Diagnostik: Kann man das erste aktive DFS (durch Messungen) vorhersagen?

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Transkript:

Diagnostik: Kann man das erste aktive DFS (durch Messungen) vorhersagen? Wie man Risikopatienten für das ERST-Ulkus besser erkennt 11. Nationales Treffen Netzwerke Diabetischer Fuß 4.-5.September 2015 in Hamburg E.A. Chantelau, Bremen Interessenkonflikt: keiner

DFU= diabetische Fußulkus =schmerzloses(neuropathisches)fußulkus 1. notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung: akute Fußverletzung 2. notwendige Bedingung: repetitive mechanische Einwirkung auf die akute Verletzung, z.b. aufgrund von Schmerzunempfindlichkeit

DFS: NEIN DFS: JA

Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung (ZI) Dr.L.Altenhofen: Ca. 80% der Typ-2 Diabetiker im DMP haben keine Polyneuropathie Ca. 20% der Typ-2 Diabetiker haben Polyneuropathie (definiert als Vibrationsempfindungsschwelle < 5/8 gemessen mit Rydel-Seiffer Stimmgabel am Großzehengrundgelenk) Ca. 2% der Typ-2 Diabetiker haben neuropathisches Fußulkus (DFU= schmerzloses Ulkus am Fuß)

Verschiedene Definitionen der diabetischen Neuropathie: Symptome (Kribbeln etc. )---haben nur ca. 1/3 aller Neuropathen Druckwahrnehmung vermindert (10 g SW-Monofilament) betrifft relativ dicke Afferenzen (A-beta Fasern) Vibrationsempfindung herabgesetzt betrifft ebenfalls A-beta Afferenzen autonome Neuropathie (Neuropad ) betrifft dünne Efferenzen (A-delta bzw. C-Fasern) Achillessehnenreflex herabgesetzt betrifft dicke A-alpha Fasern (Spindelorgane) DFU= verminderte/fehlende Reaktion auf Schmerzreize betrifft dünne Afferenzen (A-delta und C-Fasern)

Leichte-mittlere-schwere Sensibilitätsminderung und jährliche Inzidenz von DFU (bei angenommener gleicher Geh-Leistung pro Patient und Tag) Semmes-Weinstein-Monofilament SWM (10 g Druck) nicht gespürt: 3% (Boyko 1999) 1.3% (Kästenbauer 2001) 8.9% (Litzelman 1997) 7.8% (Peters 2001) 3.8% (Rith-Najarian 1992) 7.9% (Lavery 2003) Feines Vibrieren (< 15 Volt) nicht gespürt: 2.9% (Young 1994) Grobes Vibrieren (> 25 Volt) nicht gespürt: 19.8% (Young 1994) FRÜHERES DFU (=Schmerzreiz nicht gespürt): 30-100% (Chantelau 1994,Tanudjaja 1996) 21% (Lavery 2010)

Leichte-mittlere-schwere Sensibilitätsminderung und jährliche Inzidenz von ERST-/Rezidiv-DFU (bei angenommener gleicher Geh-Leistung pro Patient und Tag) SWM (10 g Druck) nicht gespürt: 1.3-8.9% Feines Vibrieren (< 15 Volt) nicht gespürt: 2.9% Diese Tests erkennen -selektiv- die Hochrisikopatienten nicht Grobes Vibrieren (> 25 Volt) nicht gespürt: 19.8% Schmerzreiz nicht gespürt: 20-100% Diese Tests erkennen-selektiv- die Hochrisikopatienten schon besser Stimmgabeltest < 5/8??? FEHLANZEIGE!

Druckschmerz-Stimulation: qualitativ/quantitativ

PinPrick Schmerz-Stimulator 1 Sekunde lang aufdrücken Perzeptions-Schwelle 512 mn PIEKS? BERÜHRUNG? GAR NICHTS? Glasfaser PinPrick Stimulator 512 mn ( entspr. 51,2 g) testet unmyelinisierte, afferente dünne A-delta und C-Fasern

Bekannte Hochrisikopatienten Pinprick < 512 mn, kein DFU PinPrick > 512 mn, kein DFU PinPrick > 512 mn, plus DFU bisher unentdeckte Hochrisikopatienten

30 25 20 15 10 5 0 <2/8 2 bis <3/8 3 bis <4/8 4 bis <5/8 >5/8 Stimmgabel-Test bei 34 Pat. mit DFU (Wienemann et al., 2012)

Warum Hochrisikopatienten identifizieren?? Bei Hochrisikopatienten reicht bisherige Prävention (Podologie, Diabetikerschulung) nicht aus, um das erste aktive DFS (bzw. DFS-rezidiv) zu vermeiden

Hochrisikopatienten (PinPrick > 512 mn) müssen besonders geschützt werden, a) durch strikte Verletzungs-Prävention: nicht mehr als 1000 Schritte ohne Pause hintereinander tun, ambulatio intermittens (als Variante von Nordic Walking!!) Badewasser grundsätzlich mit Thermometer prüfen Diabetikerschuhe prophylaktisch tragen Spezielle Sensorschuhe tragen Füße täglich inspizieren. Notfall-Telefonnummer bereitstellen. ggfs. prophylaktische Revaskularisation (Fontaine III).. u.v.a.m. strukturierte Verletzungs-Präventions-Schulung???

Für Patienten ohne Schmerzwahrnehmung: der Sensor-Schuh! Warnt vor Fuß-Überlastung, mahnt seinen Träger, rechtzeitig eine Pause einzulegen!

Alarm bei Überbelastung (z.b. nach 1000 Schritten)

Hochrisikopatienten (pinprick > 512 mn) müssen besonders geschützt werden, b) durch schnellste Verletzungs-Intervention: Sofortige Bettruhe bevorzugte direkt, ohne Zeitverlust!- Aufnahme in Spezialabteilung foot protection service z.b. If a health care professional thinks you may have Charcot arthropathy, they should refer you to the multidisciplinary foot care service within 1 working day. You should rest and not put any weight at all on the foot until your appointment with the multidisciplinary foot care service (NICE: NG19 guidelines 2015)

Pinprick Stimulator 512 mn MARSTOCKnervtest Dr. H. Fruhstorfer Weinbergweg 24 D-69198 Schriesheim Germany Email: info@marstock.de