individueller und sozialer Lebensstile und Lebensgeschichten

Ähnliche Dokumente
ich brauche Psychotherapie Eine Orientierungshilfe für Betroffene und deren Angehörige Ausschreibungstext

Komplexes Lernen im BeWo. Sabrina Weber 1

Was macht Beratung unabhängig? Vortrag Barbara Vieweg Unabhängige Beratung für Menschen mit Behinderungen Anspruch und Erwartungen

Beratungskonzept. Psychologische Beratung

Was braucht die postmoderne Gesellschaft an psychosozialer Beratung? Prof. Dr. Silke Birgitta Gahleitner -

Was ist eigentlich Psychotherapie?

Informationen zum Mediationsverfahren

Die Arbeit in Mutter-Kind-Einrichtungen: Eine fachliche und persönliche Herausforderung

Konzept der Mitarbeiterberatung

Definitionen Konflikte Probleme

Teil 1 Entwicklungspsychologie, allgemeine Neurosenlehre

Coaching Konzept. Wenn das einzige Werkzeug was Du hast ein, Hammer ist, dann bist Du geneigt, jedes Problem als Nagel anzusehen.

Weiterbildung. Psychosoziale Beratung

Seminare und Fortbildungen

Kommunikation, Zusammenarbeit Kommunikation; Gesprächsführung; Zusammenarbeit; Gruppe; Team; Konflikte. 3. Lj. 5. Semester.

VERÄNDERUNG RISKANTEN GESUNDHEITSVERHALTENS

Junge und alte Wilde

Psychosoziale Beratung und Psychotherapie im Alter

Mediation im Wirtschaftsund Arbeitsleben

Pflegeheim Am Nollen Gengenbach

Die richtige Beratungsform wählen

Leitbild. des Jobcenters Dortmund

Psychosoziale Beratung im Kontext von pränataler Diagnostik

Kapitel 2, Führungskräftetraining, Kompetenzentwicklung und Coaching:

Einige allgemeine Hinweise zur Psychotherapie in Deutschland

Wichtige gesetzliche Bestimmungen für Psycholog/innen

Die Individualpsychologie. Alfred Adlers. Die Individualpsychologie Alfred Adlers - Einführung

Veränderte Kindheit? Wie beeinflusst der aktuelle Lebensstil die psychische Gesundheit von Kindern?

Wichtige gesetzliche Bestimmungen für Psycholog/innen

SOZIALKOMMISSION I, GESUNDHEITSWESEN

Arche Kind & Familie. Mehrfach belastete Familien unterstützen Kindeswohl sichern

Informationen zur individuellen Ausbildung HeilpraktikerIn für Psychotherapie

Coach in der Arbeitswelt

Wie wird man PsychotherapeutIn? Gesetzliche Grundlagen. Dipl.-Psych. vor dem PsychThG

Psychologische Beratungsstelle im Treffpunkt Familie, Hof. Jugend- und Familienhilfe Marienberg Psychologische Beratung ggmbh

Das Beste für die Betroffenen. Ethische Fallbesprechungen Eine Methode zum Umgang mit Konflikten im Gesundheitsbereich und in der Altenhilfe

hilfreiche Beziehung die Unterstützung annehmen lässt Veränderung, Motivation und Beziehung Herzlich Willkommen! Margret Kleine Kracht Ulrich Nolte

Psychische Widerstandskraft (Resilienz) - Was hilft Menschen, Krisen zu bewältigen?

Inhalt. Gesellschaftliche Veränderungen. Lebenswirklichkeiten von Kindern. Neudefinition von Allgemeinbildung. Welche Fähigkeiten brauchen Kinder?

Intensive Short-Term Dynamic Psychotherapy (ISTDP) = intensive psychodynamische Kurzzeittherapie

Beratung : Training : Coaching

Das Kompetenzprofil Familien-Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerinnen und pfleger in den Frühen Hilfen

Krisenberatungsstelle

sychologisch Fach- und berufspolitische Leitsätze Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e.v.

Coaching Letter DER COACHING PROZESS ANBAHNUNG UND ABLAUF. Nr. 103, Dezember Thema: INHALT:

Weiterbildender Studiengang Psychologische Psychotherapie (WSPP) der TU Braunschweig

Sozialpsychiatrischer Grundlehrgang. September 2016 März 2017

Wir über uns. Informationen zur Station 0.2// Mutter-Kind-Behandlung // Kompetent für Menschen.

FRANS HILFT

Qualifizierung zur/m Onlineberater/in

für Heilpraktikeranwärter und für Antragsteller, die eine auf das Gebiet der heilkundlichen Psychotherapie beschränkte Erlaubnis beantragen

Optimierung der Gefährlichkeitsprognose in der forensischen Psychiatrie durch einen transdisziplinären Ansatz

Weiterbildung in Personzentrierter Beratung nach den Richtlinien der GWG

Kooperationsvereinbarung. zwischen dem ambulanten Hospiz. und. (SAPV-Team)

L E R N Z I E L. - die Bedeutung der Psychologie für die Handlungsfelder des öffentlichen Dienstes erkennen

Niederösterreich Mistelbach Gänserndorf Tulln Hollabrunn Klosterneuburg Stockerau

Bremer Curriculum Spezielle Psychotraumatherapie

Deutsches Ausbildungsinstitut für Focusing und Focusing-Therapie Seminare in Deutschland, Österreich, Schweiz

Studienverlaufsplan Lehramt Bildungswissenschaften Haupt-, Real- und Gesamtschule

Pädagogik als Nebenfach im Diplomstudiengang Informatik. Man könnte kurz auch sagen: Pädagogik befasst sich damit, wie man Menschen etwas beibringt.

Praktikumsbericht Schülerpraktikum in der Zeit vom bis Beratungsstelle Mönchengladbach

Schulpsychologischer Dienst. Leistungsauftrag, Arbeitsweise und Zusammenarbeit mit Schulen

Die Kollegiale Coaching Konferenz

)! * +!,! -.! " # " $% & #$ '% (

Stärkung der Mitbestimmung im öffentlichen Dienst

Dschungel Psychotherapie - Antworten auf die wichtigsten Fragen

Schlüsselkompetenzen der Erzieherin (entnommen aus der Ausbildungskonzeption der Fachakademie für Sozialpädagogik Aschaffenburg)

Expertenanhörung

Kompass zur Konfliktbegleitung in Unternehmen

Führen Leiten Begleiten

MERKBLATT für die staatliche Prüfung für Psychologische Psychotherapeuten

Faktenbox Psychotherapie bei Agoraphobie mit und ohne Panikstörung

Kernlehrplan für die Sekundarstufe II Katholische Religion Gymnasium August-Dicke-Schule

Kontrolliertes Trinken funktioniert das?

Akzeptanz- Motivation- Depression Dr Dr. med. Jolanda Schottenfeld-Naor 14. Düsseldorfer Diabetes-Tag 24. September 2016

AMT FÜR SOZIALE DIENSTE

BALANCE zur Sache. Mut zur Veränderung. Methoden und Möglichkeiten der Psychotherapie. Bearbeitet von Rosemarie Piontek

Präsentation von Barbara Petri. Kreisjugendamt Cochem-Zell

Curriculum Kinder und Jugendlichenpsychotherapeuten für (angehende) Psychologische Psychotherapeuten in Verhaltenstherapie Stand:

LUST AUF PERSPEKTIVE? DAS INSTITUT FÜR TRANSAKTIONSANALYSE IN ORGANISATIONEN IN MÜNCHEN

Heiltherapeutische Praxis

I N F O R M A T I O N

Positive und transkulturelle Pädagogik - gesunde Schule für Lehrer, Schüler und Eltern

Vorsorgevollmacht und Betreuungsrecht Claudia Stockmann Caritasverband Meschede e.v.

GRUNDLAGEN DER PÄDAGOGISCHEN BEZIEHUNGSGESTALTUNG FERNLEHRGANG ZFU ZUGELASSEN

Ausbildung zum/r Psycholog. Berater/in und Psychotherapeutische/r Heilpraktiker/in. Gesetzeskunde und Praxisführung. Begleitskript zum Seminar

Betriebswirtschaftliche Schwerpunkte der Unternehmensgründung I

Konzept Ärztliche Psychotherapie

Pflege- und Sozialdienst: zwei Berufe, eine Einheit?

Soziale Arbeit im Gesundheitswesen

Schwangerschaft. Sexualität. Unterstützung für Kinder, Jugendliche und Familien: und

Karin Händler. Demenz Sehen und Verstehen. Angebot für Seminare im Rahmen des Freiwilligen sozialen Jahrs und ähnlicher berufsvorbereitenden Maßnahmen

Bernhard J. Schmidt Klartext kompakt. Das Asperger Syndrom für Eltern Bernhard J. Schmidt Klartext kompakt. Das Asperger Syndrom für Lehrer

6 Ethisches Verhalten

Clinical Reasoning. In der Therapie & Beratung. in der Physiotherapie. » in der manuellen Therapie. Jürg Hauswirth PT MAS msk, omt svomp, imta teacher

Weiterbildung Systemische Mediatorin/ Systemischer Mediator Aufbaukurs im variablen Kurssystem

VMOR REHA FÜR KÖRPER UND PSYCHE

Transkript:

20 Einführung rich formulierten Anforderungen an die Klienten eine Beratung, wie sie vielfältig im Rahmen der Familienarbeit mit Multiproblemfamilien verordnet wird, praktisch aus. Die Definition von Nestmann, Engel und Sickendiek (2004, S. 599) Beratung ist eine vielgestaltige, sich ständig verändernde und durch viele interne und externe Einflussfaktoren bestimmte professionelle Hilfeform. Sie unterstützt in variantenreichen Formen bei der Bewältigung von Entscheidungsanforderungen, Problemen und Krisen und bei der Gestaltung individueller und sozialer Lebensstile und Lebensgeschichten geht weniger auf die individuellen Voraussetzungen von Berater und Ratsuchendem ein, sondern macht auf die unterschiedlichen, teilweise widersprüchlichen Konzepte aufmerksam und betont Unterstützung und Hilfe durch den Berater. Um dieses leisten zu können, braucht der Berater spezifisches Fachwissen, um mit dem Ratsuchenden kompetent Handlungsalternativen, Berücksichtigung gesetzlicher Vorgaben, Erklärungsmöglichkeiten oder Gefährdungen erarbeiten zu können. Andererseits braucht er allgemeine Kompetenzen der Beratungsmethoden, Gesprächsführung, diagnostisches Wissen und ein Wissen um Kommuni kationsmodelle, Interaktionsprozesse und Beziehungsaufbau. Beratung ist damit sehr offen definiert und läuft Gefahr, unbestimmt und diffus zu bleiben. Etwas konkreter Informationsvermittlung und aktive Beteiligung beider Interaktionspartner vereinend definieren Schwarzer und Posse (1986, S. 634) Beratung als eine freiwillige, kurzfristige, oft nur situative, soziale Interaktion zwischen Ratsuchendem (Klienten) und dem Berater mit dem Ziel, im Beratungsprozess eine Entscheidungshilfe zur Bewältigung eines vom Klienten vorgegebenen aktuellen Problems durch Vermittlung von Informationen und / oder Einüben von Fertigkeiten gemeinsam zu erarbeiten. Alle Definitionen beinhalten den Gesichtspunkt der Unterstützung und Hilfe für einen Ratsuchenden bei der Lösung eines Problems und betonen die eigene, aktive Beteiligung des Ratsuchenden am Beratungsprozess, ohne die das Ziel der Beratung nicht erreicht werden kann. Beratung stellt sich damit als ein interaktiver Prozess dar, der bestimmten Regeln folgt, die dazu beitragen sollen, dass der Ratsuchende selbst einen Weg zur Lösung seines Problems oder zu einer Entscheidung findet.

Abgrenzung 21 Beratung K Beratung ist ein zwischenmenschlicher Prozess in sprachlicher Kommunikation. K Beratung dient neben der Vermittlung von Informationen der Verbesserung der Selbststeuerung und dem Aufbau von Handlungskompetenzen, der Orientierung und Entscheidungshilfe, der Hilfe bei der Bewältigung von Krisen. K Der Ratsuchende ist veränderungswillig, sucht die Beratung in der Regel freiwillig und ist aktiv am Prozess beteiligt. K Der Berater braucht Fachwissen über das Problemfeld und Beratungswissen zur Beziehungsgestaltung. 1.3 Abgrenzung zu Therapie und Mediation Beratung, Mediation und Therapie zielen auf Veränderung, das Auslösen von Lernprozessen und Entwickeln neuer Handlungsmuster ab. Sie bedienen sich der gleichen zumeist aus psychotherapeutischen Konzepten abgeleiteten Mittel. Auch Beratungsmethoden haben ihre Wurzeln in Techniken und Erklärungsmustern der Psychoanalyse, der Gesprächstherapie, der Gestalttherapie oder der Verhaltenstherapie. In Therapie und Beratung arbeiten überwiegend dieselben Berufsgruppen: Psychologen, Pädagogen, Mediziner, Sozialpädagogen, wenn auch mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung. Sowohl bei der Beratung als auch bei der Therapie geht es um zwischenmenschliche Beziehungen und persönliche Konflikte, die mit Hilfe kommunikativer Mittel bewältigt werden sollen. So ist es verständlich, dass manche Autoren keinen Unterschied zwischen beiden sehen, wenn Therapie und Beratung zum Ziel haben, menschliches Leid zu lindern, Probleme zu lösen und dem Menschen zu einem zufriedeneren Leben zu verhelfen (Argelander 1985, S. 10). Der Unterschied besteht dann allein in der Dauer des Prozesses, so dass Beratung zur Kleinen Therapie wird (Dryden / Feltham 1994; Rogers 1972). Bei aller Gemeinsamkeit gibt es dennoch gravierende Unterschiede. Therapie als im Bereich der Heilkunde angesiedelte Behandlung psychischer Störungen befasst sich grundsätzlich mit Therapie

22 Einführung Beratung Mediation Phänomenen von Krankheitswert. Sie ist seit 1998 institutionell verankert durch das Psychotherapeutengesetz (PsychThG), setzt eine Approbation des Therapeuten voraus und wird im Allgemeinen über die Krankenkassen finanziert. Psycho-soziale Beratung dagegen wird meist für die Ratsuchenden kostenfrei von Beratungsstellen in öffentlicher oder kirchlicher Trägerschaft angeboten. Zunehmend entstehen jedoch auch freie Praxen für Lebensberatungen aller Art, möglicherweise als Folge des Psychotherapeutengesetzes, das nicht allen langjährigen psychologischen Psychotherapeuten Approbation und Kassenzulassung gewährt. Beratung dient der Überwindung persönlicher und sozialer Schwierigkeiten außerhalb der Heilkunde. Sie bedeutet Kompetenzerweiterung und Entscheidungshilfen bei Orientierungsbedarf in bestimmten Bereichen der Lebensführung, ohne dass grundsätzlich eine Störung der Person oder des Systems angenommen wird. Die angenommene selbständige Veränderungsfähigkeit des Klienten einer Beratung kann als ein wesentlicher Unterschied zur Therapie angesehen werden, bei der der Veränderungsprozess selbst im Mittelpunkt steht. Beratung befasst sich mit relativ ungestörten Personen, sie fokussiert Stärken und Ressourcen des Ratsuchenden in seiner Interaktion mit der Umwelt und in einer zeitlich begrenzten Dauer (Gelso / Fretz 1999) und betont damit stärker das Wohlbefinden und die Selbstwirksamkeit gegenüber der Fehlanpassung oder Störung. Beratung kommt damit auch eine präventive und entwicklungsfördernde Rolle zu. Beratung im psycho-sozialen Feld braucht daher Kompetenzen in allen Teildisziplinen der Psychologie, also in der Entwicklungspsychologie, der Differentiellen Psychologie oder Diagnostik, in der Sozialpsychologie und der Allgemeinen Psychologie (Schröder 2004). Mediation ist in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts als außergerichtliches Einigungsverfahren bei Trennungen, tariflichen Auseinandersetzungen, im kommunalen Bereich oder Konflikten über öffentliche Entscheidungen entstanden (Bastine / Theilmann 2004). Mediation ist heute ein Vermittlungsverfahren, bei dem zwei oder mehr Personen, die in Konflikt über eine Sache geraten sind, sich in ihren Meinungen festgefahren haben und sich nicht einigen können, durch die Vermittlung einer neutralen, allparteilichen Person, dem Mediator, zu einer eigenen Lösung kommen. Die Mediation dient der Erlangung

Ethische Fragen 23 einer selbstbestimmten und einvernehmlichen Regelung, die die Bedürfnisse aller Beteiligten berücksichtigt. Sie zielt darauf ab, dass die uneinigen Partner den Standpunkt des anderen besser verstehen und dass eine konkrete Lösung erarbeitet wird. Sie hat auch präventiven Charakter, indem sie die Problemlösekompetenz der beiden Partner für zukünftige Konflikte stärkt. Das Vorgehen der Mediation ist rein lösungsorientiert, strukturiert und fokussiert das Streitthema. Dies unterscheidet sie von der Paarberatung, bei der es um die Bearbeitung bestehender Konflikte geht (Bastine / Theilmann, 2004). Mediation wird häufig im Vorfeld von gerichtlichen Auseinandersetzungen eingesetzt, um eine einvernehmliche Lösung selbst zu erarbeiten, statt sich der Vorgabe eines Richters beugen zu müssen. Mediation bedient sich zwar bei der Formulierung eines Konfliktes ähnlicher Mittel wie die Beratung, sie hat aber nicht die Veränderung der Personen, sondern allein die Lösung des Konfliktes zum Ziel. Auch wenn es mehr oder weniger deutliche Überschneidungen gibt, lassen sich die drei Konzepte sowohl inhaltlich als auch im Vorgehen als auch rechtlich voneinander unterscheiden (siehe Tabelle 1). Der Zugang zum Beratungsangebot ist offen für alle Ratsuchenden, der zur Therapie höher schwellig durch eine Begutachtung der Therapiebedürftigkeit, eine Diagnose von Krankheitswert im Zusammenhang mit der Kostenübernahme. In der Beratungssituation gibt es ein klares Angebot in Bezug auf die Lösung eines definierten Problems, in der Therapie wird das grundlegende Problem oft erst erarbeitet, während die Mediation sich auf die Vermittlung in Konfliktsituationen beschränkt. Unterschiede Beratung Therapie Mediation 1.4 Ethische Fragen Auch Berater unterliegen, wie alle Menschen, den Normen und Werten der Gesellschaft, in der sie leben, die sie in ihrem Sozialisationsprozess internalisiert haben und die ihr Menschenbild prägen. Dies bestimmt auch ihre Haltung zum Klienten. Ein Beschreiben von Problemen unabhängig von diesen Normen und dem Menschenbild des Beraters ist ebenso unmöglich wie eine ethisch völlig neutrale beraterische Grundhaltung (Schrödter 2004). Berater müssen daher ihre Haltung zum Klienten und ihre Motivation zum Eingreifen beständig reflektieren. Menschenbild

24 Einführung Tab. 1: Einige Unterschiede zwischen Therapie, Beratung und Mediation Therapie Beratung Mediation Zuordnung Heilkunde außerhalb der außerhalb der Heilkunde Heilkunde Zugang Gutachten über offener Zugang für ausgehandelter Therapiebedürftigkeit alle Ratsuchenden Vertrag Inhalt Fehlanpassung / (Wieder)erlangen von Konfliktlösungen Störung Wohlbefinden und Selbstwirksamkeit Fokus Veränderung Lösung des Vermittlung der Person Problems, Stärken und Ressourcen Kostenübernahme Krankenkassen kostenfrei im Rahmen in der Regel der psychosozialen Bezahlung durch Betreuung, SGB die Konfliktparteien Missbrauch und Manipulation Klienten, die Rat suchen, sind in der Regel belastet und verletzlich und infolgedessen empfänglich für Missbrauch und Manipulation. Berater erheben den Anspruch, hilfreich für den Ratsuchenden zu sein, Beratungsprozesse können in manchen Fällen jedoch auch schädlich sein. Nutzen und möglicher Schaden von Beratung müssen gegeneinander abgewogen werden. Der Berater muss sich der Grenzen seiner Kompetenzen bewusst sein und sie einhalten. Sein Handeln muss geleitetet sein von theoretischen und empirischen Kenntnissen über Prozesse des Interaktionsgeschehens, aber auch Kenntnisse hinsichtlich des problematischen Sachverhaltes sind erforderlich. Insbesondere konfrontative oder paradoxe Techniken, die manchmal in der Beratung angewendet werden, können unangemessen sein, wenn sie den Ratsuchenden psychisch destabilisieren, von zweifelhaftem theoretischen Wert sind oder den Klienten be- statt entlasten. Im Einzelfall sind Kosten und Nutzen einer Beratungssituation oft schwer zu prüfen, so dass ständige hypothesengeleitete Reflexion des Vorgehens und kollegiale Supervision als Kontrolle der beraterischen Tätigkeit und Schutz vor Verstrickungen des Beraters in die Probleme seines Klienten nötig sind.