Fasciola hepatica in Österreich - Ein Fallbericht

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Transkript:

Mitt. Österr. Ges. Tropenmed. Parasitol. 19 (1997) 137-142 Institut für Pathologie und Mikrobiologie (Leiter: Prim. Dr. Gabriele Brinninger), Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern, Ried/lnnkreis (1) Abt. für Allgemein- und Gefäßchirurgie (Leiter: Prim. Dr. G. Zeidler), Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern, Ried/lnnkreis (2) Abt. für Med. Parasitologie (Leiter: Univ. Prof. Dr. H. Aspöck), Klin. Inst, für Hygiene (Vorstand: Univ. Prof. Dr. M. Rotter) der Universität Wien (3) Fasciola hepatica in Österreich - Ein Fallbericht M. Haiabi 1, Ch. Pernegger 2, Gabriele Brinninger 1, H. Auer 3 Einleitung Fasciola hepatica, der Große Leberegel, war bereits den Menschen im Altertum als Krankheitserreger bei Rindern, Schafen und Ziegen bekannt. Heute ist der Große Leberegel ein weltweit verbreiteter Parasit von Haus- und Wildwiederkäuern mit Verbreitungsschwerpunkten in den gemäßigten Klimazonen Europas (Frankreich), Nordafrikas (Ägypten), Mittel- und Südamerikas (Bolivien, Peru) sowie Asiens (China). Fasciola /iepaü'ca-infestationen des Menschen werden allerdings nur selten bekannt. So waren bis zum Jahre 1947 weltweit nur etwas mehr als 100 Fälle dokumentiert. In Österreich ist der Große Leberegel zumindest seit JOHANN GOTTFRIED BREMSER (1767-1827) er war von 1811 bis 1827 Kustos der Helminthensammlung des K. u. K. Naturaliencabinets" (des heutigen Naturhistorischen Museums) in Wien vor allem als Parasit von Thieren" bekannt. Über den Leberegel als Parasit des Menschen vermerkte BREMSER (10), daß er äusserst selten vorkomme", daß es aber auch möglich sei, dass er öfters nicht erkannt werde, wenigstens die krankhaften Veränderungen nicht, welche er in der Leber hervorbringe". Tatsächlich ist die Inzidenz der Fasziolose des Menschen in Österreich sehr niedrig; zwischen 1955 und 1993 wurden insgesamt 13 Fälle registriert, über die bereits berichtet wurde (3, 5, 7). Der Mensch stellt für den Großen Leberegel einen akzidentellen Wirt dar, der ihn durch Genuß von rohem Gemüse und anderen Vegetabilien (z. B. Brunnenkresse) erwirbt. Die Leberegel können im Menschen über zehn Jahre am Leben bleiben. Die klinische Symptomatik wird im wesentlichen von der Anzahl der invadierten Egel bestimmt; bei geringgradigem Befall treten im wesentlichen keine Beschwerden auf (2), bei starkem Wurmbefall kommt es zu einem biphasischen Krankheitsbild: 1. Die akute Phase (Migrationsphase) beginnt unspezifisch und ist durch subfebrile Temperaturen, Appetitlosigkeit, Erbrechen, Gewichtsverlust, Stuhlunregelmäßigkeiten und Oberbauchschmerzen gekennzeichnet (14, 15, 16, 18). Allergische Symptome (z. B. Pruritus, Urticaria) gelegentlich mit Lungen- und/oder ZNS-Beteiligung sind möglich. 137

2. Die chronische (obstruktive) Phase beginnt, wenn die Egel die Gallengänge erreicht haben. In dieser Phase stehen die wechselnden hepatocholangitischen Beschwerden im Vordergrund, wobei ein Ikterus durch die Egel selbst oder durch induzierte Steinbildung nicht selten ist. Leitsymptome dieser Phase sind Hepatomegalie und Druckschmerzhaftigkeit der Leber. Darüber hinaus kann Hämobilie (21), eine Pankreatitis, Cholangitis (17) bis hin zur biliären Zirrhose, die allerdings auch ein Resultat einer Fibrosereaktion auf die Produktion von Prilin durch den Parasiten bedingt sein kann, auftreten (19). Septische Komplikationen und Fasciola hepatica-bedingte Leberabszesse sind beschrieben worden (9, 18). Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer Fasciola hepatica-lnfestation und dem Auftreten eines Cholangiokarzinoms, wie dies bei Clonorchis sinensis in Südostasien beschrieben wurde, konnte bislang nicht hergestellt werden. Todesfälle sind sehr selten, sind aber beschrieben worden (1, 12). Da es für die Fasziolose kein spezifisches Diagnostikum gibt, kann nur durch Kombination klinischer (Symptomatik) und labordiagnostischer Untersuchungen (Leukozytose, Eosinophilie im Differentialblutbild, erhöhte Transaminasen), bildgebender Verfahren (Sonographie, Computertomographie, endoskopisch-retrograde Cholangio-Pankreatikographie (ERCP), perkutane transhepatische Cholangiographie (PTC [13, 14. 19]) sowie vor allem durch parasitologisch-serologische (Nachweis spezifischer Antikörper v. a. in der Migrationsphase der Egel) und parasitologischkoprologische (Nachweis der Eier im Stuhl, in der chronischen Phase) Befunde und unter Einbeziehung einer sorgfältig erhobenen Anamnese eine Fasziolose abgeklärt werden. Die Behandlung der Fasziolose ist nach wie vor problematisch. Prinzipiell wird eine Fasziolose medikamentös behandelt, gelegentlich kann sich jedoch auch ein chirurgischer Eingriff (Verschlußikterus, Cholezystits) als notwendig erweisen (15). Auch die Extraktion eines lebenden Leberegels mittels ERCP wurde beschrieben (13). Mittel der Wahl zur medikamentösen Behandlung ist heute das Triclabendazol (Fasinex ), das bereits nach einer einmaligen Verabreichung von 10 mg/kg KG zu einer 100%igen Remission führen kann (18, 20). Einer Praziquantel-Therapie, die sich in der Behandlung anderer Trematodenerkrankungen (z. B. Bilharziose) bestens bewährt hat und gut verträglich ist, erwies sich der Große Leberegel als nicht zugänglich (16). Das Sistieren der Eiausscheidung wird, da die Bluteosinophilie noch viele Monate nach der Behandlung bestehen kann, als das wichtigste Kriterium für den Therapieerfolg angesehen (9). Im folgenden soll der insgesamt 16. Kasus in unserer Sammelforschung vorgestellt werden. Er stellt in Anbetracht der Tatsache, daß diese Helminthozoonose nach wie vor primär nur sehr selten differentialdiagnostisch in Erwägung gezogen wird, einen klassischen" Fall dar. Es soll deshalb einmal mehr auf diese, wenn auch seltene Parasitose des Menschen in Mitteleuropa, aufmerksam gemacht werden. Kasuistik Die 40jährige Landwirtin (C. B.) wurde mit seit mehreren Jahren bestehenden und nunmehr seit einigen Tagen intensiveren Magen- und Oberbauchschmerzen an der Internen Abteilung des KH Ried/Innkreis zur Abklärung des Krankheitsbildes stationär aufgenommen. Bei der Aufnahmeuntersuchung gab die Patientin Schmerzen beim Stuhlgang sowie Ekelgefühl beim Anblick von Essen an. Bei der Erhebung des klinischen Status wurde ein Druckschmerz über dem rechten Ober- und Mittelbauch festgestellt. Bei der Abdominalsonographie konnte ein erweiteter Ductus choledochus erhoben werden, ein sicherer Konkrementnachweis gelang mittels Ultraschalldiagnostik nicht. Auch bei einer daraufhin durchgeführten ERCP konnte kein Anhaltspunkt für das Vorhandensein von Gallensteinen gefunden werden. Labordiagnostisch bestand eine Hyperbilirubinämie von 1,91 mg% sowie eine Erhöhung der Transaminasen mit GOT 58 U/l, GPT 76 U/l und Gamma GT 41 U/l. Die Patientin wurde trotz des fehlenden Konkrementnachweises unter der Verdachtsdiagnose einer Cholezystolithiasis auf die Chirurgische Abteilung transferiert. 138

Bei der Patientin wurde laparoskopisch eine Cholezystektomie mit intraoperativer Cholegraphie durchgeführt, bei der sich präpapillär ein Füllungsdefekt im Ductus choledochus zeigte. Bei der Choledochotomie fand sich ein unklares geleeartiges Gebilde", das vorerst nicht spezifiziert werden konnte. Die histologische Aufarbeitung des resezierten Gallenblasengewebes zeigte das Bild einer chronisch entzündlichen, follikulären Cholezystitis. Das geleeartige Gebilde konnte bei der parasitologisch-histologischen Untersuchung eindeutig als Fasciola hepatica identifiziert werden. Die postoperativ durchgeführten serologischen Untersuchungen erbrachten im ELISA einen deutlichen IgG-Antikörperspiegel von 45 Antikörpereinheiten/AKE (gegenüber einem positiven Kontrollserum mit 100 AKE) gegen das hochspezifsche Fasciola hepatica-bogen 2-Antigen (6), im Differentialblutbild waren die eosinophilen Granulozyten mit 396 im Normbereich (präoperativ 5 96) und das Gesamt-IgE war mit 127,4 U/ml noch leicht über dem Normbereich von 100 U/ml. Neun postoperativ durchgeführte parasitologische Stuhluntersuchungen erbrachten keinen Nachweis von Eiern von F. hepatica. Bei der knapp neun Monate nach der Operation durchgeführten serologischen Kontrolluntersuchung konnte ein Absinken der spezifischen Antikörper an die Nachweisbarkeitsgrenze (30 AKE) festgestellt werden. Die präoperativ aufgetretenen abdominellen Beschwerden haben sich postoperativ nicht mehr gezeigt. Anamnestisch konnte in Erfahrung gebracht werden, daß die Patientin in einer recht sumpfigfeuchten Gegend des Bezirkes Ried lebt und einige Rinder hält. In ihrem Garten pflanzte sie neben Salaten und Gemüse auch Kresse an. Diskussion Obwohl Fasciola hepatica in Österreich ein weit verbreiteter Parasit von Rindern und Schafen ist, werden nur selten Infestationen des Menschen bekannt. Dies liegt vor allem daran, daß die Fasziolose als Differentialdiagnose, insbesondere in sogenannten Endemiegebieten, kaum in Betracht gezogen wird (3, 4, 5). Zwischen 1983 und 1993 wurde durchschnittlich 1 Fall pro Jahr diagnostiziert, es darf allerdings vermutet werden, daß die wahre Inzidenz der Fasziolose des Menschen in Österreich um einiges höher liegt. Auch in unserem Fall wurde, obwohl die Patientin in einem Bundesland (Oberösterreich) beheimatet ist, aus dem die meisten der mittlerweile 16 registrierten Fälle stammen, primär aufgrund des (unspezifischen) Beschwerdebildes eher an eine Gastritis und in weiterer Folge an ein Gallensteinleiden gedacht. Sowohl das konkrete Fehlen des Steinnachweises in den bildgebenden Verfahren als auch die nur geringe Erhöhung der eosinophilen Granulozyten (596) haben differentialdiagnostisch eine parasitäre Erkrankung nicht in Betracht kommen lassen. Aufgrund der blutchemischen Befunde und der Klinik wurde schließlich die Cholezystektomie durchgeführt, wobei erst postoperativ die durchgeführte parasitologisch-histologische Untersuchung die Diagnose der Fasziolose erbrachte. Die postoperativ durchgeführten serologischen Untersuchungen bestätigten, daß eine Fasciola hepatica-lnfestation vorlag. Aufgrund des viele Jahre bestehenden Krankheitsbildes ( Magen- und Oberbauchschmerzen") muß angenommen werden, daß die Infektion bereits vor vielen Jahren erfolgt ist. Vermutlich war auch die Zahl der oral aufgenommenen Metazerkarien so gering, daß sich die Migrationsphase der Fasc/o/tf-Infestation klinisch nicht manifestierte. Die postoperativ durchgeführten wiederholten Stuhluntersuchungen, bei denen niemals Leberegeleier nachgewiesen werden konnten, das Absinken der Konzentration spezifischer Antikörper im postoperativen Beobachtungszeitraum sowie die völlige Genesung der Patientin lassen den Schluß zu, daß mit der chirurgischen Intervention auch der letzte Parasit entfernt worden ist. Mit dieser Kasuistik wollen wir einmal mehr an Fasciola hepatica und die Fasziolose erinnern und induzieren, daß gerade bei unklaren, länger dauernden abdominellen Beschwerden, bei unklaren sonographischen Befunden und bei (auch nur geringgradiger) Eosinophilie, insbesondere in Endemiegebieten Österreich stellt in weiten Teilen ein derartiges dar auch an eine Fasziolose 139

gedacht und diese dann abgeklärt wird. Dafür stehen heute sehr effiziente serologische Methoden (z. B. ELISA) zur Verfügung, mit denen sehr leicht durch den Nachweis von spezifischen Antikörpern bereits in einem sehr frühen Infektions- bzw. Krankheitsstadium die klinische Verdachtsdiagnose bestätigt (oder verworfen) werden kann (3, 4). Voraussetzung dafür ist allerdings, daß die Fasziolose in die Differentialdiagnose einbezogen wird. Zusammenfassung Es wird über eine 40jährige Landwirtin berichtet, die mit seit Jahren bestehenden und aktuell intensiveren abdominellen Beschwerden das Krankenhaus aufsuchte. Die bildgebenden Verfahren zeigten lediglich einen erweiterten Ductus choledochus ohne eindeutigen Steinnachweis. Bilirubin und Transaminasen waren hoch, so daß die operative Sanierung mittels laparoskopischer Cholezystektomie erfolgte. Die histologische Aufarbeitung eines intraoperativ als geleeartig" bezeichneten Materials erbrachte dann die Diagnose einer Fasciola hepatica-lnfestation. Postoperativ wurden IgE, Prozentanteil der Eosinophilen und auch der spezifische Antikörperspiegel gegen Fasciola hepatica Bogen 2-Antigen erhoben, alle Werte lagen über dem Normbereich. Im Stuhl konnten postoperativ keine Eier nachgewiesen werden. Im weiteren Beobachtungszeitraum sanken die Antikörpertiter und auch die abdominellen Beschwerden sistierten. Dieser Fall stellt den löten in der österreichischen Fasziolose-Statistik dar. Schlüsselwörter Fasciola hepatica, Großer Leberegel, Österreich, chirurgische Entfernung. summary Fasciola hepatica in Austria: a case report We report on a 40 years old farmer's wife, who suffered from abdominal pain since many years. Due to an essential increase of the intensity of pain during the last weeks she was admitted to the hospital for clinical treatment. Ultrasound examination revealed an enlarged Ductus choledocus, however, no gallstones could be detected. Since the transaminases and also the bilirubin levels showed increased values, the patient underwent a laparoscopic cholecystectomy, during which a gelatinous thing" could be removed from the D. choledochus. The parasitological-histological examination revealed an adult Fasciola hepatica. Eosinophils, total IgE and specific IgG antibody concentration (ELISA with Fasciola hepatica arc 2 antigen) examined post-operatively showed elevated levels. Fasciola heaptica eggs could never be found by stool examination. Abdominal pain attacks disappeared completely after operation and also the specific antibody level decreased during the following nine months. This patient represents the 16th case of fasciolosis in Austria. Key words Fasciola hepatica, liver fluke, Austria, surgical intervention. 140

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