Grußwort der Referentin für Behindertenpolitik im Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit, Frau Franziska Latta anlässlich des 4. Aktionstages der Initiative Gib niemals auf! zum Thema: Dem demographischen Wandel begegnen - Integration von Menschen mit Behinderung in die Arbeitswelt am Sonnabend, den 12. Mai 2012, ca. 10:10-10:15 Uhr auf dem Eisenacher Marktplatz 99817 Eisenach
Sehr geehrte Frau Lieske, sehr geehrter Herr Dr. Schümmelfeder, meine sehr geehrten Damen und Herren, verehrte Gäste, auch ich heiße Sie im Namen der Thüringer Landesregierung ganz herzlich willkommen zum nun bereits 4. Aktionstag der Initiative Gib niemals auf!. Frau Ministerin Taubert bedauert, Ihnen das Grußwort nicht persönlich überbringen zu können, ich darf Ihnen jedoch die herzlichsten Grüße ausrichten. Der diesjährige Aktionstag steht nun unter dem Motto Dem demographischen Wandel begegnen - Integration von Menschen mit Behinderung in die Arbeitswelt. Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am allgemeinen Arbeitsmarkt kann als einer der bedeutendsten Schlüssel auf dem Weg hin zu einer inklusiven Gesellschaft betrachtet werden. Menschen mit und ohne Behinderung sollen deshalb nicht nur zusammen aufwachsen und lernen, 2
sondern ebenso gemeinsam in Unternehmen und Betrieben des allgemeinen Arbeitsmarktes tätig sein. Von großer Wichtigkeit ist, Menschen mit Behinderungen die gleichen Chancen und Möglichkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu offerieren, wie Menschen ohne Behinderungen. In Artikel 27 der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen ist das Recht auf Teilhabe am Arbeitsleben festgeschrieben. Damit verpflichten sich die Vertragsstaaten u.a. zur Förderung von Beschäftigungsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderungen. Dazu gehört aber auch und ganz besonders die Unterstützung bei der Arbeitssuche, beim Erhalt und bei der Beibehaltung eines Arbeitsplatzes sowie beim beruflichen Auf- und Wiedereinstieg. Wie viele von Ihnen wissen, wurde die UN- Behindertenrechtskonvention von Deutschland am 30. März 2007 als eines der ersten Mitglieder unterzeichnet. Zwei Jahre später folgte die Ratifizierung. 3
Mit Beschluss vom 18. September 2009 forderte der Bundesrat die Bundesregierung auf, einen nationalen Aktionsplan zur Umsetzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu entwickeln. Thüringen hat diesem Beschluss zugestimmt und sich in enger Abstimmung mit den Kommunen und Interessenvertretungen der Menschen mit Behinderungen aktiv in den Prozess der Umsetzung des Übereinkommens eingebracht. In einem ersten Schritt zur Umsetzung der UN-Konvention in Thüringen wurde die Landesregierung durch den Beschluss des Thüringer Landtages vom 26. Februar 2010 aufgefordert, ebenfalls Maßnahmen zur Umsetzung des Übereinkommens zu entwickeln. Vor diesem Hintergrund wurden im Ergebnis einer im Juni 2010 im Thüringer Landtag durchgeführten Fachkonferenz ressortübergreifend neun Arbeitsgruppen eingerichtet, die sich schwerpunktmäßig mit den Handlungsfeldern der UN- Behindertenrechtskonvention beschäftigten und Vorschläge für einen Thüringer Maßnahmenplan sowie für die erste 4
inhaltliche Novellierung des Thüringer Gesetzes zur Gleichstellung und Verbesserung der Integration von Menschen mit Behinderungen (ThürGIG) erarbeiteten. Akteure der unterschiedlichsten Gesellschaftsbereiche waren aufgerufen, sich an der Erstellung entsprechender Maßnahmen zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention zu beteiligen. Die Arbeitsgruppen bestanden demnach aus Vertreterinnen und Vertretern aller Ressorts, der Landtagsfraktionen, der entsprechenden Vereine und Verbände, der Wissenschaft sowie Institutionen der Wirtschaft und anderer gesellschaftlich relevanter Bereiche, die von der Umsetzung der UN- Behindertenrechtskonvention tangiert werden. Die von den Arbeitsgruppen vorgeschlagenen Maßnahmen wurden sodann auf einer zweiten Fachkonferenz am 31. März 2011 im Thüringer Landtag vorgestellt und mit den sich für Menschen mit Behinderungen engagierenden Akteuren diskutiert. Im Anschluss bot sich im Rahmen einer ersten schriftlichen Anhörung der Vereine und Verbände zusätzlich die Möglichkeit, weitere Vorschläge und Anmerkungen mitzuteilen. 5
Mit zwei großen Fachtagungen sowie zwei schriftlichen Anhörungen der Vereine und Verbände, deren wertvolle Anmerkungen und Hinweise im Rahmen der Ressortabstimmung Berücksichtigung fanden, freue ich mich, Ihnen heute mitteilen zu können, dass der insgesamt über 280 Maßnahmen enthaltende Thüringer Maßnahmenplan zur Umsetzung der UN- Behindertenrechtskonvention am 24. April 2012 durch das Landeskabinett verabschiedet wurde und nun thüringenweit Geltung besitzt. Hinter uns liegen zwei Jahre intensiver Arbeit. Wir haben viel Kraft, Energie und Zeit investiert und teilweise lange Prozesse des Aushandelns und Ringens mit den übrigen Beteiligten geführt, um möglichst viele der vorgeschlagenen Maßnahmen beibehalten zu können. Und die Mühe, meine Damen und Herren, hat sich gelohnt. Denn: das große gemeinsame Ziel ist nichts Geringeres als die Gewährleistung der uneingeschränkten Teilhabe und 6
Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen in allen Lebens- und Gesellschaftsbereichen. Neben der Schaffung eines inklusiven Bildungssystems, in dem Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit und ohne Behinderung gemeinsam mit- und voneinander lernen, der freien Zugänglichkeit und Barrierefreiheit sowohl im Bau- und Wohn-, als auch im Medienbereich, einem verbesserten Zugang zu Angeboten des Sports, des Tourismus und im kulturellen Bereich, neben einem Gesundheits- und Pflegesystem, das die Belange und Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen stärker als bisher berücksichtigt sowie der Gewährleistung von wirksamen Schutzmaßnahmen gegen Gewalt insbesondere in Bezug auf Frauen mit Behinderungen gehört dazu insbesondere auch die verbesserte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Ausbildungs- und Arbeitsmarkt. 7
Insgesamt 30 Maßnahmen zur Teilhabe am Ausbildungsund Arbeitsmarkt umfasst der Thüringer Maßnahmenplan. Die Unterstützung von jungen Menschen mit Behinderung beim Übergang von der Schule in eine Berufsausbildung bzw. in den allgemeinen Arbeitsmarkt findet darin ebenso Berücksichtigung wie die Erhöhung der Beschäftigungsquote von Menschen mit Behinderungen sowie die Sensibilisierung von Arbeitgebern und Unternehmen für die Stärken und Potenziale behinderter Menschen. Im Rahmen der vom Bund initiierten und durch den Ausgleichsfond finanzierten Durchführung der Initiative Inklusion sollen beispielsweise neue Maßnahmen entwickelt oder vorhandenes Förderinstrumentarium verstärkt werden, um 1. schwerbehinderte Schülerinnen und Schüler beim Übergang von der Schule in das Arbeitsleben und 2. schwerbehinderte junge Menschen beim erfolgreichen Einstieg in eine betriebliche Berufsausbildung zu unterstützen sowie 3. neue Arbeitsplätze auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für schwerbehinderte Menschen, die das 50. Lebensjahr bereits vollendet haben, zu schaffen. 8
Zur Initiative Inklusion gehört auch die Implementierung von Inklusionskompetenz bei den Kammern; die Umsetzung dieses Handlungsfeldes erfolgt durch den Bund. Die Realisierung der Initiative Inklusion ist im Thüringer Maßnahmenplan festgeschrieben. Das Handlungsfeld 1, die Unterstützung von schwerbehinderten Schülerinnen und Schülern beim Übergang von der Schule in den Beruf ist bereits in der Umsetzung begriffen. Bereits vorhandene Strukturen und Netzwerke, die im Rahmen vorhergehender Projekte entstanden sind, sollen weiterentwickelt und ein berufliches Orientierungsverfahren auch für schwerbehinderte Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf geschaffen werden. Im Bereich der Erhöhung der Beschäftigungsquote von Menschen mit Behinderungen in Thüringen, hat sich der Freistaat im Rahmen des Maßnahmenplanes auf eine Erhöhung der Pflichtquote von Beschäftigten mit Behinderungen auf mindestens sechs Prozent sowie den Abschluss von Integrationsvereinbarungen in allen Ressorts geeinigt. 9
Eine weitere Maßnahme, für die ich, angesichts der vielen hier heute anwesenden Unternehmen, die ihr betriebliches Eingliederungsmanagement vorstellen, gerne Werbung mache, kann im Bereich Sensibilisierung von und Anreizsetzung für Arbeitgeber und Unternehmen verortet werden. Es handelt sich um den im Jahr 2011 ins Leben gerufenen Thüringer Landespreis für vorbildliches Engagement für Menschen mit Behinderungen als Auszeichnung von Arbeitgebern für die Einführung eines herausragenden betrieblichen Eingliederungsmanagements. Die Auszeichnung ist mit einer Prämie von 10.000,00 EUR aus Mitteln der Ausgleichsabgabe verbunden. Antragsunterlagen und weitere Informationen zu den notwendigen Voraussetzungen einer Teilnahme können beim Thüringer Landesverwaltungs- bzw. Integrationsamt angefordert werden. Die Bewerbungsfrist endet am 30. Juni 2012 und ich kann Sie zu einer Teilnahme wirklich nur ermutigen, die sicherlich auch Vorbildcharakter für andere 10
Unternehmen hat und einer gewissen Signalwirkung nicht entbehrt. Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Ausbildung und Einstellung von Menschen mit Behinderungen ist eine Frage der sozialen Verantwortung. Auch unter betriebswirtschaftlichen Aspekten ist es sinnvoll, das wertvolle Potenzial zu nutzen, das Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Behinderungen mitbringen. Es wird deshalb weiterhin ein gemeinsames Ziel der Landesregierung, der Agenturen für Arbeit, der Jobcenter, der Regionaldirektion Sachsen-Anhalt - Thüringen, der Kammern sowie der Rehabilitationsträger und anderer verantwortlicher Akteure sein, Ihre Leistungsfähigkeit und Inklusion in das Arbeitsleben zu fördern. Ich denke, wir sind da auf einem guten Weg. Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, es kann nur diesen einen geben: nämlich hin zu einer inklusiven Gesellschaft. Und zwar indem wir gesellschaftliche Rahmenbedingungen so verändern, dass Gleichberechtigung und die Führung eines 11
selbstbestimmten Lebens für Menschen mit Behinderung selbstverständlich werden. Das ist das Ziel. Und ich bin mir sicher, und auch Frau Ministerin Taubert wird nicht müde, dies immer wieder zu betonen: dass nämlich die Schaffung einer inklusiven Gesellschaft allen Menschen zu Gute kommen wird. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine interessante und erfolgreiche Veranstaltung, anregende Gespräche sowie konstruktive und spannende Diskussionen. Vielen Dank. 12