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Transkript:

DEUTSCHER BUNDESTAG Petitionsausschuss Die Vorsitzende Frau Marianne Fruhmann Seiboldenstr. 12 94419 Reisbach 11011 Berlin, 06.04.2009 Platz der Republik 1 Femruf (030) 227-35257 Telefax (030) 227-36027 Pet 3-16-11-2170-005805 Sehr geehrte Frau Fruhmann, der Deutsche Bundestag hat Ihre Petition beraten und am 26.03.2009 beschlossen: Das Petitionsverfahren abzuschließen. Er folgt damit der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses (BT-Drucksache 16/12439), dessen Begründung beigefügt ist. Mit dem Beschluss des Deutschen Bundestages ist das Petitionsverfahren beendet. Mit freundlichen Grüßen Kersten Naumann Anlage: - 1 -

- 71 - Anl. 4 z. Prot. 16/79 Pet 3-16-11-2170-005805 94419 Reisbach Sozialhilfe Beschlussempfehlung Das Petitionsverfahren abzuschließen. Begründung Mit der Petition werden Änderungen von Unterhaltsverpflichtungen von Kindern gegenüber ihren Eltern verlangt. Es wird gefordert, dass zivilrechtliche Unterhaltsansprüche gegenüber Kindern nicht mehr gemäß 94 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) auf den Sozialhilfeträger übergehen bzw. nur dann übergehen, wenn das jährlich zu versteuemde Einkommen des Kindes (ohne Anrechnung des Einkommens des Ehegatten) 100.000 Euro übersteigt. Mehrere Kinder sollen nicht gesamtschuldnerisch, sondern nach Leistungsfähigkeit haften. Auskunftsansprüche des Sozialhilfeträgers sollen sich nach 1605 Bürgerliches Gesetzbuch richten, nicht nach 117 SGB XII. Es wird vorgetragen, die unterhaltsverpflichteten Kinder trügen nicht nur das finanzielle Risiko für den Unterhalt der eigenen Eltern wegen Pflegebedürftigkeit, sondern durch ihr Steueraufkommen auch für Kinderlose und jene, die nicht für ihr Alter vorgesorgt hätten. Es sei jedoch nicht von ihnen zu verantworten, dass ihre Eltern keine kostendeckende Rente erhielten. Der Elternunterhalt betreffe im Besonderen sparsame Kinder aus nicht vermögenden Verhältnissen. Die Lastenverteilung der Pflegebedürftigkeit sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe der Solidargemeinschaft. Die Sozialhilfeträger würden außerdem zu Unrecht die Einkommensverhältnisse der Ehepartner der Kinder, die gegenüber ihren Schwiegereltern nicht unterhaltspflichtig seien, erforschen und in ihre Berechnungen einbeziehen. Die Durchsetzung des Auskunftsanspruchs verstoße gegen die informelle Selbstbestimmung.

- 72 - Anl. 4 z. Prot. 16/79 noch Pet 3-1 6-1 1-21 70-005805 Zu dieser Petition sind beim Petitionsausschuss 64 weitere Zuschriften eingegangen, die einer gemeinsamen parlamentarischen Behandlung zugeführt werden. Eine der Petentinnen hat zudem auf ihrer Homepage zu dem Anliegen 306 unterstützende Unterschriften gesammelt. Hinsichtlich der weiteren sehr umfangreichen Einzelheiten des Vorbringens wird auf die zu dem Vorgang genommenen Schreiben verwiesen. Der Petitionsausschuss hat zu der Petition die Stellungnahme des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) eingeholt. Unter Einbeziehung der Stellungnahme lässt sich das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung wie folgt zusammenfassen: Die Rückgriffsmöglichkeit des Sozialhilfeträgers für die in einer stationären Einrichtung gewährten Sozialhilfeleistungen richtet sich gemäß 94 SGB XII nach dem Unterhaltsrecht. Der Anspruch der Eltern gegen ihre Kinder auf Unterhalt richtet sich dabei nach den allgemeinen Regeln des Verwandtenunterhalts im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Dieser Verwandtenunterhalt bringt die auf familiärer Bindung beruhende Mehr- Generationen-Solidarität zum Ausdruck. Er ist von jeher ein grundlegendes Strukturelement der Institution Familie als einer lebenslangen Bedarfsgemeinschaft. 1601 BGB gewährt deshalb sowohl dem Kind gegen die Eltern als auch den Eltern gegenüber dem Kind einen Anspruch auf Unterhalt. Gemäß 1601 BGB sind somit Verwandte in gerader Linie verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren. Unterhaltspflichtig sind alle in gerader ab- und aufsteigender Linie miteinander Verwandte, nicht unterhaltspflichtig sind dagegen Verwandte in der Seitenlinie und Verschwägerte. Es ist jedoch zu beachten, dass gemäß 1608 BGB vorrangig vor dem Kind der Ehegatte bzw. Lebenspartner für den Unterhalt haftet.

- 73 - Anl. 4 z. Prot. 16/79 Ein Anspruch auf Elternunterhalt setzt voraus, dass der Unterhalt beanspruchende Elternteil im Sinne von 1602 Absatz 1 BGB bedürftig ist und das in Anspruch genommene Kind im Sinne von 1603 Absatz 1 BGB leistungsfähig ist. Eine Bedürftigkeit ist dann anzunehmen, wenn der Bedarf aus den zur Verfügung stehenden Einkünften oder dem Vermögen ganz oder teilweise nicht gedeckt werden kann. Lebt der unterhaltsberechtigte Elternteil in einem Heim, so bestimmt sich der Bedarf in der Regel nach den Heimkosten. Maßstab für die Übernahme dieser Kosten sind wiederum die Lebensstandard der Eltern bzw. ihre wirtschaftlichen Verhältnisse vor dem Eintritt der Pflegebedürftigkeit, so dass grundsätzlich keine überdurchschnittlich hohen Heimkosten von den Kinder zu erbringen sind. Die Leistungsfähigkeit des Kindes richtet sich nach 1603 Absatz 1 BGB und liegt dann vor, wenn das Kind unter Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen in der Lage ist, seinen Eltern ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts, Unterhalt zu gewähren. Zwar ist es zutreffend, dass es keine gesetzliche Bestimmung des dem Unterhaltsverpflichteten konkret zu belassenen Selbstbehalts gibt, jedoch hat die Rechtsprechung hierzu allgemeine Grundsätze entwickelt. So geben die Oberlandesgerichte unterhaltsrechtliche Leitlinien und Tabellen heraus, die auch Empfehlungen zur Höhe des Eigenbedarfs enthalten. Der Bundesgerichtshof hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass das unterhaltspflichtige Kind eine spürbare und dauerhafte Senkung seines berufs- und einkommenstypischen Lebensstandards nicht hinzunehmen braucht, soweit der Verpflichtete nicht einen nach den Verhältnissen unangemessene Aufwand betreibt oder ein Leben im Luxus führt (Urteil v. 23. Oktober 2002, Az.: XII ZR 266/99). Auf Grundlage der Rechtsprechung wird der Selbstbehalt des unterhaltspflichtigen Kindes regelmäßig mit monatlich 1.400 Euro angesetzt. Das den Selbstbehalt übersteigende Einkommen ist nur zur Hälfte für den Elternunterhalt einzusetzen.

- 74 - Anl. 4 z. Prot. 16/79 Bei der Berechnung des Unterhaltsanspruchs der Eltern gegen ihre Kinder sind deren vorrangige Unterhaltspflichten gemäß 1609 BGB gegenüber dem Ehepartner sowie den eigenen Kindern zu berücksichtigen. Verfügt der nicht unterhaltpflichtige Ehegatte über kein Einkommen, muss das Kind für den vorrangigen Unterhalt des Ehepartners aufkommen. In diesem Fall steigt der Eigenbedarf des Kindes um 1.050 Euro (vgl. Düsseldorfer Tabelle). Hat dagegen der Ehepartner des Kindes ein Einkommen, ist er verpflichtet, ebenfalls zum Familienunterhalt beizutragen. In entsprechendem Umfang vermindert sich die vorrangige Verpflichtung des Kindes, zum Familienunterhalt beizutragen. Zwar wird die Leistungsfähigkeit des Kindes durch den eigenen Unterhaltsanspruch gegen den Ehepartner erhöht, doch hat es allein aus seinem eigenen Einkommen den Elternunterhalt zu leisten. Sichert der nicht unterhaltspflichtige Ehepartner das Familieneinkommen im Wesentlichen alleine, kann dies zur Folge haben, dass das zusätzliche Einkommen des Kindes für den Elternunterhalt zur Verfügung steht. Dies ist etwa dann der Fall, wenn ein zusätzliches Einkommen des Kindes zur Bestreitung des Familienunterhalts deshalb nicht benötigt wird, weil der Ehepartner so auskömmlich verdient, dass der angemessene Familienunterhalt des Kindes bereits dadurch gedeckt ist. Aber auch in diesem Fall haftet allein das Kind mit seinem Einkommen für den Unterhalt seiner Eltern. Entscheidende Bedeutung kommt der Frage zu, wie der geschuldete Familienunterhalt zu bemessen ist und wie hoch der Anteil des jeweiligen Ehegatten am Familienunterhalt ist. Der angemessene Familienunterhalt umfasst gemäß 1360 a BGB alles, was nach den Verhältnissen der Ehegatten erforderlich ist, um die Kosten des Haushalts zu bestreiten und die persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten und den Lebensbedarf der gemeinsamen unterhaltsberechtigten Kinder zu befriedigen. Im Einzelfall ist der Gesamtbedarf unter Berücksichtigung der jeweiligen Lebensstellung, des Einkommens, Vermögens und sozialen Rangs zu ermitteln. Die grundsätzliche Verpflichtung eines jeden Ehegatten, zum Familienunterhalt beizutragen, gilt auch in

- 75 - Anl. 4 z. Prot. 16/79 einer Doppelverdienerehe. Der Anteil des Ehegatten, mit dem er sich am Familienunterhalt beteiligen muss, ergibt sich aus dem Verhältnis der. beiderseitigen Einkommen. Um den Eltern- und Familienunterhalt ermitteln zu können, sind das Kind und sein Ehegatte bzw. Lebenspartner im Rahmen von 1605 BGB und gemäß 117 Absatz 1 SGB XII verpflichtet, Auskünfte über Einkommen und Vermögen zu erteilen. Nur so ist die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen und somit der Umfang seiner Leistungsverpflichtung zu ermitteln. Können aus dem laufenden Einkommen die Unterhaltsansprüche der Eltern nicht gedeckt werden, kann auch eine Vermögensverwertung des Kindes in Betracht kommen. Sie scheidet aber in den Fällen aus, in denen das Vermögen der Sicherung des notwendigen Eigenbedarfs des Kindes und seiner Familie dient oder die Verwertung mit wirtschaftlich nicht mehr vertretbaren Nachteilen verbunden wäre. Dem Unterhaltspflichtigen sind außerdem zur privaten Altersvorsorge 5 % seiner beruflichen Bruttoeinkünfte bis zum Renteneintritt einschließlich der üblichen Rendite zu belassen. Die Verwertung einer angemessenen Immobilie, die von dem Kind selbst genutzt wird, wird in der Regel auch nicht verlangt werden können. Hinsichtlich des Anspruchs auf Elternunterhalt gegen mehrere Kinder ist gesetzlich geregelt, dass sie gemäß 1606 Absatz 3 Satz 1 BGB anteilig nach Maßgabe ihrer Erwerbs- und Vermögensverhältnisse haften und nicht gesamtschuldnerisch gemäß 241 BGB. Soweit die Petentin aber weitergehend die Haftung dahin eingeschränkt wissen will, das ein Kind von vornherein nur für seinen der Geschwisterzahl entsprechenden Bruchteil des Unterhalts seiner Eltern haftet, verstößt dies gegen den Grundgedanken der innerfamiliären Solidarität. Sollten die anderen Geschwister nicht in der Lage sein, für ihren Anteil aufzukommen, bliebe der Unterhalt der Eltern selbst dann nicht gedeckt, wenn das eine Kind nach seiner Leistungsfähigkeit für diesen aufkommen könnte.

- 76 - Anl. 4 z. Prot. 16/79 Das Argument der Petenten, Kinder stünden häufig in keinem oder keinem guten Kontakt zu ihren Eltern, kann und darf dem Eltern-, Kindes- oder Ehegattenunterhalt nicht entgegenstehen. Im Einzelfall.unbillige Ergebnisse können durch 1611 BGB vermieden werden. Danach besteht keine oder eine nur eingeschränkte Unterhaltsverpflichtung, falls der Unterhaltsberechtigte durch sein sittliches Verschulden unterhaltspflichtig geworden ist (beispielsweise bei Spiel-, Trunk- oder Drogensucht), er seine eigene Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Unterhaltspflichtigen grob vernachlässigt hat oder aber der Unterhaltsberechtigte sich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen oder einen nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht hat. Der Petitionsausschuss stellt fest, dass es die unterhaltsrechtlichen Bestimmungen zum Elternunterhalt ermöglichen, sämtliche Umstände des Einzelfalls gebührend zu berücksichtigen und einen angemessenen Ausgleich zwischen den Generationen zu schaffen. Gerade die Tatsache, dass sich die unterhaltspflichtigen Kinder in einer vollständig anderen Lebenssituation befinden, eigene Verpflichtungen begründet haben und im Regelfall zudem bereits erhebliche Aufwendungen zur Erfüllung des Generationenvertrags erbracht haben, hat zu einer vergleichsweise schwachen Ausgestaltung des Elternunterhalts geführt. Dieses wird besonders deutlich daran, dass dem unterhaltspflichtigen Kind ein höherer Selbstbehalt zugebilligt wird und der Unterhaltsanspruch der Eltern sämtlichen Unterhaltsansprüchen von Ehegatten, Kindern und weiteren Abkömmlingen in absteigender Linie, zum Beispiel Enkeln, im Rang nachgeht. Darüber hinaus weist der Petitionsausschuss darauf hin, dass das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 7. Juni 2005 (Az.: 1 BvR 1508/96) die geltende Rechtslage bestätigt hat. Danach ist es dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht verwehrt, Kindern Unterhaltspflichten gegenüber ihren Eltern aufzuerlegen. Es wird nach wie vor von der zwischen Eltern und Kindern bestehenden familiären Verantwortlichkeit füreinander ausgegangen, die in der nach 1618 a BGB bestehenden wechselseitigen Pflicht zu Beistand und Rücksicht und der Pflicht zur Gewährung

- 77 - Anl. 4 z. Prot. 16/79 von Unterhalt ihren gesetzlichen Niederschlag findet (vgl. BVerfGE 57, 170, 178). Nach den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zeigen die geschaffenen Regelungen die Intention des Gesetzgebers, Kinder ihren Eltern gegenüber gerade nicht aus der Pflicht zur Unterhaltsgewährung gänzlich zu entlassen, bei der Frage aber, ob ein Unterhaltsanspruch gegen sie besteht, die Nachrangigkeit dieses Anspruchs ebenso wie die besondere Belastungssituation des Unterhaltspflichtigen zu beachten. Soweit kritisiert wird, dass Unterhaltsansprüche von Eltern gegenüber ihren Kindern gemäß 94 SGB XII auf den Träger der Sozialhilfe übergehen, ist dies dann begründet, dass es dem Prinzip der Subsidiarität bedürftigkeitsabhängiger, steuerfinanzierter Sozialleistungen geschuldet ist. Das SGB XII geht vom Vorrang der Einstandspflichten innerhalb des Familienverbandes aus. Dem liegt die unserem Rechtssystem immanente Anschauung der Familie als Not- und Haftungsgemeinschaft zugrunde. Eine Unterstützung aus steuerfinanzierten Mitteln der Sozialhilfe kommt nur da in Betracht, wo die Selbsthilfekräfte einer Familie fehlen, nicht ausreichen oder wo der Gesetzgeber besondere Schutzvorschriften zugunsten Betroffener in atypischen Lebenssituationen erlassen hat. Der Petitionsausschuss kann das Anliegen der Petenten daher nicht unterstützen und empfiehlt, das Petitionsverfahren abzuschließen.