Vertiefung im Handels- und Gesellschaftsrecht. Teil 2: Gesellschaftsrecht Personengesellschaften. Vertiefung im Handels- und Gesellschaftsrecht

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Transkript:

Teil 2: Gesellschaftsrecht Personengesellschaften Vertiefung Handels- und Gesellschaftsrecht - RA Prof. Dr. Hubert Schmidt 1 Teil 2, Abschnitt 1: OHG und GbR Vertiefung Handels- und Gesellschaftsrecht - RA Prof. Dr. Hubert Schmidt 2 1

Teil 2, Abschnitt 1: 1. Unterabschnitt: ohg -Außenverhältnis Vertiefung Handels- und Gesellschaftsrecht - RA Prof. Dr. Hubert Schmidt 3 Ergänzender Literaturhinweis: Wünsche, Ansprüche gegen die OHG und ihre Gesellschafter in der Fallbearbeitung, JuS 2009, 980 Odemer, Grundfälle zur gesellschaftsrechtlichen Haftung natürlicher Personen im Privatrecht, JuS 2016, 109, 203 Vertiefung Handels- und Gesellschaftsrecht - RA Prof. Dr. Hubert Schmidt 4 2

Vertretung der ohg (1): Grundsatz 125 I HGB: Einzelvertretungsbefugnis jedes Gesellschafters, es sei denn, er ist im Gesellschaftsvertrag von der Vertretung ausgeschlossen. Abweichende Möglichkeiten im Gesellschaftsvertrag zu regeln: Einzelvertretungsbefugnis eines oder einiger Gesellschafter unter Ausschluss der übrigen, vgl. 125 I Gesamtvertretungsbefugnis aller Gesellschafter oder Gesamtvertretungsbefugnis einiger Gesellschafter, 125 II Untervariante: entweder Gesamtvertretungsbefugnis einiger Gesellschafter oder Gesamtvertretungsbefugnis einzelner Gesellschafter mit einem Prokuristen, 125 III. Stets passive Einzelvertretung, 125 II 3. Vertretungsverhältnisse und ihre Änderungen sind zum Handelsregister anzumelden und einzutragen, 106 II Nr. 4 (eintragungspflichtige, deklaratorische Tatsache; 15 HGB!). Vertiefung Handels- und Gesellschaftsrecht - RA Prof. Dr. Hubert Schmidt 5 Vertretung der ohg (2): Umfang der Vertretungsmacht, 126 I: grds. unbeschränkt und unbeschränkbar, bis auf die Regelungen zur Gesamtvertretung. Insbes.: Unbeachtlich sind Beschränkungen der Befugnisse eines zur Vertretung berufenen Gesellschafters, die sich aus Vertrag, sonstigen (Einzel-) Abreden oder Gesetz ( 114 ff.) ergeben. Bsp.: A ist mit B im HReg als solcher eingetragener gesamtvertretungsberechtigter Gesellschafter der A,B,C,D-oHG; geschäftsführungsbefugt sind alle Gesellschafter. Im Gesellschaftsvertrag ist geregelt, dass vertretungsberechtigte Gesellschafter zu allen Geschäften mit einem Volumen von mehr als 5.000,00 die Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung einzuholen haben. A schließt einen Kaufvertrag für die ohg mit X ab, ohne die Gesellschafterversammlung einzuberufen, obwohl der Kaufpreis 7.000,00 beträgt. Wirksam? A und B bestellen ohne Kenntnis der übrigen Gesellschafter den P zum Prokuristen. Wirksam? Vertiefung Handels- und Gesellschaftsrecht - RA Prof. Dr. Hubert Schmidt 6 3

Vertretung der ohg (3): Entziehung der Vertretungsmacht, 127: Wichtiger Grund, insbes. grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Vertretung, kein milderes Mittel vorhanden (wie etwa die Zurücksetzung der Allein- auf die Gesamtvertretung), grds. gerichtliches Urteil auf Antrag aller übrigen Gesellschafter unwillige Mitgesellschafter müssen ggf. auf Zustimmung verklagt werden. Abweichende Regelung, insbes. die Ersetzung des Klageerfordernisses durch Beschluss der Gesellschafter, möglich. Vertiefung Handels- und Gesellschaftsrecht - RA Prof. Dr. Hubert Schmidt 7 Schuld und Haftung: Da ohg selbst Träger von Rechten und Pflichten sein kann, ist sie auch selbst Anspruchsinhaber und verpflichteter, sie schuldet die Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten und sie ist Gläubigerin der Forderungen. Zur Erfüllung der Verbindlichkeiten steht das gesamte Vermögen der ohg zur Verfügung, 124. Bsp.: ABC ohg kauft von X eine Maschine. Dann schuldet sie den Kaufpreis aus 433 II BGB mit 124 HGB; sie hat den Anspruch auf Besitz- und Eigentumsübertragung aus 433 I BGB mit 124 HGB. Zwangsvollstreckung erfolgt aufgrund eines Titels gegen die Gesellschaft, 124 II HGB (Titel gegen alle Gesellschafter reicht nicht). Vertiefung Handels- und Gesellschaftsrecht - RA Prof. Dr. Hubert Schmidt 8 4

Haftung: neben der Gesellschaft haften die Gesellschafter nach 128, 129 persönlich unbeschränkt, unmittelbar und primär, gesamtschuldnerisch (solidarisch), für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft (akzessorische Haftung). Haftungsvoraussetzungen: Bestehen einer ohg (mindestens als fehlerhafte Gesellschaft) Bestehen eines gegen die ohg gerichteten Anspruchs Vertiefung Handels- und Gesellschaftsrecht - RA Prof. Dr. Hubert Schmidt 9 : Persönlich: die Gesellschafter haften mit ihrem gesamten Vermögen, nicht nur mit ihrem Anteil am Gesellschaftsvermögen. Vertiefung Handels- und Gesellschaftsrecht - RA Prof. Dr. Hubert Schmidt 10 5

Unbeschränkt: es gibt keine institutionelle, d.h. sich aus dem Gesellschaftsvertrag oder sonstigen Abreden der Gesellschafter untereinander ergebende Beschränkung der Außenhaftung der Gesellschafter gegenüber Dritten; möglich ist eine einzelvertragliche Abrede eines Gesellschafters (oder auch aller Gesellschafter oder der Gesellschaft) mit einem Dritten über eine Haftungsbegrenzung; möglich ist interne Freistellung eines oder einiger Gesellschafter bei Inanspruchnahme durch einen Dritten. Vertiefung Handels- und Gesellschaftsrecht - RA Prof. Dr. Hubert Schmidt 11 unmittelbar und primär unmittelbar: es wird gegenüber dem Gläubiger selbst gehaftet, nicht gegenüber der Gesellschaft; primär: der Gläubiger kann nicht darauf verwiesen werden, zunächst die Gesellschaft in Anspruch zu nehmen, bevor er sich an die Gesellschafter wendet. Vertiefung Handels- und Gesellschaftsrecht - RA Prof. Dr. Hubert Schmidt 12 6

gesamtschuldnerisch ( 421 ff. BGB) der Gläubiger kann die Gesellschaft und daneben alle Gesellschafter in Anspruch nehmen und jeden einzelnen auf die volle Summe, insgesamt aber nur einmal; zwischen den Gesellschaftern, nicht aber zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern, besteht Gesamtschuld. Vertiefung Handels- und Gesellschaftsrecht - RA Prof. Dr. Hubert Schmidt 13 akzessorische Haftung die Haftung der Gesellschafter ist in Bestand und Umfang ähnlich der Haftung eines Bürgen von der Schuld der Gesellschaft abhängig. Vertiefung Handels- und Gesellschaftsrecht - RA Prof. Dr. Hubert Schmidt 14 7

akzessorische Haftung Gesellschafter haben nach 129 die Einwendungen, die die Gesellschaft selbst im Zeitpunkt der Inanspruchnahme noch erheben könnte; die persönlichen Einwendungen aus einer unmittelbaren Abrede mit dem einzelnen Gläubiger; die Einrede der Anfechtbarkeit des Rechtsgeschäft oder der Aufrechnungsmöglichkeit des Gläubigers gegen die Gesellschaft. Vertiefung Handels- und Gesellschaftsrecht - RA Prof. Dr. Hubert Schmidt 15 akzessorische Haftung Gesellschafter haben nach 129 I die Einwendungen, die die Gesellschaft selbst im Zeitpunkt der Inanspruchnahme noch erheben könnte: Beispiel: G klagt gegen die A, B, C-oHG auf Rückzahlung eines Darlehens und zugleich gegen die drei Gesellschafter. Das Darlehen ist vereinbarungsgemäß nicht vorzeitig kündbar, sondern erst fällig am 31.03.2016 (ein Grund zur ao Kündigung besteht nicht). Die Gesellschaft und die Gesellschafter (die über 129 I) können mangelnde Fälligkeit einwenden. Vertiefung Handels- und Gesellschaftsrecht - RA Prof. Dr. Hubert Schmidt 16 8

akzessorische Haftung Gesellschafter haben (wird in 129 I vorausgesetzt) die persönlichen Einwendungen aus einer unmittelbaren Abrede mit dem einzelnen Gläubiger; Beispiel: G klagt gegen die A ohg und ihre drei Gesellschafter A, B und C auf Kaufpreiszahlung. Mit A hatte er eine Vereinbarung getroffen, dass er ihn nur nachrangig nach den anderen Gesellschaftern in Anspruch nimmt. Vertiefung Handels- und Gesellschaftsrecht - RA Prof. Dr. Hubert Schmidt 17 akzessorische Haftung Gesellschafter haben nach 129 II die Einrede der Anfechtbarkeit des Rechtsgeschäfts Beispiel: G nimmt wieder die Gesellschaft und deren Gesellschafter aus einem Kaufvertrag auf Kaufpreiszahlung in Anspruch. Der Kaufvertrag kam deswegen zustande, weil der G den geschäftsführenden und die Gesellschaft vertretenden Gesellschafter arglistig getäuscht hatte. Das kann auch schon vor der Anfechtung jeder Gesellschafter seiner Inanspruchnahme entgegen halten. Achtung: 129 II gewährt dem Gesellschafter nicht ein eigenständiges Anfechtungsrecht; dies kommt nur dem vertretungsberechtigten Gesellschafter zu! Vertiefung Handels- und Gesellschaftsrecht - RA Prof. Dr. Hubert Schmidt 18 9

akzessorische Haftung Gesellschafter haben nach 129 III die Einrede der Aufrechnungsmöglichkeit des Gläubigers gegen die Gesellschaft (und über den Wortlaut des 129 III hinaus auch umgekehrt) Beispiel: G nimmt wieder die Gesellschaft und deren Gesellschafter aus einem Kaufvertrag auf Kaufpreiszahlung in Anspruch, allerdings hat die Gesellschaft selbst noch eine Forderung gegen G. Hier kann der einzelne Gesellschafter den G auf die Aufrechnung seiner Forderung gegen die Forderung der Gesellschaft verweisen. Auch hier: Kein eigenständiges Aufrechnungsrecht! Vertiefung Handels- und Gesellschaftsrecht - RA Prof. Dr. Hubert Schmidt 19 akzessorische Haftung Begriff klärt noch nicht den Inhalt der Haftung: Haftet der Gesellschafter inhaltlich auf das selbe wie die Gesellschaft oder haftet der Gesellschafter lediglich auf Geld, was auch immer die Gesellschaft schuldete. Frage ist umstritten (vgl. sehr instruktiv, aber nicht leicht zu lesen: K. Schmidt, GesR, 4. Aufl., 49 III, S. 1423 ff). Vertiefung Handels- und Gesellschaftsrecht - RA Prof. Dr. Hubert Schmidt 20 10

Akzessorische Haftung hm: Gesellschafter haftet grundsätzlich auf dasselbe wie die Gesellschaft (sog. Erfüllungstheorie); bei Geldschulden kein Problem bei Sachleistungsschulden wird ebenfalls gleichlaufende Haftung angenommen. aa: Gesellschafter steht nur dafür ein, dass die Gesellschaft erfüllt und haftet nur auf Geld (Schadensersatz), wenn sie es nicht tut Unklarheit herrscht, wenn ohg etwas verspricht, das (nur) einem Gesellschafter gehört. Bsp.: ABC-OHG, ordnungsgemäß vertreten, verkauft das Hausgrundstück, das im Alleineigentum des Gesellschafters A steht, an K. Hat dieser Anspruch gegen die Gesellschafter aus 128 auf Übereignung des Hausgrundstücks? Ausnahmen (grds. auch nach hm keine Erfüllungshaftung, sondern ggf. Schadensersatzhaftung bei Nichterfüllung): Abgabe einer Willenserklärung, Vornahme einer nicht vertretbaren Handlung, Unterlassungsverpflichtungen. Vertiefung Handels- und Gesellschaftsrecht - RA Prof. Dr. Hubert Schmidt 21, Inhalt Bsp. 1: Die ABC ohg ist im Grundbuch als Eigentümerin eines Grundstücks eingetragen, das sie an K verkauft. Die Erfüllung des Kaufvertrags verweigert sie. K klagt. Worauf und gegen wen? Bsp. 2: A war Angestellter der DE ohg. Er verlangt bei Beendigung des Vertrags ein Zeugnis, das ihm verweigert wird. A klagt gegen wen? Bsp. 3: Die ABC ohg war Vermögensverwalterin des D. Nach dessen Tod verlangt der Erbe E Rechnungslegung über die Verwaltung (vgl. 1922, 666, 259 BGB). Dazu klagt er nicht gegen die ohg, sondern gegen den geschäftsführenden und vertretungsberechtigten Gesellschafter A. Zu Recht? Vertiefung Handels- und Gesellschaftsrecht - RA Prof. Dr. Hubert Schmidt 22 11

, Inhalt Bsp. 4: A und B sind Gesellschafter der A ohg, die von ihrem Wettbewerber W-GmbH auf Unterlassung einer bestimmten Werbemaßnahme in Anspruch genommen wird. Für die ohg unterzeichnet der dazu bevollmächtigte Rechtsanwalt R die entsprechende Unterlassungserklärung. Ein paar Monate später wird wieder die unzulässige Werbung geschaltet. W klagt nun auf Unterlassung gegen die ohg und die Gesellschafter. Vertiefung Handels- und Gesellschaftsrecht - RA Prof. Dr. Hubert Schmidt 23 Haftung eintretender Gesellschafter, 130 Abgrenzung zu 28 bei 28 wird durch den Beitritt einer Person in das Geschäft eines bis dahin einzelkaufmännisch Tätigen erst eine ohg gegründet, bei 130 besteht die ohg schon vor dem Eintritt. Voraussetzungen der Haftung: Bestehen einer ohg im Zeitpunkt des Beitritts (mind. in Form einer fehlerhaften Gesellschaft) Erwerb der Stellung eines ohg-gesellschafters (mind. fehlerhafter Beitritt) Verbindlichkeit der Gesellschaft. Folge: Unabhängig vom Zeitpunkt der Entstehung der Verbindlichkeit haftet der Neugesellschafter wie die bisherigen nach 128, 129, 130 für Altschulden und nach 128, 129 für nach seinem Eintritt entstandene Verbindlichkeiten. Vertiefung Handels- und Gesellschaftsrecht - RA Prof. Dr. Hubert Schmidt 24 12

Haftung des ausscheidenden Gesellschafters 160: Haftung bleibt bestehen, richtet sich weiter nach 128, 129; auch inhaltlich wird die Haftung durch den Austritt nicht verändert. 160 führt zu einer Enthaftung (ähnlich 26) bezogen auf Altverbindlichkeiten 160 HGB gilt auch im Fall der Anteilsübertragung, sofern der ehemals Vollhafter auf die Stellung eines beschränkt Haftenden zurücktritt, 160 Abs. 3. Für Neuverbindlichkeiten haftet der ausgeschiedene Gesellschafter nicht mehr. Vertiefung Handels- und Gesellschaftsrecht - RA Prof. Dr. Hubert Schmidt 25 Haftung des ausscheidenden Gesellschafters Abgrenzung Alt- Neuverbindlichkeiten: für alle Verbindlichkeiten, die bis zum Ausscheiden des Gesellschafters begründet waren, haftet der Gesellschafter, auch wenn noch weitere Voraussetzungen der Anspruchsentstehung (z.b. Fälligkeit) später nach dem Ausscheiden - eintreten. Beispiel: A scheidet am 1.1.2016 aus der Gesellschaft aus, was am 5.1.2016 ins Register eingetragen und bekannt gemacht wird. Am 22.12.2015 war ein Kaufvertrag geschlossen worden; Kaufpreisfälligkeit soll am 31.01.2016 eintreten. Vertiefung Handels- und Gesellschaftsrecht - RA Prof. Dr. Hubert Schmidt 26 13

Haftung des ausscheidenden Gesellschafters Abgrenzung Alt- Neuverbindlichkeiten: Abwandlung des Beispiels: A erklärt seinen Austritt zum 30.11.2015, es wird aber nichts zum Register angemeldet. Am 22.12.2015 wird wieder der Kaufvertrag geschlossen, Fälligkeit am 31.01.2016. Der Gläubiger G, der von alledem nichts weiß, nimmt den A im Februar 2016 auf Kaufpreiszahlung in Anspruch. Wie wäre es, wenn der Kaufvertrag (c.p.) am 29.11.2015 geschlossen wurde und A dem Gläubiger mit Schreiben vom 1.12.2015 (Zugang) seinen Austritt mitgeteilt hätte? Bis wann muss der Gläubiger etwas unternehmen, um die Nachhaftungsbegrenzung auszuschließen? Vertiefung Handels- und Gesellschaftsrecht - RA Prof. Dr. Hubert Schmidt 27 Haftung des ausscheidenden Gesellschafters Abgrenzung Alt- Neuverbindlichkeiten: Weiteres Beispiel: A erklärt seinen Austritt zum 30.11.2015, was am 15.12.2015 im Register eingetragen und bekannt gemacht wird. Am 24.11.2015 hatte die Gesellschaft einen Mietvertrag abgeschlossen, der 2 Jahre fest lief und sich dann jährlich verlängerte, wenn nicht eine Partei widersprach (Mietzins 4.000 mtl.). Am 31.12.2015 kommt es zum Brandschaden, weil ein Mitgesellschafter eine Rakete zündet, die in den Räumen los geht (15.000 Schaden). Am 1.2.2016 werden weitere Räume angemietet (Erhöhung des Mietzinses um 1.500,00 mtl.). Worauf haftet A? Vertiefung Handels- und Gesellschaftsrecht - RA Prof. Dr. Hubert Schmidt 28 14

Enthaftung, 160 HGB Tritt ein in Hinsicht auf alle Ansprüche, die nicht innerhalb von 5 Jahren vom Ende des Tages an gerechnet, in dem das Ausscheiden ins HReg. eingetragen wurden, fällig und gerichtlich festgestellt oder schriftlich anerkannt ( 160 Abs. 2 HGB) worden sind; oder fällig geworden sind und es ist innerhalb der Frist eine gerichtliche Geltendmachung begonnen worden ( 160 Abs. 1 S. 3 HGB erklärt die dort genannten Verjährungshemmungsvorschriften, insbes. 204 BGB, für entspr. anwendbar). Vertiefung Handels- und Gesellschaftsrecht - RA Prof. Dr. Hubert Schmidt 29 Ausgleichsansprüche des in Anspruch genommenen Gesellschafters gegen die Gesellschaft, 110 ( 670 beim Ausgeschiedenen) gegen die übrigen Gesellschafter, 426 BGB allerdings nur nachrangig zur Regressnahme bei der Gesellschaft umstritten, ob (wie bei 426 II) der gegen die Gesellschaft gerichtete Anspruch des Gläubigers auf den zahlenden Gesellschafter übergeht (hm verneint, a.a.: K. Schmidt, GesR 4. Aufl., 49 V 1: analoge Anwendung des 774 I 1 BGB) Vertiefung Handels- und Gesellschaftsrecht - RA Prof. Dr. Hubert Schmidt 30 15

Sonderlagen (1): Gesellschafter als Drittgläubiger Beispiel: A ist Gesellschafter der A-B-C-oHG und verkauft der Gesellschaft (wirksam) eine Maschine zum Preis von 5.000,00. Kann er den Kaufpreis von einem seiner Mitgesellschafter (alle zu 1/3 beteiligt) fordern? Kann der Gesellschafter seine Mitgesellschafter auf Gewinnauszahlung in Anspruch nehmen? Vertiefung Handels- und Gesellschaftsrecht - RA Prof. Dr. Hubert Schmidt 31 Sonderlagen (2): Actio pro socio Beispielsfall: A ist allein vertretungs- und geschäftsführungsberechtigter Gesellschafter der A ohg; die Mitgesellschafter B und C werfen ihm zu Recht vor, die ohg durch ein höchst riskantes und überhaupt nicht in seinen tatsächlichen Rahmenbedingungen und Auswirkungen geprüftes Geschäft im nachweisbaren Umfang von 60.000 geschädigt zu haben. Auf Erstattungsforderungen reagiert A überhaupt nicht. Was können B und C tun, um den Schadensersatzanspruch für die Gesellschaft doch noch realisieren zu können? Vertiefung Handels- und Gesellschaftsrecht - RA Prof. Dr. Hubert Schmidt 32 16