Grundlagen der psychoanalytisch begründeten Therapieverfahren und Neurosenlehre. Beatrice Piechotta. Psychoanalyse Tiefenpsychologie

Ähnliche Dokumente
Psychoanalyse. Was ist Psychotherapie? Psychoanalyse

Zwang - Charakteristika

Otto F. Kernberg Borderline-Störungen und pathologischer Narzißmus

Grundlagen der Klinischen Psychotherapie

Leseprobe Heilpraktiker für Psychotherapie

Das analytische Setting

Erziehung und Sozialisation: Psychoanalyse. Vorlesung im SS 2004 von Prof. Dr. Sabine Walper

Therapeutische Beziehung. Therapeutische Beziehung. Symptomatik und Diagnose. Am Anfang. Analytische Haltung und Rahmen.

Teil 1 Entwicklungspsychologie, allgemeine Neurosenlehre

Curriculum. (Analytische und tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie)

Mathias Lohmer. Psychodynamik, Behandlungstechnik und therapeutische Settings. (D Schattauer Stuttgart. New York

Psychotherapie. Rudolf Klußmann

1. Semester: 72 Std. Entwicklungspsychologie, Grundbegriffe, Konzepte, Säuglingsbeobachtung, Psychiatriepraktikum,

1 Psychodynamische Psychotherapie eine Begriffsbestimmung ... 1

Der Neurotiker und die Gesellschaft

Einheiten à 45 Minuten Total 167

Vortrag: Kurzer Abriss der Psychoanalyse

Weisser Ring Forbildungsveranstaltung für Opferanwälte Psycho(-Trauma-)Therapie nach dem SGB V

Seminar 1) ) Dr. Herta Wetzig-Würth

Vorwort Teil I Geschichte der psychodynamischen Therapien mit Kindern und Jugendlichen

Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

Wie lassen sich körperliche Symptome psychosomatisch verstehen? Oder: Die verborgenen Wege der Gefühle

Struktur und strukturelle Störung

Repetitorium wichtiger Begriffe der psychoanalytischen Neurosenlehre... 15

DGTD Workshop 5 Ambulante Therapie für Komplextraumatisierte Wunsch und Wirklichkeit

Grundbegriffe der Psychoanalyse Entwicklungspsychologische Modelle

p s y c h o a n a l y s e II VL2 SS 2014 Beate Hofstadler

TIEFENPSYCHOLOGISCH FUNDIERTE PSYCHOTHERAPIE

Forum Suchtmedizin Ostschweiz Regionalkonferenz Ost 14. August Sucht und Trauma. Dr. med. Thomas Maier

Die klassische Psychoanalyse nach FREUD

Das Borderline- Syndrom

TIEFENPSYCHOLOGISCHE THEORIEN

Inhalt. Dank 13. Einleitung 15 Ängste in Kindheit und Jugend 15 Angststörungen in Kindheit und Jugend 16 Diagnose nach neurosepsychologischen Aspekten

Einleitung 11 I. THEORETISCHER TEIL 15

Intensive Short-Term Dynamic Psychotherapy (ISTDP) = intensive psychodynamische Kurzzeittherapie

Psychodynamische Psychotherapie

Erstinterview. Aufgaben des psychosomatischen Erstgesprächs. 1. Die Erfassung der Beschwerden des Patienten

Weiterführende Literatur Register

Die abhängige Persönlichkeitsstörung

ABWEHRMECHANISMEN Trennungsangst Angst vor Liebesverlust Kastrationsangst Gewissensangst Angst vor realen Gefahren Abwehrmechanismen des Ich

FOSUMOS Persönlichkeitsstörungen: Ein alternativer Blick. Felix Altorfer 1

Studienablaufplan für den Masterstudiengang Psychotherapie (Schwerpunkt: Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie)

Vernetzung der ambulanten Psychosen-Psychotherapie - innere und äußere Aspekte

Die Therapie der Zweierbeziehung. Jürg Willi

Psychologische Therapie- und Beratungskonzepte

TM305 Fallkonzeptionen in Psychotherapie und Seelsorge. Prof. Dr. med. Samuel Pfeifer

Erich Schröder, Ralph Glücksmann. Das Kassengutachten in der psychotherapeutischen Praxis. Technik und beispielhafte Fälle, 7. Auflage 2005.

Sigmund Freud - Die Sozialisation als Triebschicksal

Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie

Inhalt 9 Mittlere Behandlungsphase

Praxis der Psychosomatischen Grundversorgung

Die innere Einstellung des Therapeuten ein Wirksamkeitsfaktor?

Günter Reich. Einführung in die Familientherapie. Wintersemester 2008/ 2009

Um eine Psychotherapie in Anspruch nehmen zu können, muss der Patient folgende Voraussetzungen erfüllen:

Peter Fiedler. Persönlichkeitsstörungen. Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Christoph Mundt. 5., völlig neu bearbeitete Auflage EEUZPVU

Reifungsprozesse und fördernde Umwelt

Wichtigkeit eines psychoanalytischen Nachdenkens versus Handlungsdruck bei Kriseninterventionen

Sucht und Trauma. Die schwarzen Brüder

Tiefenpsychologische Beratung bzw. psychoanalytisch bzw. psychodynamisch orientierte Beratung

Psychoanalyse und die Psychopathologie der Entwicklung

Die Psychoanalytisch interaktionelle Methode in der Behandlung traumatisierter Menschen mit Sucht

Störungsbereiche der komplexen posttraumatischen Belastungsstörung

Aber ich hab doch Angst vor ihm! Kontakt nach Gewalt und das innere Erleben von Kindern

Praktische Psychologie

1.2.1 Kategoriales vs. dimensionales Konzept der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung 5

Persönlichkeitsentwicklung

Inhalt. Teil A. 2 Der Antragsbericht: eine Chance für ein vertieftes Verständnis der Patienten (Qualitätssicherung) Einleitung...

Die gezähmte Einsamkeit

Psychologie-Kopiervorlage Freud: Instanzenmodell und Abwehrmechanismus

Psychotherapie und Psychosomatik

Inhalt. Erster Teil Trennungsangst in der psychoanalytischen Praxis

Inhaltsverzeichnis. 1. Geschichte und Gegenwart der Psychotherapie... 1

Körper Hypnose und Emotion Dirk Revenstorf, Universität Tübingen. Emotion in der Psychotherapie

3. Therapeutische Beziehung aus psychodynamischer Perspektive. 4. Beziehungsgestaltung im multidisziplinären therapeutischen Team

PSYCHOANALYTISCHE FAMILIENTHERAPIE

Vortrag allgemeine Psychosomatik

Vorwort zur 7. Auflage 15 1 Überblick über die Entstehung der Psychotherapie 19

1. Einführung: Variationen der therapeutischen Beziehung. 2. Therapeutische Beziehung: Lernzielkatalog und Facharztprüfung

Inhaltsklassifikation für ps. an. Leitlinien (LL) der VAKJP

Kapitel 3 EMPFINDUNGEN UND WAHRNEHMUNGEN Einleitung Der Wahrnehmungsprozess Das subjektive Bild der Außenwelt Reiz und Erle

Entwicklungsstufen Erikson, Freud, Piaget

Konzepte der Selbstpsychologie

Inhalt. 1 Psychoanalytische Einzel- und Gruppen psychotherapie: Das Modell der Über tragungsfokussierten Psychotherapie (TFP).. 3

Inhaltsverzeichnis. Vorwort Alltägliche Konflikte Konflikte im Spiegel der Literatur Konflikte im Spiegel des Films 19

Lebensqualität bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen Wie können Sie Ihre Kompetenz zu Bewältigung steigern?

Gruppentherapie in der Traumabehandlung

Psychologische Grundlagen, Entwicklung und Neurobiologie

Projektion und Übertragung in der pferdegestützten Intervention

Hypnose-Grammatik und psychosomatische Heilung. Dirk Revenstorf, Dipl. Psych. Wolfgang Weitzsäcker, Dr. med. Universität Tübingen

Inhaltsverzeichnis. Einleitung: Eine Geschichte, die zu Herzen geht

Die. Alfred Adlers. Zentrale Bedürfnisse des Menschen. Zentrale Bedürfnisse des Menschen. Einführung. Einführung. Einführung

Psychoanalytisch-Interaktionelle Suchttherapie Neue Impulse für die Behandlung

Montag 16:00 18:15 (3 x 45 Min.) Aus- und Weiterbildungsinstitut List Podbielskistr. 162, Hannover Tel.: 0511 /

Übertragungsfokussierte Psychotherapie bei neurotischer Persönlichkeitsstruktur

Transkript:

Grundlagen der psychoanalytisch begründeten Therapieverfahren und Neurosenlehre Beatrice Piechotta Psychoanalyse Tiefenpsychologie Psychoanalyse Begründer Sigmund Freud (1856 1939) Psychoanalyse ist nicht nur ein Therapieverfahren, sondern umfaßt Theorie der menschlichen Persönlichkeit, Motivation Theorie der psychischen / emotionalen Entwicklung Krankheitslehre zum Verständnis psychischer Störungen Kultur- und Gesellschaftstheorie Anwendungen in vielen Bereichen: Organisations-, Politikberatung, Film-, Kunstinterpretation, Ethnologie Seite 2 72 49 Psychoanalyse Tiefenpsychologie Einige Psychoanalytische Schulen Klassische Psychoanalyse (Freud) Analytische Psychologie (Jung) Individualpsychologie (Adler) Neopsychoanalyse (Schultz-Hencke, Fromm) Weiterentwicklungen der Psychoanalyse z.b. Ich-Psychologie (A. Freud, Hartmann, E. Erikson) Objektbeziehungstheorie (Klein, Winnicott, Balint) Selbstpsychologie (Kohut) Bindungstheorie (Bowlby) Seite 3 72 49

Psychoanalyse Tiefenpsychologie Tiefenpsychologie Begriff stammt von E. Bleuler, wurde von Freud ab 1913 verwendet: Abgrenzung der Psychoanalyse gegenüber der damaligen Bewußtseinspsychologie Heute: Allgemeiner Terminus für Arbeitsweisen, die sich auf unbewußte, psychodynamische Vorgänge beziehen Bezeichnung für ein aus der Psychoanalyse entwickeltes, aber jetzt eigenständiges Psychotherapie-Verfahren Seite 4 72 49 Psychoanalyse Tiefenpsychologie Therapeutische Anwendung im Kassensystem Analytische Psychotherapie (AP) sog. klassische PA ist keine Kassenleistung Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie (TP) Psychotherapie-Richtlinien (1967) für den ambulanten Sektor Psychoanalytisch begründete Verfahren: AP, TP Psychotherapeutengesetz (1999) 2 eigenständige Verfahren: AP, TP Seite 5 72 49 Psychoanalyse Tiefenpsychologie Psychodynamik - Psychodynamische Verfahren Psychodynamik Teil der Psychoanalyse: Beschreibung der psychischen Prozesse als ein dynamisches Spiel von z.t. unbewußten, intrapsychischen Kräften (im Gegensatz zu starren deskriptiven Phänomenen wie z.b. nach ICD 10) Psychodynamische Verfahren psychodynamisch wird zunehmend zum Oberbegriff für AP und TP Seite 6 72 49

Psychoanalyse Tiefenpsychologie Tiefenpsychologisch-Psychoanalytisch fundierte Ansätze Autogenes Training (H.J. Schultz) Hypnotherapie (Milton Erickson) Funktionelle Entspannung (Marianne Fuchs) Konzentrative Bewegungstherapie Katathym-Imaginative Psychotherapie (H.C. Leuner) Transaktionsanalyse (Eric Berne) Themenzentrierte Interaktion (Ruth Cohn) Tiefenpsychologische Familien- und Paartherapie (H.-E. Richter, Jürg Willi, Helm Stierlin) Verschiedene Formen der Gruppenpsychotherapie Seite 7 72 49 Psychoanalyse Tiefenpsychologie Psychoanalytische Grundannahmen und Grundbegriffe Das Unbewußte Die Triebe Die psychischen Instanzen Es Ich Überich Psychoanalytische Entwicklungslehre Konflikttheorie der Neurosenentstehung Übertragung und Gegenübertragung Seite 8 49 72 Das Unbewusste Funktionsprinzipien des Unbewußten Primärprozeß: assoziative Verknüpfungen, keine Logik, zeitlos Lustprinzip: direkte Triebentladung und Wunscherfüllung, ohne Umweg über Denken, Verzicht, Aufschieben, Steuerung, Wertungen/Moral Funktionsprinzipien des Bewußtseins Sekundärprozeß gesteuert vom Realitätsprinzip Seite 9 49 72

Das Unbewusste Inhalte des Unbewussten Triebe und Triebrepräsentanzen: Affekte, Phantasien, Vorstellungen von triebwunsch-erfüllenden oder -versagenden Objekten alle emotional bedeutsamen und prägenden Erfahrungen Kollektives Unbewußtes (Jung): wichtigste Erfahrungen der menschlichen Rasse, instinktives Wissen Seite 10 49 72 Das Unbewusste Dynamisches Unbewußtes Vorbewußt: potentiell erinnerbar Unbewußt: psychopathologisch bedeutsam ist das verdrängtunbewußte, also die Inhalte, die ins Bewußtsein vordringen wollten, aber vom Zensor davon abgehalten werdem VT: inzwischen ebenfalls Annahme von impliziten, dem Bewußtsein unzugänglichen Prozessen (Grawe) Seite 11 72 49 Die Triebe Triebtheorie Wirkungsweise seelischer Kräfte und ihrer Repräsentanzen in der Psyche Mehrere Phasen der Freudschen Triebtheorie: Selbsterhaltung (Ich-Triebe) Arterhaltung (Sexualtrieb, Libido) Liebe Hass Lebenstrieb (Libido) Todestrieb VT: andere Grundannahmen/Konstrukte, z.b. Motivationspsychologie Seite 12 49 72

Die Triebe Sexualität im Freudschen Sinne Erweiterter Sexualitätsbegriff: dranghafte Begierde und Lust an verschiedenen körperlichen Vorgängen Genitale Sexualität ist nur Untergruppe dieses erweiterten Sexualitätsbegriffs Aggression Todestrieb: destruktiv, gegen das Selbst gerichtet Andere Auffassung von Aggression: Tendenz zur Ablösung, Verselbständigung Seite 13 49 72 Die psychische Struktur - Instanzen Es Ich Über-Ich Selbst Das Es Bereich der triebhaften Grundbedürfnisse Primärprozeß Lustprinzip Seite 14 49 72 Die psychische Struktur - Instanzen Das Ich Bereich der Vermittlung zwischen Es, Umwelt/ Realität und Über-Ich Ich-Funktionen: Wahrnehmung, Gedächtnis, Kontrolle der Motorik, Denken, Planen (Antizipation), Triebsteuerung, Abwehrmechanismen, Affekt-, Frustrations-, Ambivalenztoleranz Sekundärprozeß, Realitätsprinzip aber weite Bereiche ubw, z.b. Abwehrmechanismen Ich-Stärke, Ich-Schwäche als diagnostisches und prognostisches Kriterium Seite 15 72 49

Die psychische Struktur - Instanzen Das Über-Ich Bereich der Normen, Werte und Ideale, die soziokulturell vermittelt wurden (Gewissen) entwickelt sich aus Identifizierung mit Ansprüchen der Bezugspersonen und Erfahrungen des Ich, wandelt sie zu Normen und Werten um, wird zur moralischen Instanz und zum Leitfaden: wirkt auffordernd, belohnend, verbietend, drohend, verurteilend, entschuldigend auf das Ich ein Teil des Über-Ich ist das Ich-Ideal: Wunschvorstellungen von der eigenen Person Seite 16 49 72 Zusammenwirken der psych. Kräfte Seite 17 72 Die psychische Struktur - Instanzen Mit Ich ist nicht die ganze Person gemeint, sondern nur die beschriebene Funktion Weitere Instanz, später eingeführt: Das Selbst Regulierung von Selbsterleben, Selbstgefühl, Selbstannahme bzw. -ablehnung, Selbstkohärenz, Selbstwertkonflikte (Narzißmus) Entwickelt sich aus der Verinnerlichung von Interaktionserfahrungen Selbst- und Objektrepräsentanzen Identität: das ungebrochene Gefühl des Menschen er selbst zu sein und sein zu dürfen Seite 18 49 72

Psychoanalyt. Entwicklungstheorie In der Psychoanalyse wird u.a. unterschieden zwischen der Entwicklung der Triebe Psychosexuelle Entwicklung der Entwicklung der Ich-Funktionen der Entwicklung der Objektbeziehungen Objektbeziehungstheorie, interpersonelle Therapie der Entwicklung des Selbst (Narzißmus) Selbstpsychologie (Kohut) Diese Entwicklungen verlaufen parallel und beeinflussen sich wechselseitig. Seite 19 49 72 Psychoanalyt. Entwicklungstheorie Psychosexuelle Entwicklung Phasen der Triebentwicklung orientiert an jeweils vorherrschenden Körperfunktionen Orale Phase Anale Phase Phallische Phase Ödipale Phase Latenzphase Adoleszenz Was sind die jeweiligen Entwicklungsaufgaben, was wird gelernt, welche Konflikte können dabei entstehen Seite 20 49 72 Psychosexuelle Entwicklung Früh-Orale Phase erste Lebensmonate Einheit von Mutter und Selbst (Symbiose), völlige Abhängigkeit Kind lernt: sich wohlfühlen, Urvertrauen Aufmerksamkeit nach außen richten; Neugier, Welt hat Aufforderungscharakter. Unterscheidung Innen/ Außen Patholog. Charakter: intentional gestört, Rückzug/ Distanzlosigkeit; Idealvorstellung: totale Harmonie Symptomatik: Schizoid, Borderline-Struktur, vitale Depression, schwere Angstneurosen Seite 21 49 72

Psychosexuelle Entwicklung Orale Phase 1. Lebensjahr Lustquelle Nahrungsaufnahme; Mutter als bedürfnisbefriedigend erlebt, Trennung wird wahrgenommen Kind lernt: hoffnungsvolles Warten (aufs Gestillt-Werden) bedürfnisbefriedigende Funktion der Mutter genießen, wünschen, sich nehmen Selbst-Entwicklung: Teilhabe an Omnipotenz der Mutter (Trennung von Mutter Gefühl der Wertlosigkeit) Patholog. Charakter: passive Erwartungshaltung; Wünsche haben und äußern gehemmt; genießen gestört Symptomatik: Depression, Sucht Seite 22 49 72 Psychosexuelle Entwicklung Anale Phase 2. 3. Lebensjahr Lustquelle Ausscheidungsfunktion und Kontrolle über den eigenen Körper Kind lernt/erlebt: aus sich heraus produzieren und machen können hergeben vs. verweigern / behalten sich gehen lassen vs. sich beherrschen eigenen Willen gegen Forderungen der Mutter durchsetzen vs. Gehorchen Sprechen, Wünsche in Sprache umsetzen Differenzierung der Gefühle sich selbst beschäftigen, Individualität Seite 23 49 72 Psychosexuelle Entwicklung Anale Phase 2. 3. Lebensjahr Selbst: Gefühl von Grandiosität, magisches Denken Objekt-Konstanz Patholog. Charakter: Rigide Prinzipien sollen eigene Willkür in Schach halten, weil Kind nicht gelernt hat, das eigene Wollen zeit- und umweltgerecht zu gestalten; zwanghaft (ordentlich, sparsam, eigensinnig/übergefügig, Fleiß, Leistungsbereitschaft), Reaktionsbildung Symptomatik: ungeschickt, bewegungsgehemmt; sado-masochistisch; Zwangsneurose Seite 24 49 72

Psychosexuelle Entwicklung Phallische/Ödipale Phase 4. 5. Lebensjahr Entdeckung des Geschlechtsunterschiedes Ödipuskomplex, Stolz aufs eigene Geschlecht; Triangulierung: sich geliebt fühlen, auch wenn der andere einen dritten liebt Kind lernt: Wahrnehmen, Erforschen, logisches Denken, Verbindung von Fühlen und Denken; andere als vollständige Persönlichkeit erkennen, auch in geschlechtsspezifischen Aspekten (Gleichgeschlechtlicher Elternteil als Vorbild, gegengeschlechtlicher Elternteil als Bewunderer) Seite 25 49 72 Psychosexuelle Entwicklung Phallische/Ödipale Phase 4. 5. Lebensjahr Patholog. Charakter: phallisch-narzißtisch (kein eigener Stolz, sondern Benutzen anderer, um bestätigt zu werden; sich und anderen ständig etwas beweisen müssen, angeben) Symptomatik: Phobie (Vermeidung), Hysterie, Frigidität/Impotenz Seite 26 49 72 Psychosexuelle Entwicklung Latenzphase 6. 11. Lebensjahr Sekundäre Sozialisation, Lernen und praktisches Können Adoleszenz / Pubertät Aufgabe der infantilen Bindungen, Identitätsfindung, Genitalität Erwachsenenalter Alter Seite 27 49 72

Allgemeine Neurosenlehre Begriff Neurose Abgrenzung zu somatogenen Krankheiten Abgrenzung zur Psychose Abgrenzung zum normalen Leid Abgrenzung zu Charakter, Persönlichkeit Neuroseverständnis unterscheidet sich je nach ätiologischem und pathogenetischem Erklärungsmodell Psychoanalytisches Neurosenkonzept Lerntheoretisches Neurosenkonzept Neurotische Störung nach DSM III, ICD 10 Seite 28 49 72 Allgemeine Neurosenlehre Psychoanalytisches Verständnis der Neurose Neurose ist unzureichender Verarbeitungsversuch von unbewußten, in ihrer Genese infantilen Konflikten und Traumata Therapie: Ursachen = unbewußte Konflikte bewußt machen und angemessen lösen, damit das Symptom aufgegeben werden kann Seite 29 49 72 Allgemeine Neurosenlehre Lerntheoretisches Verständnis der Neurose Neurose ist Folge verfehlter, zu starker oder zu schwacher Lernvorgänge Das neurotische Symptom/Fehlverhalten ist die Krankheit bzw. Störung Therapie: additive Behandlung einzelner Symptome ICD 10, DSM III rein deskriptiv, ohne Ätiologie/Pathogenese ( hohe Reliablität, fragliche Validität) Seite 30 72 49

Allgemeine Neurosenlehre Unterschiedliches Krankheitsverständnis Psychoanalyse Verhaltenstherapie Verhaltenstherapie / ICD 10: mehrere Symptome = mehrere Krankheiten (Komorbidität) Psychoanalyse/Tiefenpsychologie: mehrere Symptome = Ausdruck des gleichen ubw. Grundkonflikts, bei dem die verschiedenen Konfliktanteile unterschiedlich verarbeitet werden, stehen in einem psychodynamischen Zusammenhang Seite 31 49 72 Allgemeine Neurosenlehre Erklärungsmodelle der Neuroseentstehung Konfliktmodell aktualisierter Entwicklungskonflikt Lernmodell verfehlte Lernvorgänge Defizitmodell erhalten gebliebene Entwicklungsdefizite Traumamodell erhalten gebliebene traumatische Schädigung Seite 32 72 Allgemeine Neurosenlehre Gemeinsame Basis Kennzeichnend für Neurosen: überwiegend psychogen und umweltbedingt pathologische Abweichung von der Norm eher quantitativ, als qualitativ fließende Übergänge zwischen neurotischen Merkmalen Gesunder und neurotischen Störungen von Krankheits- und Behandlungswert soziale Einordnung i.d.r. erhalten, Verlauf nicht so destruktiv wie bei Psychose kausaler Zusammenhang der gegenwärtigen Störung mit der Lebensgeschichte Seite 33 49 72

Konflikttheorie Neurosenentstehung Der Kern des psychoanalytischen Neurosenkonzeptes ist der Begriff des Konfliktes: Neurose als Ausdruck eines unverarbeiteten Konfliktes Verschiedene Kategorien von Konflikten: äußerer Konflikt Konflikt zwischen Es/Ich und Außenwelt innerer Konflikt Konflikt zwischen Triebimpulsen des Es (z.b. Liebe und Wut), zwischen verschiedenen Ich-Strebungen verinnerlichter/internalisierter Konflikt Konflikt zwischen Es und widersprechenden internalisierten Tendenzen im Über-Ich Seite 34 72 Konflikttheorie Neurosenentstehung Nicht-neurotische Konfliktlösung Entscheidung für eine Komponente des Konflikts Verzicht auf die andere Realitäts-angemessener Kompromiß, Nacheinander Sublimierung mit Neutralisierung der Triebenergie Wenn das Ich nicht stark genug ist (mangelnde Ich- Stärke oder mangelnde Frustrationstoleranz), gelingt das nicht Seite 35 72 Konflikttheorie Neurosenentstehung Bedeutung der Angst bei der Neurosenentstehung Realangst: gesunde Reaktion auf äußere Bedrohung, Warnsignal das Ich kann z.b. die Gefahr abstellen oder sich entscheiden, ein Risiko einzugehen Neurotische Angst: Reaktion auf eine innerlich erlebte Bedrohung aus einem internalisierten Konflikt Angst vor dem eigenen Über-Ich, vor den Folgen der Realisierung eines Triebimpulses aus dem Es das Ich muß den vom Über-Ich beanstandeten Impuls unterdrücken Seite 36 72

Konflikttheorie Neurosenentstehung Pathogener infantiler Konflikt: Konflikt zwischen z.b. Es und Über-Ich alters- und persönlichkeitsentsprechende Möglichkeiten zur Lösung werden überstiegen zu strenges Über-Ich und/oder mangelhafte Fähigkeiten des Ich bewirken, daß das Ich seiner Vermittlungsaufgabe nicht gewachsen ist, keine zufriedenstellende Konfliktlösung schafft Konflikt wird verdrängt Der infantile Konflikt macht sich ggf. zunächst nicht weiter bemerkbar Seite 37 72 Konflikttheorie Neurosenentstehung Auslösende Situation im Erwachsenenleben aktueller Konflikt, der ähnlich strukturiert ist, wie ein ungelöster infantiler Konflikt infantiler Konflikt wird reaktiviert Regression: das Ich versucht, den aktuellen Konflikt mit den Mitteln zu lösen, die es in der infantilen Situation angewandt hat der aktuelle Konflikt kann nicht adäquat gelöst werden suboptimale Konfliktlösung: Symptomentstehung Seite 38 72 Konflikttheorie Neurosenentstehung Konflikt Angst Abwehr Symptom Auslösende Situation (spezif. Versuchungs- und Versagungssituation) aktueller Konflikt Angst Regression Reaktualisierung von infantilen Konflikten Verstärkung der Konfliktspannung (Angst) Abwehr (Verdrängung) Mißlingen der Verdrängung Kompromiß zwischen den Konfliktanteilen Symptom Symptom ist mißglückter Reparations- und Heilungsversuch, aber gleichzeitig die beste Möglichkeit, die für das Ich derzeit erreichbar ist Seite 39 72

Konflikttheorie Neurosenentstehung Energiebilanz des Symptoms Das Verdrängte drängt zur Wiederkehr, gegen die verdrängende Kraft, verbraucht also ständig Energie Symptombildung ist ökonomischer Kompromiß zwischen Es und Über-Ich: Im Symptom setzt sich ein Teil des abgewehrten Triebimpulses durch, wird befriedigt Aber auch das Über-Ich ist zufriedengestellt, denn das Quälende des Symptoms ist Selbstbestrafung Neurotische Scheinlösung: aus der angstersparenden Konfliktlösung entsteht ein Dauerkonflikt Seite 40 72 Konflikttheorie Neurosenentstehung Primärer Krankheitsgewinn: Unlustvermeidung durch die suboptimale Lösung des Konfliktes: das Ich erfährt Entlastung, obwohl das Symptom quälend und belastend ist Sekundärer Krankheitsgewinn: Symptom kann zusätzliche, objektive Vorteile bringen: verstärktes Interesse der Umwelt, Zuwendung, Rente Bedeutung für die Prognose: Wenn primärer und/oder sekundärer Gewinn zu groß sind, ist der Pat. nicht mehr ausreichend für Psychotherapie motivierbar Seite 41 72 Konflikttheorie Neurosenentstehung Operationalisierte Psychodynamische Diagnostik Die OPD formuliert eine inhaltliche Klassifikation von Konflikten: Abhängigkeit vs. Autonomie Unterwerfung vs. Kontrolle Versorgung vs. Autarkie Selbstwertkonflikte (Selbst- vs. Objektwert) Schuldkonflikte (egoistische vs. prosoziale Tendenzen) Ödipal-sexuelle Konflikte Identitätskonflikte (Identität vs. Dissonanz) Seite 42 72

Neurose - Charakter In der frühen Entwicklung können sich statt Symptomen auch Charakter- / Persönlichkeitszüge ausbilden Charakterneurose, Persönlichkeitsstörung Symptom konnte nicht mehr abgewehrt werden, wurde ins Ich integriert Symptom-Neurose: Symptom ist ich-dyston, Pat. leidet darunter, hat Krankheitseinsicht Charakter-Neurose: Charakterzug ist ich-synton, verursacht kein Leiden, keine Krankheitseinsicht Seite 43 72 Angst und Abwehr Angst ist konstituierende Mitbedingung jeder Neurose, alle Neurosen sind fehlgeleitete Versuche des Ich, Angst, Unlust und Schmerz zu vermeiden Inhalte der Angst entsprechen den Entwicklungsstufen des Kindes, z.b.: Angst vor Objektverlust Angst vor Verlust der Liebe des Objektes Angst vor Bestrafung Angst vor dem Über-Ich Angst vor der eigenen Triebstärke und Ich-Zerfall Seite 44 72 Angst und Abwehr Abwehrmechanismen: Das Ich mobilisiert schützende Gegenmaßnahmen, die das Vordringen der gefährlichen Impulse ins Bewußtsein verhindern Abwehr richtet sich nicht nur gegen Angst, sondern gegen alle unlustvollen Gefühle, auch Trauer, Depression, Kränkung, Verletzung, Schuld, Scham Abwehr / Abwehrmechanismen gehören zu den Ich- Funktionen, sind in gew. Umfang lebensnotwendig Art, Ausmaß und Schwäche bzw. Rigidität der Abwehr bestimmen Art und Schweregrad der Neurose Seite 45 72

Abwehrmechanismen Verdrängung Regression Verleugnung Projektion Spaltung Introjektion Identifizierung Rationalisierung Intellektualisierung Isolierung Verschiebung Vermeidung Idealisierung / Entwertung Wendung gegen das Selbst Identifizierung mit dem Angreifer Wendung vom Passiven ins Aktive Ungeschehen-machen Reaktionsbildung Somatisierung Seite 46 72 Spezielle Neurosenlehre Verschiedene Möglichkeiten, Neurosen zu klassifizieren nach Symptomen zb ICD 10 rein phänomenologisch-deskriptiv nach Ursachen, Ätiologie Grundkonflikte entspr. der Entwicklungsphase Konfliktverarbeitungsmuster zb reiferes neurotisches, narzißtisches, psychosomatisches Muster Vorherrschende Abwehrmechanismen Entwicklung der Persönlichkeits-Struktur frühe Störung, strukturelle Störung Seite 47 72 Spezielle Neurosenlehre Neurosenstruktur entsprechend dem Modell der psychosexuellen Entwicklungsstufen Schizoid Depressiv Zwanghaft Phobisch Hysterisch - frühorale Stufe - orale Stufe - anale Stufe - zwischen analer und ödipaler Stufe - ödipale Stufe Seite 48 72

Spezielle Neurosenlehre OPD Klassifikation der Diagnostik Achse I Achse II Achse III Achse IV Achse V Behandlungsvoraussetzungen und Krankheitsverarbeitung Beziehung Konflikt Struktur Psychische und psychosomatische Störungen (ICD 10) Seite 49 72 Spezielle Neurosenlehre OPD Konflikt-Achse Abhängigkeit vs. Autonomie Unterwerfung vs. Kontrolle Versorgung vs. Autarkie Selbstwertkonflikte (Selbst- vs. Objektwert) Schuldkonflikte (egoistische vs. prosoziale Tendenzen) Ödipal-sexuelle Konflikte Identitätskonflikte (Identität vs. Dissonanz) Verarbeitungsmodus des Hauptkonflikts (aktiv/passiv) Seite 50 72 Spezielle Neurosenlehre OPD Struktur-Achse Fähigkeit zur Selbstwahrnehmung Fähigkeit zur Selbststeuerung Fähigkeit zur Abwehr Fähigkeit zur Objektwahrnehmung Fähigkeit zur Kommunikation Fähigkeit zur Bindung Seite 51 72

Methoden und Indikation Methoden und Indikation der Analytischen Psychotherapie und der Tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie Weitere Grundbegriffe: Übertragung, Gegenübertragung, Regression, Widerstand usw. Seite 52 72 Psychotherapie-Richtlinien 14 Psychoanalytisch begründete Verfahren (1) Diese Verfahren stellen Formen einer ätiologisch orientierten Psychotherapie dar, welche die unbewusste Psychodynamik neurotischer Störungen mit psychischer oder somatischer Symptomatik zum Gegenstand der Behandlung machen. Zur Sicherung ihrer psychodynamischen Wirksamkeit sind bei diesen Verfahren übende und suggestive Interventionen auch als Kombinationsbehandlung grundsätzlich ausgeschlossen. (2) Als psychoanalytisch begründete Psychotherapieverfahren gelten im Rahmen dieser Richtlinie die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie und die analytische Psychotherapie Seite 53 72 Psychotherapie-Richtlinien 14 a Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie (1) Die TP umfasst ätiologisch orientierte Therapieformen, mit welchen die unbewusste Psychodynamik aktuell wirksamer neurotischer Konflikte und struktureller Störungen unter Beachtung von Übertragung, Gegenübertragung und Widerstand behandelt werden. (2) Eine Konzentration des therapeutischen Prozesses wird durch Begrenzung des Behandlungszieles, durch ein vorwiegend konfliktzentriertes Vorgehen und durch Einschränkung regressiver Prozesse angestrebt. Die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie gelangt auch in jenen Fällen zur Anwendung, in denen eine längerfristige therapeutische Beziehung erforderlich ist. Seite 54 72

Psychotherapie-Richtlinien 14 a Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie (3) Als Sonderformen der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie können folgende Psychotherapiemethoden zur Anwendung kommen: 1. Kurztherapie 2. Fokaltherapie 3. Dynamische Psychotherapie 4. Niederfrequente Therapie in einer längerfristigen, Halt gewährenden therapeutischen Beziehung. Seite 55 72 Psychotherapie-Richtlinien 14 b Analytische Psychotherapie Die analytische Psychotherapie umfasst jene Therapieformen, die zusammen mit der neurotischen Symptomatik den neurotischen Konfliktstoff und die zugrunde liegende neurotische Struktur des Patienten behandeln und dabei das therapeutische Geschehen mit Hilfe der Übertragungs-, Gegenübertragungs- und Widerstandsanalyse unter Nutzung regressiver Prozesse in Gang setzen und fördern. Seite 56 72 Übertragung und Gegenübertragung Übertragung Bewußte und ubw. Erwartungen, Wünsche, Befürchtungen, die sich in früheren Beziehungen gebildet haben, werden an eine aktuelle Person gerichtet Ziel AP: die konflikthaften Wünsche und Gefühle (Angst, Scham-, Schuldgefühle etc.) zu den früheren Bezugspersonen sollen in der Beziehung zum Analytiker wiederbelebt ( Übertragungsneurose, Regression) und bewußt gemacht werden, um dann neu verarbeitet zu werden AP strebt Entwicklung einer Übertragungsbeziehung zum Analytiker an TP beachtet und nutzt die Übertragung, forciert sie aber nicht Seite 57 72

Übertragung und Gegenübertragung Gegenübertragung bewußte oder unbewußte Reaktion des Psychotherapeuten auf das Übertragungsangebot des Pat. Aufgabe des Therapeuten: die Gegenübertragungsgefühle und -reaktionen wahrnehmen, als Informationsquelle über die inneren Konflikte und Beziehungsmuster des Pat nutzen Dabei wichtig: Gegenübertragung unterscheiden von eigenen Themen, eigenen (ubw) Übertragungen (dazu dient u.a. die Selbsterfahrung/Lehranalyse) Seite 58 72 Regression Das Ich greift auf frühere Entwicklungsstufen zurück normal: Kreative Prozesse, begrenzter Rückzug aus Anforderungen der Alltagsbewältigung psychopathologisch: das Ich versucht, sich von unerträglicher Konfliktspannung zu entlasten, wird dadurch weiter geschwächt Regression kann sich beziehen auf Triebentwicklung Objektbeziehungen Ich-Funktionen, Über-Ich... Regression in Therapie: Wiederbelebung alter Muster Seite 59 72 Widerstand Abwehr gegen ubw Konfliktanteile äußert sich in der Therapie als Widerstand gegen das Aufdecken der abgewehrten Inhalte ist also konstituierender Teil des Therapieprozesses, kann aber auch Fortgang des therapeutischen Prozesses hemmen Abwehr/Widerstand schützt das Ich vor ubw Anteilen, die es nicht bewältigen kann Widerstand kann durch Vorgehen des Therapeuten ausgelöst werden Selbstschutz gegen Überforderung TP läßt Abwehr zt bestehen auch AP (Widerstandsanalyse) muß Notwendigkeit der Abwehr als Schutz berücksichtigen Seite 60 72

Agieren Handeln statt Fühlen/Denken/Sprechen: Ausleben verdrängter Bedürfnisse durch Handeln, Vermeiden der damit verbundenen Konflikte In der Therapie: Ausdruck von präverbalen Erfahrungen, die zunächst nur als Handlung inszeniert werden können Ausdruck von Widerstand: verhindert Bewußtwerden von ängstigenden psychischen Inhalten kann Hinweis darauf sein, daß der Pat sich überfordert fühlt Therapeut: Begrenzung von schädigendem Agieren Seite 61 72 Therapeutische Haltung Gleichschwebende Aufmerksamkeit Freud: Man halte alle bewussten Einwirkungen von seiner Merkfähigkeit ferne und überlasse sich völlig seinem unbewussten Gedächtnisse,...: Man höre zu und kümmere sich nicht darum, ob man sich etwas merke. Gegenstück beim Patienten: Freie Assoziation Grundregel: Pat soll sagen, was er gerade denkt und empfindet, ohne auszuwählen unabhängig davon, ob die Gedanken und Empfindungen peinlich sind, sie nebensächlich / unbedeutend erscheinen. Keine Aufgaben, keine Themen vorgegeben Seite 62 72 Therapeutische Haltung Neutralität und Abstinenz ist nur annäherungsweise möglich Anonymität des Therapeuten Gleichmäßiger Abstand zu Es, Ich, Über-Ich des Pat Reflexion und Kontrolle der Gegenübertragung Triebwünsche des Pat nicht befriedigen, sondern bewußt machen Eigene Bedürfnisse nicht befriedigen Eigene Werte und Ziele zurückstellen Keine Suggestion oder autoritatives Vorgehen Seite 63 72

Therapeutische Beziehung 4 Ebenen der therapeutischen Beziehung Realbeziehung Rahmenbedingungen, Konventionen Arbeitsbündnis Motivation, therapeutische Ich-Spaltung hilfreiche therapeutische Beziehung (Luborsky) Hoffnung, Vertrauen in eine haltgebende Beziehung Übertragung/Gegenübertragung Seite 64 72 Behandlungssetting Rahmenbedingungen / Settingregeln haben Bedeutung auf organisatorischer und auf therapeutischer Ebene geben dem Pat Halt, begrenzen das ängstigende Einlassen aufs Unbewußte geben dem Therapeuten Orientierung: wenn er oder Pat davon abweicht, kann er daraus diagnostische und therapeutische Schlüsse ziehen Regelmäßige Termine, pünktlicher Beginn und Ende, Absageregelung, usw wichtig für Praxisorganisation fördert Einstellen des Pat auf ubw Prozesse Seite 65 72 Behandlungssetting Analytische Psychotherapie Liegen, Analytiker außerhalb des Blickfeldes des Pat, oder Sitzen, 2 4 Std pro Woche 160 300 Std Grundregel = freie Assoziation, wenig Strukturierung durch den Therapeuten Setting fördert Regression, Übertragung Liegen entlastet Therapeut, zb bei Ü/GÜ-Prozessen Veränderung der Persönlichkeitsstruktur angestrebt, Frequenz und Dauer notwendig zum intensiven Durcharbeiten aller Ebenen Seite 66 72

Behandlungssetting Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie Sitzen, 1 Std pro Woche 25 100 Std aktivere, direktivere Haltung des Therapeuten Einsatz von strukturierenden, stützenden, störungsspezifischen, edukativen Interventionen begrenzt Regression, Übertragung Fokussierung, keine umfassende Veränderung der Struktur angestrebt: nicht notwendig oder nicht möglich Seite 67 72 Interventionen Sowohl AP als auch TP: Aufdeckende, einsichtszentrierte Interventionsstrategien Bearbeitung des ubw Konfliktes in aktueller Lebenssituation, Vergangenheit und Übertragung Analyse von Abwehr/Widerstand, von Übertragung/ Gegenübertragung Techniken: Konfrontieren, Klarifizieren, Deuten, Durcharbeiten Aufdeckende Arbeit bei strukturellen Störungen nur eingeschränkt möglich Seite 68 72 Interventionen Ich-stützende Interventionsstrategien Therapeut übernimmt Hilfs-Ich-Funktionen: fördert Realitätsprüfung, Antizipation, Selbstwahrnehmung, Affekttoleranz, Impulskontrolle, Selbst-Objekt- Differenzierung Strukturgebende Interventionen, z.b. strukturierter Umgang mit Regression, Techniken zum Aushalten negativer Gefühle Ressourcenmobilisierende, handlungsaktivierende Interventionen Auch im Rahmen von analytischer Therapie notwendig, je nach Ich-Stärke des Pat Seite 69 72

Indikation und Prognose Indikation hängt ab von Behandlungszielen und Prognose: Einschätzung des Therapeuten: Was kann dieser Pat mit vertretbarem Aufwand erreichen? Was halte ich mit meiner Arbeitsweise für erreichbar? Einschätzung des Pat: Zu welchem (seelischen, zeitlichen, finanziellen) Aufwand bin ich bereit? Therapeut: Einschätzung von Patientenmerkmalen Allgemein: Motivation, Introspektionsfähigkeit, subjektives Krankheitsverständnis, persönliche Passung Pat-Therapeut Seite 70 72 Indikation und Prognose Indikation für TP Umschriebene Problematik, Fokussierung auf bestimmte Konflikte oder Themen möglich Pat mit niedrigem Strukturniveau, starker Regressionsneigung, defizitären Ich-Funktionen Begrenzung des Therapieziels AP wegen Gefahr der Dekompensation, malignen Regression nicht möglich Mangelnde Motivation des Pat für AP Äußere Gründe (zb Kostenträger) Seite 71 72 Indikation und Prognose Indikation für AP Wenn die aktuelle Problematik so verflochten mit der Struktur der Persönlichkeit ist, daß für eine nachhaltige Besserung eine Umstrukturierung der Persönlichkeit nötig erscheint Für diese Veränderung der Persönlichkeitsstruktur ist größerer Aufwand nötig, mit Regression auf tiefere Schichten der Problematik, umfassender Bearbeitung sowohl innerhalb als auch außerhalb der therapeutischen Situation (Übertragung) Seite 72 72