nach Insolvenzeröffnung gegenüber dem Insolvenzverwalter zur Tabelle anzumelden. 3. Muss für die Forderungsanmeldung eine Form gewahrt werden? Forderungsanmeldungen können formlos erfolgen. 4. Gibt es eine Frist zur Forderungsanmeldung? Das Gericht setzt eine Frist zur Forderungsanmeldung, die möglichst eingehalten werden sollte. Im allgemeinen Prüfungstermin können in der Regel nur die Forderungen geprüft werden, die innerhalb dieser Frist angemeldet wurden. 5. Haben verspätete Forderungsanmeldungen Nahteile zur Folge? Wenn die Prüfung nicht mehr im ersten Termin erfolgen kann, ist auf Antrag des Gläubigers ein gesonderter Prüfungstermin möglich, dessen Kosten (15 je Gläubiger) der Gläubiger zu tragen hat. 6. Was kann ein Gläubiger tun, der bis zur Anmeldefrist seine Forderung noch nicht abschließend beziffern kann? Wenn ein Gläubiger, z. B. bei Schadenersatzforderungen, seinen Anspruch noch nicht beziffern kann, hat er die Möglichkeit, einen Schätzbetrag anzumelden. Dieser muss jedoch beziffert werden. Eine Anmeldung nur»dem Grunde nach«ist unzulässig. 7. Muss ein Gläubiger zum Prüfungstermin erscheinen? Eine rechtzeitig angemeldete Forderung wird im Termin geprüft, auch wenn der Gläubiger nicht erscheint. Weitere Klärungen bei etwa bestrittenen Forderungen erfolgen in aller Regel außerhalb des Termins. 8. Was geschieht im Prüfungstermin? Im Prüfungstermin werden alle rechtzeitig angemeldeten Forderungen geprüft. Wenn weder der Insolvenzschuldner noch der Insolvenzverwalter noch ein anderer Gläubiger Widerspruch einlegen, wird eine Forderung festgestellt. Ansonsten wird Sie ganz oder teilweise bestritten. 9. Was bedeutet»festgestellt«? Wird eine Forderung festgestellt, hat dies eine ähnliche Wirkung wie ein rechtskräftiges Urteil. Diese Forderung nimmt an einer etwaigen Verteilung im Insolvenzverfahren teil. 10. Was bedeutet»festgestellt für den Ausfall«? Manche Gläubiger verfügen für ihre Forderung über Sicherheiten (z. B. Bürgschaften, Sicherungsübereignungen, Grundschulden). Der Erlös aus der Verwertung solcher Sicherheiten fließt dem Gläubiger direkt zu, so dass seine Forderung reduziert wird. Er kann an einer etwaigen Quotenverteilung im Insolvenzverfahren dann nur mit der Forderung teilnehmen, die noch offen ist, mit der er also bei der Sicherheitenverwertung»ausgefallen«ist. 11. Was bedeutet»vorläufig bestritten«? Oft kann der Insolvenzverwalter zum Zeitpunkt des Prüfungstermins noch nicht beurteilen, ob eine Forderung berechtigt ist. Er wird sie daher»vorläufig«bestreiten. Dies bedeutet, dass nach dem Termin eine weitere Klärung erfolgen soll, aufgrund derer dann möglicherweise das Bestreiten zurückgenommen und die Forderung nachträglich außerhalb eines Prüfungstermins festgestellt werden kann. 12. Was bedeutet»bestritten«? Wird eine Forderung vom Insolvenzverwalter bestritten, bedeutet dies, dass er sie für unberechtigt hält. Der Gläubiger kann dann gegen den Insolvenzverwalter beim ordentlichen Gericht (Amtsgericht, Landgericht) Klage auf Feststellung der Forderung erheben. Dies wird dann in einem Zivilprozess geklärt, in dem wie bei einer Zahlungsklage die Ansprüche zu beweisen sind. 13. Wann und wie erfolgen Zahlungen auf festgestellte Forderungen?

Zahlungen auf festgestellte Forderungen können erst erfolgen, wenn sichergestellt ist, dass alle Kosten des Insolvenzverfahrens und alle Masseverbindlichkeiten gedeckt sind. Dies ist in der Regel erst bei Abschluss des Insolvenzverfahrens möglich. Die Dauer eines Insolvenzverfahrens über ein Unternehmen liegt erfahrungsgemäß selten unter drei Jahren, häufig darüber. 14. Was ist ein Aussonderungsrecht? Dies sind dingliche oder persönliche Rechte Dritter an Gegenständen (z. B. Eigentumsvorbehalt) die im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Besitz des Schuldners sind. Diese Gegenstände gehören nicht zur Insolvenzmasse und werden an den Berechtigten herausgegeben. 15. Was ist ein Absonderungsrecht? Im Gegensatz zum Aussonderungsrecht sind diese Gegenstände Bestandteil der Insolvenzmasse. Wegen des bestehenden Rechtes des Dritten erfolgt hier eine abgesonderte Befriedigung, d.h. der Gläubiger wird aus dem Verwertungserlös des jeweiligen Gegenstandes vorrangig befriedigt. Hauptbeispiele für Absonderungsrechte sind das Sicherungseigentum, die zur Sicherheit abgetretene Forderung sowie das Pfandrecht. Das Gesetz hat den Kreis der Absonderungsrechte abschließend festgelegt, 49-51 InsO. 16. Welche Ansprüche hat der aussonderungsberechtigte Gläubiger? Der Gläubiger kann aufgrund der Nichtzugehörigkeit des Gegenstandes zur Insolvenzmasse den Insolvenzverwalter auffordern, diesen herauszugeben. Ist dies nicht mehr möglich, besteht u. U. ein Ersatzaussonderungsanspruch ( 48 InsO). 17. Welche Ansprüche hat der absonderungsberechtigte Gläubiger? Der Absonderungsberechtigte hat seine Ansprüche schriftlich gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend zu machen und nachzuweisen. Der Insolvenzverwalter ist grundsätzlich jedoch weiterhin zur Verwertung berechtigt und hat dann den Erlös abzüglich eines Kostenanteils für die Insolvenzmasse von in der Regel 9 % an den Berechtigten abzuführen. Arbeitnehmer 1. Was ist Insolvenzgeld und wo ist dies zu beantragen? Insolvenzgeld ist eine Lohnersatzleistung, welche unter Verwendung entsprechender Formulare bei der Bundesagentur für Arbeit zu beantragen ist. Zuständig ist das Arbeitsamt, in dessen Bezirk der insolvente Arbeitgeber zuletzt seine Betriebsstätte hatte. 2. Was ist Voraussetzung für das Insolvenzgeld? Voraussetzung für die Beantragung und Zahlung von Insolvenzgeld ist der Beschluss des Insolvenzgerichts über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bzw. darüber, dass der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens»mangels Masse«abgewiesen wird. 3. In welcher Höhe bzw. für welchen Zeitraum erhalte ich Insolvenzgeld? Insolvenzgeld wird in Höhe des nicht beglichenen Nettolohns (inklusive Vergütung von Überstunden, Auslösungen, vermögenswirksame Leistungen und Beitragszuschüsse) für den Zeitraum von max. 3 Monaten vor dem Beschluss des Insolvenzgerichts bzw. dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis gewährt. 4. Welche Auswirkung hat die Beantragung des Insolvenzverfahrens auf das Arbeitsverhältnis? Das Arbeitsverhältnis besteht unverändert mit allen Rechten und Pflichten weiter. Bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens gelten die normalen vertraglichen bzw. tariflichen Kündigungsfristen. 5. Welche Auswirkung hat die Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf das Arbeitsverhältnis? Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens lässt das Arbeitsverhältnis als solches unberührt. Hieraus allein ergibt sich noch kein Grund zur betriebsbedingten Kündigung. Eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses bedarf unverändert der ordnungsgemäßen Kündigung bzw. einer Aufhebungsvereinbarung. Der Insolvenzverwalter hat jedoch die Möglichkeit die Arbeitnehmer von der Erbringung ihrer Pflichten freizustellen, wobei dann die Lohn/Gehaltszahlung bis zu Ablauf der Kündigungsfrist vom Arbeitsamt verlangt werden können. 6. Bestehen Besonderheiten hinsichtlich der Lohn- und Gehaltszahlungen nach Insolvenzeröffnung? Werden Arbeitnehmer vom Insolvenzverwalter nicht gekündigt bzw. nicht freigestellt, so haben diese gegen den Insolvenzverwalter einen Anspruch auf Zahlung des vertraglich vereinbarten Lohns/Gehalts (einschließlich Zulagen und Überstundenvergütungen). Insofern hat die Insolvenzeröffnung keinen Einfluss. Bei diesen Ansprüchen handelt es sich um bevorrechtigt zu befriedigende Forderungen (sog. Masseverbindlichkeiten).

7. Welche Kündigungsfristen gelten ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens? Nach Eröffnung gelten grundsätzlich die gesetzlichen bzw. (tarif-)vertraglichen Kündigungsfristen fort. Es besteht jedoch die Besonderheit, dass die längste Kündigungsfrist 3 Monate zum Monatsende beträgt (ein Arbeitsverhältnis von 10 Jahren normale Kündigungsfrist 4 Monate, wäre innerhalb von 3 Monaten kündbar). Ebenso sind befristete Arbeitsverhältnisse, welche üblicherweise nicht ordentlich gekündigt werden können, unter Einhaltung der 3-Monatsfrist kündbar. 8. Was ist bei der Arbeitslosmeldung zu beachten? Die Arbeitslosmeldung und Beantragung des Arbeitslosengeldes muss jeder Arbeitnehmer persönlich bei dem für ihn zuständigen Arbeitsamt vornehmen. Dies muss spätestens am ersten Tag der Arbeitslosigkeit bzw. Freistellung geschehen, da erst ab diesem Zeitpunkt eine Zahlung des Arbeitslosengeldes erfolgt.