3. Tutoriumseinheit (Woche vom )

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Transkript:

3. Tutoriumseinheit (Woche vom 07.11. 11.11.2016) Fall 2 Alexander (A) füllt eine Bestellkarte des Winzers Wunderwein (W) über zwanzig Flaschen besten Rheingauer Riesling aus. Er lässt die Karte aber noch auf dem Wohnzimmertisch liegen, weil er sich das Ganze noch einmal überlegen möchte, da er nicht sicher ist, ob sich diese Investition auch wirklich lohnt. Er verlässt das Haus, um sich mit Freunden zu treffen. Bei diesem Treffen in einer Vodkabar kommt A aber zu der Erkenntnis, dass es sich viel eher auszahlen würde, in besten russischen Vodka zu investieren; deshalb nimmt er von seinem Vorhaben des Weinkaufs Abstand. Als er später nach Hause kommt, vergisst er jedoch, die Bestellkarte zu vernichten. Am nächsten Morgen findet seine Ehefrau Marta (M) die Bestellkarte. Sie geht davon aus, dass A diese abschicken wollte und es nur vergessen hat und gibt die Karte bei der Post auf. Wenig später wird der Wein durch W angeliefert. Kann W Abnahme und Zahlung verlangen? Abwandlung W bietet A schriftlich 20 Flaschen seines mehrfach prämierten Eisweines zu einem Preis von 500 pro Flasche an. Weil es sich dabei um ein ausgezeichnetes Angebot handelt, setzt er A allerdings eine knappe Annahmefrist bis zum 3.5. A ist von diesem Angebot angetan und verfasst ein Antwortschreiben an W, in welchem er dessen Angebot annimmt. Dieses verschickt er nach reiflicher Überlegung am 3.5. um 23:45 Uhr per E-Mail an die private E-Mail- Adresse des W. Dieser hatte sowohl seine geschäftlichen als auch privaten Kontaktdaten, einschließlich der E-Mail-Adressen, auf seinem Angebot vermerkt. W sitzt währenddessen daheim am Schreibtisch und beantwortet E-Mails; dabei ruft er auch die E-Mail von A ab und liest diese auch. Da W mittlerweile aber von einem Dritten ein besseres Kaufangebot für seinen Eiswein erhalten hat, ist er der Meinung, die Annahme des A sei verspätet. Man könne doch nicht erwarten, geschweige denn verlangen, dass so spät noch E-Mails gelesen werden. Kann A trotzdem Lieferung des Weines verlangen? Bearbeiterhinweis: Vorschriften des Verbraucherschutzrechts sollen hier außer Betracht bleiben. 1

Lösungsvorschlag Anspruch W gegen A auf Abnahme des Weines und Zahlung des Kaufpreises aus Kaufvertrag gemäß 433 II BGB I. Anspruch entstanden Wirksamer Kaufvertrag zwischen A und W Zwei übereinstimmende, in Bezug zueinander abgegebene WE, namentlich Angebot und Annahme, gemäß der 145 ff. BGB. 1. Angebot des W durch Zurverfügungstellen der Bestellkarte Durch das Zurverfügungstellen der Bestellkarte wollte W sich erkennbar noch nicht rechtlich binden, insbesondere wollte er nach Eingang ausgefüllter Bestellkarten zunächst seine Bestände kontrollieren und nur so viele Verträge abschließen, wie er auch erfüllen konnte. Damit liegt mangels Rechtsbindungswillens in der Bestellkarte eine bloße invitatio ad offerendum und kein rechtsverbindliches Angebot des W. 2. Angebot des A durch Absenden der ausgefüllten Bestellkarte Ein Angebot ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung, durch die ein Vertragsabschluss einem anderen in der Weise angetragen wird, dass das Zustandekommen des Vertrags nur von dessen Einverständnis abhängt, die Annahme also durch ein einfaches Ja erfolgen kann. Als A die Bestellkarte ausgefüllt hat, waren die objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale einer Willenserklärung erfüllt, da A mit Handlungs-, Erklärungs- und Geschäftswillen handelte. Fraglich ist, ob die Willenserklärung auch wirksam abgegeben und zugegangen ist. a) Abgabe Unter der Abgabe versteht man die willentliche Entäußerung einer WE in den Rechtsverkehr. Der Erklärende muss also alles getan haben, was für das Wirksamwerden der WE erforderlich ist. 2

Grundsätzlich (-), wenn die Willenserklärung ohne den Willen des Erklärenden zu dem Empfänger gelangt. In dem vorliegenden Fall fehlt es an einer willentlichen Entäußerung, da die Bestellkarte ohne Wissen und Wollen des A abgeschickt wurde. Umstritten ist, wie der Fall der sog. abhandengekommenen Willenserklärung zu behandeln ist. Nach einer Ansicht liegt eine wirksame Abgabe der Erklärung in diesen Fällen nicht vor. 1 Vielmehr fehle der für eine wirksame Willenserklärung erforderliche Handlungswille. In diesem Zusammenhang sei für Zurechnungserwägungen kein Raum. Es stelle sich nur die Frage, ob A eventuell für einen Vertrauensschaden des W aufkommen muss, welcher durch das ungewollte Inverkehrbringen der Erklärung entstand. Der Erklärende müsse dafür Sorge tragen, dass die Erklärung nicht ohne seinen Willen abgesandt wird. Als Anspruchsgrundlage kommen 122 analog oder culpa in contrahendo ( 280 I, 241 II, 311 II Nr. 1) in Betracht. Gegen diese Ansicht könnte sprechen, dass A fahrlässig handelte, indem er vergaß die Bestellkarte zu vernichten. Die wohl herrschende Meinung 2 bejaht eine wirksame Abgabe für die Fälle, in denen der Erklärende das Inverkehrbringen der Willenserklärung zwar nicht zielgerichtet veranlasst hat, aber es aus anderen Gründen, die in seinem Herrschafts- und Organisationsbereich liegen, zu vertreten hat. Nach dieser Ansicht wird A infolge seines fahrlässigen Verhaltens so behandelt, als habe er die Erklärung tatsächlich willentlich abgegeben. Ehefrau Marta, als eine Person im Organisationsbereich des Erklärenden A, warf die Bestellkarte in den Postkasten in der Meinung ein, diese sei versehentlich liegen geblieben, obgleich A über die Absendung der Bestellkarte nochmals nachdenken wollte. Für die letztgenannte Ansicht spricht die Vergleichbarkeit dieser Fälle mit denen des fehlenden Erklärungsbewusstseins. Nach der herrschenden Meinung kann der Erklärende die ihm zugerechnete Erklärung jedoch wegen eines Erklärungsirrtums nach 119 I Alt. 2 anfechten mit der Folge der direkten Geltung von 122. Wäre die Willenserklärung ohne Willen des Erklärenden an den Empfänger gelangt und dem Erklärenden auch nicht zurechenbar, so wäre sie hingegen unwirksam. Eine 1 BGH NJW-RR 2003, 284; so auch Bork, Rn. 615. 2 Palandt/Ellenberger, 130 Rn. 4; Larenz/Wolf, 26 Rn. 7; Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, Rn. 266. 3

Anfechtung wäre dann nicht erforderlich. Ansonsten würde der Erklärende vorbehaltlich einer unverzüglich nach Kenntniserlangung und vor Ablauf der Zehn- Jahresfrist erklärten Anfechtung ( 122) an eine Willenserklärung gebunden, obgleich ihm deren Abgabe nicht einmal zugerechnet werden kann. Umstritten ist dann wiederum, ob der Erklärende für einen eventuell erlittenen Vertrauensschaden des Empfängers analog 122 BGB oder nach 280 I, 311 II, 241 II BGB wenn der Erklärende von der Absendung seiner Erklärung erfährt, den Empfänger hierüber aber nicht aufklärt haftet. Folglich liegt nach der herrschenden Meinung eine wirksame Abgabe der Erklärung vor. b) Zugang Zugegangen ist eine empfangsbedürftige WE unter Abwesenden, wenn sie derart in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass unter normalen Umständen mit einer Kenntnisnahme gerechnet werden kann. Zugang (+), da keine entgegenstehenden Angaben im SV. c) Zwischenergebnis Folgt man der herrschenden Ansicht, hat A ein wirksames Angebot abgegeben. Mit der Gegenansicht käme man zu dem Ergebnis, dass keine wirksame WE vorliegt; folglich hätten die Parteien keinen wirksamen Kaufvertrag geschlossen und der Anspruch wäre nicht entstanden; W hat gegen A keinen Anspruch auf Abnahme des Weines und Zahlung des Kaufpreises aus Kaufvertrag gemäß 433 II BGB. Beide Ansichten sind mit entsprechender Begründung gut vertretbar. Sofern ein wirksames Angebot bejaht wird, ist wie folgt weiter zu prüfen: 3. Annahme des W (+), Lieferung des Weins. 4. Zwischenergebnis Wirksamer Kaufvertrag zwischen A und W Anspruch entstanden 4

II. Anspruch untergegangen Vorliegend kommen keine rechtsvernichtenden Einwendungen in Betracht; der Anspruch ist somit nicht untergegangen. III. Anspruch durchsetzbar Es sind keine rechtshemmenden Einwendungen (Einreden) ersichtlich; der Anspruch ist folglich auch durchsetzbar. IV. Ergebnis W hat gegen A einen Anspruch auf Abnahme des Weines und Zahlung des Kaufpreises aus Kaufvertrag gemäß 433 II BGB. 5

Lösungsvorschlag Abwandlung Anspruch A gegen W auf Lieferung des Weines aus Kaufvertrag gemäß 433 I BGB I. Anspruch entstanden Wirksamer Kaufvertrag zwischen A und W, da zwei übereinstimmende, in Bezug zueinander abgegebene WE, Angebot und Annahme, gemäß der 145 ff. BGB. 1. Angebot des W Angebotserklärung (+) Wirksamwerden der WE durch Abgabe und Zugang, 130 I 1 BGB (+), da keine entgegenstehenden Angaben im SV. 2. Annahme des A Annahmeerklärung (+) Wirksamwerden der WE durch Abgabe und Zugang, 130 I 1 BGB? a) Abgabe (Definition siehe oben) mit Absenden der Erklärung per E-Mail (+) b) Zugang Zugegangen ist eine empfangsbedürftige WE unter Abwesenden, wenn sie derart in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass unter normalen Umständen mit einer Kenntnisnahme gerechnet werden kann. Der Zeitpunkt des Zugangs bemisst sich dabei nach dem Zeitpunkt, in dem normalerweise mit einer Kenntnisnahme gerechnet werden kann. Die tatsächliche Kenntnisnahme ist hingegen keine Zugangsvoraussetzung, gleichwohl kann die tatsächliche Kenntnisnahme Zugang bewirken. WE per E-Mail sind jedenfalls dann möglich, wenn der Empfänger kundgetan hat, Erklärungen auch per E-Mail annehmen zu wollen. Dies trifft auf W infolge der Angabe der E-Mail-Adressen auf seinem Angebot zu. Als E-Mail übertragene WE gelangen in den Machtbereich des Empfängers, wenn die E-Mail abrufbereit in dem E-Mail-Postfach des Empfängers auf dem Server des E- Mail-Providers angekommen ist. Der Zugangszeitpunkt richtet sich jedoch wiederum nach der zu erwartenden Kenntnisnahme. Bei E-Mails an einen privaten Account ist ähnlich wie bei einem Hausbriefkasten mit einer Abfrage einmal pro Tag zu rechnen. 6

Problematisch ist jedoch, eine einheitliche Uhrzeit zu ermitteln, wann üblicherweise mit einer Kenntnisnahme zu rechnen sei. Auf der einen Seite wird vertreten, dass der Zugang erst mit tatsächlicher Kenntnisnahme stattfinden soll. Dies wiederspricht jedoch der Empfangstheorie, welche auch bei Willenserklärungen im Internet Anwendung finden soll. Eine weitere Ansicht geht davon aus, dass eine Kenntnisnahme erst nach Feierabend stattfindet. Mit Kenntnisnahme sei üblicherweise nur in der Zeitspanne zwischen typischem Arbeitsschluss und Abendruhe zu rechnen. Daher wäre die am 3.5. erst um 23:45 Uhr verschickte E-Mail dem W erst am Nachmittag/Abend des 4.5. nach typischem Arbeitsschluss und vor der Abendruhe und somit verspätet zugegangen. Diese Auffassung benachteiligt jedoch diejenigen Verbraucher, die morgens ihr Emailpostfach kontrollieren. Um ein gerechtes Ergebnis zu erzielen, geht eine weitere Auffassung davon aus, dass der Zugang spätestens am Tag nach Eingang der abrufbar gespeicherten Email in der Mailbox des Empfängers vorliegt (vgl. Spindler in Spindler/Schuster, Recht der elektronische Medien, 3. Auflage 2015; Brox/Walker, BGB AT, 7 Rn. 150 b). Nach erstgenannter Ansicht kommt es auf den tatsächlichen Zeitpunkt der Kenntnisnahme an. W hat die E-Mail am 3.5. um 23:45 tatsächlich gelesen, danach wäre der Zugang also noch rechtzeitig eingetreten. Unabhängig davon, welcher der beiden letztgenannten Ansichten man folgt, ist die E-Mail des A und damit die Willenserklärung verspätet zugegangen. Eine Entscheidung des Meinungsstreits kann hier jedoch möglicherweise dahinstehen. Der Zugang einer Erklärung wird nämlich nach überwiegender Auffassung vorverlagert, wenn die Erklärung bereits vor dem üblicherweise zu erwartenden Zeitpunkt tatsächlich zur Kenntnis genommen wird. In diesem Fall muss sich der Empfänger an seiner tatsächlichen Kenntnis festhalten lassen. W hat die E-Mail noch am Abend des 3.5. zufällig gelesen. Die Annahmeerklärung des A ist dem W somit noch rechtzeitig innerhalb der Annahmefrist zugegangen. 3. Zwischenergebnis Wirksamer Kaufvertrag zwischen A und W; Anspruch entstanden. II. Anspruch untergegangen Vorliegend kommen keine rechtsvernichtenden Einwendungen in Betracht; der Anspruch ist somit nicht untergegangen. 7

III. Anspruch durchsetzbar Es sind keine rechtshemmenden Einwendungen (Einreden) ersichtlich; der Anspruch ist folglich auch durchsetzbar. IV. Ergebnis A hat gegen W einen Anspruch auf Lieferung des Weines aus Kaufvertrag gemäß 433 I BGB. 8