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Transkript:

Planungsgruppe Gleicher Lohn für Frauen Am Freitag, den 23. März 202, ist Equal Pay Day. Unter dem Motto Recht auf mehr! werden wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten gemeinsam mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund und dem Deutschen Frauenrat ein Zeichen setzen für gleichen Lohn für Frauen und Männer. Denn noch immer verdienen Frauen in Deutschland durchschnittlich 23 Prozent weniger als Männer. Am Equal Pay Day werden wir bei der Kundgebung am Brandenburger Tor und im Deutschen Bundestag deutlich machen: Damit muss Schluss sein! Entgeltungleichheit hat viele Ursachen. Dazu gehören geringe Verdienstmöglichkeiten in typischen Frauenberufen, der große Anteil von Frauen mit Erwerbsunterbrechungen bzw. in Teilzeit oder prekären Beschäftigungsverhältnissen sowie die geringe Anzahl von weiblichen Führungskräften. Aber damit allein lässt sich die große Lohnlücke nicht erklären. Wir haben es auch mit Diskriminierung zu tun. Für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten steht fest: Für die Herstellung von Entgeltgleichheit reichen Prinzipien nicht aus. Um gleichen Lohn für gleiche Arbeit durchzusetzen, brauchen wir gesetzliche Regelungen. Denn Prinzipien sind gut aber auf die Praxis kommt es an.. Ungleicher Lohn Ausmaß, Ursachen und Folgen Jedes Jahr markieren wir mit dem Equal Pay Day den Tag, bis zu dem Frauen arbeiten müssen, um auf den Vorjahreslohn ihrer männlichen Kollegen zu kommen. Dieses Jahr ist es der 23. März. Die Lücke zwischen Männer- und Frauenverdienst beträgt also knapp drei Monate. In Zahlen ausgedrückt heißt das: Erwerbstätige Frauen erhalten durchschnittlich 23 Prozent weniger Lohn als ihre männlichen Kollegen. Bereits beim Berufsstart bestehen erhebliche Verdienstunterschiede zwischen Männern und Frauen. Und die Ungleichheit vergrößert sich trotz exzellenter Leistung im Laufe des Lebens: Je besser die Ausbildung von Frauen ist und je älter sie sind, desto größer werden die Unterschiede beim Verdienst. Verdienstunterschiede zwischen Männern und Frauen im öffentlichen Dienst und der Privatwirtschaft des Jahres 200 in Prozent Quelle: Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 202 Quelle: Statistisches Bundesamt 202 Planungsgruppe 20.03.202

2 Deutschland schneidet bei der Entgeltgleichheit deutlich schlechter ab als der Durchschnitt der Europäischen Union (7, Prozent). Nur in zwei der 27 EU-Staaten ist der Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern noch größer als bei uns. Europäischer Vergleich EU-27 Tschechische Republik Österreich Deutschland Slowakei Zypern Vereinigtes Königreich Finnland Niederlande Ungarn Frankreich Dänemark Spanien Schweden Irland Bulgarien Litauen Lettland Luxemburg Portugal Polen Rumänien Malta Italien Slowenien 3,2 5,5 6,9 8, 0,0 9,8 2,5 7, 7, 6,5 6,3 6, 6,0 5,7 5,3 5,3 4,9 23,2 2,9 2,0 20,4 20,4 9,2 25,9 25,4 Vorläufige Angaben Quelle: Eurostat Online Datenbank vom 4. März 20. Die ungleiche Bezahlung hat System Die Benachteiligung von Frauen bei der Entlohnung hat viele Ursachen: Typische Frauenberufe werden im Schnitt schlechter vergütet als klassische Männerberufe. Bei der Berufswahl entscheiden sich Frauen für einige wenige Arbeitsfelder: Sie arbeiten hauptsächlich in Büroberufen, im Gesundheitsdienst, im Verkauf, in sozialen Berufen oder im Reinigungsbereich. Diese Tätigkeiten werden weiterhin gesellschaftlich und wirtschaftlich niedriger bewertet als Männerarbeit. Dabei leistet eine Altenpflegerin ebenso harte und wichtige Arbeit wie ein Maurer. Aber nicht nur die Vergütung ist in Frauenberufen schlechter als in männlich dominierten Arbeitsbereichen. Die Karriere- und Aufstiegschancen sind ebenso begrenzt und auch das wirkt sich auf den Verdienst aus. Nach wie vor sind es überwiegend Frauen, die ihre Erwerbstätigkeit für Kinder und Familie unterbrechen. Trotz Elternzeit, Elterngeld und Pflegezeit setzen nur wenige Männer aus dem Beruf aus und wenn dann nicht sehr lange. Frauen bleiben dafür umso länger zu Hause. Doch je größer die Auszeit, desto höher sind danach die Einbußen beim Lohn. Den Einkommensvor- Planungsgruppe 20.03.202

3 sprung ihrer männlichen Kollegen können Frauen oft nicht mehr aufholen. Auch Karrieremöglichkeiten werden negativ von Erwerbslücken beeinflusst. So wird der Aufstieg in höhere Lohngruppen verhindert. Der Wiedereinstieg in den Beruf gelingt nach längerer Unterbrechung oft nur in Teilzeit. Vier von fünf Teilzeitbeschäftigten sind Frauen. 5,3 Prozent von ihnen arbeiten Teilzeit, um Kinder oder Pflegebedürftige betreuen zu können. Um Beruf und Familie zu vereinbaren, zahlen sie einen dreifachen Preis: Sie verdienen weniger als ihre männlichen Partner, die zu 95 Prozent in Vollzeit arbeiten. Sie schultern einen Großteil der Familienarbeit. Und sie haben geringe Chancen, beruflich aufzusteigen. Gender Pay Gap Altenpflegehelfer Altenpflegehelferin Bankkaufmann Bankkauffrau Bautechniker Bautechnikerin Buchhalter Buchhalterin Einzelhandelskaufmann Einzelhandelskauffrau Erzieher Erzieherin Industriekaufmann Industriekauffrau Krankenspfleger Krankenschwester Speditionsangestellter Speditionsangestellte 0 000 2000 3000 4000 Quelle: Hans-Böckler-Stiftung 2009 Trotz Vollzeit in der Geringverdienerfalle: Jede dritte Frau arbeitet für einen Niedriglohn. Mit fast 70 Prozent stellen Frauen die überwiegende Mehrheit der Beschäftigten im unteren Einkommenssegment. 2 Allein 3,2 Millionen Frauen sind in Minijobs beschäftigt. 3 Und das hat nicht nur Auswirkungen auf ihre Existenzsicherung, sondern auch auf die Altersvorsorge. Frauen erreichen seltener besser bezahlte Führungspositionen und wenn, dann verdienen sie auch hier weniger: Nur 27 Prozent der Führungskräfte in Deutschland sind Frauen. 4 Hinzu kommt: Der Lohnunterschied zwischen Frauen in Leitungsfunktionen zu ihren männlichen Kollegen beträgt 28 Prozent. 5 Auch bei den Sondervergütungen sieht es nicht besser aus: Frauen erhalten sehr viel seltener Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld oder eine Gewinnbeteiligung als Männer. 6 Last but not least: Der Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern ist auch eine Folge von Diskriminierung: Selbst bei gleicher Qualifikation und gleicher Tätigkeit bei gleichem Alter im gleichen Betrieb liegt der Durchschnittslohn von Frauen um etwa acht bis 2 Prozent unter dem der Männer. 7 Mit anderen Worten: Nur aufgrund ihres Geschlechts bekommen Frauen für die gleiche Leistung weniger Geld. Bereits die Einstiegsgehälter von Berufsanfängerinnen liegen 8,7 Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung: Teilzeitquote von Frauen in Deutschland deutlich über EU- Durchschnitt, 07.03.202 2 Frankfurter Rundschau, Niedriglöhne sind Frauensache, 06.03.20 3 IG Metall Netzwerk Chancengleichheit, Minijobs sind vor allem für Frauen eine Sackgasse, 24.0.202 4 Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), Führungskräfte-Monitor 200, Berlin 5 Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), Führungskräfte-Monitor 200, Berlin 6 Böcklerimpuls 5/202 7 Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 200 (Zahlen für 2008); vgl. auch IAB 2009 (Zahlen für 2006) Planungsgruppe 20.03.202

4 Prozent unter dem ihrer gleich qualifizierten Kollegen im Laufe ihres Berufslebens wird aus dem kleinen Unterschied ein immer größerer..2 Die ungleiche Bezahlung hat Folgen Ungleiche Bezahlung und unfreiwillige Teilzeitarbeit haben für viele Frauen zur Folge, dass sie ihre Existenz nicht eigenständig sichern können. Dies betrifft nicht nur das Lebenszeiteinkommen, sondern auch die spätere Rentenhöhe: Wenn man so rechnet, liegt das monatliche Einkommen von Frauen im Schnitt weit unter der Hälfte dessen, was Männer im Monat verdienen, sagt die Soziologin Jutta Allmendinger. 8 Die Rentenlücke zwischen Frauen und Männern beträgt in Deutschland 59,6 Prozent. 9 Im Alter führt dies zu einem höheren Armutsrisiko. Auch die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen von ungleicher Bezahlung dürfen nicht unterschätzt werden: Am unteren Ende der Lohnskala führt die Ausbreitung von Dumpinglöhnen zu Milliardenkosten für den Steuerzahler: Mit Milliarden Euro jährlich werden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über die Grundsicherung bezuschusst, weil ihr Lohn allein nicht zum Leben reicht. Der wachsende Niedriglohnsektor und die stagnierende Lohnentwicklung schwächen die Binnennachfrage und damit die konjunkturelle Entwicklung. Die gleiche Bezahlung von Männern und Frauen ist also auch ein wichtiger Schritt, um Sozialausgaben zu senken, die Einnahmen der Sozialversicherungen zu stärken und zu einer dauerhaften konjunkturellen Erholung beizutragen. EU-Kommissarin Viviane Reding schätzt, dass allein in Deutschland die Beseitigung der Lohnunterschiede zu einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts von rund 30 Prozent führen könnte. 0 2. Gleichen Lohn durchsetzen Pflicht zu Transparenz und Kontrolle Diskriminierung aufgrund des Geschlechts ist verboten. Unsere Verfassung, das EU-Recht und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verbieten Benachteiligungen aus Gründen des Geschlechts auch beim Lohn. Es mangelt also nicht an rechtlichen Prinzipien es mangelt an ihrer Umsetzung. Dies hat verschiedene Gründe: Zum einen reichen tarifliche Regelungen allein nicht aus. Obwohl Frauen von Tarifbindung stärker profitieren als Männer, sind nicht alle Tarifverträge frei von Diskriminierung. Zudem arbeiten gerade Frauen in Branchen ohne Tarifbindung: Nur 46 Prozent sind in tarifgebundenen Betrieben beschäftigt. Zum anderen muss eine Beschäftigte ihren Arbeitgeber individuell vor dem Arbeitsgericht verklagen, wenn sie weniger verdient als Kollegen mit einer vergleichbaren Tätigkeit. Dies gilt auch, wenn die Diskriminierung eine Gruppe von Frauen in ihrem Unternehmen betrifft. Bekommt die Klägerin Recht, gilt das Urteil nur für ihren Einzelfall und nicht für alle Beschäftigten 8 Der Tagesspiegel, Von wegen gleicher Lohn!, 6..200 9 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Gender Pension Gap, 202 0 Die Welt, Deutschlands Frauen verdienen zu wenig Geld, 05.03.200 Böcklerimpuls 5/202 Planungsgruppe 20.03.202

5 des Unternehmens. Und nur in wenigen Fällen kann der Betriebsrat oder die Gewerkschaft gegen eine Ungleichbehandlung vorgehen. Deswegen brauchen wir jetzt geeignete Instrumente, um Entgeltungleichheit effektiv zu beseitigen. Die SPD-Bundestagsfraktion fordert daher ein Gesetz, das Entgeltgleichheit zwischen Frauen und Männern herstellt. Wir wollen die Unternehmen dazu verpflichten, ihre Entgeltsysteme diskriminierungsfrei zu gestalten. Und das kann so funktionieren: Unternehmen sollen regelmäßig Entgeltberichte erstellen, die einer behördlichen Stelle vorlegt werden. Betriebs- und Personalräte, Gleichstellungsbeauftragte, Beschäftigte und Tarifparteien sind in die Erstellung eingebunden. Die behördliche Stelle prüft die Berichte, deren Ergebnisse im Betrieb veröffentlicht werden. Bei einer Ungleichbehandlung von Männern und Frauen wird ein Lohnmessverfahren eingeleitet. Wenn Entgeltungleichheit vorliegt, sind Arbeitgeber verpflichtet, diese innerhalb einer bestimmten Frist zu beseitigen. Eine Einigungsstelle im Betrieb unterstützt die Umsetzung. Tarifvertragsparteien müssen die Entgeltgleichheit von Tarifverträgen überprüfen und gegebenenfalls umgestalten. Das Gesetz gilt für die Privatwirtschaft, den öffentlichen Dienst und für Tarifvertragsparteien. 3. Mindestlohn und eine neue Ordnung für Arbeit Ein weiterer wichtiger Schritt, um gleichen Lohn und gute Arbeit gerade auch für Frauen zu erreichen, besteht darin, eine neue Ordnung auf dem Arbeitsmarkt zu schaffen. Niedriglöhne und atypische Beschäftigung haben Arbeit für viele Menschen unsicherer gemacht. Vor allem Frauen sind davon betroffen: Fast jede dritte Frau, die arbeiten geht, erhält einen Niedriglohn. In atypischer Beschäftigung, z.b. in Mini- und Teilzeit- Jobs, arbeiten mehr als doppelt so viele Frauen wie Männer. Wir wollen den Niedriglohnsektor zurückdrängen und sozial abgesicherte, unbefristete und angemessen bezahlte Arbeit wieder stärken. Dazu gehört an erster Stelle ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn. Außerdem wollen wir gerade im Teilzeitbereich gleichen Lohn, gleiche Qualifizierungsmöglichkeiten und gleiche Aufstiegschancen wie bei Vollzeittätigkeiten durchsetzen. Um Lohndumping zu verhindern, muss im ersten Schritt die wöchentliche Arbeitszeit für Mini-Jobs begrenzt werden. Dienstleistungsberufe sind deutlich aufzuwerten und gemäß ihrer gesellschaftlichen Bedeutung zu bezahlen. Außerdem gilt es, das Berufswahlspektrum von Frauen zu erweitern. Planungsgruppe 20.03.202