Ethische Grundlagen! Dr. Wallnöfer W. J. Arzt für Allgemeinmedizin Prad am Stilfserjoch!

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Transkript:

! SAKKAM Ausbildung Allgemeinmedizin! Ethische Grundlagen! Dr. Wallnöfer W. J. Arzt für Allgemeinmedizin Prad am Stilfserjoch! Ausbildung Allgemeinmedizin 1!

Ethische Grundlagen ärztlichen Handelns! Der Heilungsauftrag ist primär! Für gutes Sterben sorgen ist ethisch gleichrangig! Sterben so gestalten, wie Menschen es sich wünschen, nämlich friedlich! Stattdessen oft mit Blaulicht ins Krankenhaus! Ausbildung Allgemeinmedizin 2!

Ethische Grundlagen ärztlichen Handelns! Respektierung der Patientenautonomie! Keine Therapie ohne Einwilligung (Informed consent)! Ausreichende Aufkärung! Patient hat Aufklärung verstanden! Hat freiwillig entschieden! Ist entscheidungsfähig! Ausbildung Allgemeinmedizin 3!

Ethische Grundlagen ärztlichen Handelns! Respektierung des Patientenwillens, auch dann, wenn Einwilligungsfähigkeit nicht mehr vorhanden! Frühere Wünsche! Patientenverfügung (mit ärztlicher Beratung)! Ausbildung Allgemeinmedizin 4!

Ethische Fragestellungen für den Arzt! 1. Was ist hier das Therapieziel? Was soll medizinisch erreicht werden? (Sterbeverlängerung als Therapieziel?)! 2. Ist dieses Therapieziel realistisch? Falls es vollkommen unrealistisch ist, ist es dann ethisch vertretbar?! 3. Stimmt dieses Therapieziel mit dem Patientenwillen überein?! Ausbildung Allgemeinmedizin 5!

Wesentliche ethische Fragestellungen! Accanimento diagnostico (unnötiger diagnostischer Übereifer)! Accanimento terapeutico!! Leben um jeden Preis erhalten?! Ausbildung Allgemeinmedizin 6!

Wesentliche ethische Fragestellungen! Es wird oft viel Aufwand betrieben um Menschen am friedlichen Sterben zu hindern, die das gar nicht wollen! Aussichtslose Therapien verfolgen?! oder unabänderliches Sterben zulassen und erleichtern!! Ausbildung Allgemeinmedizin 7!

Accanimento terapeutico Inappropriate use of chemotherapy in the palliative care setting" Studie: Martoni et al. 2007 Bologna : 793 Patienten use of chemotherapiy in advanced cancer patients with a short life expectancy! 22,7% onkolog. Patienten hatten eine Chemotherapie im letzten Lebensmonat!! Patienten < 65 Jahren: 30,7%! Patienten > 65 Jahren: 69,3%! 80% Tumortypen mit geringer bis nicht vorhandenem Ansprechen auf Chemotherapie! Verschlechterung der Lebensqualität, Verschleuderung von Resourcen! Ausbildung Allgemeinmedizin 8!

Wesentliche ethische Fragestellungen! Besteht ein Nutzen für den Patienten?! Ist der Patient mit der Maßnahme einverstanden?! Patient kann Maßnahme trotz erwiesenem Nutzen ablehnen. Wille vor Wohl! Ausbildung Allgemeinmedizin 9!

Wesentliche ethische Fragestellungen! Zentrales Prinzip des Lebenschutzes soll nicht zu einem Prinzip des Lebenszwanges umgedeutet werden.! Übertherapie am Lebensende aus Angst vor rechtlichen Konsequenzen?! Angst vor dem Verlust der Würde und Unabhängigkeit im hohen Alter! Ausbildung Allgemeinmedizin 10!

Verwirrung um Sterbehilfe! Die Humanität einer Gesellschaft misst sich daran, wie sie mit ihren Sterbenden umgeht!! Befragung von Ärzten: 50% waren der Meinung, Abbruch künstlicher Ernährung sei aktive Sterbehilfe! Ausbildung Allgemeinmedizin 11!

Definitionenen: Sterbehilfe! Aktive Sterbehilfe (Tötung auf Verlangen) direkte Sterbehilfe ist aktives Eingreifen mit Todesfolge (z. B. Gabe eines Medikaments in Überdosierung)! Häufige Ursachen für den Wunsch : Angst vor qualvollen Symptomen, Ersticken, Verdursten in der Sterbephase! Passive Sterbehilfe ist Unterlassung von oder Verzicht auf lebenserhaltende Therapiemaßnahmen! Ausbildung Allgemeinmedizin 12!

die Absicht ist der Schlüsselbegriff! Direkte aktive Sterbehilfe: die Lebensverkürzung, die Tötung ist die primäre Absicht, das erste Ziel! Indirekte (indirekt aktive) Sterbehilfe die Lebensverkürzung ist nicht beabsichtigt, wird aber als Folge einer notwendigen Therapie akzeptiert und in Kauf genommen! Ausbildung Allgemeinmedizin 13!

Hoffentlich Ende der Begriffsverwirrungen! Passive Sterbehilfe Behandlungsbegrenzung (unter bestimmten Bedingungen erlaubt)! Indirekte (aktive) Sterbehilfe Leidensmindernde Maßnahme (unter bestimmten Bedingungen erlaubt)! Aktive (direkte) Sterbehilfe Tötung auf Verlangen (unter keinen Bedingungen erlaubt, verboten)! Ausbildung Allgemeinmedizin 14!

Sterbehilfe! Die wirksamste Alternative gegen jede Form der aktiven Sterbehilfe ist :! Palliativ Care / Palliativmedizin! Ausbildung Allgemeinmedizin 15!